Vorweg: Ich überspitze in diesem Thread an der ein oder anderen stelle meinen Spielstil. Wäre für das Verständnis einfach nich zuträglich, wenn ich noch sage, aber ich bin auch X % Method Actor, Y % Powergamer und Z % Buttkicker.
Hier mal der Versuch einer Definition:
Definition Player Empowerment (PE): PE ist das Festschreiben von nicht durch den Spielleiter gegen den Willen der Spieler einschränkbaren, für die Fiktion relevanten Rechten der Spieler, die über das im klassischen Rollenspiel übliche Maß hinausgehen.
Ein Spiel mit Spielerbeteiligung wäre dann noch nicht unbedingt ein Spiel mit PE. Ein SL-loses Spiel hätte immer PE. Die Beschreibung des Heimatortes durch den Spieler ist kein PE, falls der Heimatort nicht betreten wird o.ä.
Für Flags müsste die Definition noch differenziert werden. Gegen Flags habe ich als Spieler nichts. Als Spielleiter schon, aber nur wenn sie empowert sind.
Wie gesagt, PE eignet sich nicht für jeden Spieler und jeden Spielstil gleichermaßen. Aber mal ein paar beispielhafte Situationen. Für den klassischen (weiter Begriff) Rollenspieler ist es wohl am einfachsten nachvollziehbar, wenn er einen Plan für das Vorgehen seines Charakters hat, der auf Voraussetzungen in der Spielwelt aufbaut. In klassischen Spielen wird dann gefragt: "Gibt es XYZ?", weil der Spieler das für seinen Plan braucht: Gibt es in der Stadt eine magische Bibliothek, in der ich etwas über mein gefundenes Artefakt nachlesen kann?
Diesen Schritt versucht PE z.B. abzukürzen, transparent zu machen und gleichzeitig zu ermutigen, weil Spieler von selbst Sachen setzen können, ohne auf das "JA" des SL warten zu müssen. Absolut unpassende Sachen können ja immer noch abgeblockt werden.
Das Beispiel „ich gehe in die magische Bibliothek“ – „hier gibt’s keine“ ist kein PE, sondern klassisches Spiel. Denn nur weil man klassisch spielt, braucht man keineswegs
umständlich spielen. „Gibt es hier eine magische Bibliothek?“ – „Ja“ – „Dann gehe ich dahin.“ Das ist einfach ein Satz zuviel, den man sich sparen kann. Das hat nichts damit zu tun, dass man den Spielern irgendwelche zusätzlichen Rechte zugesteht.
Insofern muss Bad Horse auch nicht ständig nachfragen. Er muss lediglich eine Atempause einlegen, in der der SL Gelegenheit hat, einzuschreiten. Und bei „Fluff“ sollte der SL auch nicht widersprechen.
Dafür gibt es, vermute ich, ein ganzes Bündel an Gründen.
Wofür genau?
Ich bin selbst auch jemand, dem es beim Rollenspiel ums SPIELEN geht und betone z.B. immer den wichtigen Gesellschaftsspiel-Aspekt im Rollenspiel, damit der nicht von Schauspiel und Erzählung/Story aufgefressen wird. Aber PE, gerade mit relativ klaren Einsatzregeln (Punkte, Bennies usw.), gibt mir das Gefühl zurück, an einem Spiel teilzunehmen, anstatt an einem Improtheater oder Amateurschreiben, was ich gerade beim Storytelling oft als schmerzhaft dominant empfand.
PE gibt dir das Gefühl zurück? Komisch, das hab ich auch ohne. Also scheint PE dafür überflüssig zu sein.
Anstatt den Spieler zu ermutigen auf gut Glück die passende Lösung zu präsentieren ist es viel besser ihn zu ermutigen die Idee zu präsentieren und den SL eine passende Lösung finden zu lassen.
+1
Spricht ja nichts dagegen wenn ein Spieler (bevorzugt vor dem Spiel oder während ner Raucherpause) sagt „ich fänd das cool, wenn XYZ“.
Ich wage mich mal an eine Behauptung: Deine Art und Weise an RPG in seiner Mannigfaltigkeit heranzugehen deckt sich im wesentlichen nicht mit der im Forum vorherrschenden Meinung. Das ist per se nicht schlecht. Nein. Anders. Das ist gut. Hier auch gewollt. Das sollte man aber mal im Hinterkopf behalten. Ich fände einen "Rollenspiel: Wie Gummibär es sieht" Thread nicht schlecht sondern auch lesenswert. Das macht es manch einem vielleicht einfacher deine Sichtweise nachzuvollziehen.
Ja, ich fänd das schon komisch, wenn überhaupt irgendeine Art und Weise vorherrscht (> 50%). Selbst bei nur GNS würde man ja 33% je Richtung erwarten (jaja, vereinfacht), bei 7 Spielertypen würde man 14% erwarten.
Zu „Rollenspiel: Wie Gummibär es sieht“ schreibe ich auch im folgenden Absatz etwas:
Ein Spieler ganz ohne PE ist im Prinzip ein Solospieler oder ein Zuhörer, der nur in den wenigen, vom System, Setting und SL zugelassenen Punkten Einfluss nimmt. Der Zeitpunkt und der Rahmen der Einflußnahme wird von anderen Faktoren als vom Spieler selbst bestimmt (Regelwerk, Setting, hauptsächlich SL).
Nein! Ich mag gerne viiiiiiieeeel Einfluss. Krieg ich aber auch ohne PE:
Der Taktiker (Tactician) hat es nicht gerne wenn viel im
Abenteuer geschieht und er in eine reaktive passive Rolle
gedrängt wird. Dadurch verliert er die Kontrolle über das
Spielgeschehen, was ihn daran hindert einen komplexen
Plan zu entwickeln und umzusetzen. Er arbeitet gerne eine
raffinierte Strategie aus (das kann das Einnehmen von Festungen,
die Verteidigung einer Stadt oder den Einbruch in
ein Haus betreffen). Er plant gerne und freut sich hinterher,
wenn der Plan funktioniert.
Kommt es zum Kampf oder
zu Action, dann hat irgendetwas in seinem Plan vermutlich
nicht funktioniert. Regeln sind dem Taktiker wichtig, denn
durch sie kann er das Spiel beeinflussen und berechnen. Das
Abenteuer soll im die Möglichkeit geben Pläne zu schmieden.
Sein ärgstes Gräuel betrifft Abenteuer in denen er nicht
planen kann und (Mitspieler-)Charaktere, die seine Pläne
durchkreuzen.
Famoust last words:
Ich habe einen Plan der nicht schief gehen kann!
Meiner Meinung nach wird PE hier zu oft mit "Lösungen" verquickt. Dabei ist die Lösung eines Konfliktes per PE nur eine - und zwar eine minder wichtige Facette - des PE.
In erster Linie erleichtert, ermöglicht und inspiriert PE das Einbringen bzw. den Einfluss des Spielers auf die Dramaturgie einer Geschichte. Klar kann er das tun, in dem er (s)ein Problem löst, aber viel wichtiger dabei ist, dass er überhaupt viel aktiver ist als ohne PE.
Also brauche ich mich in Zukunft gar nicht mehr zurücknehmen, damit andere sich auch beteiligen können? Maximale wünschenswerte Aktivität geht auch ohne PE.
Kurz: Ja, die Sache kann man durch Playerempowerment kaputt machen.
Na und? Man kann auch ohne Playerempowerment jede Szene im Rollenspiel kaputt machen.
Auch unter folgenden Restriktionen? (P.S.: Ihr brauch hier unbedingt mal ne nummerierte Liste.)
- 1. Als Spieler spiele ich einen SC, der bestimmte Ziele hat. Ich handle nie suboptimal hinsichtlich meiner Ziele. Schließlich ziehe ich daraus meinen Spaß. (Und ich kann auch nicht dazu aufgefordert werden, aus etwas anderem meinen Spaß zu ziehen.)
- 2. Der Spielleiter kann Zeitdruck machen (z.B. im Kampf: Wenn du dein Manöver nicht in 10s angesagt hast, dann hat der SC gezögert und kann daher keinen erfolgreichen Angriff durchführen).
- 3. Gesagt ist getan bzw. was ich sage, sagt mein SC (das schließt OOC-Rede aus).
Abgesehen davon ist es maßgeblich, zu verstehen, dass es nicht DAS EINE Player-Empowerment gibt, sondern, dass es beliebig viele gibt, zum Beispiel mit Vetorecht, mit Kosten (Karmapunkte), mit Mehrheitsentscheid, mit Glückswurf, etc. etc.
PE heißt, die Spieler zu ermächtigen. Ihnen Macht zu geben. Dafür reicht kein Antragsrecht, sondern nur ein nicht negierbares Stimmrecht. So lange es ein Vetorecht gibt, handelt es sich lediglich um Spieler
beteiligung, nicht um Spieler
ermächtigung. Wer das Spielerermächtigung (also PE) nennt, der verkauft eine Mogelpackung, ohne dass wirklich Macht abgegeben wurde. In diesem Fall habe ich also nichts dagegen, was praktisch am Spieltisch gemacht wird. In dem Fall habe ich nur etwas gegen die betrügerische Bezeichnung.
PE mit Kosten, Mehrheitsentscheid (so lange die Mehrheit der Beteiligten keinen SL-Posten im Spiel haben) oder Glückswurf gibt es. Ändert aber im Normalfall nichts an meiner Kritik. (PE mit Mehrheitsentscheid bei PvP wäre da vielleicht ne Ausnahme, das interessiert mich jetzt aber auch einfach nicht. PvP gehört nicht zu meinem primären Spielstil.)
Ja, ich weiss, schlechtes Beispiel! Trotzdem, den in unseren Regionen vorherrschenden Sicherheitsgedanken, aus dem solche Einstellungen resultieren, finde ich langsam zum Speien...
Dann prüfe doch bitte mal, ob meine Einstellungen aus einem Sicherheitsgedanken resultieren. (Klar habe ich Sicherheitsgedanken. Das gehört ja zur Definition des Taktikers. Aber es geht mir ja nicht darum, dass ich Angst davor habe, dass meine Mitspieler mit PE Scheiße bauen. Es geht darum, dass es mir den Spaß verdirbt, wenn man mir selbst PE zugesteht. Und damit meine icht natürlich PE im Sinne meiner Definition.)
Mit Verlaub, dieser Thread hätte auch heißen können "Warum ich Schokopudding lieber mag als Birnen" .
Ja!
Wenn dem Satz am Ende jeder zustimmen kann, dann ist wahrscheinlich alles erreicht, was man mit diesem Thread erreichen kann.
Zweifellos. Krimihandlungen sind sogar mein Lieblingsbeispiel für eine Art von Geschichte, wo "Spielen mit PE" und "Spielen ohne PE" zu total unterschiedlichen Spielerlebnissen führt. Nur warum eines davon besser als das andere sein soll, leuchtet mir nicht ein.
Ein objektiv besser oder schlechter gibt es hier nicht. Es geht nur um persönlichen Geschmack. D.h.
wenn es mein Geschmack ist, dass ich in-charakter-Tactician bin,
dann ist „Spielen ohne PE“ besser. Aber für alle anderen gilt das nicht.
Ich bleibe lieber bei meinen halben Sachen:
Ist doch prima. Du weißt, was du willst.
Du spielst gerne mit Spielerbeteiligung. So würde ich das nennen. Und daran, so zu spielen, ist nichts falsch.
@ Boba Fett
Wie spielt man denn exploratives Rollenspiel mit PE? (Während der Exploration auf PE verzichten gilt natürlich nicht.)
Da "Age of Empires" schon angebracht wurde: Wenn ich als PE-Spieler schon kein Rollenspiel betreibe, weil ich die Rolle (angeblich) verlasse, wenn ich PE-Mechaniken einsetze... tut mir leid, aber dann betreibt der gamistisch denkende, auf Erfolg in einer Herausforderung spielende Spieler auch kein Rollenspiel mehr. Denn da wird ja nicht wirklich eine Rolle gespielt, sondern eine externe Quest über die Fähigkeiten einer fiktiven Figur gelöst. Das sieht man besonders häufig beim taktischen Spiel, das vielfach mit Informationen arbeitet, die die Spieler nicht haben (können).
Ich habe keineswegs behauptet, dass man kein Rollenspiel mehr spielt, wenn man nicht in-charakter bleibt.
Was Gamism angeht, so gibt es den in-charakter-Gamism und den ooc-Gamism.
Icb sehe PE vor allem als Werkzeug zur Entlastung des SL an. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Mehr Input
- Weniger Beschreibungen und somit weniger Redezeit
Der SL ist ja auch derjenige mit der meisten Arbeit. Von daher empfinde ich Spieler, die partout kein PE wollen, als egoistisch.
Als SL mag ich PE übrigens nicht, weil es mir mehr Arbeit aufzwingt.