Das letzte Mal, dass ich eine Stadt vorbereitet habe, habe ich zunächst das offizielle Material verarbeitet. Über die Stadt selbst gab es praktisch nichts, außer dass es eine Metropole der Region ist und dort ein Fürst sitzt. Also habe ich dazu die Infos über die Gegend genommen und versucht, daraus einige Annahmen abzuleiten, z.B. dass es im Umfeld viele Dörfer und kleinere Ortschaften geben muss, die die große Stadt versorgen. Da es eine kriegerische Region ist, wird es eine große Stadtmauer geben, wahrscheinlich eine große Kirche des Kriegsgottes usw. Natürlich hatte ich auch eine Karte der Region, die hatte ich aber sowieso schon, ich habe dann nur ein paar Details um die Stadt herum angefügt.
Sodann habe ich einige Stadtviertel festgelegt und mir Gedanken um einige besondere markante Orte gemacht, dazu einige potentielle Anlaufstellen für die Helden: In so einer Stadt mag es 100, 200, 300 Tavernen geben, aber in wievielen werden die Spieler sich schon aufhalten? Da die Abenteuer ein klares Ziel in der Stadt hatten, habe mich nur wenig Gedanken um Machtstrukturen etc. gemacht, sondern nur um das, was dieses Ziel direkt betraf. Das war im wesentlichen eine kleine R-Map mit einer Hand voll Beteiligten.
Das ganze hatte für mich ganz gut funktioniert. Ich kam nicht in Verlegenheit, dass die Spieler etwas angehen wollten, auf das ich so gar nicht vorbereitet war und konnte auch einige eigene Ideen der Spieler entsprechend leicht umsetzen, so z.B. als einer von ihnen in einer illegalen Arena auftreten wollte. Da ich ja wusste, dass ein Gladiator in der Truppe ist, war dementsprechend die
Blutsuhle fertig ausgearbeitet
. Das scheint mir eine gute Strategie zu sein - zu schauen: Was habe ich in der Truppe? Was tun diese Leute normalerweise in der Stadt? Ein Zwerg sucht womöglich andere Zwerge auf, ein naturverbundener Elf will vielleicht nicht in einem beliebigen Gasthaus übernachten (kenne aus DSA-Zeiten etliche Waldelfen, die in Parkanlagen zu übernachten pflegten) usw.
Im Spiel hatten wir uns dann tatsächlich auf diese wenigen Orte konzentriert, die für den Plot wichtig waren - eben die Blutsuhle, das Haus eines Patriziers, ein Versteck einiger orkischer Spione, ein wichtiger Handelsplatz mit Techgilden-Filiale und ein, zwei Tavernen. Wenige andere Orte, die ich mehr allgemein ausgearbeitet habe weil mir das für die Stadt wichtig war und um es notfalls in der Hinterhand zu haben, wurden nicht genutzt, z.B. der Friedhof oder das Zwergenviertel. Aber es war gut, sich darüber Gedanken gemacht zu haben, falls es doch relevant wird.
Wären die Charaktere irgendwann in die Stadt zurückgekommen, hätte ich eine gute Grundlage gehabt, auf der ich weitere Details hätte festlegen können und sie hätten schon einige Anlaufstellen in der Stadt gehabt.
Jetzt habe ich aktuell eine andere Situation - es soll wohl über längere Zeit in einer Stadt gespielt werden. Da fahre ich jetzt mehrgleisig. Zum einen warte ich noch auf den Input der Spieler, was sie in dieser Stadt spielen und machen wollen, da durch die Charaktere ja sehr stark bestimmt wird, was wichtig ist. Ich habe auch darum gebeten, dass sie sich Gedanken zum Umfeld ihres Charakters machen. Ein Kleriker-Spieler soll sich z.B. Gedanken darum machen, wie es mit der Kirche in der Stadt aussieht.
Wieder habe ich nur wenige allgemeine Infos aus dem Quellenbuch, es muss also viel eigene Arbeit investiert werden, um die Stadt "lebendig" zu machen. Eine Stadtkarte ist in Arbeit, wobei mir immer die Aufteilung der Viertel und die Verteilung der wichtigen Orte und Hindernisse (Flüsse, Brücken, Stadtmauern) wichtiger ist, als jeden Block einzeln aufzuzeichnen. Da ich nicht gut zeichnen kann, fange ich das ganz grob an: Ich schreibe einfach nur die technischen Namen der Viertel hin, z.B. "Hafen" oder "Docks", "Arbeiterviertel", "Verwaltungsviertel", Umrisse folgen dann später ganz grob. Ist das im groben geschehen, mache ich mich daran, einzelne wichtige Gebäude einzusetzen, sowas wie: Garnison, Forum, Rathaus, Bibliothek, Arena.
Diesmal habe ich testweise mit dem AD&D World Builder's Guide ausgewürfelt, was so vorzufinden ist, also z.B. wieviele Meuchelmörder, Alchemisten oder Suppenküchen. Ganz nett, das Teil. Wobei mir nur dabei aufgefallen ist, dass ich damit auch noch nicht bestimmen kann, wieviele Personen z.B. in welchem Viertel leben, da muss ich mir noch Infos suchen, wie sich so die Bevölkerung in etwa aufteilt, da ich dann ja auch die Viertel entsprechend groß machen kann, wenn ich noch die Bevölkerungsdichte berücksichtige (z.B. Armenviertel viel mehr Menschen als Patrizierviertel, aber das Patrizierviertel hat die geringere Dichte).
Schließlich habe ich mir noch ein wenig angelehnt an das City Creation System von Dresden Files einige "Aspekte" oder Themen für die Stadt überlegt, die hier eine Rolle spielen und die ich einbringen möchte, kann oder für Abenteuer in der Hinterhand halte. So gibt es in der Stadt zwei Bevölkerungsgruppen, die Stadt ist oft umkämpft worden und daraus können sich Spannungen ergeben, aber weil die Stadt auch mehrmals zerstört und neu aufgebaut wurde, finden sich hier viele Baustile und sicher auch Ruinen oder alte Gewölbe, über die einfach drüber gebaut wurde, da geht sicher auch einiges für überraschende Entdeckungen.
Jetzt stehen noch verschiedene Fraktionen und Mächtegruppen an - aber bevor ich da rangehe, brauche ich erstmal den Spielerinput, damit ich die passenden Leute ausarbeite und ich auch die Ideen der Spieler aufgreifen kann.
Wie das ganze dann in der
Spielleitung aussehen wird - da habe ich ehrlich gesagt noch keine Ahnung. Im Moment bin ich noch skeptisch, dass die Spieler sich Charaktere bauen, die irgendwie eine gemeinsame Motivation haben, dasselbe in der Stadt zu machen oder zu wollen. Das ist dasselbe Problem, das ich mit modernen Gegenwartssettings habe, die nicht schon vom Konzept her den Charakteren das gleiche zu tun geben. Also wie bei Cthulhu oder WitchCraft statt Laundry Files, Conspiracy X oder Shadowrun.
Bisher habe ich ein paar Gedanken um politische Entwicklungen gemacht, die auch diese Stadt betreffen sowie um Ereignisse, die stattfinden werden und auf die die Spieler reagieren können, die genauso gut aber auch reiner Color im Hintergrund bleiben können. ("Oh guck mal, unsere neuen Herrscher. Die alten haben mir ja besser gefallen, aber was soll's. Solang sie unseren Fischerkahn nicht beschlagnahmen, wird weiter geschmuggelt.")