Autor Thema: [Spielstile] Schnell, Cinematisch, Fun  (Gelesen 6440 mal)

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Offline Tybalt

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Re: [Spielstile] Schnell, Cinematisch, Fun
« Antwort #25 am: 19.05.2012 | 00:03 »
Und gerade bei Cinematik (ich übernehm das jetzt) muss das auch so sein. Es geht ja darum, wilde Action zu erleben, und nicht darum, seinem Charakter in den Nabel zu gucken.

Das ist ein Ansatz, der auf Dauer problematisch werden kann. Das klappt kurzfristig gut, aber langfristig (wenn man denn langfristig spielen will) muß der Charakter schon "aus sich heraus" motiviert sein. (Wobei ich das Aufstehen und Weggehen auch nicht nachvollziehen kann. Dann geht man eben mal kurz in die Metaebene und klärt das mit dem SL.)

Und hier liegt auch eine Problematik dieses Spielstils: Je näher man an der "reinen Lehre" ist, desto weniger eignet sich der Stil für längerfristiges Spiel, denn irgendwann vermißt man die "Tiefe" im Charakter. Wenn man das will, kommt man meiner Erfahrung nach nicht umhin, ab und zu die Geschwindigkeit rauszunehmen um den SCs Raum zu Entwicklung zu geben.

Das tut dem Spaß insgesamt keinen Abbruch, im Gegenteil, aber es ist dann eben nicht mehr die "reine Lehre".

Offline Bad Horse

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Re: [Spielstile] Schnell, Cinematisch, Fun
« Antwort #26 am: 19.05.2012 | 00:19 »
Jupp, aber wenn du an dem Punkt angekommen bist, können SL und Spieler die Tiefe des Charakters ja in die richtige Richtung lenken.

Heißt: Dann hat er vielleicht eine verlorene Liebe, die von Schurke X umgebracht wurde (Schurke kann dann ein bereits vorhandener NSC sein, oder aus einer bereits vorhandenen Organisation stammen), aber die war dann vielleicht NSC Y sehr ähnlich, oder ihre Schwester. Damit existieren direkte Anknüpfungspunkte, die schon in der Fiktion vorhanden sind, und die die fiktive Welt insgesamt bereichern.
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Offline Oberkampf

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Re: [Spielstile] Schnell, Cinematisch, Fun
« Antwort #27 am: 19.05.2012 | 11:02 »
Ich persönlich sehe in diesem Stil irgendwie eine Gegenbewegung zum Storytelling, wo es ja eher um langsame Entwicklungen geht, die dem "Action Now"-Prinzip dieses Spielstils eher gegenläufig sind.

Das ist ein Satz, der mir zu denken gibt. Ich bin zwar zu keinem Abschluss gekommen, aber ich kann meine Bedenken ja mal äußern, vielleicht wirds dadurch klarer.

Beim Storytelling gibt/gab es (meiner Erfahrung nach zumindest) tatsächlich diese "langatmigen" Passagen, wo Tavernenspiel oder Mary-Sue Parade abläuft. Allerdings würde ich den cinematischen Stil nicht zwangsläufig als Gegenbewegung ansehen, eher als Ergänzungsform "Storytelling mit Action!".

Wie im Storytelling sehe ich es nämlich so, dass in dieser Spielweise ein Plot abläuft, der auch relativ stringent und unbeeinflusst von den Charakteren ist. Der bereits eingebrachte vorprogrammierte Plot-Twist spricht sehr dafür. Es kommt auch zu "Charaktermomenten" (wie Schnulzszenen usw.), aber eben alles leicht ironisch durch die pulpige Aufmachung und die Genrekonventionen gebrochen. Selbst die Kämpfe brechen keinen Storyverlauf, da die Kampfsysteme nicht darauf angelegt sind, bleibende Wunden (oder gar tote Charaktere) zu hinterlassen.

Der Stil kann natürlich auch ohne typische Eigenheiten des Storytellings gespielt werden, aber er ist meiner Meinung nach nicht inkompatibel.

Eben.  Kürzlich auf einem Mini-Con: eine 7te-See-Runde, in der das Abenteuer so bescheuert anlief, dass ich keine Lust mehr hatte, weiterzuspielen, und auch aus der Sicht des Charakters absehbar gewesen sein dürfte, dass die Nummer ganz gewaltig Käsekiste laufen würde.  Konsequenz: Ausstieg.  Mein Charakter nimmt den Auftrag nicht an und zieht seines Weges, ich packe meine Sachen und gehe nach Hause.

Könnte es sei, dass Du vielleicht garnicht diesesn Spielstil spielen wolltest, sondern was anderes erwartet hast? Vielleicht eher einen Storyteller oder -gamer-Ansatz?

Gerade auf einem Con ist es mMn unbedingt notwendig, sich die 15 Minuten Zeit zu nehmen, um klarzustellen, in welche Richtung man spielen/leiten will. Ich mache z.B. meistens klar, dass ich, wenn ich leite, ein System mit seinen Mechanismen vorstellen will (weil ich selbst auf Cons gerne was ausprobieren würde), und das bei mir im Vordergrund steht.
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Offline Jiba

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Re: [Spielstile] Schnell, Cinematisch, Fun
« Antwort #28 am: 19.05.2012 | 11:56 »
@Jiba: Gummipunkte bzw. allgemein Aktivressourcen scheinen mir eher eine generelle Eigenschaft von 90er-Spielen oder später zu sein. Vampire hat ja auch welche. Agone ebenso. Wie sehen die anderen Anwesenden diese Sache?

Vielleicht, wobei es ausgebbare Ressourcen ja schon früher gibt (Astralenergie bei DSA). Und im Gegensatz zu den Ressourcen bei z.B. den Storyteller Games sind Ressourcen bei cinematischen Spielen nicht innerhalb der Spielwelt erklärbar. Vampire haben Blut in sich (Blutpunkte), Menschen haben ein psychische Disposition (Willenskraft)... und erhalten das alles auch durch an die Spielwelt geknüpfte Mechanismen zurück. Gummipunkte in cinematischen Spielen sind da eher Meta: Dramawürfel, Bennies, der Actionpunkt... und man erhält sie durch bestimmte Actionen der Spieler außerhalb des Spiels zurück (coole Beschreibungen, Nachteile ausspielen, Essen mitbringen).
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Offline 1of3

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Re: [Spielstile] Schnell, Cinematisch, Fun
« Antwort #29 am: 19.05.2012 | 12:54 »
Wie im Storytelling sehe ich es nämlich so, dass in dieser Spielweise ein Plot abläuft, der auch relativ stringent und unbeeinflusst von den Charakteren ist.

Inwieweit beim Storytelling die Charaktere den Plot nicht beeinflussen, lasse ich mal dahingestellt. Da kommen wir, wie mir scheint nicht zusammen. Aber vielleicht kann man die Frage anders herum stellen: Beeinflusst der Plot den Charakter bzw. den Spieler? Storytelling ja, hier nein.

Beim Storytelling geht es, wenn ich unseren Diskussionsstand nebenan, richtig aufgenommen habe zum Teil darum, sich in den Charakter hineinzufühlen. Das findet hier nicht in dieser Form statt. Man könnte sagen, die kreative Agenda ist eine andere. (Ich finde die Idee der CA durchaus clever, nur gibt es eben keinen zwingenden Grund GNS in diesem System eine Existenz zuzusprechen.)


@Jiba: OK, ich sehe ein, dass man das als Unterschied betrachten könnte. Ich bin da wahrscheinlich zu sehr Forgianer, als dass ich den Unterschied affektiv nachspüren könnte. Dramawürfel sind ja quasi auch schon der erste Schritt hin zu Storygames.