Woran machst du das fest?
Ich mag mich irren, aber die vielerorts öffentlich geäußerte Begeisterung der sogenannten "Hardcore-Fans" waren doch eher ... verhalten. Schonend ausgedrückt.
Und was die neu erschlossenen Zielgruppen angeht, zeichnet sich irgendwie kein neuer Star-Wars-Fandom ab, ja noch nicht einmal ein Zuwachs beim bisherigen, obwohl der eine Verjüngung durchaus vertragen könnte. Dasspricht irgendwie dafür, dass die Leute den Film einfach mal als kunterbuntes SF-Märchen konsumiert haben, wie sie auch andere Filme dieser Art konsumieren, ohne sich über das Betrachten und im Idealfall eine etwas länger anhaltende Begeisterung (Obwohl mir nirgends Berichte über ernstliche "Wow"-Erlebnisse aufgefallen wären ...) hinweg zu organisieren.
Aber sobald ich die ersten alten Säcke *und* Jugendlichen in ausreichender Anzahl in Kylo-Ren-Masken und Finn-Cosplayer auf einschlägigen Veranstaltungen herumlaufen sehe, werde ich meine diesbezügliche Ansicht natürlich revidieren.
Ich habe das doch ganz anders wahrgenommen. Kylo Ren ist ein Anti-Held und kein archetypischer Schurke wie Darth Vader. Er strebt dieses Ideal eines "negativen Animus", ist aber im Zwiespalt mit sich selbst und ist offen für eine weitere Entwicklung.
Von mir aus könnte er gleichzeitig Anarchist, Mitglied in einem Kaninchenzüchterverein und sich sogar über seine sexuelle Orientierung im Unklaren sein. Das ändert nichts daran, dass er als Widersacher - und als solcher ist er unleugbar eingeführt - ungefähr halb so beeindruckend wie Lord Helmchen und ungefähr halb so kompetent wie Skeletor wirkt. Und was die weitere Entwicklung angeht, habe ich so meine Zweifel, da seine einzige Öffnung in einem unsicheren Miene seinem Vater gegenüber besteht, bevor er ihn umbringt. Die chirurgische Öffnung durch Reys Lichtschwert hingegen setzt jedweder weiteren Entwicklung ein jähes Ende und offenbart zudem, dass der ganze Charakter nur für ein bißchen Skywalker-Familientragödie diente. Ohne Han und Leia wären Kylo Rens besondere Befindlichkeiten redundant, und da Han und Leia bereits ziemlich redundant sind - wohin führt uns das?
Speziell den Zwiespalt hat übrigens - meiner Meinung nach - Lord Vader um Längen besser verkörpert. Sein gelegentliches kurzes Zögern gegenüber Personen aus seinem früheren Leben, sein intensives Bestreben, Luke schon allein deshalb auf seine Seite zu ziehen, damit er ihn nicht töten muss, wie Imperator Palpatine es verlangt, war für eine ansonsten sehr vordergründige Space Opera schon beeindruckend. Wie überhaupt viele kleine Momente exzellenter Dramaturgie und Schauspielkunst, die in Episode IV bis VI vorhanden waren und den Prequels und dem ersten Sequel abgehen.
Die Flugkünste Poes haben sie imho extrem gut hingekriegt. Viel besser als in der Original-Trilogie, wo von Individuen immer nur behauptet wird, sie seien Asse, dies aber visuell nie rübergebracht wird.
Das meine ich doch gerade.
Okay, ich will es anders formulieren: Poe allein würde mich gar nicht so sehr stören. Was mich stört ist, dass er eine von *vielen* geleckten Figuren im Film ist. Das aufgesetzte "Oh, schaut mal, wie toll der fliegen kann!" setzt meiner Abneigung dann noch die Krone auf. Was mich an den Piloten in der Originaltrilogie gerade fasziniert hat war, dass sie der Top-Gun-Darstellungskonvention widersprochen haben. Wedge, Biggs und Porkins etc. waren Piloten, nach denen sich kein Mädel umgedreht hätte und sie waren keine Top Asse, weil sie Wunderdinge vollbringen undauch die größten Scheiße (mittels Leerstelle und einem Hollywood-Lächeln) überlebt haben, sondern weil sie als Normalos und Teamplayer am Steuerknüppel das nahezu Unmögliche versuchten und dabei mit knapper Not überlebten oder starben, aber letztendlich doch Luke den finalen Rettungsschuss ermöglichten. Das wirkte unglaublich geerdet, glaubwürdig und damit sympathisch. Wunderpilot Poe "Prince Charming" Dameron ist dagegen ein wandelndes Klischee - und das stellenweise schon so sehr, dass er auf mich wie die unbeabsichtigte Parodie eines Piloten wirkt.
Rey ist kein Bauerntrampel, ganz bestimmt nicht, Scrounger - Survivalist - Rogue(Han).
Die genaue Tätigkeit ist unerheblich. Du darfst aber für "Bauerntrampel" auch gerne "unterschätzter und unterprivilegierter Bewohner eines rückständigen Planeten am Arsch der Galaxie ohne umfassende Vorstellung, was in der Galaxie vorgeht" einsetzen. Ob dieser Bewohner nun als Feuchtfarmer oder als Schrottsammler tätig ist, hat keinerlei Relevanz für die weitere Entwicklung. Beide treffen auf ihren Droiden und geben die Tätigkeit auf, in der sie geparkt wurden, bis ihr Schicksal sie einholt.
Wedge Antilles war in EP IV?
Wedge war derjenige, der nach einem schweren Treffer als erster in Lukes Rotte abdrehen musste, nachdem er ihn halbwegs ans Ziel eskortiert hatte.
Kriege werden in der Moderne und Antike btw üblicherweise von Milchgesichtern ausgekämpft,
Willst du jetzt ernstlich milchgesichtige *Erscheinung* mit dem realen Alter und Fiktion mit realer Historie gleichsetzen?
Klar wurden Kriege schon immer von/mit jungen Leuten ausgefochten. Aber die waren 1.) selten Generäle oder auch nur Offiziere und 2.) sahen spätestens nach den ersten überstanden Konfrontationen nicht mehr wie Milchgesichter aus, sondern hatten sich innerlich und äußerlich verhärtet.
Charaktere in visueller Fiktion (!) hingegen sollten meines Erachtens in ihrer Rolle auch durch ihre Erscheinung glaubwürdig wirken und gleichzeitig in der Gesamtheit optisch diversifiziert sein.
Um es mal an der Figur von Tarkin festzumachen: Ob seine im Film dargestellten (!) strategischen Fähigkeiten in einer militärischen und/oder militärhistorischen Vergleichsanalyse gut dastehen würden, ist komplett unerheblich.
Der Knackpunkt ist, dass Peter Cushing von seiner physischen Erscheinung und dem gespielten Habitus glaubwürdig einen steifen, von sich selbst eingenommenen, verknöcherten und brutalen Militärgouverneur verkörpert, der deshalb ebenso glaubwürdig durch seine Überheblichkeit falsche Entscheidungen trifft und ums Leben kommt.
Domhnall Gleeson wirkt und spielt als General Hux hingegen wie jemand, der auf dem Todesstern maximal in der Kantine die Kartoffeln schälen dürfte und gelegentlich in seiner Kabine tobt, mit seinem Schicksal hadert und dann unter der Decke "Such den Wampa" spielt, weil ihn selbst die hypothetischen Prostituierten beim Landgang immer fragen, ob er denn nach seiner Mutti sucht.
Ich meine, sogar die menschlichen Piraten sahen aus, als würden verantwortungsvolle VerkäuferInnen erst einmal nach dem Ausweis fragen, bevor sie ihnen Alkohol oder Zigaretten verkaufen. Okay, das ist vielleicht übertrieben; zumindest sahen sie aber aus wie Blue-Collar-Jungs, die zum Fasching als Mad Max gehen wollten. Das zieht einfach nicht.