Was die Konflikte angeht, so ist Civil War meiner Meinung nach ein gutes Beispiel: Das Event dreht sich um eine Frage, die (ich selbst als Spieler auch) nicht so leicht beantwortet werden kann: Auf welcher Seite soll man denn nun stehen? Klar gibt es dabei eindeutige Sachen, aber die Struktur ist offen für Helden jeder Richtung - nenn mir ein publiziertes V:tM-Abenteuer mit dieser Offenheit...
Bezogen auf V:tM und kein Crossover würde ich "
Dust To Dust" anführen.
Das Abenteuer ist recht offen dafür mit welchen Klüngel (Camarilla, Sabbat, Anarchen, Unabhängige) man nun in die Stadt kommt, die Spieler können sich recht frei innerhalb der vorhandenen Fraktionen (Camarilla, Anarchen, Giovanni) orientieren, es ist auch offen dafür das die Spieler gegeneinander arbeiten (auch wenn es nicht der Fokus ist) und es hat ein übergreifendes mehr oder weniger persönliches Thema (städtischer Verfall, der Niedergang einer Stadt, Einsamkeit) und ein eher aktionreiches.
Andere Abenteuer habe ich nun nicht komplett gelesen, aber Lair of the Hidden schien recht offen zu sein, nun und auch bei dem vierten Teil der Giovanni Chroniken kann man recht stark gestalten und Seiten wählen. Nachdem was ich so beim queerlesen gesehen habe.
Ebenso bei MHR die bereits erwähnten Milestones: Man erhält XP, wenn man eine moralische Entscheidung trifft (egal, wie man sich entscheidet)!
Bei der XP Vergabe wird erwähnt das man in Vampire auch XP dafür vergeben darf wenn der Charakter tatsächlich heldenhaft handelte oder wenn er entsprechend dramaturgisch agierte.
Natürlich kann man in der traditionellen Methode den SL anbetteln, dass ein selbst entworfener Erzfeind eine Rolle spielt - aber es geht ja hier um Sachen, die Superheldensysteme mitliefern. Die Flaws aus V:tM waren vielleicht eine Rohform davon, aber sonderlich gut implantiert fand ich die nie, eher Optimierungspunkte.
Es kann sein das ich mich sehr irre, aber ich meine es wird erwähnt das die Charaktergestaltung gemeinschaftlich, mit dem Spieler, ablaufen soll und entsprechende Hintergründe auch berücksichtigt werden. Wobei die Rolle eher den Hintergründen zugedacht ist als den Schwächen, die auch erst später dazu gekommen sind. Wobei einige durchaus den Aufbau eines Antagonisten forcieren (sowas wie "Dunkles Schicksal", "Gejagt", "Feind" etc.).
Etwas das V:tM bietet, respektive vorschlägt, das ich so seltener bei Superhelden-Spielen gesehen habe, ist das man das Präludium ausspielt. Also die Werdung des Menschen zu einem Vampir. Was man durchaus mit dem Event vergleichen könnte das den meisten Superhelden ihre Kräfte verleiht (Spinnenbiss bei Spiderman, Erweckung des Gen bei den X-Men, Tod der Eltern bei Batman etc.).
Ansonsten glaube ich das V:tM, durchaus vom System ausgehend eine breites Spektrum an Spielweisen ermöglicht respektive unterstützt. Weshalb es durchaus relevant ist mit welchem Fokus die entsprechende Gruppe herangeht.
Das heißt man kann in Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Kräfte, darauf das man vielleicht die Menschlichkeitstabelle dementsprechend interpretiert, mit dem entsprechenden Fokus auf die Wandlung beziehungsweise das erwachen der Kräfte, sowie einer entsprechenden Genre Brille V:tM als Superhelden-Rollenspiel umsetzten.
Wobei die Bandbreite dort, nach meiner Einschätzung, von den X-Men die Avengers, über Ghost Rider, Hellboy, Spawn, Lobo bis hin zu Watchmen reicht.
Das der Vampir sich von Blut ernährt halte ich hierbei für kein derart massives Rausstellungsmerkmal nachdem es nicht mehr funktioniert. Insbesondere da es durchaus möglich ist sich von Blut zu ernähren ohne andere Leute zu töten. Im Grunde, wenn man es mit den X-Men vergleicht, könnte man es schlicht als die Quelle des Konflikts betrachten weshalb Vampire gesellschaftlich potentiell ausgegrenzt sind. Wobei eine Blutsucht imho besser funktioniert als der Ansatz von X-Men der im grundlegenden auf der Annahme basiert das Menschen schlichtweg rassistisch sind und andere Menschen aufgrund der Gene ausgrenzen.
Nun Watchmen funktioniert meines Erachtens auch recht gut wenn man bedenkt das ein Vampir der auf den Trip von "Aus großer Macht / Fangzähnen folgt große Verantwortung" vielleicht nun nicht der aller beste Wächter über Gut und Böse ist. Hierbei läßt sich dann auch die Menschlichkeitstabelle wieder recht gut verwenden.
Wobei V:tM imho auch andere Genres kann und imho unterstützt.
Läßt man den Superhelden Ansatz weg kann man den Ansatz noch stark auf die "Action" legen.
Man hat dafür Kampfregeln, sogar recht ausführliche, die Charaktere sind halbwegs widerstandsfähig, und man hat vielfältige Disziplinen um für allerlei "Action" zu sorgen. Verfolgungsjagden, Prügeleien, Schießereien, Fetzereien aller Art. Vom normalen schießwütigen-Cop-Drama, über Stirb Langsam mit Vampiren bis hin zu einem "Splatter-Film" ist da doch im Grunde alles drin.
Letzteres kann man durchaus mit Sachen wie den Pfaden / Wegen sowie Disziplinen, unterstützen sowie mit dem Pfadwert oder den Tugenden versuchen den Ekel-Faktor mechanisch zu erfassen.
So im groben die Sparte: Underworld, Ultraviolet, 30 Days of Night, American Vampire
Man kann mit V:tM ein politisch-soziales Intrigen Spiel machen.
Schließlich hat man dafür eine soziale Spalte, knapp ein Dutzend Fertigkeiten, Hintergründe, einige Disziplinen und eine entsprechend ausführlich beschriebene politische Landschaft. Es fehlt ein "richtiges" sozial/Politik System aber bis auf das ist der Rohbau schon da. Das heißt man hat ein paar Beispielwürfe die Etikette, Handlungen wie verführen, die Hintergründe wurden halbwegs integriert und mit dem Companion bekommt man ein bisschen Status-System. Man kann hierbei die Menschlichkeit ggf. entweder so wie sie ist integrieren, oder sie dazu nutzen das es etwas soapiger wird, wenn man mag.
So im groben die Sparte: Bite Club (Comic), Interview mit einem Vampir (wenn man das politische nimmt), die Volturi bei Twilight (wenn man das Glitzern und den Clan mit C ignoriert)
Man kann mit V:tM im Grunde auch "Detektiv"-Abenteuer machen.
System mäßig hat man eine Attributssparte für geistige Leistungen, eine Fertigkeitsgruppe nur mit Kenntnissen, alles was so ein Undercover Cop braucht. Dazu vom Setting, wenn man nicht gerade den normalen Cop-Tätigkeiten nachgeht (Beschatten, Vampire-CSI), hinreichend viele Mysterien zu ergründen. Wie halt das Buch of Nod, Eryces und der ganze Geraffel. Das heißt von Sherlock Holmes, über Agatha Christie, hin zu CSI/NCIS bis hin zur chutuliden Gruselrunde mit Vampiren als Forscher ist da eigentlich fast alles drin.
So im groben die Sparte: Nick Knight, Moonlight
Man kann mit V:tM auch im Bereich "Horror" rum fischen.
Splatter/Gore Horror Sachen (Sabbat-Hostel), Schocker (ala Final Destination), Survival-Horror Szenarien (Flucht vorm Sabbat/Camarilla/Mob etc), Grusel-Horror (mit Geistern, Untoten, Dämonen, entsprechenden Szenarien aus Urban Fantasy). Das System bietet dafür Tugenden, mit denen man versuchen kann die Reaktion des Charakters abzuschätzen, sowas wie die Willensstärke und halt die Menschlichkeit mit der man eine Abwärtsspirale erzeugen kann.
Wobei ich allgemein der Ansicht bin das ein System kaum "richtigen" Horror gezielt erzeugen kann. Das heißt nur weil ein System nun sagt "Dein Charakter hat Angst und kriegt die Würfelmodifikatoren" löst das ja an sich noch keinen Horror beim Spieler aus. Es ist eventuell mit dem Setting möglich, hängt aber da stark an der Wahrnehmung der Spieler.
Die einen finden Vampire vielleicht voll gruselig, schaudern bei einer Burton-resken Gothiclandschaft, ekeln sich bei Splatter, finden die Gesellschaft so bedrückend wie das System in 1984 und können damit für sich, innerhalb der Gruppe, Horror erzeugen. Die anderen finden Vampire total cool, sind von der Burton-resken Gothiclandschaft fasziniert, finden die Gesellschaft nicht so bedrückend oder gestalten sie anderes, sehen Raum und die Möglichkeit der Rebellion etc. Immerhin heißt es so auf den ersten Seiten das man sich aussuchen kann wieviel Gothic, wieviel Punk und ob überhaupt Gothicpunk für einen das Setting von V:tM definiert.
Den Begriff "personal Horror" halte ich für ein relativ inhaltsleeres Buzzword.
Es ist durchaus möglich mit Vampire Szenarien zu bespielen, die unter einem bestimmten Thema stehen, beispielsweise Verfall, Einsamkeit, zerfallene Imperien, etc und das den Spielern so zu vermitteln das es durchaus auch ankommt. (Hoffe mal das es mir zumindest beim leiten von DtD halbwegs gelungen ist XD) Man kann auch den Verfall des Charakters beschreiben. Nun oder auch die schrittweise Entartung respektive Gewöhnung und Einpassung in eine unmenschliche beziehungsweise tief gestörte/kaputte Gesellschaft.
Wobei das selten für sich herausgestellt passiert, sondern innerhalb eines anderen Sub-Genres. (Das ggf. auch einfach Urban Fantasy sein könnte)
Das Problem nun mit dem Begriff "personal Horror" ist nun welche Person ist gemeint?
Soll sich der Spieler einem gewissen Horror in Bezug auf seinen Charakter ausgesetzt fühlen (ähnlich wie beim ansehen eines Horror Films) oder soll der Spieler-Charakter sich Horror ausgesetzt fühlen (ähnlich wie Grace in Manderlay als sie erkennt was sie tut / wer sie ist)? Naja und dann stellt sich noch die Frage Täter oder Opfer? Die Vampire, in dem Setting und mit dem System, haben ja durchaus Potential in beide Richtungen, das es teilweise verschmilzt. Ist damit vielleicht gar kein klassischer Horror gemeint sondern das erzeugen einer intensiven Emotionalität (zB "Die letzten Glühwürmchen" als Film stellt für mich, obwohl er imho großartig ist, ein intensives emotionales Erlebnis/Herausforderung dar)
Man kann alles mit Vampire anstellen, und auch Rechtfertigungen im System und Setting dafür finden, aber was ist dann davon der "echte" Personal Horror? Das Buch läßt sich auch nicht weiter darüber aus. Eine Volltextsuche des V20 PDFs ergab exakt eine Fundstelle für Personal Horror (zweite Seite).
Insofern kann (sollte) man imho alles als Personal Horror durchgehen lassen was der Spieler so dafür hält. Naja und angesichts dessen das es nur einmal erwähnt wird sollte man auch nicht zu verzweifelt sein wenn es für wen ggf. gar keine Rolle spielt.
Wobei das Thema personal horror ggf. einen eigenen Thread verdient. Zumal es ggf. zu Konflikten kommt wenn unterschiedliche Definitionen von und Ansprüche an personal horror aufeinandertreffen.