Ich versuche mal geordnet den bisherigen Input zusammenzufassen.
1. Beim Sozialen geht es um Einflussnahme. Diese ist nicht kategorisch wie beim Kampf (entweder-oder), sondern graduell (mehr-weniger). Dieses Graduelle ist das Kennzeichen von Kompromissen. Wenn man das Interesse des anderen ein Stück zu den eigenen Gunsten verschiebt, ist das bereits ein Erfolg. Ein endgültiger wohlgemerkt, denn mehr als das gibt es häufig nicht. Damit ist der Modus freigelegt, der Soziales grundlegend vom physischen Kampf unterscheidet.
2. Der Charakter hat Charakter! Ein Charakter, egal ob SC oder NSC, braucht verbindliche Werte, Normen, Antriebe und Interessen. Sein Verhalten wird dadurch berechenbar und beeinflussbar. Die verbindlichen Interessen und Einstellungen sind notwendige Ansatzpunkte für Einflussnahme. Hat ein Charakter keine Verbindlichkeiten, ist er aalglatt und nicht zu fassen, es fehlt ein Ansatz zum Hebeln. Als Alternative bleibt in so einem Fall nur rohe Gewalt übrig. Wer sich weigert seinem Charakter Verbindlichkeiten zuzuteilen, entzieht sich damit eine notwendige Bedingung für soziales Spiel. An dieser Stelle muss klargestellt werden, dass Verbindlichkeiten keineswegs bedeuten, dass andere bestimmen, was mein Charakter denkt und fühlt. Verbindlichkeiten bedeuten, dass ich das selbst bestimme. Aber mit den Konsequenzen muss ich schon leben. Wenn ich meinem Charakter viel Höflichkeit gebe, muss er höflich agieren. Wenn mein Char sich unhöflich verhalten will, können die Mitspieler eine Probe verlangen. Komme ich über den hohen Wert von Höflichkeit, darf ich randalieren, schaffe ich es nicht, muss ich mich zurücknehmen und höflich sein.
Der zweite Punkt ist mit dem ersten verknüpft. Die Interessen des Charakters kann man sich als Vektoren im dreidimensionalen sozialen Raum denken. Das System des Kampfes würde versuchen, einen ungewünschten Interessenvektor auszuradieren. Das System des Sozialen versucht hingegen, einen ungewünschten Interessenvektor in eine Richtung zu verschieben, die einem mehr gefällt.
3. Immer wieder wurden Ideen vorgetragen, die sich in die Kategorie der Ressourcen einordnen lassen. Genannte Ressourcen sind:
- Vertrauen (Skala von wenig bis viel)
- Wohlbefinden (Skala von wenig bis viel)
- Ansehen (Skala von wenig bis viel)
- Beziehungen / Kontakte (Skala von feindlich bis freundlich)
- Informationen (Wissen, Geheimnisse, Gerüchte. Im Kern geht es bei diesen Sachen darum, dass Wissen eine wertvolle Ressource darstellt, die nicht allen gleichermaßen zugänglich ist. Informationen können verschleiert und manipuliert werden.)
Ressourcen übernehmen im Regelsystem eine wichtige Funktion. An ihnen werden die Ergebnisse von Aktionen dargestellt. Lebenspunkte als unser Universalbeispiel sind auch eine Ressource. Man versucht sie aufzubauen und ihren Verfall zu verhindern. Die Ressourcen von Freunden versucht man ebenfalls zu schützen. Die Ressourcen der Feinde versucht man anzugreifen. Das alles lässt sich auf die oben aufgelisteten Ressourcenbeispiele anwenden.
Ressourcen müssen also gepflegt werden, denn sie können versiegen. Das unterscheidet sie von Fertigkeiten und Attributen, die einfach da sind und bei Gebrauch nicht verschwinden. Die Pflege der Ressourcen ist ihrerseits eine nicht versiegende Aufgabenquelle. So wie der Kämpfer immer auf der Suche nach besonderen Waffen und Rüstungen ist, um die Ressource Lebenspunkte besser pflegen zu können (bei Gegnern bekommt die Pflege ein negatives Vorzeichen), so kann der sozial agierende Spieler immer auf der Suche nach Gelegenheiten sein, um seine psychosozialen Ressourcen wie Wohlbefinden, Ansehen, Beziehungen zu hegen und zu pflegen. Übrigens bekommen die Aktionen auf diese Weise eine Langzeitwirkung, die hier im Thread als wünschenswert herausgearbeitet wurde. Wenn ich als Held einen Dorfbewohner anbrülle, sinkt mein Ansehen. Das hat langfristige Konsequenzen. Die Leute sind mir nicht mehr so freundlich gesonnen, helfen mir nicht oder unterstützen gar meine Feinde. Solche Konsequenzen muss man natürlich nicht fürchten, wenn es die Ressource Ansehen gar nicht gibt (was standardmäßig der Fall ist).
4. Fertigkeiten. Genannt wurden Überreden, Bedrohen, Verhandeln, Betören usw. Statt einer vollständigen Auflistung versuche ich eine systematische Einordnung herzustellen. Fertigkeiten:
- brauchen Ressourcen auf
- bauen Ressourcen auf
- erschaffen vorher nicht dagewesene Ressourcen (z.B. neuer Kontakt, neuer Verbündeter)
- verschaffen Informationen über Ressourcen
- Wirken direkt auf den anderen ein
Der letzte Punkt ist direkte Einflussnahme. Die vorigen Punkte dienen der Schaffung von Bedingungen, um Einfluss zu nehmen.
Die üblicherweise verkrüppelten sozialen Regeln konzentrieren sich auf den letzten Punkt. Ich erzähle eine Geschichte, würfel auf Charisma und der arme Gegenüber muss mir die Geschichte glauben, wenn der Wurf erfolgreich ist. Das ist so lange witzig, wie es auf NSCs angewandt wird, verliert seinen Reiz aber spätestens dann, wenn man selbt als Opfer betroffen ist. Kein Wunder, dass sich solcherart soziales Spiel nicht richtig und nicht gut anfühlt. Die paar Rudimente von sozialen Regeln lässt man dann lieber ganz unter den Tisch fallen.
Da sind die anderen Optionen doch ungleich attraktiver. Man kann neue Beziehungen aufbauen oder bestehende ausbauen. Man kann die Beziehungen seiner Gegner stören. Man kann Gerüchte verbreiten und so das Ansehen seiner Gegner abbauen. Und wenn man Wert auf das eigene Ansehen legt, muss man zusehen, dass man sein Image pflegt, wie man heutzutage so schön sagt. Die Informationsbeschaffung, zum Beispiel über die Interessen einer derzeit noch neutralen Partei, bietet unzählige Handlungsmöglichkeiten. Mit dem richtigen Wissen kann man sehr gut hebeln und eine Menge bewirken. Angenommen, ich und mein Gegner buhlen um die Partnerschaft mit dem derzeit Neutralen. Mein Gegner will den Neutralen bestechen, aber ich habe mir die Mühe gemacht, seine Interessen herauszufinden und festgestellt, dass er hohe moralische Werte hat. Ich präsentiere ihm meine Position so, dass sie im Einklang mit seiner Moral steht und sichere mir so die Partnerschaft.
Eine Fertigkeit wie Gassenwissen, die ich in diesem Fall einsetzen könnte, steht somit nicht für sich allein, sondern sie interagiert systematisch mit allen drei vorher genannten Punkten: Es findet eine Einflussnahme statt (1), sie setzt verbindliche Charaktereigenschaften voraus, an denen soziale Aktionen ansetzen können (2), das Ergebnis der Einflussnahme wird mittels einer Ressource (hier: Beziehung) abgebildet (3).
Soweit die Zusammenfassung. Die Urheberschaft eurer Ideen werdet ihr problemlos darin wiedererkennen. Neu ist der Versuch der Einordnung, bei der die einzelnen Ideen kategorisiert und miteinander in Beziehung gesetzt wurden. Ich habe versucht von den Beispielen auf die dahinterstehenden Prinzipien zu kommen.