EDIT: Kann es sein, dass hier grade mindestens fünf (spannende) Diskussionen
gleichzeitig laufen?!
Bei deiner Sichtweise kann ich dir leider nicht ganz zustimmen. Ich erwähnte bereits, ich mag Sword & Sorcery und sehe es als wirklich schönes und probates Mittel an die Spieler ihre eigenen unnötigen Dilemma erschaffen und ausbaden zu lassen. Aber ja, das ist die feine Grenze zu den Genrekonventionen welche auf Motivation und die Ausgangslage einwirkt.
Zudem ein kurzer Einwurf zu deiner Einschätzung: Muss der Spielleiter wirklich mit Erzähler sein doer reicht es nicht aus wenn dieser eine überwachende Rolle übernimmt und dafür sorgt dass die anderen Erzählungen und der kreative Überwachungsprozess homogen abläuft? Reicht es nicht wenn er Schiedsrichter ist, Dirigent?
Hi Coldwyn,
tatsächlich meine ich nicht, dass der Aufbruch zwingend so erfolgen muss. Ich halte mich mit der "Welt aus dem Gleichgewicht" eher an die Dramaturgen, die (manchmal wie ein Heer Lemminge) Joseph Campells
Heldenreise nachlaufen.
Zum SL als Erzähler:Sicher kann man rein reaktiv und dirigierend leiten. Genau so, wie man prima auf Schienen geleitet spielen kann. (Beides nicht ironisch gemeint.) Ich selbst begreife mich beim Leiten
in weiten Teilen als improvisierenden Dramaturgen - und die Spieler als improvisierende Dramatiker (nicht dass das in der Realität immer aufgehen würde *hüstel*). Aber ich glaube, es gibt manchmal ein Missverständnis:
Ron Edwards sagt: Die Handlung der Hauptfigur(en) ist die Handlung der Erzählung. (Recht hat er.) Die Spieler lenken die Handlung der Hauptfiguren und sind daher die Erzähler. (Stimmt eigentlich auch.)
Jetzt das große
Aber: Handlung ist kein Konzept, das durch eine Figur im Vakuum entsteht. Das ist eigentlich Philosophie 101, ich zitiere mal Peter Bieri (
Das Handwerk der Freiheit):
»Die Grenzen, die dem Willen durch die Welt gezogen werden, sind kein Hindernis für die Freiheit, sondern deren Voraussetzung.«
EDIT: Wille = Spieler / Welt = SLIch persönlich sehe das so: Aus der Betrachtung der Handlung der Hauptfiguren entsteht die Handlung der Erzählung. Sie benötigt dabei zwingend einen Konflikt. Dieser Konflikt entspinnt sich aus dem Dialog der Handlungen von Protagonisten und Antagonisten.
Wer die Handlung gestaltet ist der Erzähler. Da Handlung aber nicht nur vom Handelnden bestimmt wird, sondern auch immer ein Objekt oder gar einen Zuwider-Handelnden braucht, sind sowohl Spieler als auch SL Erzähler. Das
Impossible-thing-before-breakfast ist völlig "possible".
Anders gesagt: wenn die Autorenschaft des Einen, die des Anderen ausschließt, könnte auch
nur ein Spieler wirklich der Erzähler sein. (EDIT: Eigentlich müsste es "ausschlösse" heißen... widerlich)
Keine Ahnung wie das die Theorie
TM genau sieht, aber es gibt einen oft bemühten Beitrag zum Impossible-Thing, in dem sich folgender Satz findet:
The story is presumably about what the main characters did. If the character players have full control over what the characters do, then the referee cannot have control of the story; conversely, if the referee has full control of the story, then the players don't really have any control over what the characters do.
(Hervorhebung von mir, vielleicht anders gemeint - dann aber missverständlich.)Ich habe das Zitat exakt so
schon mal gebracht. Ich sehe einfach nicht ein, warum da von "full control" die Rede sein muss. Wie Boba in einem völlig anderen Zusammenhang schon anmerkte: Warum immer diese Absolutismen?
Es gibt natürlich proaktive Spieler, denen Du nur die Bälle zurück werfen musst und es läuft. Aber manchmal bastelt man ausgiebig Motivationen, Netzwerke und Flags und sitzt dann da und wundert sich, wenn die Sache nicht so recht ins Rollen kommt. Ich persönliche wünsche mir einfach das Selbstbewusstsein eines SLs, der sagt:
"Ja, ich leite ergebnisoffen und trotzdem bin ich auch Urheber. Ich initiiere Konflikte und Handlung und kann trotzdem deren Auflösung völlig improvisierend auf mich zukommen lassen."
Liebe Grüße, Henning