Ich denke, was man von "Superheldenkram" erwartet, ist letztendlich einfach Ansichtssache. Du bist offenbar nicht sonderlich angetan von Roy Harper in normalen Klamotten, ich finde es einfach cool, dass er
dabei ist, weil das schon mehr ist, als ich erwarte. Das muss man wahrscheinlich auch nicht weiter diskutieren - der eine hat seine Superheldenserien halt gern richtig "superheldig", der andere lieber "bodenständig". Im Vergleich mit anderen Realfilmen und -Serien aus dem Genre (derer es zugegebenermaßen nur wenige gibt) bewegt sich Arrow halt einfach in der üblichen Mitte. Auch wenn ich dabei bleibe, dass sie den Hahn durchaus aufdrehen, der am Anfang ja noch auf "Verrückter von der Insel erschießt Kriminelle und hat dabei High-Society-Probleme" steht. Flash oder Deathstroke in seiner Rüstung aus der zweiten Staffel bspw. hätten am Anfang der ersten Staffel noch kein bisschen in die Serie gepasst. Inzwischen können sie sich das leisten.
Auf Krampf JEDE mögliche Zielgruppe ansprechen zu wollen ist glücklicherweise auch mit den 90ern gestorben: heutige Serien (wie "True Blood", "LOST", "Game of Thrones" oder auch "Person of Interest") sprechen doch schon einen sehr speziellen Geschmack an, welcher idR abseits von dem liegt, was ein "Normalo" so über seinen Bildschirm flimmern lässt.
Hm, ich finde die Aussage so etwas problematisch, aus zwei Gründen.
1. Möglichst viele (früher auch als widersprüchlich geltende) Zielgruppen anzusprechen, ist eigentlich ein relativ aktueller neuer Trend, der seit etwas mehr als ~zehn Jahren stetig stärker wird, praktisch das Kim-Possible/Miley-Cyrus Syndrom. Big Bang Theory ist auch ein gutes Beispiel einer Serie, die vor zwanzig Jahren nicht möglich gewesen wäre, weil die Zielgruppe so breit ist.
2. Zum anderen unterschätzt du die "Normalos" total. LOST hab ich nicht gesehen, kein Kommentar dazu, aber die anderen drei passen problemlos in den modernen Mainstream, der bei vielen Zielgruppen gut ankommt. Vampirserien gibt es inzwischen einige (naheliegenderweise), außerdem hat True Blood den üblichen HBO-Mix aus Sex, Gewalt und "Film-Inszerierung", der sich erstmal die komplette jugendliche Zielgruppe angelt. Person of Interest hat, so "anders" die Serie manchmal auch ist, im Grunde ganz normale Strukturen einer Agentenserie (Auftrag, Recherche/Infiltration, Trust Issues), inkls. case of the week, Rahmenhandlung und seichten Mainstream-moralischen Untertönen. Fantasy ist seit Herr der Ringe ja sowieso jedermanns Sache. Was im Kontext mit GoT oft genannt wird, und was ich auch durchaus diskutabel finde, ist die Komplexität. Da kann man sich wirklich drüber streiten. Ich persönlich glaube aber trotzdem, dass die Serie nicht so sehr rausfällt, wie einige denken - verschiedene Handlungsstränge sind eigentlich seit Twin Peaks ein Serienstandard, einer mehr oder weniger macht das Ding auch nicht mehr dick, und das alte Rezept "Sex, Gewalt & Kino" trifft natürlich auch hier zu.
Arrow ordnet sich lediglich bei diesem Trend ein, den die Superheldenfilme seit Spider-Man gehen. Und wie du auch an den Zuschauerzahlen siehst (die für den Slot der Serie wahnsinnig gut sind), geht das Konzept auf. Natürlich, ist ja derselbe Schmu, den die meisten Serien der letzten zehn Jahre machen. Ein bisschen Action für die Kids, ein bisschen High-Society-Drama für die Mama, ein bisschen Stephen Amells Oberkörper für die große Schwester, ein paar generische Schönheiten für den Bruder und natürlich extensives Name-Dropping für die Comic-Fans. Und diese letzten Sätze hier könnte man auch für jede der oben genannten Serien ausfüllen.
Es GIBT übrigens durchaus Ausnahmefälle, Breaking Bad wird da gern genannt. Aber das sind nicht ohne Grund Ausnahmefälle, weil die Studios wissen, wie heftig sowas schiefgehen kann (mal ganz abgesehen davon, dass man dafür scheinbar ein heftig gutes Team braucht, das ja nicht einfach aus dem Himmel fällt).
Ich denke, mit einem nüchternen Blick sollte man Arrow nicht in den Himmel loben. Sie hat mehr als genug Schwächen und ist am Ende so ziemlicher Durchschnitt, was Ami-Serien angeht. Das liegt aber imho nicht an ihrem Status als (Pseudo?-)Superheldenserie, sondern einfach an Fragen wie Directing und Writing. Die Schauspieler dürften auch eine Rolle spielen. Inwiefern es eine Superheldenserie ist ... tja. Definitionssache, würde ich sagen.
Du kannst ja hoffen, dass die neuen Marvel-Serien anders werden, aber ich würde mir da nicht allzu große Hoffnungen machen. Bei Daredevil wurde ja schon angekündigt, dass es zwischen dem Superheldenkram ein Law Procedural wird, also dasselbe in Grün. Die werden sich schön an den Erfolg von Arrow hängen.