Und du meinst, dass alles andere, als die Basis, auf der du diskutierst, in "ich bin toll, du bist toll" enden muss? Sehe ich anders. Im Gegenteil: an eine ergebnisoffene Diskussion ist in meinen Augen nur zu denken, wenn keine der beteiligten Parteien eine unumstößliche Faktenbehauptung versucht zu verteidigen und im Gegenteil mögliche Gegenmeinungen erstmal als gleichberechtigt akzeptiert. Wenn man dann auch nicht versucht, den anderen auf Teufel komm raus zu missionieren, sondern schlicht seinen Standpunkt mit Argumenten untermauert, stehen die Weichen gut, dass alle was davon haben.
Ein durchaus hehrer und löblicher Anspruch, keine Frage. Aber wenn man eine Diskussion damit beginnt, erst mal die Position des jeweils anderen als "falsch [...] ungerechtfertigt erhebend und gleichermaßen beleidigend" einordnet, ohne jedwedes Argument oder Begründung, hat die Einforderung für mehr gegenseitiges Verständnis einen leicht unglaubwürdigen Beigeschmack. Ich halte es für angebrachter, Maßstäbe, die man von anderen erwartet, erst mal an sich selbst zu stellen.
Einfach ist ungleich anspruchslos.
Anders gesagt: Der Anspruch an eine Runde korreliert meiner Erfahrung nach nicht mit der Komplexität des verwendeten Regelwerks.
Meine Erfahrung gehen da deutlich in die entgegengesetzte Richtung. Der mit Abstand häufigste Grund, den ich für die Wahl eines sehr einfach gehaltenen Systems gehört habe, war schlichte Überforderung oder Unwilligkeit, sich mit einem komplexeren System oder Hintergrund auseinander zu setzen.
Allein die Tatsache, wie langweilig die meisten sehr einfach gestrickten Spielsysteme schnell werden, zeigt, wie höhere Ansprüche an einem einfachen System schnell verzweifeln können.
Ich halte diese Position für einen Defensivmechanismus, bei dem versucht wird, dier eigenen Präferenzen und dementsprechend subjektiv überhöhten Spiele vor Kritik zu schützen und eine daraus resultierende Gegenposition einzunehmen, die weniger mit dem tatsächlichen Spiel als viel mehr mit dem persölnlichen Verhältnis zu diesem zu tun hat.
Ich bin da bestimmt nicht viel anders, menschlich ist das völlig nachvollziehbar, aber in diesem Fall halte ich es für faktisch schlicht falsch, oder nur sehr eingeschränkt zutreffend.
Ich glaube, die allerallermeisten Spieler machen mindestens eine "Phase" durch, in der sie sehr detaillierte Spiele spielen. Je nachdem, wie ihnen das liegt, machen sie das weiter und tauchen in immer komplexere Settings/ Regelwerke ein oder es macht ihnen keinen Bock und sie suchen sich was anderes. Ich glaube, bei eurer Forderung nach Weiterentwicklung überseht ihr, dass die meisten Spiele schon eine ordentliche Reise quer durch die Regelwerke und Settings hinter sich haben.
Ach? Und glaubst du, dass das andersrum nicht genauso greift? Ich hab den ganzen Leichtgewichtsregelkrams und vor allem Freeform-Rollenspiel vor 10, 12 Jahren recht intensiv und mit einigem Elan betrieben. Bis zum erbrechen. Ich weiß durchaus was ich damit meine, wenn ich den Krams als anspruchsloser und unverbindlicher einordne. Und ich kann mich jetzt auch mit prätentiöser Mine dazu stellen, und das ganze als eine Phase beschreiben, die man irgendwann hinter sich läßt, nur wäre das falsch. Ein oder zweimal im Jahr lasse ich mir so was sogar gerne gefallen, es ist nur nicht im Ansatz ein vollwertiger Ersatz für intensives, konsequentes und kontinuierliches Kampagnenspiel.
Es soll ja sogar Leute geben, denen umfangreiche Regelwerke oder Settings dem angestrebten Spielgefühl *im Wege stehen*
Richtig. Ich nenne sie "schlechte Rollenspieler", die sich nicht auf Vorgaben einlassen können, mit einem umfangreicheren Werk überfordert fühlen, oder, im weitaus häufigsten Fall, nicht das Mindestmaß an Elan und Motivation mit sich bringen, um sich in das Setting oder das System einzuarbeiten und schlicht von den anderen, insbesondere dem Spielleiter erwarten, bespaßt zu werden. Ich würde eine derartige charakterliche Schwäche nur sehr begrenzt als Tugend annpreisen.
Der Anspruch mag an anderer Stelle liegen als z.B. bei DSA oder Midgard oder wasweißich, LEUGNEN kann man ihn aber nicht. Wen man mir ins Gesicht sagte, dass dies ein anspruchsloser Stil für einfache Gemüter wäre, würde ich das als definitive BELEIDIGUNG empfinden.
Da man mit einem komplexen Regelwerk und Hintergrund teilweise ähnlich, wenn auch mit einem stärker vorgegebenen Rahmen und mit entsprechend dominanteren Orientierungshilfen zwar genauso viel , wenn auch in abgewandelter Form improvisieren und die Ereignisse sehr flexibel handhaben, es aber anders herum sehr schwer ist, die Stärken eines komplexen Hintergrunds wie Kontinuität, Tiefe und Komplexität der Handlung im gleichen Maße abzubilden, halte ich es in der Tat für auf der Hand liegend, dass dies eben keine gleichwertigen Ansätze sind.
So, kommen wir zum wichtigen Teil:
Es tut mir allerdings ehrlich Leid, wenn du dich deswegen auf den Schlipps getreten fühlst. Ich habe keinerlei Interesse daran, irgendjemanden als Person zu beleidigen, mir geht es lediglich um Spielstile und -Formen, deren jeweiligen Präferenzen, Stärken und Schwächen meines Erachtens überhaupt nichts mit der Wertigkeit der zugehörigen Personen tun hat. Das Leben ist kein Wettbewerb, wer der hardcorigste oder fanatischste Rollenspieler ist, und niemand wird zu einem besseren Menschen, weil er ein abstruses Randhobby mit einigem Elan betreiben kann.
Das Ding ist jetzt: Wer kleine Spiele benutzt, holt sich diesen Hintergrund aus anderer Quelle, beispielsweise aus einschlägiger Genre-Literatur.
Das bezweilfe ich ja auch gar nicht. Das Ergebnis ist nur im Regelfall austauschbare Beliebigkeit und Blafaseligkeit. Wer damit zu Frieden ist, soll damit glücklich werden, ich halte das wie Eingangs erwähnt für eher schlicht und vor allem reichlich unverbindlich und langweilig.
Weiter sagst du die Charaktere sollen sich in den Hintergrund einfügen. Das zweifle ich an. Es ist völlig hinreichend, wenn die Charaktere nicht mit dem Genre brechen.
...wenn man sich mit Austauschbarkeit und Beliebigkeit zu Frieden gibt. Ich halte das für nicht anspruchsvoll und schlicht für nicht gut genug. Meines Erachtes sollten Charaktere schon etwas konkretes und natürliches haben, und nicht wie Abziehbildchen wirken und dazu ist es unababdingbar, sie konkret in die jewielige Spielwelt einzupassen.
Verstehe ich das richtig, dass nach Terrorbeagles Vorstellungen DSA oder meinetwegen GURPS auf Aventurien das beste aller möglichen Rollenspielsysteme ist?
Nein. Das "beste" Rollenspiel ist eh ein rein theoretisches Konstrukt, etwas auf das man vielleicht zuarbeiten kann, aber nichts, was man konkret umsetzen oder in den Händen halten kann. Egal was man macht, man kann es immer besser machen.
DSA respektive Aventurien sind zwar quantitativ recht ausladende Geschichten (als Regelwerk wie auch als Setting), aber qualitativ meines Erachtens nicht sonderlich überzeugend. Gurps macht viele Sachen ziemlich gut und eignet sich hervorragend als Eichmaß des Rollenspiels (ein gutes System ist eines, dass das jeweilige Setting mindestens so gut umstzt wie eine schnelle und schmutzige Gurps-Konvertierung), aber auch Gurps hat seine Stärken und Schwächen.
Der ideale Hintergrund ist meines Erachtens die Reale Welt mit mehr oder weniger zusätzlichen fiktiven Elementen, da es kein fiktionales Setting schafft, die Komplexität und Bedeutungsschwere selbst relativ einzigartiger Elemente in ähnlicher Form abzubilden oder einzufangen.
Hat jetzt Dark Father wirklich alle Beiträge hier entfernt?
Jepp, ihr habt's geschafft, jemanden mit einer abweichenden Meinung aus der Diskussion zu mobben. Jetzt darf sich mal jeder selbst anerkennend auf die Schulter klopfen und sich noch etwas über die Diskussionskultur der Gegenseite echauffieren. Das habt ihr euch echt verdient.
Vieleicht sollte man das ganze mal unter einem anderen Gesichtspunkt anschauen. Nicht unter "wenig Details" oder "sehr viele Details" sondern von welcher Qualität die Dinge sind bei denen die Autoren Details beschrieben haben.
Ich wiederhole mich immer nur ungern, aber:
Ansonsten verhält es sich mit Rollenspielsystemen ähnlich wie mit der Sprache - um eine gewisse Ausdruckstiefe und Prägnanz zu erreichen, ist es unumgänglich, auch eine gewisse Komplexität zu bemühen, um eine differenzierte und tiefer gehende Darstellung zu erreichen.
Qualität und Quantität sind mit einander verbundene Elemente, die sich gegenseitig beeinflussen. Es macht daher meines Erachtes nur sehr wenig Sinn, sie voneinander losgelöst betrachten zu wollen.