@Auri
Vielleicht sollte ich vorne weg folgendes Sagen.
Ich halte es nicht für schlecht wenn der SL in einer Situation sagt: "In Anbetracht aller Fakten, die ich sehe könnt 1, 2 oder 3 passieren. Alles wäre plausibel (und gleich wahrscheinlich) und ich entscheide jetzt willkürlich, dass 2. passiert."
Dafür ist der SL da, das ist sein Job.
Natürlich könnte die Gruppe jetzt ne Stunde diskutieren wie es weiter gehen soll, was die Vor- und Nachteile wären ... oder der SL sagt einfach "Kraft der mir als SL überantworteten Autorität entscheide ich, dass X passiert!" und das Spiel kann endlich weiter gehen.
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Ich wollte mit meinem Post nicht ausdrücken, DASS man die sozialen Werte in den Mittelpunkt rücken kann, sondern dass - entgegengesetzt deiner Aussage - dies gar nicht so umständlich sein muss, wie du denkst, wenn man den selben Astraktionsgrad bereit ist anzulegen, den man auch in einem Kampf anlegt. Da ist es irgendwie für keinen ein Problem, wenn viele Einzelheiten grob vereinfacht abgehandelt werden. Aber im sozialen Bereich wird dann gleich ein Fass aufgemacht?
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Ich fange mal mit dem Teil an, weil ich den losgelöst vom Rest behandeln kann.
Offenbar bestimmen die sozialen Regeln aber in Berals Wahrnehmung (und auch in Meiner) das Spiel weniger als die Kampfregeln - würde er das nicht so sehen hätte er wohl kaum einen Faden mit dem Titel "Warum Regeln für Soziales das Spiel nicht bestimmen?" gestartet.
Entweder der von dir hier zitierte Teil ist im Wesentlichen "Die Prämisse des Titels des Fadens ist falsch. Soziale Regleln bestimmen das Spiel ganz von alleine so wie die Kampfregeln.", dann frage ich mich warum du hier postest wenn du schon der Grundannahme nicht zustimmst.
ODER du sagst, "Man kann aber auch mit den aktuell gängigen Regeln die sozialen Regeln das Spiel bestimmen lassen!" da kommt meine Antwort "Stimmt schon, aber bei den Kampfregeln passiert das
fast von alleine, wir suchen hier nach einen Regelung, dass das für soziale Regeln
auch von alleine passiert und
nicht erst durch willentliche Gruppenentscheidung "reingeprügelt" werden muss."
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Eben nicht. Stell es dir so vor, dass du VOR dem Würfelwurf dich mit dem SL darüber verständigst, was für deinen SC das Ziel der sozialen Interaktion ist. Beispiel wäre: Ich will aus der Zelle raus. Aufgrund vorheriger Proben auf Empathie/Informationssuche weißt du, wie der NSC so tickt (natürlich legt man nicht 100% der Persönlichkeit fest, aber den Teil der Persönlichkeit, der gerade für den Konflikt von Bedeutung ist.). Du und der SL wissen jetzt also, wohin die Reise gehen soll. Zugleich kannst du abschätzen, wie die Reise aussieht, wenn du den Wurf versaust (der Wächter ist als sadistisches Schwein bekannt führt sicher zu einem anderen Ergebnis nach einem Fehlschlag, als wenn er als mitfühlend bekannt wäre - analog: Du kennst in einem Kampf auch seltenst die kämpferischen Eigenschaften des Gegenübers im Detail, auch hier können Überraschungen auftreten).
Es ist eben NICHT einfach Spielleiterwillkür. Wenn du drauf bestehst kann ja von beiden Seiten vorher festgelegt werden, was max. in beide Richtungen drin wäre: Der Spieler sagt: Ich will mir die Freiheit erarbeiten. Der SL sagt: Achtung, wenn du es richtig übel versaust, steckt er dich zwei Wochen in Einzelhaft und deine Kumpels kommen nicht mehr an dich ran.
Wo ist da dann das Problem? Oder schreist du dann hier immer noch Spielleiterwillkür? Irgendwann MUSS der SL etwas festlegen, auch im Kampf - entweder er hat die Kampfwerte schon Monate vorher festgelegt (und hatte er da einen guten oder einen schlechten Tag?) oder er muss sie improvisieren, wenn ihr den Mook kloppen wollt.
Wo ist es da einen Unterschied, ob und wann er jetzt Kampfwerte oder soziale Eigenheiten eines NSC festlegt
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OK NSC müssen entworfen werden, das passiert auch an nem Tag und wird von der Tageslaune des SL beeinflusst. Das trifft für SOWOHL Kampf- als auch Sozialbereich zu, darin kann also der Unterschied wieso die einen Regeln das Spiel dominieren und die anderen nicht, nicht liegen.
Außerdem passiert das abseits vom Spieltisch, daher nicht in der Wahrnehmung der Spieler, somit ist die diffuse Komponente des Kampfbereiches im Spielverlauf unsichtbar und fließt nicht in die Wahrnehmung mit ein.
Neben bei passiert das abseits vom Tisch und beeinflusst somit nicht wieso das eine am Tisch bestimmend ist und das andere nicht.
Für meine folgende Betrachtung nehme ich an, dass man ein Kaufabenteuer hat, da ist der Faktor nämlich ganz eliminiert.
Realität 1:
Der SL hat sich gerade ne neue Freundin geangelt und ist sichtlich gut gelaunt als er am Spieltisch ankommt.
Szene 1 - ein Kampf: Im Abenteuer steht, dass die Orks Rüstung 7, Angriff 8 und 30 HP haben. Es wird gewürfelt bis eine Seite 0 HP erreicht hat und er verkündet. "Ihr habt gewonnen, die Orks sind tot. Herzlichen Glückwunsch!"
Szene 2 - soziale Interaktion: Der Nachtwächter erwischt den SC nach Sperrstunde. Im Abenteuer steht, dass der Wächter aufbrausend ist. Ein Spieler meint er will sich da versuchen rauszureden, er kennt sich etwas mit den gesetzten aus und ist rhetorisch gut. Der SL entscheidet "OK, der Wächter ist aufbrausend er wird sich wohl da rein steigern. Du denkst dass er mit einem intellektuellen Sieg zufrieden sein könnte und dich dann vielleicht laufen lässt, wenn du Erfoglreich auf Charme würfelst kannst du das Gespräch so hinbiegen, ist hmmmmmmmm .... n' einfacher Wurf."
Realität 2:
Im parallelen Universum hat der SL nicht gerade den Jackpot im Lotto der Liebe gezogen, sondern sein Arbeitgeber hat ihm mitgeteilt, dass er ab Dezember nicht mehr benötigt wird. Außerdem springt das Auto nicht an, der Bus hat Verspätung und er verpasst deswegen die S-Bahn. Er kommt eine halbe Stunde zu spät sichtlich angepisst an.
Szene 1 - der Kampf: Auch hier haben die Orks Rüstung 7, Angriff 8 und 30 HP. Es wird gewürfelt bis eine Seite 0 HP erreicht hat und er verkündet. "*grummel* Na gut. Ihr habt gewonnen, die Orks sind tot."
Szene 2 - soziale Interaktion: Der Nachtwächter erwischt den SC nach Sperrstunde. Im Abenteuer steht auch in dieser Realität, dass der Wächter aufbrausend ist. Auch hier meint der Spieler er will sich da versuchen rauszureden, er kennt sich etwas mit den gesetzten aus und ist rhetorisch gut. Der SL entscheidet "OK, der Wächter ist aufbrausend, der findet das bestimmt nicht so toll wenn du ihm auch noch blöd kommst. Aktuell musst du nen Gulden Strafe zahlen. Wenn du den Charmwurf packst kannst du dich auf n obskures altes Gesetzt berufen, das nie außer Kraft gesetzt wurde und musst nur halb so viel zahlen, wenn du den Wurf versaust schlägt er dich aber zusammen und sperrt dich die Nacht in die Zelle, der Wurf wäre anspruchsvoll."
Ich will hier jetzt nicht sagen, dass der SL deswegen ein scheiß SL ist.
Die Beispiele hier sind auch absichtlich arg weit auseinander gewählt um meinen Punkt deutlich zu machen.
Ich will nur sagen, dass unsere Stimmung beeinflusst wie wir die Situation bewerten, an zwei verschiedenen Tagen mit verschiedener Stimmung werden wir Szene 2 zwangsläufig anders auslegen. Szene 1 nicht hier ist klar was passiert.
Wenn man das erst mal bewusst oder unterbewusst gemerkt hat ist es denke ich nachvollziehbar, dass man automatisch dazu über geht solche Situationen eher auszuspielen als sie auszuwürfeln, man hat ja eh schon gemerkt, dass das Ergebnis, das die Würfel produzieren werden, nicht so reproduzierbar ist wie im Kampf, sondern stark von dem Tag abhängt an dem man gerade Spielt.
Das wird dadurch ja noch verstärkt, dass Spieler durch Rollenspiel den SL u.U. per realer sozialer Einflussnahme auf die eigene Sichtweise der Situation bringen können und umgekehrt.
Ich sage nun, dass solche weichen, auslegungsbedürftigen Endpunkte an verschiedenen Tagen zwangsläufig oft andere sein werden, daran können wir nichts ändern, weil das in unserer menschlichen Natur liegt.
Wenn wir also wollen, dass soziale Regeln das Spiel stark mitbestimmen und das in einer objektiven weiße, so müssen harte, klare Endpunkte her.
In der konkreten finalen Situation "Was tut NSC X jetzt in Situation Y." können wir aber keine harten, klare Endpunkte generieren, da wir nicht für jede Kombination aus Persönlichkeitsmerkmal und Situation einen Satz ins Regelwerk drucken können. Somit muss der klare Endpunkt wo anders hin z.B. dass man durch soziale Fertigkeiten Beziehungen zu NSCs verändern kann.
Dadurch können wir zwar nicht ändern dass in der konkreten Situation an unterschiedlichen Tagen verschiedene Entscheidungen vom SL getroffen werden, aber was wir ändern können, ist das Anbieten von attraktiven harten Endpunkten für soziale Fertigkeiten.
Hierzu würde es sich mMn eignen die Stellung zu (N)SCs zu beeinflussen. Aktuell wird das Befreunden eines (N)SC ja traditionell ausgespielt, wenn dies aber durch Anwendung von sozialen Fertigkeiten geschehen würde, wäre es Plöztlich sehr attraktiv die Regelmechanik auszupacken. Was ein befreundeter (N)SC letzten Endes für einen tut ist dann immer noch genauso von der Tagesform abhängig wie bisher, aber es gibt plötzlich etwas (das bisher immer einfach so per Ausspielen ging), das die Verwendung von sozialen Fertigkeiten attraktiv macht, weil du mit Freunden immer besser da stehst als ohne.