Ich habe aber in letzter Zeit drei oder vier sporadische Spielrunden gehabt, wo die Ausübung sinnloser Gewalt ein tieferes Spiel verhinderte. Genauer gesagt hätte der Verzicht von Gewalt zu viel mehr Dramatik geführt. Sagen wir es mal so, tödliche Gewalt verhindert normalerweise, dass ein Konflikt richtig dramatisch werden kann, weil sie ihn auf der Stelle in langweiligster Manier beendet.
Vielleicht WOLLTEN die CHARAKTERE einfach kein maximales Drama, sondern eine vernünftige Auflösung der SItuation, also eine, die für sie am sichersten ist oder den höchsten Nettogewinn einbringt.
Und zwar nicht deshalb, weil ich meine persönliche Vorliebe anderen aufdrängen will, sondern weil ich erkannt habe, dass anspruchsvolleres und emotional tieferes Spiel vom Kampf weg gehen muss - bzw. den Kampf anders behandeln muss, als das in den meisten Spielen der Fall ist.
Hast Du für diese These auch Belege oder ist das nur Dein Bauchgefühl?
[...]wenn ich sehe dass Leute grundsätzlich banal gemeinsame Zeit verbringen, bzw. ödet mich an wenn ich selber dabei sein muss.
ist es denn weniger banal, die sozialen konflickt irgendwelcher depperter NPCs zu lösen, die sich dann doch drei Jahre später wieder fürchterlich in die Haare kriegen werden oder ein Dorf zum Aufbau einer Mühlenkooperative zu bringen, wenn man schon weiß, daß sich die nächste Generation dann doch im Erbstreit darüber die Schädel einschlagen werden?
Vielleicht ist das eine Art von Rollenspiel für über 40-Jährige alteingesessene Rollenspieler, die nicht den Rest ihres Lebens am Gleichen in grün hängen bleiben wollen - oder ein Rollenspiel für völlig neue, andere Zielgruppen.
Naja, oder die 40+ haben eingesehen, daß es sich nicht lohnt, sowiel konstruktiven Aufwand in Menschen und ihre Probleme zu stecken, da deren Blödheit (zumindest als Masse) sie eh wieder alles zerschlagen lassen wird.
Das hängt aber oft von den Spielern und ihrer Persönlichkeit ab. Manche Spieler zeigen recht wenig Kreativität in der Entwicklung eigener Ziele und müssen am Anfang immer irgend ein Konzept untergeschoben bekommen. Andere Spieler besitzen da mehr Antrieb. Aber um einen gemeinsamen Einstieg zu unterstützen gibt es ja sogar richtige Regelsysteme.
Was ich mich als SL aber manchmal wirklich frage: Sind Spieler, die sich keine eigenen Ziele setzen wollen, überhaupt richtig beim Rollenspiel aufgehoben?
Eigene Ziel nutzen im Spiel nur etwas, wenn sie irgendwie mit einem Status Qou in Konflikt stehen;
Meiner Heimat Frieden zu bringen und meine Geschwister in Freiheit aufwachsen zu sehen ist schön, bietet aber wenig Hooks, wenn die Heimat nicht angegriffen wird und dort auch Sklaverei und Leibeigentum unbekannt sind.
Also wenn jemand sich oberflächlich beschäftigt, um sich vom Alltag abzulenken, dann würde ich das als anspruchsloseres Rollenspiel bezeichnen. Wenn du dem nicht folgen kannst, dann ist das okay. Für mich ist das aber so.
Was ist mit "um seine Freizeit spaßig zu verbringen", besser?
Was wäre denn 'Deine' Zielvorgabe / Motivation beim Rollenspiel, um eine 'anspruchsvoller' Spieler zu sein?
Charakterstärkung, Übung der eigenen sozialen Fähigkeiten, Nabelschau?
Also anspruchsvolleres Rollenspiel ist für mich eines, bei dem komplexere und schwerer zu lösende Probleme gestellt werden. Die Keule auszupacken und solange einen Skillwurf auf die Waffe zu machen, bis die gegnerischen LP auf 0 sind ist für mich nicht anspruchsvoll, nicht ethisch, nicht emotional tief und nicht dramatisch.
Ethik ist eine Frage des individuellen Standpunkts, ebenso wie Drama und Emotion.
Aber was wird daran besser, wenn man statt auf die Waffe auf 'Überreden', 'Bekehren', 'Verführen', etc. würfelt, oder auf 'Administration', 'Feilschen' oder 'Zimmern'?
Aber es geht mir eben auch darum vom Konfliktdenken weg zu kommen. Die Realität besteht aus jede Menge sauspannender und anspruchsvoller Sachen, die nicht mit Konflikten zu tun haben, sondern mit intelligenter Problemlösung.
So?
Was denn?
(Lassen wir mal die eigene Kernfamilie bis zur ersten Erbschaft außen vor.)
Ich könnte mir sogar vorstellen, dass mir beim kampflosen Rollenspiel auch eine Art von Rollenspiel vorschwebt, von der ich für meine eigene Realität profitieren kann, etwas lernen kann. Rhetorischer Anspruch. Literarischer Anspruch. Kombinatorik. Diplomatie. Psychologoe. was auch immer.
Das konstruktive Rollenspiel kann eventuell Inhalte und Vorgehensweisen lehren. Also wenn ich beim Rollenspiel einer Bergbesteigung etwas übers Bergsteigen lerne, dann hat das Rollenspiel mir etwas mitgegeben. Ausrüstungstechnische Details, Gruppendynamik, Geographie etc.
Mit einer Gruppe von Spielern, die keine echten Interessen haben, sondern auch fremde Persönlichkeiten versuchen zu spielen, oft mit mehr Augenmerk auf eine interessante Entwicklung statt auf psychologischen Realismus?
Mit Spielleitern, die von Thema Bergsteigen auch Null Ahnung haben und keine Lust, für Dich Fachliteratur zu lesen - und neben Dir n weitere Spieler, die Bergsteigen NULL interessiert (so wie Dich Ihre jeweiligen sonstigen Hobbies)?
Das nenne ich dann schon einen sportlichen Anspruch.
Tatsächlich denke ich aber, dass ein gutes Spielgefühl auch aus Vernunft, Lernwille oder Pflichterfüllung entstehen kann, aber eben meiner Meinung nach nur, wenn man diesen Anspruch auch hat und gezielt verfolgt.
Das ist kein SPIELgefühl, sondern eine rosarote Ansicht auf ein ARBEITSgefühl.
(...und selbst da läßt das Gros der Menschen diesen Anspruch ganz schnell fallen...)