Ich persönlich bin nciht so begeistert von den Fintenregelungen bei Gurps. Ich finde sie überflüssig, weil im Prinzip das der kritische Treffer sein sollte. Das was Gurps mit kritischen Trefferauswirkungen bringt ist ein Witz. Dass diese auch noch ausgewürfelt werden müssen ein weiterer Witz. Also ich würde Gurps nicht spielen, wenn ich einen ausgeklügelten taktischen Kampf möchte.
Da nun sogar ein neuer Taktik-Thread aufgrund dieser Aussage entstanden ist, möchte ich dazu doch nochmal etwas kommentieren, aber ansonsten finde ich das problemlos, wenn diese individuelle Meinung besteht, auch wenn ich sie nicht teile, daraus allein hätte ich keinen Diskussionsbedarf abgeleitet. Es gibt ohnehin immer verschiedene Standpunkte bei Details, das ist bei allen RPGs so, im Falle von GURPS haben wir aber (abgesehen von der grundsätzlichen relativ hohen Entwicklungs-Qualität) den Vorteil, dass der Toolkit-Ansatz dem Rechnung trägt und wir relativ einfach die verwendeten Regeln an die aktuellen Ansprüche anpassen können.
Was die "Fintenregelungen" angeht, bin
ich davon sehr angetan, mir gefällt die Umsetzung insgesamt sehr gut. Dabei sollte man (entsprechend der Konzepterklärungen der Autoren) übrigens wissen, dass man nicht zu eng in den Begriffen denken sollte, z.B. kann das was wir aus Realerfahrungen unter einer bestimmten Art von Finte verstehen durchaus mehr einer Deceptive Attack entsprechen als ganz konkret dem Feint-Manöver! (gilt natürlich auch für andere Sachen als Finten).
Dies ist auch kein Fehler o.ä., sondern es liegt vielmehr daran, dass ein Wort erstmal nur ein Wort ist, wenn wir aber nicht sehr abstrakt bleiben wollen ist es kaum möglich ein ganzes
Konzept in einem einzelnen Parameter sauber abzubilden und dabei differenziert zu bleiben.
Als Analogie zum Kampfterminus "Zuschlagen" könnte man etwa "ein Tor schießen" nehmen und es sollte relativ klar sein, dass es zig Wege gibt, die alle unter dieses Konzept fallen. Wenn ich jetzt einfach sowas sage wie "pauschal für alles 1 Würfel", habe ich das konzeptionell schön sauber drin, allerdings ist das eine abstrakte Lösung, die in keinster Weise auf taktische Feinheiten eingeht und darum IMHO nicht wünschenswert ist (bzw. nur für Lite- bzw. Beer&Bretzel-Games).
Wenn wir also an eine bestimmte Finte denken wählen wir die Mechanik (!), die unsere Idee am Besten unterstützt, z.B. ein blitzschnelles Andeuten nach rechts und dann der Angriff auf die linke Seite könnte man umgangssprachlich auch als Finte bezeichnen, in GURPS-Terminologie sprechen wir aber eher von einem Täuschungsangriff, denn die Deceptive Attack findet direkt mit nur minimaler Zeitverzögerung während des Angriffs statt. Auf der anderen Seite würde z.B. ein vorbereitendes taktisches Vorgehen bei dem wir uns (ganz klassisch) etwas zurücktreiben lassen und dabei den Gegner durch Scheinangriffe zu einer bestimmten Angriffsweise verleiten, die eine Lücke in seiner Verteidigung öffnet, ein schöner Fall des Feint-Manövers sein.
Was mich angeht, mag ich den taktischen Kampf bei GURPS sehr gerne, es gibt sehr viel differenzierte und sinnvolle Optionen, v.a. wenn man Martial Arts einsetzt geht da richtig was ab. Ich halte das Niveau an Realismus insgesamt für recht brauchbar (deutlich gelungener als anderswo) und mir macht das sogar soviel Spaß, dass ich das auch durchaus mal als kurzweiliges Mini-Tabletop spiele. Ich habe in der Hinsicht bisher kein RPG gesehen, dass mich mehr überzeugt hätte, es gibt natürlich Details, die mir nicht ganz so gut gefallen bzw. nicht ausreichen, aber da ließ sich mit Optimierungen nach eigenem Geschmack bzw. neuen Add-ons meist noch mehr rausholen und wir sind nicht am Ende der Fahnenstange
PS @Gummibär:
Wenn man die taktische Differenzierung zwischen verschiedenen Waffen und Rüstungen erweitern will, muss man IMHO v.a. aufpassen, dass das Ganze noch spielbar bleibt, das ist die große Herausforderung (obwohl man für sich selbst natürlich beliebig aufschlagen kann :p). Schon jetzt ist das meiste Feedback das die Entwickler bekommen, dass es bereits viele als sehr komplex empfinden, wenn man ordentlich Optionalregeln einsetzt.
Ich persönlich würde versuchen weitere Differenzierungen nur bescheiden zu ergänzen, es steckt schon soo viel drin, wenn man alles passende richtig nutzt! Einzelne simple Ergänzungs-Modifikatoren sind i.d.R. kein Problem, ein ganzes Modul von Variablen mit verschiedenen Entscheidungen bremst die Sache aber leicht aus... D.h. mein Tipp geht eher in die Richtung zu schauen was
konkret fehlen könnte und dann bei Bedarf im Detail zu erweitern. Erfahrungsgemäß erübrigt sich sogar das schon oft, nach einer diesbezüglichen Diskussion, die einiges aufzeigt was man zunächst nicht wahrgenommen hatte.