Autor Thema: Warum ich kein Player Empowerment mag  (Gelesen 21616 mal)

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evil bibu

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #50 am: 26.10.2012 | 08:28 »
Für mich steht beim Rollenspiel / Erzählspiel das Spielen im Vordergrund.

Erzählen tu ich als Spieler gar nichts, sondern ich spiele meinen SC. Klar, um den zu steuern, kommt es beim Pen & Paper leider vor, dass ich erzählen muss, was der macht. Aber wenn ich die Sache auch erledigen könnte, indem ich am PC auf die Leiter klicke, anstatt zu erzählen, dass mein SC die Leiter hochklettert, wäre das genau so gut. Auf dem Bildschirm würden dann ja alle sehen, dass mein SC das tut.

Ob da am Ende ne gute Story bei rauskommt? Also bei Age of Empires war das auch nie mein Ziel. Wenn eine entsteht, ok. Kann bei Age of Empires ja auch passieren. Aber letztlich zählt, dass ich gefordert werde und hoffentlich gewinne (im Sinne von den Zielen meines SCs näherkomme). Wenn das der Fall ist, dann war das Spiel gut. Plausibel muss es natürlich schon sein. Und ne gute Story ist ein Bonus. Und natürlich kann man irgendwie jegliche Prozesse nacherzählen.

[...]

Ich wage mich mal an eine Behauptung: Deine Art und Weise an RPG in seiner Mannigfaltigkeit heranzugehen deckt sich im wesentlichen nicht mit der im Forum vorherrschenden Meinung. Das ist per se nicht schlecht. Nein. Anders. Das ist gut. Hier auch gewollt. Das sollte man aber mal im Hinterkopf behalten. Ich fände einen "Rollenspiel: Wie Gummibär es sieht" Thread nicht schlecht sondern auch lesenswert. Das macht es manch einem vielleicht einfacher deine Sichtweise nachzuvollziehen.

Und noch meine persönliche Meinung: Rollenspiel ist für mich persönlich eine wunderbare Melange aus spielen, erzählen und Erfolgserlebnissen in einem sozialen Kontext. Das eine geht nicht ohne das andere.

Offline Hotzenplot

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #51 am: 26.10.2012 | 08:42 »
Meiner Meinung nach wird PE hier zu oft mit "Lösungen" verquickt. Dabei ist die Lösung eines Konfliktes per PE nur eine - und zwar eine minder wichtige Facette - des PE.
In erster Linie erleichtert, ermöglicht und inspiriert PE das Einbringen bzw. den Einfluss des Spielers auf die Dramaturgie einer Geschichte. Klar kann er das tun, in dem er (s)ein Problem löst, aber viel wichtiger dabei ist, dass er überhaupt viel aktiver ist als ohne PE.
Ein Spieler ganz ohne PE ist im Prinzip ein Solospieler oder ein Zuhörer, der nur in den wenigen, vom System, Setting und SL zugelassenen Punkten Einfluss nimmt. Der Zeitpunkt und der Rahmen der Einflußnahme wird von anderen Faktoren als vom Spieler selbst bestimmt (Regelwerk, Setting, hauptsächlich SL).

Trotzdem, und da kann ich Gummibär als TE verstehen, muss man das nicht mögen. Die punktuelle geistige Herausforderung, möglicherweise auch Spannung, ist vermutlich in einem vom Spieler zu 0% nicht etablierten Konflikt höher.

Als Spieler mag ich persönlich PE sehr gerne, sehe aber auch gewisse Probleme. Neben den schon genannten, ist der Umgang mit PE bei mir durchaus tagesformabhängig. Manchmal fällt mir einfach nichts ein oder ich bin lustlos. Da höre ich lieber zu und gebe Gas, wenn der SL sagt: "So, wat machste nu?"

Als SL mag ich PE auch sehr gerne, je mehr von den Spielern kommt. Der klassische Problemlöser ist aber der Spieler, der mir da am unwillkommensten ist. Trotzdem - auch wenn Spieler den Konflikt nicht nur zu ihren Gunsten per PE mitentwickeln, ergibt sich im Spiel mit viel PE meiner Meinung nach öfter das Problem des Haltens oder Schaffens von Spannung. Eine knappe Verfolgungsjagd, die ohne PE einfach von mir als SL cinematisch, immer äußerst haarscharf und knapp dargestellt wird ist einfach von mir etabliert spannend gemacht. Wenn die Spieler im PE mitreden, könnte es sein, dass die Fahrt für SC, möglicherweise auch für die Spieler selbst, weniger spannend ist, weil sie Elemente etablieren, die das Risiko vermindern. Vielleicht kommt nicht einmal die Verfolgungsjagd zustande.
Die Spannung, die ein Spieler mit viel PE empfindet, muss also gewollt und "hausgemacht" sein. Dabei entscheidet sich der Spieler aber bewusst dafür, einen Konflikt nun mit PE spannend zu halten, statt ihn unspannend zu lösen. Im Verfolgungsjagdbeispiel ist sich der Spieler diesen Umstandes stets bewusst und erlebt - im Gegensatz zu seinem Charakter - möglicherweise weniger Spannung. "Ha, ich habe (noch einen XY-Punkt) PE, somit könnte ich immer aus der Nummer raus!".
Eine selbstgewählte Spannung kann zumindest für mich als Spieler aber nie so ganz reizvoll sein, wie eine von oben aufgezwungene. Insofern bin auch ich als PE-befürworter mal froh, wenn es einfach einen saumäßig knappen Konflikt habe, den ich nicht etabliert habe bzw. auf dessen Entstehung ich keinen Einfluss hatte ("aus dem Gebüsch springt dich ein Werbiber an, du befindest dich sofort im Kampf. Würfel oder stirb!").

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Offline Xemides

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #52 am: 26.10.2012 | 09:13 »
Ich wage mich mal an eine Behauptung: Deine Art und Weise an RPG in seiner Mannigfaltigkeit heranzugehen deckt sich im wesentlichen nicht mit der im Forum vorherrschenden Meinung.

Das halte ich für eine gewagte Behauptung.

------------------------------------------------------------------------------------------------

Was wir bei unserer NOVA-Runde machen:

Wir gestalten das Universum mit, in dem wir Planeten, NPCs,  Hadelswaren etc. mit ausarbeiten. Der SL hat dabei immer das letzte Wort, und der Sl bringt das ins Abenteuer ein.

Das ganze findet außerhalb der Spieltermine im Internet statt, nicht während des Spieles. Während des Spieles ist das läuft klassisches, oldschooliges RPG statt.
« Letzte Änderung: 26.10.2012 | 09:16 von Xemides »
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Offline Boba Fett

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #53 am: 26.10.2012 | 09:16 »
@Eingangspost...:

Ich glaube, wenn unser Spendenkonto jedesmal einen Euro bekommen würde, wenn ich diese Argumentation lese oder höre, könnten wir die Burg jedesmal für lau fürs Wintertreffen anbieten. ;)

Wenn ich jetzt selbst Fakten setzen darf, geht die ganze Sache kaputt.

Ja, nein, Quatsch!
Kurz: Ja, die Sache kann man durch Playerempowerment kaputt machen.
Na und? Man kann auch ohne Playerempowerment jede Szene im Rollenspiel kaputt machen.
Das entscheidende ist nicht das "können", sondern das wissen darum, dass man es nicht macht,
um sich das Spiel nicht zu verderben.

Abgesehen davon ist es maßgeblich, zu verstehen, dass es nicht DAS EINE Player-Empowerment gibt, sondern, dass es beliebig viele gibt, zum Beispiel mit Vetorecht, mit Kosten (Karmapunkte), mit Mehrheitsentscheid, mit Glückswurf, etc. etc.
Man kann sich darauf EINIGEN, wann ein Spieler ein Mitgestaltungsrecht hat und wie weit dieses gehen darf. Wichtig ist, dass man das auch macht. Das ist genauso wichtig, wie man sich irgendwann entschieden hat, welche Dinge der Spielleiter darf und was man sich nicht bieten lässt.

Letztendlich sieht es so aus:
Wenn der Spielleiter einem Spielercharakter eine aus dem Himmel stürzende Kuh auf den Kopf fallen lässt und der dann tot ist, sollte der Spieler kopfschüttelnd aufstehen und gehen.
Wenn der Spieler durch Player-Empowerment die Szene zertsört, sollte der Spielleiter das gleiche machen.
Und damit beides nicht passiert, hält man sich an gewisse Konventionen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
« Letzte Änderung: 26.10.2012 | 10:18 von Boba Fett »
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Offline Arldwulf

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #54 am: 26.10.2012 | 09:22 »
Natürlich geht es nicht nur um Lösungen. Aber beim PE geht es nunmal um das schaffen von Fakten. Und das wirft die Frage auf wer diese Fakten erschaffen sollte. Derjenige der die Hintergründe kennt oder derjenige welcher sie gerade erst aufdecken will. Es geht ja hier ja nicht mal so sehr darum ob Spieler mit PE verantwortlich umgehen. Sondern darum das sie gar nicht die Möglichkeit haben es zum Hintergrund konform umzusetzen wenn sie diesen nicht kennen.

Da dann zu sagen: man spart sich das "Ja" des Spielleiters erscheint mir zu wenig für diesen Preis und den Verlust der Trennung zwischen Spieler und Spielwelt.

Ja ist ein sehr kurzes Wort.

Offline Evil Batwolf

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #55 am: 26.10.2012 | 09:33 »
Für mich ist der Begriff "Rollenspieler" schon falsch. Es gibt FATE-Spieler, DSA-Spieler, D&D-Spieler, Call of Cthulhu-Spieler, usw. usf., aber nicht Rollenspieler.

Und genau wie man Mensch ärgere Dich nicht kaum mit Schach vergleichen kann (obwohl es doch beides Brettspiele sind), kann man auch bestimmte Rollenspielsysteme kaum miteinander vergleichen.

Und genau wie man mit Mensch ärgere Dich nicht mögen kann oder auch Schach, kann man bestimmte Rollenspiele präferieren oder auch nicht.

PE funktioniert auf seine Weise, genau wie old school roleplaying auf seine Weise funktioniert. Nur nicht, wenn man mit der einen Funktion die jeweils andere erreichen will.

Mit Verlaub, dieser Thread hätte auch heißen können "Warum ich Schokopudding lieber mag als Birnen"  ;).


Offline Arldwulf

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #56 am: 26.10.2012 | 09:39 »
Sicher, aber es gibt eben objektive Kritikpunkte. Ich kann dir nicht sagen das Birnen besser als Schokopudding schmecken. Aber das sie mehr Vitamine enthalten schon. Ich kann dir auch nicht sagen das PE dir mehr Spass machen würde als den SL zu fragen. Aber eben sagen das Spieler nicht alle Hintergründe kennen.

Nur weil etwas Geschmackssache ist heißt das nicht das es keine Argumente gibt.

Offline Edvard Elch

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #57 am: 26.10.2012 | 09:42 »
Sicher, aber es gibt eben objektive Kritikpunkte. Ich kann dir nicht sagen das Birnen besser als Schokopudding schmecken. Aber das sie mehr Vitamine enthalten schon. Ich kann dir auch nicht sagen das PE dir mehr Spass machen würde als den SL zu fragen. Aber eben sagen das Spieler nicht alle Hintergründe kennen.

Aber auch beim Hintergrund kann man mit offenen Karten spielen, sodass die Spieler wissen, was sie wie einbauen können, ohne den Hintergrund zu zerstören. Oder man spielt mit wenig Hintergund, der dann durch Spielersetzungen erweitert wird...
Kants kategorischer Imperativ, leicht modernisierte Fassung: „Sei kein Arschloch.“

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Achamanian

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #58 am: 26.10.2012 | 09:43 »
Natürlich geht es nicht nur um Lösungen. Aber beim PE geht es nunmal um das schaffen von Fakten. Und das wirft die Frage auf wer diese Fakten erschaffen sollte. Derjenige der die Hintergründe kennt oder derjenige welcher sie gerade erst aufdecken will. Es geht ja hier ja nicht mal so sehr darum ob Spieler mit PE verantwortlich umgehen. Sondern darum das sie gar nicht die Möglichkeit haben es zum Hintergrund konform umzusetzen wenn sie diesen nicht kennen.


Ich mische mich etwas spät ein, aber:
Du gehst hier davon aus, dass der Hintergrund bereits als fixe, festgelegte und ausgearbeitete Größe besteht. Viele SL haben den Hintergrund aber auch nur in groben Umrissen parat, die sie dann beim Spiel ausfüllen. Oder sie haben zahlreiche, detaillierte Bausteine (NSC, Burgen, Szenen ...), die sie aber nach Bedarf ganz unterschiedlich ineinanderfügen. Da tritt dann nicht so schnell das Problem auf, dass ein Spieler Fakten schafft, die so gar nicht in den Hintergrund passen, weil der Hintergrund während des Spiels sozusagen ständig im Bau ist. Im Gegenteil sind dann faktenschaffende Spieler für den SL sogar oft eine zusätzliche Ressource, weil sie ihm Arbeit bei der Ausgestaltung abnehmen.
Der "Hintergrund" ist in so einem Fall dann vor allem das, was der gesamten Runde bereits über die Welt und die Ereignisse in ihr bekannt ist - alles, was nur im Kopf des SL, in seinen Aufzeichnungen oder im Abenteuer steht, ist provisorisch und wird erst dann "wahr", wenn es im Spiel auftaucht. Solange die Spieler dann verantwortungsvoll mit PE umgehen und darauf achten, dass von ihnen geschaffene Fakten nicht im Widerspruch zum bisher erlebten stehen, kommt es eigentlich nur selten zu Problemen.

So muss man natürlich nicht spielen, auch hier gilt wieder: Das eine muss nicht besser sein als das andere. Ich habe das jetzt auch eher extrem dargestellt, selbst leite ich nicht so frei. Das ganze soll nur darlegen, unter welchen Bedingungen das von dir befürchtete Problem tendenziell gar nicht auftritt.

Shield Warden

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #59 am: 26.10.2012 | 09:49 »
Richtig, PE führt doch letztlich in einigen Formen sowieso dazu, dass das was "Hintergrund", also weltimmanente Wahrheit ist, gemeinsam erschaffen wird und nicht etwa durch den SL vorgegeben und die Spieler "aufgedeckt" werden muss.

Offline Xemides

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #60 am: 26.10.2012 | 09:56 »
Naja, aber nicht umsonst gibt es dutzende von kaufbaren Hintergründen. Und auch wenn ich was selber schreiben würde, würde ich das so genau wie möglich ausarbeiten, einen mehr als groben Plan der Welt haben. Ich habe das Gefühl. Ich würde es nicht mögen, die Welt erst am Tisch zu gestalten, das birgt mir zu sehr das Risiko das die Welt a. beliebig, b. unogisch und c. undruchdacht wird.

Deshalb kaufe ich mir lieber Hintergünde.

Und als Spieler will ich gar nichts über die Welt wissen und auch nur bis zu einem gewissen Grad mitgestalten Wollen.

Ich möchte als Spieler die Geheimnisse der Welt erforschen, nicht diese gestalten. Ich will darüber auch nichts vom SL wissen. Ich würde mich nur mit den Oberflächlichkeiten befassen wollen.
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Offline Evil Batwolf

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #61 am: 26.10.2012 | 10:01 »
Sicher, aber es gibt eben objektive Kritikpunkte. Ich kann dir nicht sagen das Birnen besser als Schokopudding schmecken. Aber das sie mehr Vitamine enthalten schon. Ich kann dir auch nicht sagen das PE dir mehr Spass machen würde als den SL zu fragen. Aber eben sagen das Spieler nicht alle Hintergründe kennen.

Nur weil etwas Geschmackssache ist heißt das nicht das es keine Argumente gibt.

Mensch ärgere dich nicht ist tausendmal realistischer als Schach, weil es durch die Würfel den im Leben immer wieder auftretenden Zufall abbildet.

Schach ist tausendmal realistischer als Mensch ärgere dich nicht, weil es durch Weglassen des Zufalls die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Kontrahenten viel genauer abbildet.

Oder anders: Es gibt in Gesellschaftsspielen keine objektiven Kriterien, wann ein Spiel "gut", "gesund", "vitaminreich" oder "schlecht" ist. Einziges Kriterium ist der Spielspaß der spielenden Menschen.

Es ist ja völlig o.k., dass man die gegenseitigen Spielmechanismen gegeneinander abgrenzt und für sich entscheidet, welche davon einem mehr zusagen, und welche nicht. Darüber kann man sich unterhalten. Man kann es nur nicht über den eigenen Spaßfaktor hinaus werten.

Es ist völlig o.k., dass Gummibär kein PE mag. Aber wer ist Gummibär?

Und: Wer ist Evil Batwolf?  ;)

Achamanian

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #62 am: 26.10.2012 | 10:05 »
Naja, aber nicht umsonst gibt es dutzende von kaufbaren Hintergründen. Und auch wenn ich was selber schreiben würde, würde ich das so genau wie möglich ausarbeiten, einen mehr als groben Plan der Welt haben. Ich habe das Gefühl. Ich würde es nicht mögen, die Welt erst am Tisch zu gestalten, das birgt mir zu sehr das Risiko das die Welt a. beliebig, b. unogisch und c. undruchdacht wird.

Deshalb kaufe ich mir lieber Hintergünde.

Und als Spieler will ich gar nichts über die Welt wissen und auch nur bis zu einem gewissen Grad mitgestalten Wollen.

Ich möchte als Spieler die Geheimnisse der Welt erforschen, nicht diese gestalten. Ich will darüber auch nichts vom SL wissen. Ich würde mich nur mit den Oberflächlichkeiten befassen wollen.

Das ist auf jedenfall On Topic, insofern es ein möglicher Grund ist, kein PE zu mögen!
Ich habe dagegen nicht solche Probleme damit, wenn mal etwas ein bisschen beliebig oder unlogisch ist und als Spieler meist sehr viel Spaß am Mitgestalten.

ErikErikson

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #63 am: 26.10.2012 | 10:06 »
Geht mir genauso. Es ist einfach langweilig, wenn man alles Interessante selber erfinden muss, dafür spiel ich klein Rollenspiel. Mir ist es lieber, die Welt ist bereits gut ausgearbeitet. Selber im Spiel Fakten dazuerklären fällt mir schwer, und es führt oft zu unplausiblen Zusammenhängen. Wenn bsp. jemand ein im hohen Norden Tier einbringt, das bei genauer Betrachtung aufgrund seiner Größe und seiner Ernährungsweise in dieser Kälte gar nicht überleben könnte. Ausserdem gibt es dan oft ein Sammelsurium aus Versatzstücken, das sich ganz anders anfühlt als eine logisch durchdachte Welt. Bei einem Computerspiel lässt man ja auch nicht die Spieler gemeinsam an der Spielwelt rumbasteln.

Offline Weltengeist

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #64 am: 26.10.2012 | 10:08 »
Möglicherweise ist in solchen Fällen immer noch die Vorstellung präsent, Rollenspiel sei immer und zwangsläufig mit Herausforderungen verbunden, und die Spieler fühlen sich um die "Herausforderung" betrogen, einen Kriminalfall durch ihre spielereigene Deduktion zu "lösen".

Zweifellos. Krimihandlungen sind sogar mein Lieblingsbeispiel für eine Art von Geschichte, wo "Spielen mit PE" und "Spielen ohne PE" zu total unterschiedlichen Spielerlebnissen führt. Nur warum eines davon besser als das andere sein soll, leuchtet mir nicht ein.

Vielleicht herrscht auch der Glaube an den "begnadeten Erzähler" vor, der immer weiß, wie es besser ist, und Spieler fühlen sich unwohl, wenn der SL sich dieser Rolle verweigert.

Ebenfalls ganz sicher. Ich habe nach dem Spiel mit FATE erleben dürfen, wie sich einige Spieler vehement genau darüber beschwert haben ("Es heißt SpielLEITER, dann leite gefälligst auch").

Eventuell ist es auch das Misstrauen gegenüber dem (anderen) Spieler, das DSA mit seinen Meistertipps kultiviert hat, wodurch die Befürchtung entsteht, wenn Spieler miterzählen, käme keine gute "Story" zustande, sondern eben nur groteske Unfälle wie "Der Orc-Häuptling fällt vom Pferd, Problem gelöst".

Und auch hier: Auch wenn es vielleicht gerade auf Tanelorn auffallend viele Leute gibt, die PE erfolgreich zum Bereichern der Story nutzen, habe ich PE außerhalb von Tanelorn eher so erlebt, dass man Fatepunkte, Bennies oder was auch immer am ehesten dazu nutzt, sich Probleme einfacher zu machen, seine Figur besonders glänzen zu lassen usw. Mir ist auch klar, dass man das nicht so machen muss, aber es passiert nach meiner bescheidenen Erfahrung in der Praxis ziemlich häufig.

(Am krassesten fand ich hier Wushu - da bestanden eigentlich alle Schilderungen der Spieler nur aus "Und dann gelingt mir das, und dann gelingt mir das, und dann klappt noch das...".)

Ich fände es glaube ich ehrlicher, wenn man hier die Eigenschaften des PE-Spiels ohne ideologisches "das ist besser, das ist schlechter" auflisten würde (bezieht sich jetzt nicht auf SLF, sondern auf den Thread allgemein). Denn auf die Eigenschaften kann man sich vermutlich leicht einigen, aber was davon ein Vor- und was ein Nachteil ist, ist halt Geschmackssache.
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Offline Boba Fett

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #65 am: 26.10.2012 | 10:17 »
oben ergänzt (siehe Spoiler)
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Offline Crimson King

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #66 am: 26.10.2012 | 10:23 »
Ich persönlich kann einem Spielstil, in dem ich als Spieler ausschließlich über meinen Charakter Entscheidungsgewalt habe und der Rest vom SL übernommen wird, einiges anfangen. Tatsächlich werden Declarations in meinen Kampagnenrunden mit FATE oder PDQ# nur sehr sehr spärlich eingesetzt. Drama gibt es da durchaus, aber das wird vornehmlich über die entsprechenden Entscheidungen der Spielercharaktere und die Wechselwirkungen mit der Spielwelt und den Entscheidungen, die der SL für die NSC trifft, erzeugt.

In FATE-Drama-Oneshots sieht das etwas anders aus. Und Polaris oder Fiasco erzwingen PE sowieso, da es keinen SL gibt. Im Allgmeinen ist in solchen Runden das Setting vorab auch nicht sehr tief beschrieben, so dass jede Menge Platz für Neuschöpfung ist.

Wesentlich wichtiger zur kreativen Spielermitbeteiligung ist aus meiner Sicht das Flag Framing, das eine Art indirekten Player Empowerments darstellt.
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Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #67 am: 26.10.2012 | 10:24 »
Bei einem Computerspiel lässt man ja auch nicht die Spieler gemeinsam an der Spielwelt rumbasteln.
Du kennst Antamar nicht.  ;)

EDIT: Link vergessen
« Letzte Änderung: 26.10.2012 | 11:03 von gunware »
Ich bin der letzte Schrei der Evolution, als sie mich erschaffen hatte, schrie sie: "Oh Gott, was habe ich denn gemacht?!"

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #68 am: 26.10.2012 | 10:26 »
Und auch hier: Auch wenn es vielleicht gerade auf Tanelorn auffallend viele Leute gibt, die PE erfolgreich zum Bereichern der Story nutzen, habe ich PE außerhalb von Tanelorn eher so erlebt, dass man Fatepunkte, Bennies oder was auch immer am ehesten dazu nutzt, sich Probleme einfacher zu machen, seine Figur besonders glänzen zu lassen usw. Mir ist auch klar, dass man das nicht so machen muss, aber es passiert nach meiner bescheidenen Erfahrung in der Praxis ziemlich häufig.

(Am krassesten fand ich hier Wushu - da bestanden eigentlich alle Schilderungen der Spieler nur aus "Und dann gelingt mir das, und dann gelingt mir das, und dann klappt noch das...".)

Ich empfinde das auch als völlig in Ordnung. Die hier betriebene Apologie mit ihrem "bereichern der Geschichte" ist in etwa so gehaltvoll wie die typischen Spielleitertipps mit "Sei hart, sei fair, sei frisch rasiert". Ich empfinde das als ausgenommen merkwürdig, dass hier das gleiche Spiel mit umgekehrte Vorzeichen durchexerziert wird.

Es muss also in Ordnung sein, wenn die Spieler ihre Protagonisten als coole Säue erscheinen lassen. Dann schießen die Mitspieler eben mit gleichem Rohr zurück. Wenn ein Spieler also den Orkhäuptling vom Pferd fallen lässt, dann ist es völlig in Ordnung, wenn der Orkhäuptling der verwandelte und ewig verschollene Bruder des Protagonisten wird, dessen Seele man nun bitte schön aus der Unterwelt zurückholen möchte, übrigens.

Kurz: Wenn die Spieler in die Welt fuschen, müssen sie es zulassen und begrüßen, dass ihnen jemand in ihren Protagonisten fuscht. Und je mehr das eine passiert, desto mehr passiert das andere.

Offline aingeasil

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #69 am: 26.10.2012 | 10:41 »
Und auch hier: Auch wenn es vielleicht gerade auf Tanelorn auffallend viele Leute gibt, die PE erfolgreich zum Bereichern der Story nutzen (...)
ich würde das mal mit Vorsicht genießen. Das hier beschriebene ist oftmals eine Mischung aus Theorie und Wunschdenken, die in der Wirklichkeit gar nicht so erfolgreich aussieht. Das ist ganz natürlich :)

Was mich mehr stört ist irgendwie dieses Rumgemache, dass alles, was nicht vollkommenes PE ist oder vollkommen ohne PE auskommt, irgendwie falsch sei. Das hat so einen Nachgeschmack, als ob beispielsweise das Vetorecht eines Spielleiters "nicht true" wäre, wenn man mit PE spielen möchte.
Ich bleibe lieber bei meinen halben Sachen: ich lass mich gerne vom Spielleiter beschallen und spiele in seiner Welt meine Charaktere. Dafür schmeiß ich ihm NSCs oder Ideen vor die Füße, oder warne ihn vorab, wenn sich aus der letzten Spielsitzung ergibt, dass mein Charakter in der nächsten Spielsitzung aus meiner Sicht etwas Spotlight braucht. Wenn ich dazu Feedback erhalte - Ja oder Nein ist da recht egal - dann bin ich glücklich. Wenn gar nicht drauf eingegangen wird, dann fühle ich mich verschaukelt. Aber bishr passte das ganz gut, da wir ne Kombination aus Storytelling und Charakterspiel machen. :)

Ich würde gerne mal ne Runde Fate spielen (wird bei uns kaum angeboten), aber ich denke auch, dass ich es da erstmal schwer haben würde, mich zu überwinden, mich dabei einzubringen. Ob ich mich da wohl fühlen könnte, kann ich so nicht sagen.

Offline Hotzenplot

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #70 am: 26.10.2012 | 10:48 »
Was mich mehr stört ist irgendwie dieses Rumgemache, dass alles, was nicht vollkommenes PE ist oder vollkommen ohne PE auskommt, irgendwie falsch sei.

Behauptet aber auch kaum einer oder?
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Offline Weltengeist

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #71 am: 26.10.2012 | 11:00 »
Behauptet aber auch kaum einer oder?

Och, einige Postings kann man schon so in die Richtung lesen.

Aber vielleicht sind das auch allergische Reaktionen von Leuten, die ähnliche Diskussionen schon aus anderen Zusammenhängen (z.B. "Sandboxes sind die einzige Art Rollenspiel zu spielen") kennen. Auch Boba schreibt ja da oben in seinem Spoiler schon wieder, dass er die Ablehnung von PE für typisch deutsches Sicherheitsdenken (und deshalb schlecht) hält. Das finde ich schon wertend.

Lasst doch denen, denen es Spaß macht, ihr PE. Und denen, denen es keinen Spaß macht, ihre traditionelle Rollentrennung. Wie schon oben gesagt: Man kann doch Eigenschaften von PE sammeln, ohne diese gleich in gutTM und schlechtTM einzusortieren oder zu missionieren.

Zitat von: 1of3
Kurz: Wenn die Spieler in die Welt fuschen, müssen sie es zulassen und begrüßen, dass ihnen jemand in ihren Protagonisten fuscht. Und je mehr das eine passiert, desto mehr passiert das andere.

Dem stimme ich durchaus zu (hatten wir irgendwo auf der ersten Seite der Diskussion schon mal). Aber es müssen sich halt alle einig sein, was man mit PE machen darf und was nicht. Das erfordert einen Blick für die Bedürfnisse der anderen, den ich in der Praxis gar nicht sooo oft antreffe. Wenn jeder vor allem das mit PE macht, was ihm selbst den meisten Spaß macht, besteht - gerade bei unterschiedlichen Spielpräferenzen - halt die ernsthafte Gefahr, dem anderen das zu ruinieren, was er am Spiel am liebsten mag (der Casual Player entschärft dem Tactician den spannenden Kampf, der Tactician kürzt dem Method Actor seine Rollenspielszene zusammen, und der Taschenlampenfallenlasser versaut der Kampfsau den Abend, indem er die ganze Gruppe in die Sch***e reitet - aber okay, das kann er auch ohne PE... ;D). 
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Offline D. Athair

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #72 am: 26.10.2012 | 11:15 »
In meinen (SL) Runden wird PE für Folgendes verwendet:
  • Verortung der Spieler in der Spielwelt
  • Detailierung/Lebendigmachen von Spielweltfakten
  • Etablierung von Konfliktpotentialen
  • Synchronisation des gemeinsamen Vorstellungsraumes
  • Taktische Aufwertung von Szenen (Vervielfältigung taktischer Optionen für SC UND NSC)
  • Einflussnehmen der Spieler auf die Dramaturgie - v.a. auch Möglichkeit der Antiklimax


Und ja: Natürlich hat die Verwendung mit Spieler-/Spielleitertypen und Spielstilen was zu tun. (vgl. Signatur)

In meinen Runden z.B. liegt das Veto-Recht bzgl. PE in erster Linie bei der Konsens-Entscheidung der Runde.
Nur in Ausnahmefällen beim SL allein - oder auch mal bei einzelnen Spielern.
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline Arldwulf

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #73 am: 26.10.2012 | 11:43 »
Ich mische mich etwas spät ein, aber:
Du gehst hier davon aus, dass der Hintergrund bereits als fixe, festgelegte und ausgearbeitete Größe besteht. Viele SL haben den Hintergrund aber auch nur in groben Umrissen parat, die sie dann beim Spiel ausfüllen. Oder sie haben zahlreiche, detaillierte Bausteine (NSC, Burgen, Szenen ...), die sie aber nach Bedarf ganz unterschiedlich ineinanderfügen. Da tritt dann nicht so schnell das Problem auf, dass ein Spieler Fakten schafft, die so gar nicht in den Hintergrund passen, weil der Hintergrund während des Spiels sozusagen ständig im Bau ist. Im Gegenteil sind dann faktenschaffende Spieler für den SL sogar oft eine zusätzliche Ressource, weil sie ihm Arbeit bei der Ausgestaltung abnehmen.

So war dies auch durchaus gemeint, und nicht als fixer, festgelegter Hintergrund. Hintergrund meinte in diesem Fall sogar noch viel mehr als nur das Setting, z.B. auch die "Hintergrundgeschichte" des aktuellen Abenteuers. Und man muss sich dort auch gewahr sein, dass PE immer noch besser ist als wenn die Spieler sich gar nicht einbringen.

Diese Ressource der Spielerkreativität anzuzapfen finde ich also toll. Ich halte PE dafür nur für das falsche Mittel, es ist viel sinnvoller nur die Ideen der Spieler zu nehmen und diese dann passend in den Hintergrund einzubauen. Natürlich wird in 2/3 aller Fälle der vom Spieler geschaffene Fakt genausogut sein wie der vom SL geschaffene Fakt der nur auf der Spieleridee basiert. Aber ich habe halt doch ein wenig Verlust - überall wo die von Spielern geschaffenen Fakten andere, den Spielern eventuell nicht einmal bekannte Dinge betreffen wäre es besser gewesen nur die Grundidee aufzugreifen.

Die Frage ist doch: Was genau gewinne ich wenn ich den Spieler sagen lasse: "Ich finde auf dem totem Ork das Symbol von Dunkeldark dem Finsterem" gegenüber "Ich schaue mal ob ich bei dem Ork irgendwelche Hinweise finde wer ihn geschickt hat" / "Ja, du findest dort die schwarze Faust, das Symbol von Dunkeldark dem Finsterem".

Ist es wirklich nur diese Frage/Antwort Zeit? Oder doch mehr? In beiden Fällen könnte dieser Hinweis vom Spielleiter zuvor nicht angedacht gewesen sein - aber von ihm aufgrund der Spieleridee als plausibel erachtet werden. Vielleicht hat er vorher nur gedacht die Spieler würden den Ork einfach nach Wertgegenständen durchsuchen und weitergehen? Und findet es gut das sie sich Gedanken machen wo genau dieser Gegner her kam?

Doch der Vorteil der zweiten Methode ist sehr klar: Die Spieler wissen nicht wer diesen Ork geschickt hat. Ihre Wahl könnte zu unlogischem Verlauf der Handlung führen und dazu dass ein unerfahrener Spielleiter sich verzettelt.

Aber was gewinne ich bei Methode 1 das Methode 2 nicht auch bietet?

Offline korknadel

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Re: Warum ich kein Player Empowerment mag
« Antwort #74 am: 26.10.2012 | 11:57 »
Mal abgesehen von SL-losen Spielen wie Fiasco: Bei Fate und ähnlichen Spielen -- so weit ich sie kenne -- empfinde ich das PE im Grunde halb so wild.

Denn wie ist es denn im guten alten scheinbar PE-losen Rollenspiel? Erst wenn sich der Dieb, der -- als Ressource -- einen hohen Wert in Umhören/Gassenwissen hat, mit dem erfolgreichen Einsetzen dieser Resource auf dem Marktplatz umhört, wird ein Teil der Spielwelt geschaffen, nämlich der Bettler, der ihm eine nützliche Info geben kann. Das Portemonnaie samt klingendem Inhalt wird kurzerhand durch eine andere Ressource, die Fertigkeit Taschendiebstahl, geschaffen. Der Magier besitzt die Ressource, dass er einen NSC magisch blenden kann (auch ein in der Spielwelt geschaffener Fakt). Wenn man die Ressourcen, also das Charakterblatt eines Chars durchgeht, stehen dort massenweise Möglichkeiten, wie der Char den Spielhintergrund verändern und Fakten schaffen kann. Bei entsprechend ausführlichen Systemen zumindest.

Nur folgt dies alles klar definierten und in Attributs- und Fertigkeitenwerte verpackten Regeln und würde deshalb nicht als PE bezeichnet werden.

Allerdings erscheint mir der Unterschied zu Fate da nicht allzu groß. Bei Fate sind zwar die Möglichkeiten vielfältiger und flexibler, aber ob ich nun einen teuer gekauften Fertigkeitspunkt Gassenwissen oder einen ebenso teuer erkauften Fatepunkt einsetze, um mir meinen Bettler als Informanten zu schaffen, ist nun nicht gar so ein weltbewegender Unterschied. Denn letztlich bietet Fate da ja auch nur ein Ressourcensystem. Wenn Du mehr Einfluss auf die Spielwelt nehmen willst, musst Du Dir vorher erst einmal Fatepunkte verdienen. Im "herkömmlichen" Spiel läuft das genauso: Du musst Dir Ressourcen verdienen, um Deine Einflussmöglichkeiten auf die Spielwelt (in Form von Feats, Zaubern, Fertigkeitspunkten und wie das alles heißt) zu vergrößern. In Ars Magica kann ein Magier, der viel Kosten und Energie in Langlebigkeitstränke und Forschungen gesteckt hat, mit einem Zauber Fakten in der Spielwelt schaffen, von denen der Besitzer eines einzelnen Fatepunkts doch nur träumen kann.

Das nur nebenbei mal so aus meiner Warte bemerkt.
Hipster

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