Ich persönlich würde es mit der beschriebenen Struktur als reines Hack & Slay Spiel auffassen bei dem soziale Lösungsansätze keine Relevanz innerhalb des Spiel respektive der Spielmechanik haben.
[Angesichts der Regeln für physische Handlungen würde ich es auch nicht als Freeform oder Freeform nahestehend begreifen]
Das trifft den Kern des Problems recht gut. Doch soziale Proben beantworten ja meistens nur, ob und wie erfolgreich eine soziale Interaktion war, aber nicht, was genau der Inhalt der sozialen Interaktion war. Soziale Fertigkeiten umschiffen also den Methad acting Anteil im Spiel. Ohne dieses Regelelement bleibt jedoch nur ein Kampf- und Aktionsystem übrig, was durch fehlende Werkzeuge wenig zur sozialen Interaktion anregt... ein Teufelskreis^^
An sich wäre das ja kein Problem, wenn jeder Spieler damit einverstanden ist und soziale Elemente im Spiel tatsächlich immer ausgespielt werden... leider verleitet das Regelsystem dabei jedoch schnell zur guten alten Holzhammermethode und dadurch habe ich auch nichts gewonnen.
(Das hat sich sogar in dem Testspiel gezeigt, was ich bereits gemacht habe. Ein Spieler war so begeistert von seinen Fähigkeiten im Umgang mit automatischen Waffen, dass dieser Skill Problemlöser #1 wurde.)
Unter dem Begriff Freeform für ein Rollenspiel kann ich mir zwar ungefähr was vorstellen, würde mich jedoch über eine genaue Definition freuen. Ich bin mit vielen dieser theoretischen Begriffe nicht wirklich vertraut.
1. Zu entscheiden, ob die Folge einer soziale Interaktion den Wünschen des Spielers entspricht, bleibt immer dem Spielleiter überlassen. Es gibt keine korrigierenden Elemente. Im Spieler-kleinhalten Thread gibt es zwar auch ein paar Belege dafür, dass manche Spielleiter sich über Würfelergebnisse und Regeln hinwegsetzen, aber das fällt meiner Meinung nach schwerer, als das eigenmächtige Entscheiden nach Gutdünken (persönlicher Sympathie/Antipathie, Storyvorliebe/Abenteuervorbereitung etc.) ohne Würfel.
Stimmt, hat jedoch auch eine Kehrseite. Umgedreht bringen einen soziale Fertigkeiten auch oft an den Punkt der Unglaubwürdigkeit. Wenn die Würfel zB sagen, dass eine soziale Probe bestanden ist, man sich jedoch nicht vernünftig vorstellen kann, was der Charakter genau gesagt haben könnte, um den Effekt herbei zu führen. Oder der Spieler hat eine grandiose Lüge in petto, die Würfel behaupten jedoch das Gegenteil. Natürlich kommt sowas großteils durch den Konflikt zwischen Regelbasis und Method acting zustande, nur habe ich dafür allgemein bisher keine wirkliche Balance im Spiel gefunden. Deshalb habe ich mich für dieses System ja dafür entschieden auf soziale Skills zu verzichten, was mir allerdings Probleme an anderen Stellen eingebracht hat (siehe Eingangspost).
Du gehst davon aus, dass physische Konflikte (Feuergefechte, Armdrücken, Dinge heben etc.) nicht durch den physischen Körper der Spieler am Tisch abgewickelt werden können, da gehe ich mal mit konform, aber warum sollte Intelligenz den Spielern überlassen werden? Das schränkt doch nur ein und was eigentlich noch viel seltsamer ist, es bilden sich SC/Spieler-Hybride mit fantasierten und imaginierten physischen Körpern und der "mentalen Ausstattung" ihrer realweltlichen Lenker. Soziale Konflikte sind jetzt lediglich vom SL austarierte Angelegenheiten, die jeglicher spielmechanischer Grundlage entbehren, das klingt in meinen Augen sehr sehr unbefriedigend für Spieler, die sich eben auf soziale Interaktion spezialisieren. Minority Report lebt ja (sowohl in der Dick-Geschichte als auch im Film) nicht unerheblich von sozialen Konflikten (Einschüchterungen, Überzeugungsarbeit, sozialer Wahrnehmung, teilweise Detektivarbeit).
Diese SC/Spieler-Hybride mit der "mentalen Ausstattung" ihres Spielers kommen aber auch dann zustande, wenn ein Spieler die geistigen Fähigkeiten seines Charakters ignoriert und einfach anders ausspielt. Beispiel: Shadowrun. Intelligenz in Shadowrun 3 wird benötigt um mehr Würfel für den Kampfpool zu bekommen... folglich beginnen Spieler, welche nur hirnlose Kampfschweine spielen, ihre Intelligenz hochzuziehen. Das System belohnt sie. Sie nehmen die Intelligenz also für ihre Kampfwerte und nicht für den Zweck einen intelligenten Charakter darzustellen. Wenn die mentalen Fähigkeiten eines Charakters keine spieltechnische Relevanz haben, hat ein Spieler die Möglichkeit den Charakter genauso mental stark oder schwach darzustellen, wie er will. Er wird vom System für seine Entscheidung nicht mehr bestraft. Das neue Problem ist jedoch, dass ein Spieler den Fokus eben auf die verfügbaren physischen Werte verlagert und die Frage nach mentalen und sozialen Eigenschaften vom System nicht gestellt wird, da diese ja komplett dem Spiel überlassen werden...
(Ob ich hier jetzt herumplärre, dass ich gerne soziale Werte habe, nicht um auf sie zu würfeln, sondern um sie als Angelpunkte für freieres Spiel zu verwenden oder was auch immer, hat auf deinen Hausgebrauch doch letztlich keinen Einfluß.)
Ja... das Ego zwingt mich. Ich finde meine bisherige Arbeit nämlich schon recht ansprechend und fände es bedauerlich, wenn das System letztendlich nur für den Hausgebrauch ist oder im schlimmsten Fall auf der Festplatte vergammelt, wenn ich nicht wirklich dazu komme es zu spielen. Deswegen überlege ich ja (wie im Eingangspost erwähnt), ob ich es nicht irgendwann kostenlos im Netz zugänglich mache, wenn es so weit ist. Aber dann soll es ja auch schon was hermachen.
Was tun denn deine Charaktere? Ich hab Minority Report zwar gesehen, kann mir aber jetzt aber noch nicht so richtig vorstellen, wie man daraus ein Spiel macht.
Das Setting ist Deutschlang als Überwachungsstaat im Jahre 2050. Durch mehrere Krisen wurde das Machtgefüge auf der Welt ganz schön durcheinander gebracht und Deutschland hat sich erst vor einem Jahrzehnt wieder richtig gefangen und ist gerade im Aufschwung. Der Preis dafür ist jedoch ein erheblicher Tausch an Freiheit für Sicherheit. Die Spieler übernehmen die Rollen von Polizeiermittlern oder Privatdeketiven, welche pro-Regime für den Erhalt der Ordnung und des Systems sorgen und dabei mit staatsfeindlichen Gruppen/Individuen oder Verbrechern zu tun haben. Es ist ein bisschen wie ein Anti-Shadowrun. Minority Report ist mir nur als bestes vergleichbares Beispiel eingefallen, um das Setting im Eingangspost kurz anzureißen.
Ich werde mich mal mit dem Thema zu sozialen Regeln im Theorieforum beschäftigen. Vielleicht finde ich da noch ein paar Anregungen. Ich danke euch auf jeden Fall schon mal für eure zahlreichen Antworten.