Nachdem ich allerdings mittlerweile seit sechs Jahren Dauer-SL bin und praktisch nur in gelegentlichen Oneshots auch mal selber spielen darf, ist diese Freude am Planen schleichend verflogen. Es ist zur nervigen Pflichtübung geworden. Das Leiten macht immer noch Spaß, und unmittelbar nach einer Spielsitzung bin ich auch motiviert fürs nächste Mal -- aber das hält nicht lange an, schon gar nicht bis zur nächsten Sitzung. Ich kann mich nicht mehr in das Staunen, Lachen, Bibbern oder Jauchzen meiner Spieler hineinversetzen, weil ich es selbst nicht mehr erlebe.
Ok, das macht jetzt irgendwie total Sinn bei mir. Ähnlich ging es mir eine Zeit lang mit DSA als ich das zu viel geleitet habe und es ging mir auch so mal bei einer Mystix-Kampagne, die einfach zu einseitig war und zu lange lief. Ich denke du brauchst frischen Wind. Es reicht auf dauer nicht, wenn du dich darüber freust, dass andere Spaß haben. Du musst dein Baby selber lieben damit du es niederschreiben kannst.
Nun zur Lösung:
1.)
Ich habe zunächst vermutet, dass es vielleicht an der Systematisierung liegt. Sprich daran zu viel Kompromisse eingehen zu müssen, zu viel denken zu müssen und zu viel rational zu entscheiden. Ein Setting ist schließlich da um erlebt zu werden und wenn ein Autor beim schreiben nicht vor lauter Bildern geflasht ist und nicht bei jeder Textseite genau weiß, was er da im Spiel draus machen kann oder zumindest Szenen vor Augen sieht, die aus den Beschreibungen erwachsen, dann hat man spätestens zu viel Kulturen gebalanced, simuliert oder schlicht nachgedacht. Vielleicht ist das trotzdem noch ein Problem aber sicherlich nicht das Hauptproblem. Du solltest also selbst, wenn das nicht das Hauptproblem ist, sobald du am Settingteil anfängst erstmal Dinge schreiben, die für dich die Welt emotional ausmacht und dann erst versuchen alles zu strukturieren und zusammenzufügen.
2.)
Nun habe ich zwar ungefähr ein halbes Jahr als SL pausiert, so daß einer meiner Spieler mal vier oder fünf Sitzungen geleitet hat; aber das scheint nicht gereicht zu haben. Zu dem Charakter, den ich in dieser Kurz-Kampagne geführt habe, habe ich kaum eine Beziehung aufgebaut. Die Planung für die nächste Spielsitzung habe ich vor der Brust wie einen Felsblock. Und wie ein solcher Felsblock -- nur viel, viel größer -- fühlt sich die Weltenbaustelle Dragoma an.
Ich denke das Hauptproblem ist, dass du dich an dem Genre oder zumindest an der Welt sattgesehen hast. Das macht die Welt kein stück schlecht also hüte dich, sie abzuhaken oder gar wegzuschmeißen. Aber vielleicht solltest du sie einen Moment wegpacken und dich inspirieren lassen. Wenn du jetzt erstmal ne Inspirationstour durch Bücher, Filme, Serien, Computerspiele oder andere Rollenspiele machst, dann wird eines von drei Sachen passieren:
a.) Du findest was, was du unbedingt in deine Welt einbauen willst und findest so einen Zugang zu deiner Welt.
b.) Du tobst dich aus und entdeckst irgendwann deine Sehnsucht zu deiner Welt wieder.
c.) Du siehst etwas, was es auch in deiner Welt gibt und erhälst so eine spannende neue Sichtweise auf deine Welt und hast eine Stelle wo du anpacken kannst.
Und solltest du (widererwarten) nach einer gewissen Ruhezeit in der du weder Heroen leitest noch spielst wirklich entdecken, dass dir Heroen wirklich nichts mehr gibt. Dann weißt du wenigstens woran du bist und kannst anfangen entweder dein System zu einem Universalsystem umzubauen oder es auf eine neue Welt anzupassen, die du dann sicherlich schon im Kopf haben wirst.
Sollten die (eher generischen) Tipps hier dir nicht weiterhelfen, dann können wir gerne nächste Woche mal ein paar konkretere PMs austauschen oder mal über deine Welt konkret reden. In jedem Fall hoffe ich, dass du deine Blockade überwinden kannst.
Allerdings schätze ich dich als jemand mit vielen Ideen ein. Und wenn deine Kreativität nunmal gerade nicht Richtung Heroen geht sondern in andere Bahnen (z.B. dein sehr cooles SciFi Setting), dann solltest du es nicht erzwingen. Du schuldest hier niemandem ein fertiges Regelwerk. Du bist kein Großverlag, wo das Überleben von einem Releasetermin abhängt. Also mach es nach deinem Plan und nach deinen Interessen. Es wird nur wirklich gut, wenn du 100% dahinter stehst.