Ich sehe in Episode VII Licht und Schatten, nun, da ich ihn vorgestern Nacht endlich gesehen habe. (2D natürlich.)
Zunächst einmal ist er um Längen besser als die Episoden I, II und III. Aber das ist ja nicht schwierig. Er nimmt Flair und die Stimmung des echten Star Wars (Episoden IV bis VI) gut auf und verzichtet auf so unglaubliche Kacke wie Jungfrauengeburt und Metachlorviecher im Jedi-Blut. Der Film ist kurzweilig, stellenweise witzig, für einen Action-Streifen auffallend arm an Computereffekten. Wenn ich nun erwähne, dass oft auf die Episoden IV bis VI verwiesen und angespielt wird, was a) inhaltlich sinnvoll und b) wichtig zum Abholen und Einfangen des Publikums ist, dann komme ich darüber auch gleich zum Negativen.
Unser Mitbenutzer Deep_Flow hat es mir nach dem Film wie folgt umrissen: Für Episode VII scheint das Hauptanliegen der Verantwortlichen gewesen zu sein, nicht abzukacken. (Tatsächlich: Noch einen Episode-I-Schock hätte das Produkt nicht überlebt.) Das kann ich voll unterschreiben. Leider wurde unter dieser Prämisse mE zu sehr im alten Saft gerührt, gefühlt wurde ALLES durch eine IV-VI-Linse betrachtet. Da wurden ja wieder und wieder sogar Zitate und Dialoge der alten Episoden wiederholt oder minimal abgeändert. Das hat bei mir nicht zu begeistertem Mitsprechen, sondern zu hektischem Augenrollen geführt. Hier hätte mehr Mut, mehr Eigenständigkeit gut getan. Natürlich sind IV bis VI vielen Zuschauern von VII bekannt, aber dass es an Eigenständigkeit mangelt, wird klar, wenn man bemerkt, dass jemand, der IV-VI nicht kennt, VII nur mit klaren Abstrichen erleben kann. Von dieser Warte aus finde ich es dann auch nicht überraschend, dass die Handlung von Episode IV im Grunde wiederholt wird. (Und hierzu noch: Nach Episode VII muss nun wirklich Schluss sein mit dem Spiel "Todesstern bauen - Todesstern zerstören"! Wirklich!)
Episode VII ist leider gelegentlich zu schlampig in Dramaturgie und Logik. Ein Vergleich mit Episode IV macht dies mE deutlich:
- Damals wurde der Rebellenstützpunkt Dantooine erst gefunden (und dann verlassen vorgefunden), nachdem man Leia verhört hatte. Heute wird der geheime Stützpunkt mal eben durch eine Verfolgung der Rebellen ausfindig gemacht, was in all den Jahren zuvor nie gelungen war. Das ist ziemlich billig, bestenfalls stark verkürzt (schließlich könnte eine Verfolgung auch ein Verhör beinhalten). Aber wo man sich damals noch die Mühe machte, den Vorfall zu erklären und zum Teil der aktiven Handlung zu machen, schwubbelt man sich heute rasch zum nächsten Höhepunkt.
- Damals Luke, heute Rey. Luke war ein Zweifler, ein Zauderer und jemand, der zwar (womöglich wegen der in ihm schlummerten Macht) über Talente verfügte, der jedoch im Mystischen und am Lichtschwert ausgebildet werden musste. Heute fällt Rey gefühlt alles in den Schoß. Natürlich mag sie ob ihrer Vorgeschichte körperlich versiert sein, aber es ist nicht akzeptabel, dass sie im Kampf und in der Anwendung der Jedi-Kräfte besser ist als Oberheini Kylo Ren. Und das ist in meinen Augen eine klare Schwäche des Films. (Einmal abgesehen davon, dass der so gar nicht perfekte Luke eben dadurch zu einer wahren Identifikationsfigur wurde.)
Woher Lukes Laserschwert kommt, weshalb es ausgerechnet in der irischen Kneipe auftaucht, weiß der Film nicht zu erklären. Also lässt man die ulkige Wirtin sagen, dass dahinter eine Geschichte stecke, die man im Moment nicht erklären könne - da will ich mal hoffen, dass Episode VIII das nachholt! Andernfalls wurde hier schlampig gearbeitet.
Ich bin mal gespannt auf die Details um Lukes Ausbildungsdesaster. In VII kommt das noch ein bisschen mager rüber: Der Neffe - wie wir nun wissen ein mittelprächtiger Jedi-Jungpupser - macht mal eben alles zunichte, daraufhin macht Luke einen auf Diva im Schneckenhaus und versteckt sich irgendwo, legt aber eine höchst mysteriöse Spur, damit man ihn auch ja eines Tages findet. Episode VIII wird dies gewiss erläutern, hoffentlich sinnvoll. ... Ach so, und natürlich schlummerte ein Hauptteil der Spur in R2D2 - durchaus naheliegend eigtl - den aber über Jahre hinweg niemand einzuschalten oder zu hacken in der Lage war. Na klar.
Diesen "Überflieger" der Rebellen finde ich deutlich übertrieben dargestellt. Er hat natürlich auch den coolsten Lack an seiner Maschine. Auf seine Weise ist der so ein bisschen Rey. Herrje! Hat sich das (angenommene) Verhältnis zwischen Zuschauer/Leser und Protagonist in den letzten Jahrzehnten echt so verändert, dass perfekte Protagonisten verlangt / geliefert werden?
Mehr will ich eigtl nicht mäkeln. Ich finde zb Kylo Ren gut dargestellt. Das ist ein richtiger Möchtegern und Gernegroß (und dabei wohl tatsächlich das Beste, das die Dunkle Seite zu bieten hat), ein Minderwertigkeitskomplex auf zwei Beinen. Meines Erachtens haben sie für diese Rolle sogar das passende Gesicht ausgewählt: Als er das erste Mal seine Maske abnahm, kam bei uns im Saal Gelächter auf und ich meinte spontan: "Jetzt verstehe ich, weshalb er eine Maske trägt!"
Klein-Ben wurde also als Kind in der Schule ob seiner abstehenden Ohren und der großen Nase gehänselt. Nun ist er nicht einfach Klein-Ben, sondern Klein-Jedi-Ben mit ganz berühmtem Papa, Mama, Onkel und Opa und pickt sich in seinem Zorn auf die Welt aus den Kriegsgeschichten die Details heraus, in denen Opa Darth die coole Socke ist, der Leute, die ihm quer kommen, mit den Füßen in der Luft baumeln lassen kann, was später vom Hassprediger der Dunklen Seite gezielt verstärkt wird. Das erklärt, weshalb er sich auch so ein Maskending aufsetzt. Und das erklärt sogar, weshalb ihm ein normales Lichtschwert zu gewöhnlich ist, so dass er eines mit Parierstangen benötigt. (Manta-Tuning, Angeberauspuff.) Meine Beschreibung klingt ironisch salopp, ist aber durchaus ernst gemeint und nicht als Abwertung des Films gedacht. Ich finde das ziemlich schlüssig. Toll auch, dass er seinen Papa so link umdübelt. Das fand ich echt toll. (Dass Han Solo in der VII stirbt, war mir eh klar. Ich hatte allerdings auch erwartet, dass Chewie in derselben Szene draufgeht, und lag daneben. Er bleibt Co-Pilot.
)
Ich finde auch Fin supi. Er hat gerade erst zu leben begonnen. Und das merkt man. Und das erste, das er tut, ist sich zu vergucken. Cool.