Aber das ist eben nicht das, was ich überwiegend in Games wahrnehme. Da gehört zum Santitätsdasein gleichzeitig noch die Rolle als schutzbedürftiges Hascherl dazu. Und DAS ist es, was mich so total annervt.
Dann sind wir (siehe oben), ja schon mindestens zwei. Ich wollte nur noch einmal herausstreichen, dass nicht die Funktion eine Abwertung darstellt, sondern die Inszenierung als, wie du so schön schreibst, "Hascherl".
Ehrlich gesagt, fällt mir spontan gar kein Spiel ein, wo eine Sanitäterin vorkommt, weder als toughe Feldmedizinerin ("This is gonna ..." - "Sting a little? I know." - "No, actually it's gonna hurt like a motherfucker.") noch als Damsel.
Mir fällt da eher in etlichen Spielen die Tendenz auf, weibliche Scharfschützen-Charaktere zu basteln, weil das einen bequemen, aber faulen Kompromiss ermöglicht: Der weibliche Charakter ist am Kampf beteiligt und wird trotzdem in den Hintergrund ausgelagert. Das Gleiche in grün, wenn du so willst.
Da bin ich ganz bei dir, aber das entspricht nicht der Spielrealität. Wie gesagt: Bitte positive Beispiele, wo a) die Heilerin kein Hascherl ist oder b) der Heildienst von einem männlichen Hascherl Char versehen wird.
Das männliche Hascherl in Videospielen ist üblicherweise der Wissenschaftler, der von den "echten Männern" (tm) dahin eskortiert werden muss, wo er seine Arbeit machen soll.
Das einzige Sanitäter-Hascherl, das mir spontan einfällt, ist der Doc in der TV-Serie "Stargate: Atlantis". Aber diese Serie ist eigentlich ein gutes Beispiel, wie man's auch in Spielen machen kann, denn dort gab es genug starke Charaktere beiderlei Geschlechts in allen Bereichen, ohne dass es aufgesetzt gewirkt hätte.
Siehst du, ich habe auch kein Problem damit, wenn ein Spiel in bestimmten Bereichen reale gesellschaftliche Verhältnisse abbildet. Denn die wenigsten Frauen die ich kenne haben Körchengröße G-M oder sind total verschreckte Hascherl. Übrigens genausowenig, wie die meisten Kerle toughe Muskelprotze wären.
Schau Dir die gleichen Jahrgänge eine beliebigen Armee der Welt an, die Frauen in der kämpfenden Truppe zulässt: In der Summe gibt es eben doch mehr Männer, die in diesem speziellen Sektor eher den Anforderungen genügen oder sich überhaupt dafür interessieren und dafür bewerben.
ABER: Videospiele sind Kunst und müssen daher solche Verteilungen nicht abbilden - allerdings müssen sie diese auch nicht
nicht abbilden, wenn es für das Szenario sinnvoll erscheint. Und bevor man dann einen weiblichen Alibi-Charakter einbaut und daraus ein Häschen macht, lässt man lieber weibliche Charaktere
in diesem speziellen Fall ganz außen vor - es ist plausibler und gleichzeitig korrekter.
Stimmen wir soweit überein?
Für Spieldesigner ist es ohnehin eine Gratwanderung. Gestalten sie weibliche Charaktere, müssen sie es auch richtig machen, also so, dass sich auch Spielerinnen mit dem Charakter identifizieren können. Dieses Abstraktionsvermögen haben nur wenige Spieldesigner und Spieldesignerinnen sind immer noch eine Rarität. Der Markt - oder richtiger: die Publisher - hätten sicher kein Problem damit, wenn sie ihre bisher eher an Jungs gerichteten Triple-A-Titel auch an mehr an Frauen verkaufen könnten.
Das ist ein Teufelskreis: Man bräuchte mehr Käuferinnen, damit sich mehr weibliche Identifikationsfiguren und Unisex-Szenarien lohnen. Aber für mehr Käuferinnen muss man diesen erst einmal etwas anbieten, was sie auch kaufen würden. Und dass selbst an Actionspielen interessierte Spielerinnen vergrätzt sind, wenn man sie beispielsweise mit einer Sanitäterin abspeist, die dann obendrein noch so dargestellt wird, dass sie gar nichts (alleine) hinbekommt, ist wohl jedem klar.
Also wenn es darum geht, dass Kampfkraft real dargestellt wird, ist das okay, aber wenn man nach einer realistischeren Darstellung weiblicher Rollen fragt, ist das übertrieben?
Nein, eben nicht! Schreib' ich denn hebräisch, oder was?
Vielleicht entdeckst du ja darüber einen kleinen Zugang zu der Welt, mit der sich Spielerinnen immer wieder konfrontiert sehen, über die man aber keine Kritik üben darf, da man sonst als zickige Emmanze abgestempelt wird.
Entweder verwechselst du mich gerade oder du hast meine Beiträge nicht gelesen. Ich schreibe mit keinem Wort, dass es so okay ist, wie es gerade ist - ganz im Gegenteil. Mir geht es darum, wer die Veränderung herbeiführen muss. Nämlich
alle.
Natürlich müssen die Spieler das honorieren, aber bevor man etwas kaufen kann, muss es erstmal auf den Markt kommen. Vorher kann man als Spieler nur erklären was man gerne sehen würde, und was nicht.
Wir haben bereits einen Ist-Zustand, den wir hier kritisieren. Es kommt fast nichts Neues mehr auf den Markt und wenn doch, ist es ganz selten ein Indy-Titel, der ohnehin schon mit den herkömmlichen Mustern bricht und meistens ein neuer Titel, der den erfolgreichen Mustern bis aufs i-Tüpfelchen folgt. Also muss man die Produzenten wissen lassen, dass sie sich ihre herkömmlichen Muster sonstwohin stecken können. So lange aber Spiele mit (unter anderem) sexistischen Mustern weggehen wie geschnitten Brot, wird es kein Umdenken geben.
Natürlich können Entwickler ein Risiko eingehen und Publisher es mittragen, aber wenn sie das tun, dann höchstens einmal und es muss sofort zünden. Und genau das wird es nicht, so lange unsere Denke nicht die von weiten Teilen der Spielergemeinde ist. Eine Veränderung ist viel leichter von der Seite zu gestalten, auf der das Risiko gering und der Gewinn hoch ist:
Der Publisher riskiert seine Investition und der Entwickler seine Existenz, wenn er den Spieler experimentell ein Angebot macht, das womöglich nicht angenommen wird. Und selbst wenn es angenommen wird, hat er davon nicht mehr als von den Angeboten, die wir auch jetzt schon annehmen, obwohl wir darüber schimpfen.
Wir riskieren nichts, wenn wir den nächsten AAA-Titel boykottieren, sparen unser Geld und kriegen dafür womöglich beim nächsten mal was Besseres angeboten, mindestens aber das gleiche wie vorher, mit dem wir auch lange klar gekommen sind.
Wer hat also den längeren Atem? Wir. Aber wir hyperventilieren lieber vor Freude, wenn uns der nächste Titel auch nur angekündigt wird, spielen uns dumm und dämlich und mosern zeitgleich in Foren herum, wie sehr uns die immer dümmer und neuerdings auch immer sexistischer werden Spiele doch ankotzen. Und angesichts dieser Umstände möge man mir verzeihen, wenn ich bei solchen Diskussionen herumalbere oder den Zyniker herauskehre.