Da ja der Duden als Autorität für die Bedeutung des Wortes Konflikt in den Raum gestellt wurde, würde ich vorschlagen, einen Blick hineinzuwerfen:
Konflikt im Duden. Dort wird ziemlich deutlich gezeigt, dass ein Konflikt keine Auseinandersetzung sein muss, sondern auch z.B. eine Notlage oder ein innerer Zwiespalt sein kann.
Und ein Rollenspiel braucht, genau wie andere Formen der Unterhaltung, Konflikte. Über eine Bergwanderung, bei der nichts weiter passiert, kann man wenig erzählen (es sei denn, man geht ins Tavernenspiel bzw. zum Diavortrag). Darüber dreht auch keiner Filme, selbst bei Heimatfilmen und in Seifenopern kommen noch Konflikte dazu. Der Berg an sich ist nur Kulisse, ebenso wie die Motorsäge und der Baum. Eine Geschichte wird es erst dadurch, dass unterschiedliche Leute unterschiedliche Ziele / Vorstellungen haben, was mit Baum, Motorsäge und Berg geschehen soll. Der Konflikt ist also nicht ich + Motorsäge = gefällter Baum, sondern, was und warum hacke ich diesen Baum um? Was, warum und wie kraxel ich auf den Berg? Wie gehe ich mit Problemen um, die dabei auftreten. Usw.
Ansonsten wirfst du hier zwei Dinge durcheinander, nämlich vorrangig pazifistisches Spiel und ein positives Spielziel in einer Welt, die sich (zum Guten) verändern kann. Die haben erstmal wenig miteinander zu tun. Ich kann pazifistisches Spiel in einer trostlosen, dem Untergang geweihten Umgebung spielen, wo es keine Hoffnung mehr gibt. Und ich kann in einer Welt spielen, in der das Faustrecht herrscht, in der ich kämpfen muss, um zu überleben, in der ich aber auch eine neue Zivilisation schaffen kann. Du möchtest beides, Aufbau und Pazifismus, in einer Welt vereinen.
Das geht durchaus und du hast auch ganz richtig angemerkt, dass der physische Endkampf und allgemein die körperliche Auseinandersetung sich in Erzählungen eingeschlichen haben, wo sie nicht hingehören. Entsprechend schwierig ist es, Vorlagen für diese Art von Spiel zu finden - ich habe bei der Arbeit an Deep Space Traders gemerkt, wie schwierig es mir fällt, Abenteuer mit einem Handelshintergrund zu schreiben, wo es nicht nur darum geht, dass die SC beim Handelsflug von hier nach dort zufällig in ein Abenteuer verwickelt werden.
Und ja, die typischen Hintergrundwelten für Rollenspiele sind sehr anarchistisch ausgelegt, das heißt eine gewaltsame Konfliktlösung liegt nahe. Das Beispiel mit dem Steinzeitspiel war da ganz gut, Kampf wurde sowohl als akzeptabel als auch als effektiv angesehen. Wenn ich eine Agentenkampagne spiele, denke ich halt zuerst an James Bond und nicht an Müller-Zwo aus der Dezernat 7, Abteilung 2, Sachgebiet 35 des BND, der den ganzen Tag norwegische Zeitungen liest und im Zeitverlauf zusammenfasst.