Ricardos Tagebuch: Ghost Story 4
26. März
Oh Mann. Heute abend ist der Junggesellenabschied. Ich hatte ja damit überhaupt nichts zu tun, sondern Pan hat sich in den Kopf gesetzt, dass für seinen Ritter alles wie im klassischen Lehrbuch ablaufen und die Feier daher eine komplette Überraschung für mich sein muss. Ich bin nur froh, dass er den Großteil der tatsächlichen Planung an Alex delegiert hat, dann konnte der wenigstens sicherstellen, dass nichts dabei sein wird, das ich einfach nur hassen würde.
Lidia ist schon los – sie hat natürlich ihren eigenen Junggesellinnenabschied mit ihren Freundinnen, auch Yolanda ist dabei. Sie weiß auch nicht alles, was die Mädels für sie geplant haben, aber sie meinte, etwas von Wellness und einem Tag im Spa und dann einem Abend in der Stadt gehört zu haben. Klingt gut, und ich hoffe, sie hat ein unvergessliches Erlebnis.
Die Mädchen sind bei Mamá und Papá, die auch schon ganz aufgeregt sind, aber gut, ich verstehe es ja – Eltern sind immer aufgeregt, wenn eines ihrer Kinder heiratet, das geht Lidias Eltern ja nicht anders.
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So, ich muss gleich los. Alex sagte was von lockerer Kleidung, dann fahre ich hoffentlich mit heller Hose, Hemd ohne Krawatte und Sneakern einigermaßen richtig.
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27. März. 05:30 Uhr. Gerade zurück. Schlafen. Nachher mehr.
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So. Einigermaßen ausgeschlafen, gegessen, von Lidia erzählt bekommen, wie es bei ihr gestern lief, und ihr von meinem Abend erzählt. Jetzt habe ich Zeit, um aufzuschreiben, was los war.
Kurz gesagt: Es war eine echte South Beach Party am Strand. Eingeladen (bzw. als Auftraggeber mit von der Partie) war natürlich Pan selbst, seine Satyre und Einherjer, und die Jungs, claro. Von den männlichen Guardians war sonst keiner da – mit Cicerón, Ángel und Bjarki bin ich einfach nicht so eng befreundet, und sie sind ja dann zur Hochzeit eingeladen.
Alex, der ja von Pan die Leitung der Party übertragen bekommen hatte, stellte die Einherjer als Security ab.
Sir Anders, als Pans einer verbliebener Sidhe-Ritter, war natürlich ebenfalls anwesend, und Pan sagte zu mir: „Wenn du ihn nicht dabei haben willst, dann musst du ihn auf eine Queste schicken.“
Ich selbst hätte jetzt gar nicht groß etwas dagegen gehabt, wenn Anders auf der Feier geblieben wäre, aber bevor ich das sagen konnte, sprang Alex begeistert auf den Vorschlag an: „Ach, ich darf ihn auf eine Queste schicken?“
Da Pan „Klar!“ antwortete, beauftragte Alex den Sidhe-Ritter, dafür zu sorgen, dass nichts die Party stören würde, und Sir Anders schwor einen heiligen Eid, dass Sir Ricardo seine Feier ungehindert würde genießen können. Wie so oft war sein Ernst ein wenig anstrengend, aber irgendwie auch rührend.
Gleichzeitig zu unserer fand am South Beach auch eine Spring Break-Party von Studenten statt, und natürlich fingen die beiden Feiern an, sich zu vermischen. Und genauso natürlich ging es hoch her. Da war zum Beispiel ein völlig betrunkener Student, der unbedingt ins Wasser wollte, weil er meinte, dort ein Licht gesehen zu haben, und weil jemand gesagt hätte, dort sei eine Meerjungfrau gewesen.
Roberto tanzte und flirtete und schleppte jemanden ab, während Totilas die aufkommenden Streitereien und Konflikte schlichtete, die aufzukommen drohten, weil die Satyre natürlich über die Stränge schlugen. Alex wiederum überließ das Sichern nicht nur den Einherjer, sondern hielt selbst auch Ausschau, ob irgendein Ärger anstand.
Während Alex das vor allem in Richtung Land tat, stand Sir Anders mit dem Schwert in der Hand an der Wasserlinie und sicherte zum Meer hin. Ich konnte sehen, wie Edward hinging und mit ihm redete, oder besser, Sir Anders sagte sehr ernsthaft etwas zu ihm, woraufhin Edward etwas erwiderte, Sir Anders noch einmal etwas sagte und Edward wieder abzog; wohin, das entging mir. Ich selbst stand bei Pan und fühlte mich ein bisschen verloren, weil ich nicht so recht etwas mit mir anzufangen wusste. Pan stand im Zentrum der Aufmerksamkeit, und das war auch völlig in Ordnung, das wollte ich ihm gar nicht abnehmen, und ich fand die Party auch nicht völlig ätzend, aber so richtig ausgelassen amüsieren konnte ich mich irgendwie nicht. Es war okay, aber … naja. Schon so ein bisschen una comemierderia.
Deswegen war ich auch sehr froh, dass Edward irgendwann an meiner Seite auftauchte und ohne Umschweife sagte: „Komm mit.“ Er führte mich ein kleines Stück weg vom Kern der Party, wo er nahe am Ufer einen Grill aufgestellt hatte. Steaks und einen Kasten Bier hatte er auch besorgt, und die Kohlen brannten auch schon. Und so saßen wir da am Strand, grillten, tranken Bier und redeten, und da wurde der Abend dann doch noch sehr fein.
Etwas später sahen wir draußen auf dem Meer tatsächlich ein Licht. Und wir sahen Sir Anders, der auf seinem Surfboard mit seinem Schwert in der Hand in Richtung des Lichtes hinauspaddelte. Ein wenig später ließ er sich ins Wasser herab, tauchte unter – und kam nicht wieder.
Nun gut, Sir Anders ist ein High Sidhe, für die gelten etwas andere Regeln, aber besorgt um ihn waren wir doch.
Also schwammen Edward und ich zu der Stelle, wo Sir Anders verschwunden war. Zu sehen war weit und breit nichts, aber kurz darauf tauchte eine Selkie auf.
„Du bist doch der Junggeselle, oder?“, fragte sie mich.
„Ähm, ja?“, antwortete ich, nicht sonderlich geistreich, weil zugegebenermaßen etwas verwirrt. Aber auch ihre Reaktion war eher eine Frage denn eine Aussage: „Glückwunsch?“
Sir Anders gehe es gut, sagte die Selkie auf unsere Frage. „Es ist alles unter Kontrolle, wir schaffen das.“
„Was ist denn los?“
Aber das wollte sie uns nicht sagen. Sir Anders habe einen heiligen Eid geschworen, dass an diesem Abend und in dieser Nacht nichts an Sir Ricardo herankommen und nichts Sir Ricardos Feier verderben dürfe. Sie war sehr bedacht darauf, dass Edward und ich uns auf gar keinen Fall einmischten, also vergewisserten wir uns ein letztes Mal, dass es Sir Anders gut ging, er unter Wasser atmen konnte und dort unten nicht in tödlicher Gefahr war, dann schwammen wir zurück und widmeten uns wieder unseren Steaks.
Irgendwann, nochmal einige Stunden später, tauchte Sir Anders wieder auf, sah allerdings etwas erledigt aus. Er hatte sein Schwert in der Hand, und seine Kleidung war etwas zerrissen. Nicht, dass das die Feiernden gestört hätte, denn auch, oder gerade, mit zerrissener Kleidung ist der Sidhe-Ritter ja durchaus ansehnlich.
Natürlich gingen wir zu ihm, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei, aber auch er bestand darauf, dass er alles unter Kontrolle habe, und zeigte sich überaus besorgt, ob ich auch eine schöne und vor allem ungestörte Feier hätte. Ich beeilte mich, ihm zu versichern, dass dem so war.
Inzwischen war es aber auch schon 5 Uhr morgens, und es wurde allmählich hell, also war es langsam an der Zeit, nach Hause zu fahren. Als ich auf mein Handy schaute, sah ich, dass auch Lidia vor ungefähr 10 Minuten eine Textnachricht geschrieben hatte: „Ich fahre jetzt heim.“
Wie oben schon kurz geschrieben: Ich kam so etwa gegen 05:30 Uhr nach Hause – es war ja nicht weit –, dann fiel ich ins Bett. Nicht lange darauf kam auch Lidia heim, und heute schliefen wir bis in die Puppen. Aber das hätte, glaube ich, auch niemand anders erwartet.
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11. April
Heute werde ich sicherlich nicht viel zum Schreiben kommen. Nur so viel: Gleich geht es los!
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15. April
Tío. Wo fange ich an.
Also. Die Hochzeit selbst war, naja, wie man katholische Hochzeiten eben erwartet. Lang und sehr katholisch, mit einer sehr persönlichen und ergreifenden Predigt von Pater Alvaro. Wir hatten für den Anlass einen professionellen Fotografen engagiert, der aus allen möglichen Blickwinkeln Fotos machte. Natürlich waren unsere Familien alle da. Edward und Ines sprachen Fürbitten. Roberto rief die Jungfrau Maria an (also eigentlich Oshun, aber irgendwie ist das ja im Synkretismus der Santería doch auch dasselbe). Außer den Jungs waren die Guardians ebenfalls mit bei der Trauung, außerdem Cherie als Edwards +1; vom übernatürlichen Kontingent noch niemand, die kamen später zur Feier außerhalb der Kirche. Aber mit einem Mal sah ich Enrique in einer der hinteren Reihen sitzen – ich hatte keinerlei Ahnung gehabt, dass Mamá und Papá eine Kontaktmöglichkeit zu ihm haben und ihm bescheid gesagt hatten; ich selbst habe ja keinerlei Adresse von ihm, nicht mal seine E-Mail, aber es freute mich sehr, dass er gekommen war.
Es war eine wunderschöne Zeremonie – Lidia strahlte über das ganze Gesicht, und ich konnte mich zwar nicht im Spiegel sehen, aber mir ging es nicht anders.
Und dennoch war irgendetwas – ich selbst spürte es vor lauter Freude und Aufregung nur am Rande, aber die anderen erzählten mir hinterher, dass es für sie viel deutlicher gewesen war: ein Gefühl der Spannung in der Luft, wie vor einem Sturm. Und es war auch sehr windig, in der Kirche konnten wir hören, wie es um das Dach pfiff.
Nach dem Ende der Trauung, als wir alle aus der Kirche defilierten, ging ich erst einmal Enrique begrüßen, samt Umarmung – und Enrique umarmte mich zurück und wünschte uns alles Gute und hielt, zumindest in dem Moment, den Frieden, was mich noch mehr freute.
Zur Feier ging es dann in einer Kutsche, die Alex organisiert hatte. Auf den Bäumen um die Kirche herum saßen ziemlich viele Raben, was Alex zu der Bemerkung verursachte: „Tauben waren aus.“
Die Location, ein weitläufiger Partysaal, war hübsch mit Blumen und Girlanden geschmückt, ähnlich wie die Kirche, und als wir und die Gäste hineingingen, teilten Lidias Freundinnen Luftballons aus. Das ließ mich kurz zusammenzucken (Jaks Ballons lassen grüßen), aber es waren wirklich nur harmlose Luftballons.. Es gab eine Band und eine große Tanzfläche, ein Eisfahrrad, eine Hüpfburg für die Kinder, ein großes Buffet, den Gabentisch; der Fotograf war auch hier mit dabei, und an hübsch dekorierten Stehtischen wurde erst ein Sektempfang gehalten, bevor sich alle hinsetzen gingen. Kurz gesagt: Adalind, die Hochzeitsplanerin, hatte in der vergleichsweise kurzen Zeit einen unfassbar tollen Job bei der Vorbereitung geleistet. Und sie hatte vor allem Lidias Wunsch nach einem Cake de Nata als Hochzeitstorte erfüllt – wunderschön dekoriert und Hochzeitstorten-tauglich, natürlich.
Es gab die üblichen Reden. Es gab einige typische, zum Glück geschmackvolle, Hochzeitsspielchen (zum Beispiel die Postkarten an den Luftballons ausfüllen, bevor diese unter großem Hallo in den Frühlingshimmel von Miami entlassen wurden – gespielte Witze und dergleichen hatte Adalind zum Glück schon im Vorfeld abgebogen). Es gab eine Fotowand, auf der sich ältere Fotos von uns chronologisch von außen nach innen zu einem gemeinsamen, aktuellen Bild in der Mitte hinzogen.
Lidia und ihr Vater eröffneten die Tanzfläche, dann Lidia und ich, dann kamen alle dazu, und das Buffet wurde eröffnet. Lidias Cake de Nata kam prima an, und natürlich mussten wir ein Stück vom selben Teller mit derselben Gabel essen, aber es ist ja nicht so, als würden wir das nicht privat ohnehin manchmal machen, der Verlegenheitsfaktor hielt sich also in Grenzen.
Anfangs machten wir noch gemeinsam die Runde bei den Gästen, aber irgendwann ergab es sich, dass wir getrennt wurden: Lidia und Jandra waren eher mit unseren 'normalen' Gästen beschäftigt, während Monica und ich uns eher bei den übernatürlichen Gästen aufhielten.
Dann kam ein Mann auf mich zu, Mitte Fünzig, schlank und fit, lange, eisengraue Haare, eine Augenklappe mit einer Narbe darunter, von dem ich eben wegen der Augenklappe auch vermutet hätte, dass es sich um Donar Vadderung handelte, wenn er sich nicht beim Hereinkommen schon als dieser vorgestellt hätte, wir dann aber keine Zeit gehabt hatten, näher miteinander zu reden. Jetzt sah es so aus, als wolle er gezielt das Gespräch mit mir suchen – aber in genau dem Moment riss das Nevernever auf. Jak kam hindurch, mit zwei von diesen Dolchen in der Hand. Zwei Menschen folgten ihm, eine junge Latina und ein älterer Schwarzer, die ebenfalls jeweils einen solchen Dolch bei sich hatten, und außerdem die fünf keltischen Gestalten mit dem Halsband, gegen die wir in Morrigans Reich schon einmal gekämpft hatten.
Als sich der Riss ins Nevernever öffnete, waren Edward und Roberto gerade mit Cherie und Oshun am Tanzen. Totilas sah ich nicht (ich erfuhr später, dass er gerade sein Geschenk zum Gabentisch brachte), und Alex kam gerade mit Sir Anders in den Raum.
Ich sah, dass Jak mit erhobenen Dolchen auf Vadderung zusprang, und stieß einen Warnschrei aus, der Vadderung zur Seite springen ließ, so dass der Stoß des Outsiders ihn nur streifte.
Im selben Moment stellte Roberto sich schützend vor Oshun und bewegte die Hände in dem Muster, das er immer macht, wenn er seinen Blockadezauber wirkt. Aber die junge Latina griff Oshun gar nicht an. Stattdessen rammte sie ihren Dolch in Shango, der gerade ebenfalls auf Oshun zustürmte. Der Schrei, der aus Shangos Kehle drang, war markerschütternd. Roberto versuchte, die Frau von Shango wegzudrängen, aber es gelang ihm nicht. Nun rannte Oshun auf Shango zu, aber als sie ihn berührte, wurden Shangos Schreie lauter, und er begann zu brennen, und auch seine Angreiferin schrie auf und fing Feuer, während sich auf Oshuns Haut Brandblasen bildeten.
Während Alex schnell entschlossen den Feueralarm auslöste, drängte Edward sich zu dem älteren Mann mit dem Dolch durch, und Totilas stellte sich der Ambossgestalt in den Weg.
Ich musste Lidia und die Mädchen hier rausbringen, war mein einziger und drängendster Gedanke. Ich packte Monica an der Hand, die zu leuchten begonnen hatte, und rannte los, Lidia und Jandra finden, aber da kam Jandra schon auf mich zu. Sie hielt ein Kuchenmesser in der Hand und hatte einige Raben hinter sich – sah aber selbst überrascht darüber aus, was sie da eigentlich machte. Als sie bei mir angekommen war, hielt ich sie auf, nahm sie ebenfalls an die Hand und rief: „Raus hier, raus!“
Gemeinsam fanden wir Lidia, die in dem ausbrechenden Chaos auch schon auf der Suche nach uns gewesen war. „Was soll ich tun?“, fragte sie knapp. „Bring' die hijas und die Eltern in Sicherheit, ich komme nach!“ Lidia nickte. „Pass auf dich auf. Ich liebe dich!“ „Ich dich auch!“ Dann scheuchte sie die Mädchen vor sich her, und ich stürzte mich wieder zurück ins Getümmel, während um mich herum die Gäste in wilder Panik zu flüchten begannen.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Alex beim Evakuieren half, indem er die Fluchtwege möglichst gut sichtbar und zugänglich für alle machte.
Edward und Totilas waren immer noch im Kampf, und Edwards Gegner pustete ihm gerade irgendetwas ins Gesicht, das Edward zurücktaumeln, husten und sich die Augen reiben ließ. Beinahe blind schlug Edward mit seinem magischen Handschuh zu und zertrümmerte dem Mann förmlich den Arm.
Vadderung hatte indessen einen Speer in der Hand – das musste Gungnir sein, der Speer, der eigentlich niemals sein Ziel verfehlte. Aber Jak ist ein Outsider, und er hatte einen von Odins Raben erstochen, so dass Vadderung verwirrt blinzelte und gerade nicht ganz bei sich schien. Triumphierend stach Jak zu, aber das Bild von Vadderung zerfaserte (eine von Loki geschaffene Illusion?), und der Ase befand sich ganz wo anders.
Auch die Guardians hatten inzwischen natürlich ins Geschehen eingegriffen. Dee brachte den Bürgermeister in Sicherheit, während Cicerón auf den brennenden Shango zurannte und förmlich mit ihm zu verschmelzen begann. Auch Cicerón fing Feuer, aber das schien ihn in dem Moment nicht zu stören. Derweil redete Roberto auf Oshun ein und versuchte, diese aus der Gefahrenzone zu bringen.
Totilas gelang es, seinem Gegner das Halsband zu entfernen. Es dauerte einen Moment, dann rief die Ambossgestalt plötzlich etwas in einer fremden Sprache und schleuderte Totilas von sich. Der hatte sich gerade aufgerappelt und wollte sich wohl wieder in den Kampf stürzen, da tauchte Marshal an seiner Seite auf und sagte etwas zu ihm. Totilas erwiderte etwas, sah nicht glücklich aus, aber dann folgte er Marshal humpelnd nach draußen.
Alex, der irgendwo einen Feuerlöscher gefunden hatte - natürlich wusste Alex, wo hier die Feuerlöscher zu finden waren, selbst wenn wir anderen keine Ahnung hatten – eilte zu der flammenden Konfrontation zwischen Shango/Cicerón und der Latina und hielt drauf. Unter dem weißen Schaum erstarb das Feuer, und man konnte sehen, dass Cicéron und die junge Frau sich gegenüberstanden und einander anstarrten. Von Shango war nichts mehr zu sehen. Oshun, die offenbar zurückgeschaut hatte, was bei ihrem Liebsten passierte, stieß einen gellenden Schrei der Trauer aus, dann brachte Roberto sie hinaus.
Die junge Latina hingegen war überhaupt nicht amüsiert davon, dass Alex sie soeben gelöscht hatte. Sie spuckte einen Flammenstrahl nach ihm, der unseren Kumpel empfindlich verbrannte.
Edward hatte sich offenbar die Augen freigeblinzelt, denn jetzt schlug er wieder mit seinem magischen Handschuh zu und brach seinem Gegner auch noch den zweiten Arm – aber im Gegenzug blies der alte Mann Edward wieder irgendwas ins Gesicht, das diesen offenbar die Orientierung verlieren ließ, denn er taumelte etwas und hatte plötzlich sichtlich Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu bewahren. Und zu allem Überfluss tauchte jetzt auch noch die Nebelgestalt neben ihm auf.
Ich eilte hin und zog dem Jak-Kultisten Jades Knauf über den Schädel, was diesem offensichtlich spürbar wehtat, ihn nur leider nicht ausknockte. Doch das gab das Edward die Gelegenheit, ihm den Dolch zu entwinden – und er hätte sich auch damit zurückgezogen, wenn ihm nicht die Nebelgestalt in diesem Moment einen üblen Tritt verpasst hätte.
Das war selbst für Edward zu viel. Der Dolch glitt ihm aus den Händen, und Edward ging zu Boden, fiel dabei genau auf die Waffe, zum Glück auf die flache Seite.
Für den Moment schien die Nebelgestalt mich zu ignorieren, also versuchte ich, vor allem Edward, aber auch den Dolch, in Sicherheit zu bringen.
Ich hatte Edward schon einige Meter weit gezogen, da kam – ganz ohne Panik – einer der Gäste auf mich zu. Vorhin zu Beginn der Feier hatte er sich als Hermes vorgestellt. „Ich weiß, du bist hier der Bräutigam, und ich bin hier Gast“, sagte er, „und ich will eigentlich nicht mit dir kämpfen, aber ich will diesen Dolch.“
„Ich will eigentlich auch nicht mit dir kämpfen“, sagte ich.
„Gut, dann gib ihn her.“
„Ich will nicht, dass du ihn einsetzt“, erwiderte ich. „Bei uns ist er besser aufgehoben.“
Aber darauf ließ Hermes sich – natürlich – nicht ein. Nach noch etwas Hin und Her einigten wir uns schließlich darauf, dass der Dolch nicht gegen Miami, nicht gegen Pan und nicht auf dem Stadtgebiet von Miami eingesetzt werden würde. Das schwor Hermes mir, woraufhin ich ihm die Waffe gab und er verschwand. Sprichwörtlich im Nichts, wohlgemerkt. Der Deal gefiel mir gar nicht, aber ich sah in dem Moment keine andere Lösung. Mierda..
Odin war derweil immer noch dabei, mittels Lokis Illusionen mal hier, mal dort aufzutauchen, während Jak ihn jagte. Dann stach der Outsider mit einem Mal ins Nichts. Dort erschien ein rothaariger Mann mit dunklen Augen – derselbe Mann vom Hurricane Relief Carnival. Loki. Und ihm steckte ein Dolch in der Brust. Odin schrie auf: „Bruder!!“ Bjarki und Haley erstarrten, völlig entsetzt.
Jaks Gestalt wurde hagerer, seine Haare röter, sein irres Grinsen verschmitzter. „Herzlichen Glückwunsch“, ließ er gutgelaunt in meine Richtung fallen, dann verschwand er. Wo er gerade noch gewesen war, schwebte einen Moment lang ein Luftballon und platzte dann.
Auch Cicerón und die junge Latina verschwanden, aber ihr Dolch blieb zurück.