Für viele, viele Dinge bei einem Rollenspiel braucht es keine Regeln, weil ihr jeweiliger Bezug klar ist und sie sich in der Erfahrungs- und Erlebniswelt der Mitspieler widerspiegelt. Man braucht daher nicht unbedingt Regeln die besagen, dass Feuer heiß ist, lange mit dem Kopf unter Wasser bleiben doof ist und es nicht allzu gesundheitsförderlich ist, wenn man sich aus großer Höhe oder mit großer Geschwindigkeit kopfüber aufs Fressbrett packt. Es stört nicht, wenn man dafür Regeln hat, aber die Grundzüge dafür sind ohnehin gegeben.
Übernatürliche Elemente besitzen keinen solchen Bezugsrahmen, auf den man direkt zurückgreifen kann. Sie sind , das liegt in der Natur der Sache, eben kein Bestandteil der Erfahrungswelt der Mitspieler und sind dadurch auch nur sehr begrenzt daran gebunden.
Durch dieses Losgelöstsein hat man zum Einen die Freiheit, mit den entsprechenden Elementen mehr oder weniger machen zu können, was immer man will, zum anderen allerdings auch die Verpflichtung, die jeweiligen Rahmen und Möglichkeiten festzusetzen. Gerade beim Rollenspiel, bei dem die Suche nach kreativen Anwendungen der eigenen Möglichkeiten und smartes Taktieren eine zwar nicht unbedingt zentrale, aber dennoch meist präsente Rolle spielen, ist es notwendig einen eigenen Bezugsrahmen zu etablieren. Dafür braucht es Regeln und Festlegungen um entsprechende Orientierungspunkte zu setzen einfach um den Spielern die damit verbundenen Möglichkeiten auch zugänglich und erfahrbar zu machen:
"Um frei erfinden zu können, muß man sich Beschränkungen auferlegen.[...] In der Epik wird die Beschränkung durch die zugrundeliegende Welt gegeben. Das ist keine Frage des Realismus obwohl es sogar den Realismus erklärt): Man kann sich auch eine gänzlich irreale Welt errichten, in der die Esel fliegen und die Prinzessinnen durch einen Kuß geweckt werden, aber auch diese rein phantastische und „bloß mögliche“ Welt muß nach Regeln existieren, die vorher festgelegt worden sind (zum Beispiel muß man wissen ob es eine Welt ist, in der Prinzessinnen nur durch den Kuß eines Prinzen geweckt werden können oder auch durch den Kuß einer Hexe, und ob der einer Prinzessin nur Kröten in Prinzen zurückverwandelt, oder auch, sagen wir, Gürteltiere."
Nicht alle diese Regeln müßen explizit sein. Das, was Alexandro als "gesunder Menschenverstand und angemessenes Sozialverhalten" beschreibt, ist ja nichts anderes als ein Satz impliziter Regeln des menschlichen Zusammenseins und des Bezugs auf den gemeinsamen Erfahrungshorizont. Nur weil ich eine Regel nicht ausformuliere, ist sie deswegen nicht unwichtig. Ich brauche in den meisten Runden nicht explizit das Statut zu erlassen, dass es unagebracht und doof ist, die Mitspieler anzuspucken. Nichtsdestotrotz ist es gut, richtig und wichtig, dass das trotzdem keiner macht.
(bei Kämpfen gilt ähnliches wie für Übernatürliches, weil für die meisten von uns ein Kampf auf Leben und eine so wirklichkeitsfremde Vorstellung ist, wie auf geflügelten Pferden reiten und Blitze zu schleudern. Die Tatsache, dass es richtige Kämpfe gibt und gab macht diese für diejenigen, die sie selber nie selbst erlebt haben, deswegen nicht weniger fiktiv. Dies gehört zu den Dingen, über die wir alle sehr froh sein können.)