Ja, ein SL kann das lösen, indem er HAUSREGELN einführt. Es geht doch aber nicht um Hausregeln, es geht um DSA1 mit RAW!
Nein, ging es eigentlich nicht. Es ging eigentlich um die Frage, ob man einen Rollenspielkampf (einen real existierenden Rollenspielkampf, nicht den Kampf in einem System von vorm Kartoffelkrieg, bei dem gesunder Menschenverstand vorher verboten wurde) durch einen einzigen Würfelwurf ersetzen kann, in dem man vorher die Erfolgswahrscheinlichkeiten aller Parteien genau berechnet.
Die Fokussierung auf "DSA1 Raw" wurde dann von Gummibaer vorangetrieben, weil er verzweifelt ein Beispiel dafür suchte, dass es eben doch wenigstens ein System geben könnte, bei dem das geht. Nur dass zumindest in allen Gruppen, an denen ich damals beteiligt war, auch DSA1 niemals "Raw" gespielt wurde.
Aber egal.
Naja, ich rudere mal ein bisschen zurück und sage: Bei einer rein akademischen Fragestellung darf man die berücksichtigten Faktoren schon eingrenzen. Das heißt: Wenn man im Kampf auf alles verzichtet, was der Computer nicht darstellen kann, ist es mit ausreichender Rechenleistung theoretisch möglich, den Kampf auf eine Einzelwahrscheinlichkeit herunterzubrechen.
Genau, lass uns das mal machen. Nehmen wir mal an, dass es darum gegangen wäre. Und hängen wir mal Zahlen dran, damit dieses Luftschlösserbauen hier endlich aufhört.
Sagen wir mal, wir haben ein wirklich übertrieben simples Kampfsystem; nennen wir es DSA1-RAW-Basisregeln-Redux. Alles, was die Figuren machen können, ist (1) sich in jeder Kampfrunde für einen Gegner entscheiden und ihm mit der einzigen vorhandenen Waffe eine reinhauen, und (2) so vorhanden (Elf oder Magier) einen Zauber vorbereiten / anwenden. Ach ja, und die einzige Möglichkeit, einen Kampf zu beenden, besteht darin, alle Beteiligten der gegnerischen Seite totzuschlagen (weglaufen oder aufgeben wurde ja als nicht regelkonform verworfen). Optimierungskriterium zum Finden der optimalen Strategie ist (1) die erwartete Siegchance soll maximal sein, (2) die Überlebenschance aller Helden soll maximal sein und (3) die erwarteten eigenen LP- und AsP-Verluste (der Einfachheit halber wird alles zusammengerechnet) sollen minimiert werden.
Sagen wir des weiteren, wir hätten die übliche DSA1-Heldengruppe (3 Nichtzauberer, 1 Elf, 1 Magier) auf der einen und - um die Sache einfach zu machen und möglichst wenige Zauberer einzuführen - eine Räuberbande, bestehend aus 7 Nichtkämpfern, auf der anderen Seite. Ein ganz normaler DSA1-Kampf also.
Und jetzt basteln wir mal einen Entscheidungsbaum, in dem wir eine optimale Strategie suchen. Keine der obigen Entscheidungen kann a priori verworfen werden, also müssen sie alle reingerechnet werden. Wie viele Möglichkeiten gibt es jetzt also?
Erste Aktion: Nehmen wir mal an, die Helden handeln geschlossen als erstes:
- Jeder Kämpfer kann pro Kampfrunden entscheiden, wen er angreift (zu Beginn 7 Möglichkeiten).
- Jeder Elf kann das gleiche wie ein Kämpfer, oder er kann einen seiner Zauber einsetzen. Nehmen wir mal nur die, die Gummibaer als "zeitlich machbar" markiert hat. ARMATRUTZ - hier muss er entscheiden, wie viele KR er ihn wirken lassen willen (deckeln wir es mal willkürlich bei 10) und FULMINICTUS (hier muss er sich auf einen Gegner festlegen, also 7 Möglichkeiten). Macht zusammen 24 Möglichkeiten.
- Jeder Magier kann das gleiche wie ein Elf, außerdem hat er noch einige weitere Zauber. PARALÜ und HORRIPHOBUS (jeweils 7 Möglichkeiten, je nach Gegner) sowie SAFT-KRAFT-MONSTERMACHT (4 Möglichkeiten, je nach bezaubertem Freund). Macht zusammen 42 Möglichkeiten.
Unsere Heldengruppe hat also in der ersten Runde 7*7*7*24*42 = 345.744 Möglichkeiten. Für den Computer kein Problem. Aber ein Verwerfen bestimmter Aktionen ist an dieser Stelle noch nicht möglich (noch könnten alle zum optimalen Ergebnis führen), also müssen wir sie alle im Blick behalten.
Zweite Aktion: Soweit, so gut. Aber jetzt müssen wir die optimale Spielerstrategie für die zweite Runde berechnen, und die hängt (1) von der Strategie der ersten Runde ab und (2) von den Handlungen der Gegner.
Schauen wir uns zunächst die Gegner an. 7 Nichtkämpfer, eventuell (je nach Ergebnis der ersten Spieleraktion) auch nur noch sechs. Seien wir mal nett und rechnen nur noch mit sechs. Jeder von denen hat 7 Handlungsmöglichkeiten. Macht 7 Varianten, die berücksichtigt werden müssen. Macht 7 hoch 6, also 117.649 Möglichkeiten.
Unsere Spieler haben fast so viele Möglichkeiten wie in der ersten Runde. Okay, vielleicht nur noch 6 Gegner, und in einigen Zweigen des Entscheidungsbaums sind die Zauberer auch noch mit dem Zauber aus der ersten Runde beschäftigt. Aber einige zehntausend Optionen bleiben übrig. Sagen wir einfach 10^4 (ist vermutlich untertrieben, aber ich wollte ja nett sein).
Die Anzahl der möglichen Varianten nach nur zwei Entscheidungen pro Spieler beträgt somit schon 345.744 * 117.649 * 10.000 = 4 * 10^14. Zum Vergleich: Ein moderner Rechner hat ca. 3 GHz auf 4 Prozessoren, macht 1,2 * 10^10 Operationen pro Sekunde. Wenn das Berechnen und Bewerten jeder Operation nur 1 Rechnertakt dauern würde (was es nicht tut, einige hundert Takte sind realistischer), dann würde der Rechner für diese ersten beiden Runden etwas über 9 Stunden benötigen.
Dritte Aktion: Sogar, wenn wir wirklich total vereinfachend davon ausgehen, dass die Spieler jetzt nur noch 1000 und die NSCs auch nur noch 1000 mögliche Handlungsvarianten zur Verfügung haben, haben wir wieder 1 Million Optionen, die mit den bisherigen multipliziert werden müssen. Die Rechenzeit explodiert jetzt auf 9 * 10^6 Stunden oder 1056 Jahre - viel Spaß beim Warten.
Fazit: Sogar für ein beleidigend einfaches System in einem beleidigend einfachen Kampf (keine magischen Gegenstände, kein NSC-Zauberer, kein Fernkämpfer, keine verschiedenen Waffenkombinationen...) ist nach 2 simulierten Kampfrunden Ende der Fahnenstange. Eine optimale Strategie lässt sich auf diese Weise nicht ermitteln. Und für ein modernes, ausführlicheres System (oder auch nur für das "echte" DSA1 einschließlich Ausbauregeln) schon mal gar nicht. Und bevor jetzt das Gegenargument kommt, man hätte den Entscheidungsbaum eben frühzeitig beschneiden müssen: Das haben wir bereits, indem wir alle sinnlosen Handlungen (Zauber mit zu langer Zauberdauer) ausgeschlossen haben. Wirklich unsinnige Zweige, die gekappt werden können (z.B. weil ein SC schon tot ist oder kaum noch eine Siegchance besteht) gibt es zu diesem Zeitpunkt nur ganz wenige, die verschwinden in der gewaltigen Masse noch aktiver Zweige.