Autor Thema: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel  (Gelesen 20047 mal)

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Offline ArneBab

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #100 am: 16.12.2012 | 03:13 »
Wir haben uns dann auch über unsere Charaktere unterhalten und wie wir ihre Verhaltensweisen interpretieren, das war ziemlich anstrengend. Anderseits aber auch bereichernd,

Das heißt, ihr seid aus euren Charakteren rausgerutscht und habt nicht mehr als die Charaktere gesprochen, sondern über sie?

Das finde ich schwierig. In dem Moment ist Dein Gegenüber einer Diskrepanz ausgesetzt, soll er ernst nehmen, was Du sagst,
oder was Du spielst?

Im Idealfall sollte er die Diskrepanz als Hinweis darauf nehmen, dass wir auf einem Gebiet sind, auf dem ich mich nicht mehr ganz wohl fühle…

Wobei die Diskrepanz dabei war, dass ich offplay keine Erklärung für das geänderte Inplay-Verhalten gegeben habe. Es ist eine Schwierige Situation, aber ich denke, das ist es immer, wenn für jemanden etwas nicht passt…

Ich mag es dabei auch lieber, wenn offen darüber gesprochen werden kann. Aber das geht in der Realität nicht immer.

Und ich denke, mit der Bitte hast du Recht: Ob man Wünsche selbst äußert oder durch den Charakter auszudrücken versucht, was man nicht sagen kann oder nicht zu sagen wagt, bleibt es eine Bitte um Rücksichtnahme - vielleicht auch entgegen der Wünsche von anderen (wenn nicht mindestens einer der Beteiligten die Szene wollte, würde sie nicht gespielt werden).

Sex wird nicht ausgespielt, da fällt der Vorhang oder die Tür geht zu.

Je nachdem, wo ihr die Grenze zieht, kann auch das vor dem Sex schon sehr offen sein (nicht das Vorspiel, sondern die emotional aufgeladene Kommunikation).

Ich weiß, dass wir dabei bestimmte Grenzen haben, ab denen wir meist auf abstrakte Ebene wechseln, also uns emotional zurückziehen und nur noch sagen „er macht dir Avancen“, es aber nicht mehr ausspielen.

Ich finde das oft schade, weiß aber, dass ich selbst da auch noch Grenzen habe, über die ich nicht hinaus komme…

Ich denke es liegt daran, dass es so gespielt werden kann, dass der Charakter/NSC nicht mit den Spielern/Spielleiter verwechselt wird.
Für mich ist dieses Vertrauen die Voraussetzung solche Dinge überhaupt spielen zu können. Mein Charakter ist nicht ich. Der Spielleiter ist nicht seine NSCs, die Mitspieler sind nicht ihre Charaktere.

Für mich ist die Möglichkeit, Abstrakt zu werden, ein Sicherheitsanker, mit dem jeder einzelne dafür sorgen kann, dass das so bleibt, auch wenn eine Situation ihn als Spieler so stark anspricht, dass die Trennung zwischen Spieler und SC sich aufzulösen droht (oder auch die Trennung zwischen SL und NSC).

Ich gehe nicht davon aus, dass es möglich ist, eine wirklich vollständige Trennung zwischen Spieler und SC zu haben, deswegen finde ich es wichtig, dass es ein Sicherheitsnetz gibt, mit dem wir aus zu starken Verstrickungen zwischen Spieler, SC, anderem SC und anderem Spieler wieder herauskommen.

Ich weiß, dass ich selbst Klingentänzer bin und dazu neige, wenn ich in den Fluss komme, soweit über meine Grenzen zu gehen, dass ich - prosaisch gesprochen - nur noch einen Hauch von dem Abgrund entfernt bin. Deswegen sind mir Sicherheitsnetze so wichtig: Ich muss wissen, dass ich mich auffangen kann, wenn ich mich zu weit vor wage.

Und ich würde es als Vertrauensbruch empfinden, wenn mit Sex oder Liebe gespielt wird,
dies als Interesse am Spieler/Spielleiter missdeutet würde.

Was würdest du tun, wenn du bei dir selbst ein entstehendes Interesse bemerkst, das du aber als Spielerin nicht ausleben willst.

Das ist die Situation, die ich wirklich schwierig finde. Bei anderen Spielern gilt für mich sowieso immer im Zweifel für den Angeklagten - will heißen: Selbst wenn ich das Gefühl hätte, dass ein Spieler eigentlich seine eigenen Emotionen spielt, würde ich trotzdem von der Annahme ausgehen, dass er nur seinen Charakter spielt, weil unsere Zielsetzung an dem Rollenspielabend nunmal ist, unsere Charaktere zu spielen.

Anders sieht es aus, wenn ich bei mir selbst merke, dass meine Reaktionen nicht mehr nur aus dem Charakter kommen (und entweder das Spiel stören oder nicht dem entsprechen, wie ich sein will). Dann versuche ich entweder, aus der Situation raus zu kommen oder es anzusprechen.

Und offen die Frage an den Spielleiter zu stellen ob er gerade versucht mich und meinen Charakter für sexuelle Machtfantasien zu missbrauchen und nebenbei einem anderen Spieler eins auszuwischen will?

Das trifft es ganz gut…
Meinem Gefühl nach wurde da auch irgendeine Machtgrenze heftig überschritten, weil Sachen nicht Offplay geklärt werden konnten.

@Arne Bab, ich finds gut, dass Du die Ängste ansprichst ich denke die spielen eine große Rolle.
Ich merke auch, dass ich es sehr schwer finde alleine nur darüber zu schreiben.

Das geht mir teilweise auch so. Schon die Diskussion hier ist ein Tanz am Abgrund, dadurch aber eben auch sehr interessant.

Ich spüre beim Schreiben, dass ich mich damit verletzlich mache, und muss abwägen, wieviel Verletzlichkeit ich zuzulassen wage. Was ich hier schreibe sind Dinge, bei denen ich hoffe, dass ich bereits genügend Sicherheitsnetze aufgebaut habe, dass ich, falls jemand versuchen sollte, mich damit zu verletzen, weit genug zu machen kann, dass ich nicht bleibend verletzt werde.

Allerdings darf man dabei in meinen
Augen nicht vergessen, dass im Spiel jemand den Gegenpart übernimmt, der im Zweifel dann die Gefühle oder Erlebnisse auf der anderen Seite hat.


Das finde ich einen sehr wichtigen Punkt. „Verantwortung“ passt dafür gut.

Sei dir im Klaren, was du mit deinen Handlungen von anderen verlangst. Allerdings ist das gleichzeitig extrem schwer… und manchmal merkt man es erst zu spät.

Emotionen kann ein Mensch nicht einfach abschalten.
Auch erspielte Emotionen nicht.
Sie gehen einem Nahe, sie bewegen einen.
Es gibt Themen, die für einen Menschen existenziell sind und deshalb auch schnell emotional.
Man kann im Rollenspiel nicht immer Emotionen abschätzen, weder bei sich selbst noch bei anderen.
Dementsprechend hat man auch Verantwortung.
Die Verantwortung anderen seine Grenzen mitzuteilen und die Grenzen von anderen zu respektieren.
Und vor allen Dingen mit den Emotionen achtsam umzugehen.

Ja.

Das kann ich, glaube ich, nicht besser ausdrücken. Deine Zeilen zeigen wundervoll viele verschiedene Aspekte des Spiels, die mir wichtig sind. Und zwar in einer Intensität, dass sie fast ein Einführungszitat eines Buches sein könnten…

Darf ich sie irgendwann in einen Leitfaden zum Spielen übernehmen?
Z.B. In einen Abschnitt „Achtsames Spielen“?

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #101 am: 16.12.2012 | 03:16 »
@Skiron
Sex und Liebe sind sicherlich starke Emotionen. Aber ich denke, dass Todesangst und Panik noch wesentlich stärkere Emotionen sind.
Sie mögen theoretisch stärker sein. Im Gegensatz zu sexueller Spannung und Liebe habe ich selbst sie aber noch nicht erlebt, so dass ich viel weniger Bezug dazu habe und sie daher auch nicht so stark miterlebe.

Deswegen berühren mich sexuelle Spannung und Liebe im Spiel deutlich tiefer and Todesangst und Panik.
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Offline Bad Horse

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #102 am: 16.12.2012 | 14:58 »
@Skiron
Sex und Liebe sind sicherlich starke Emotionen. Aber ich denke, dass Todesangst und Panik noch wesentlich stärkere Emotionen sind.

Dazu noch: Sex und Liebe sind positive Emotionen, die mit positiven Ereignissen verbunden sein sollten (nicht immer sind, klar - aber da besteht zumindest das Potential, dass sie positiv sein können).

Todesangst und Panik sind nicht positiv und werden unter den allerseltensten Umständen als angenehm empfunden.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #103 am: 16.12.2012 | 15:04 »
Wieso sollte man dann aber positive Emotionen im Rollenspiel nicht auftauchen lassen, sondern stattdessen negative Emotionen triggern?

Wäre es nicht viel sinnvoller, negative Emotionen aus dem RPG zu verbannen und positive Emotionen zu triggern?

Offline Bad Horse

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #104 am: 16.12.2012 | 15:08 »
Wäre es nicht viel sinnvoller, negative Emotionen aus dem RPG zu verbannen und positive Emotionen zu triggern?

Offensichtlich nicht.  ;)

Warum Rollenspiel (und andere Medien, die sich mit Fiktion beschäftigen) sich mit negativen Emotionen beschäftigen, sprengt den Rahmen des Thread vermutlich erheblich.

Andererseits muss man nicht alle negativen Emotionen einbauen. Erniedrigung und Machtlosigkeit sind Erfahrungen, die im Rollenspiel nicht jeder haben mag - im Gegensatz zu Todesangst und Panik, die im Spiel ja meistens ohnehin überwunden werden.
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Offline Praion

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #105 am: 16.12.2012 | 15:11 »
Wäre es nicht viel sinnvoller, negative Emotionen aus dem RPG zu verbannen und positive Emotionen zu triggern?

Jap.
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Offline aingeasil

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #106 am: 16.12.2012 | 15:19 »
Dazu noch: Sex und Liebe sind positive Emotionen, die mit positiven Ereignissen verbunden sein sollten (nicht immer sind, klar - aber da besteht zumindest das Potential, dass sie positiv sein können).

Aus diesem Grund sage ich, dass temporär das Mitspracherecht eines Spielers zwar entzogen werden kann, dafür aber als "Entschädigung" eben dieses positive Ereignis vom Spielleiter produziert werden muss, damit kein schlechtes Gefühl beim Spieler zurückbleibt. Zumindest so lange eine solche Situation nicht vorher (!!) mit dem Spieler abgesprochen wurde.

Ich nehm mal das Beispiel aus dem Con-Beitrag, der diesen Beitrag erst produzierte:
1) der weibliche Charakter geht in eine zwielichtige Kneipe, sexy angezogen. Auf den warnenden Hinweis des Spielleiters reagiert die Spielerin, dass der Charakter weiß, dass sie damit Aufmerksamkeit auf sich zieht und das auch will.
2) Als sie ihrem Opfer begegnet, betont der Charakter ihre Reize und die Spielerin sagt an, dass sie bis zum äußersten (in dem Fall Sex) geht, um ihr Opfer auszuhorchen.
3) Ihre Würfelprobe geht schließlich komplett nach hinten los. Anstatt dass ihr Opfer abblockt finde ich es einen sehr schönen Twist, dass das Opfer anspingt, aber plötzlich die Rollen vertauscht sind. Der Spielerin wird die Kontrolle insoweit über den Charakter entzogen, als dass sie sich nicht mehr erwehren kann und der Charakter den Sex mit ihrem ursprünglichen Opfer plötzlich will.
4) Einvernehmlich, und zwar aufgrund von Punkt 1) und 2) und dem Fehlschlag bei 3), haben Charakter und NSC Sex. Und zwar ohne dass die Spielerin weiter Einfluss darauf hat.
In diesem Fall finde ich es vollkommen in Ordnung, dass der Spieler kein Vetorecht hatte. Im speziellen Beispiel sind zwar noch ein paar Dinge gefallen (Bewusstlosigkeit, nachdem sie schon ins Zimmer verschwunden sind, Potenzbeschreibung und schließlich Schwangerschaft), die ich nicht in Ordnung finde, aber vom reinen Ablauf her ist das Ergebnis bei 4) für mich als Spielerin durchaus gerechtfertigt, ohne dass es einen emotionalen Angriff auf die Spielerin darzustellt. Der Angriff erfolgt eher aufgrund der negativen Dinge, die ich in Klammern geschrieben hatte.

Offline aingeasil

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #107 am: 16.12.2012 | 15:29 »
Andererseits muss man nicht alle negativen Emotionen einbauen. Erniedrigung und Machtlosigkeit sind Erfahrungen, die im Rollenspiel nicht jeder haben mag - im Gegensatz zu Todesangst und Panik, die im Spiel ja meistens ohnehin überwunden werden.

Das Problem an Erniedrigung und Machtlosigkeit ist, dass wir keine wirklichen Lösung in unserer eigenen Gesellschaft für solche Erfahrungen haben.

Erniedrigung im Sexuellen Bereich wird in unserer Fantasie fast ausschließlich von Männern auf Frauen ausgeübt. Ich habe glaube ich noch nie erlebt, dass im Rollenspiel ein männlicher Charakter damit zu kämpfen hatte; mir fällt zumindest keine solche Szene ein. Der Lösungsweg bei Frauen sieht eigentlich nur die Extreme "Zölibat" oder "Schlampe" vor und/oder der weibliche Charakter wurde in die Schuld-Rolle gedrängt ("dein Charakter ist halt so sexy", "Du hast doch beschrieben, dass sie sich so anzieht", bla). Da wir in der Gesellschaft nicht mit diesem Thema umgehen können, finden wir auch kaum im Rollenspiel Lösungen, die die Würde des Charakters wahren.
Das Problem war aber in meinen Augen nie, dass es solche Situationen im Rollenspiel gab. Viel eher war das Problem, dass aus den Situationen resultierend die Wertung der anderen Spieler dem weiblichen Charakter gegenüber sehr, sehr lange in den Köpfen blieben (Schlampe, frigide, männermordendes Miststück, Spaßbremse (<- ernsthaft), etc.).

Offline Skiron

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #108 am: 16.12.2012 | 16:36 »
Das heißt, ihr seid aus euren Charakteren rausgerutscht und habt nicht mehr als die Charaktere gesprochen, sondern über sie?

Ich hab den Spieler angemailt und dann haben wir telefoniert und über unsere Charaktere und wie wir ihr Verhalten im Spiel
interpretieren gesprochen. Das war im nach hinein sehr erhellen, weil man glaube ich das Verhalten von Charakteren sehr unterschiedlich
sieht und dann kommt noch hinzu wie man es als Spieler sieht.

Im Idealfall sollte er die Diskrepanz als Hinweis darauf nehmen, dass wir auf einem Gebiet sind, auf dem ich mich nicht mehr ganz wohl fühle…

Wobei die Diskrepanz dabei war, dass ich offplay keine Erklärung für das geänderte Inplay-Verhalten gegeben habe. Es ist eine Schwierige Situation, aber ich denke, das ist es immer, wenn für jemanden etwas nicht passt…

Ich mag es dabei auch lieber, wenn offen darüber gesprochen werden kann. Aber das geht in der Realität nicht immer.

Genau solche Situationen finde ich sehr unangenehm und es deshalb wichtig, dass Spieler oder auch Spielleiter es sagen,
wenn ihnen etwas unangenehm ist, weil man es dann einordnen kann. Für mich macht es wenig Sinn im Spiel, wenn sich jemand dabei
unwohl fühlt. Da fühl ich mich nämlich schnell auch mit-unwohl. ;-) Gab es denn eine Ingame Erklärung?

Es stimmt, dass man nicht immer offen sprechen kann oder will.
Manchmal ist das auch besser so. Und ich glaube meist wird ja nicht gefragt.  ;D
Für mich ist es so, wenn jemand fragt, was auf das Spiel bezogen ist, dass er dann eine Antwort bekommt.
Bei Dingen bei denen ich mir unsicher bin frage ich nach oder erkläre alles andere wäre mir zu stressig.

Und ich denke, mit der Bitte hast du Recht: Ob man Wünsche selbst äußert oder durch den Charakter auszudrücken versucht, was man nicht sagen kann oder nicht zu sagen wagt, bleibt es eine Bitte um Rücksichtnahme - vielleicht auch entgegen der Wünsche von anderen (wenn nicht mindestens einer der Beteiligten die Szene wollte, würde sie nicht gespielt werden).

Manchmal sind einem die eigenen Motive auch nicht bewusst.
Deshalb versuche ich schon mir klar zu machen, was für mich zum Charakter gehört und was meine Motive als Spielerin sind.
Und auch meiner Runde das zu vermitteln.

Je nachdem, wo ihr die Grenze zieht, kann auch das vor dem Sex schon sehr offen sein (nicht das Vorspiel, sondern die emotional aufgeladene Kommunikation).

Ich weiß, dass wir dabei bestimmte Grenzen haben, ab denen wir meist auf abstrakte Ebene wechseln, also uns emotional zurückziehen und nur noch sagen „er macht dir Avancen“, es aber nicht mehr ausspielen.

Ich finde das oft schade, weiß aber, dass ich selbst da auch noch Grenzen habe, über die ich nicht hinaus komme…

Das stimmt. Eigentlich sind diese emotionalen Momente manchmal nur Blicke oder kurze Sätze, die man mit dem Charakter spielt,
die sich aus dem Spiel und Übermut heraus ergeben. Ich kann es schwer erklären, aber ich finde, dass man wirklich tiefe emotional bewegende Dinge spielen kann und dazu gehören auch Konflikte und Drama und einfach Beziehungen zwischen den Charakteren, die nicht mal sexuell sind, muss man sich innerhalb der Runde wohl fühlen, die Runde muss es auch spannend finden, ansonsten ist es leicht "gekünstelt".

*lach* Das kenne ich auch, wenns zu nahe wird dann nicht mehr "ich", sondern "mein Charakter".

Ich denke man hat Grenzen nicht ohne Grund und dass es auch besser ist, wenn man diese dann einhält.

Für mich ist die Möglichkeit, Abstrakt zu werden, ein Sicherheitsanker, mit dem jeder einzelne dafür sorgen kann, dass das so bleibt, auch wenn eine Situation ihn als Spieler so stark anspricht, dass die Trennung zwischen Spieler und SC sich aufzulösen droht (oder auch die Trennung zwischen SL und NSC).

Abstrakt ist es viel leichter über Dinge zu sprechen.
Ich denke, dass ist auch ein Grund, warum man sich leichter über die Charaktere und wie man die Charaktere und die Welt sieht
unterhalten kann, als darüber was einen als Spieler persönlich bewegt.
Das ist, was ich manchmal schade finde.

Was würdest du tun, wenn du bei dir selbst ein entstehendes Interesse bemerkst, das du aber als Spielerin nicht ausleben willst.

Ich würde es nicht spielen.
Soviel erstmal und klar, kannst Du das benutzen. Freut mich, dass Du das gut findest. :-)

Das Sicherheitsnetz ist ein gutes Thema, auch wie viel von einem selbst im Charakter steckt, aber erfordert mehr Überlegung.

Offline Skiron

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #109 am: 16.12.2012 | 16:40 »
Aus diesem Grund sage ich, dass temporär das Mitspracherecht eines Spielers zwar entzogen werden kann, dafür aber als "Entschädigung" eben dieses positive Ereignis vom Spielleiter produziert werden muss, damit kein schlechtes Gefühl beim Spieler zurückbleibt. Zumindest so lange eine solche Situation nicht vorher (!!) mit dem Spieler abgesprochen wurde.

Ich glaube dass ein Spielleiter das nicht kann, wenn dem Spieler das Mitspracherecht entzogen wird.

Für mich sind es ganz klar sexuelle Übergriffe, wenn ein Spieler oder Spielleiter zu etwas gezwungen wird, was er nicht will
und emotionaler Missbrauch, wenn der Spieler oder Spielleiter dann auch noch so spielen soll, als würde er das gut finden und nicht artikulieren darf und soll, dass er das voll daneben findet.

Wenn man mit Sex oder Liebe spielen will, dann braucht man einen Sicherheitsanker um die Grenzen nicht zu übertreten und jemand anderen nicht emotional zu belasten oder zu schädigen und der liegt in meinen Augen darin, dass ein Spieler oder auch Spielleiter signalisieren kann, ob und wann er so ein Spiel möchte und an der Stelle ausblenden kann an der es ihm zu viel wird und zwar jederzeit. Fehlt dies, dann bewegt man sich im Bereich sexueller Belästigung und da kann man sich dann auch nicht hinter dem Regelwerk oder der Spielwelt verstecken.
« Letzte Änderung: 16.12.2012 | 20:37 von Skiron »

Offline aingeasil

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #110 am: 16.12.2012 | 18:10 »
In einer unserer Kampagnen durch ein matriarchisches Königreich bekam der männliche Elf der Gruppe aufgrund seiner Arroganz etwas zuviel Aufmerksamkeit einer Nomadenprinzessin, die ihn kurzerhand ein paar Tage als persönliches "Spielzeug" festhielt.
Wie schlimm war das für die Charaktere? Und für die Spieler/innen dahinter?

Ich hatte auch schon Spieler, deren männliche Charaktere abgeschleppt wurden, ohne dass sie sich hatten wehren können. Aber die Reaktion der Spieler war ein "die werden von der geilen Tusse flachgelegt, das is doch toll."

Sexuelle Problem-Begegnungen, die der Spieler nicht schönreden konnte, habe ich für männliche Charaktere noch nie erlebt. Oder wurde einem von euch mal erzählt "Dein hetero männlicher Charakter kann sich dem überirdisch schönen, sehr charismatischen und manipulativen männlichen NSC nicht entziehen und geht mit dem mit, so dass alle anderen Spielercharaktere das mitbekommen. Sie verleben eine echt heiße Nacht miteinander und dein Charakter findet das richtig toll und macht auch kräftig mit."? Das scheint so das einzige Szenario zu sein, bei dem viele männliche (hetero) Spieler ihren persönlichen Horror erleben.

Zitat
Wenn man mit Sex oder Liebe spielen will, dann braucht man einen Sicherheitsanker um die Grenzen nicht zu übertreten und jemand anderen nicht emotional zu belasten oder zu schädigen und der liegt in meinen Augen darin, dass ein Spieler oder auch Spielleiter signalisieren kann, ob und wann er so ein Spiel möchte und an der Stelle ausblenden kann an der es ihm zu viel wird und zwar jederzeit.
Ich sage ja nix gegen ausblenden. Ich finde es sogar wichtig, dass man nur so explizit wird, wie sich die Beteiligten noch wohl fühlen.
Ich sage nur, dass wir als Spieler durchaus die Entscheidungshoheit unseres Charakters kurzzeitig abgeben können, solange dies entweder vorher abgesprochen wurde oder das Ergebnis vom Spieler als positiv angesehen wird. Wenn man sich als Spielleiter nicht sicher ist, dass man letzteres erreichen kann, dann sollte man dem Spieler auch die Entscheidungshoheit nicht nehmen, sondern mit ihm zusammenarbeiten.
« Letzte Änderung: 16.12.2012 | 18:12 von aingeasil »

Offline bibabutzelmann

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #111 am: 16.12.2012 | 19:37 »
Keine Kontrolle über den Charakter abgeben können finde ich kindisch. Sorry, aber was soll das denn? Wenn man so einen Ego/Kontroll/Herrschafts-Trip fährt, dann läuft doch irgendwas falsch, oder? Im richtigen Leben hat man auch nicht immer die Kontrolle. So ist das nun mal. Oder gibt es so viele Spieler, die Rollenspiel als Kompensation (be/miss)brauchen? Jedem das seine, aber ich könnte mit so Leuten keinen Abend spielen  :q
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Callisto

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #112 am: 16.12.2012 | 19:46 »
Es kommt drauf an, ob mein Charakter gezwungen wird, was zu tun, was weder er noch ich mögen oder ob ich gezwungen werde, einen Charakter zu haben der an sich an etwas erfreuen soll vom SL aus, was ich weder mag noch mag, dass mein Charakter es mag. Noch dazu ohne dass der Charakter vorher auch nur irgendwie in die ungeliebte Richtung tendierte.

Offline Praion

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #113 am: 16.12.2012 | 19:50 »
Es kommt drauf an, ob mein Charakter gezwungen wird, was zu tun, was weder er noch ich mögen oder ob ich gezwungen werde, einen Charakter zu haben der an sich an etwas erfreuen soll vom SL aus, was ich weder mag noch mag, dass mein Charakter es mag. Noch dazu ohne dass der Charakter vorher auch nur irgendwie in die ungeliebte Richtung tendierte.

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Jason Corley

Online Maarzan

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #114 am: 16.12.2012 | 19:52 »
Spieltechnisch gesehen verorte ich das Problem mit dem "Sexwürfeln" darin, dass es meist mit einem Wurf oder unwesentlich mehr abgehandelt wird, was auch bei einem Kampf für Ärger sorgen würde.
Dazu sind sich viele schon klar, dass es Fälle gibt, wo Hormone und Würfel die Steuerung übernehmen würden, aber sie haben doch einen halbwegs deutliche Idee welche "Modifikatoren" anzusetzen wären: Typ, Alter, Haarfarbe, Gewicht ... , diese Modifikatoren aber im Gegensatz zu den "messbareren" Aktionsmodifikatoren im Kopf bleiben und damit erst einmal nicht zur Verfügung stehen oder generell übersehen werden.

Ich hatte auch einmal einen Confall, von "dein Char ist ihr hoffnungslos verfallen", welcher sehr ärgerlich war - nicht weil der Charakter moralisch standfest gewesen wäre, sondern weil das so gar nicht gepasst hat und das nicht berücksichtigt wurde. Ich hatte sie eben erst nach diversen bösen Auseinandersetzungen selbstgefälligst zum Sterben auf einem Geisterschiff zurück gelassen.
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Callisto

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #115 am: 16.12.2012 | 20:13 »
Die Frage ist ob nur du weißt oder bestimmen kannst was dein Charakter mag oder möchte.
Ich weiß nicht, wie das mit dir ist, aber nur weil meine Libido ein Verlangen in mir auslöst, heisst das nicht, dass ich dem folge oder wenn doch, dass das Ergebnis mir dann Spaß macht. Ich weiß vielleicht nicht, welche Knochen im Kampf gebrochen werden oder ob mein Charakter den Lungendurchschuss überlebt. WIE der Charakter aber damit umgeht, weiß ich sehr wohl. Schliesslich ist es mein Charakter, von mir erdacht und erstellt, ich bin sein Autor und sein Darsteller in einer Person. Der SL ist aber max. bei vorgegebenen Charakteren der Autor und wenn du dir mal Making-Ofs ansiehst, gibts da oft genug Diskussionen zwischen Darsteller und Regisseur, ab und zu auch dem Autor. Da verstehe ich das auch, weil es darum geht ein Werk fertigzustellen. Im Spiel gibt es für mich keinen Grund dem Darsteller/Spieler die Autorenschaft über das Innere seines Charakters abzugeben. Ich hab kein Problem damit, wenn ein Wurf bestimmt, dass mein Charakter jemanden attraktiver findet als ich. Oder jemandem etwas glaubt, was ich als Spieler nicht glaube. Aber mein Charakter soll so HANDELN wie ich es möchte. Das heisst, ich werds vllt so spielen, das man den attraktiven anderen Charakter unterstützt oder sogar mit ihm flirtet. Der Charakter ist aber auch Teil von mir, also werd ich ihn nicht ins Bett springen lassen, mit jemanden, den ich nicht mag. Ich bin da sozusagen sein ÜberIch. Nicht der SL.

Tut mir ja leid, aber ich hab da echt schlechte Erfahrungen gemacht, wo mein SC sich verführen lassen musste und zwar NUR, weil der SL unterbevögelt war. Ich hatte mit dem selben Charakter aber auch mit einem anderen SL gute Erfahrungen gemacht, wo mein Charakter auch den entspechenden NSC schliesslich geheiratet hat. Im zweiten Fall war der SL vllt auch unterbevögelt, aber der NSC hat auch einfach zu meinem SC gepasst, beim ersten SL wollte der SL mir den Style seiner NSCs irgendwie schmackhaft machen, aber mein SC fand solche Typen niemals attraktiv, nicht so wie ich den SC angelegt habe. Warum? Da wo es gut lief, war der NSC ein Krieger, stark, witzig, praktisch veranlagt. Da wo es schlecht lief, waren es immer leicht feminine arrogante Magierhansel. Mein SC war eine Amazone. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Amazone auf arrogante bescheuerte überkandidelte Hansel steht. Nein, eigentlich hätte sie die nachher umbringen müssen, schliesslich MUSSTE sie vermuten, bezaubert worden zu sein. Ging aber nich, weil das GarySues waren und mein SC nur ein kleines Licht.

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #116 am: 16.12.2012 | 20:27 »
Im richtigen Leben hat man auch nicht immer die Kontrolle.

Dein Vergleich ist unpassend. In jeder Geschichte, die man erzählt, hat man auch die Kontrolle über deren Akteure.

Wenn ich im Rollenspiel keine Kontrolle über meinen Charakter habe, werde ich zum Zuhörer degradiert. Und ich spiele nicht, um jemandem zuzuhören, sondern um mit jemandem zu kommunizieren.

Das muss nun nicht heißen, dass der Charakter immer die Kontrolle über sich hat. Aber als Spieler möchte ich mir die Zügel da nicht aus der Hand nehmen lassen.
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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #117 am: 16.12.2012 | 20:29 »
Ich weiß vielleicht nicht, welche Knochen im Kampf gebrochen werden oder ob mein Charakter den Lungendurchschuss überlebt. WIE der Charakter aber damit umgeht, weiß ich sehr wohl. Schliesslich ist es mein Charakter, von mir erdacht und erstellt, ich bin sein Autor und sein Darsteller in einer Person.
OK, das kommt aber extrem auf das verwendete RPG drauf an. Es gibt mehrere RPGs, wo der SC nicht von einer Einzelperson erstellt wurde sondern von der Gruppe gemeinsam. Gerade bei OneShots werden die SCs auch häufig vom SL erstellt.
Und dann gibt es RPGs, wo zwar jeder seinen eigenen SC für sich alleine erstellt, dieser dann aber auch Zustände von anderen Mitspielern verpasst bekommen kann.

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #118 am: 16.12.2012 | 20:30 »
Dein Vergleich ist unpassend. In jeder Geschichte, die man erzählt, hat man auch die Kontrolle über deren Akteure.

Wenn ich im Rollenspiel keine Kontrolle über meinen Charakter habe, werde ich zum Zuhörer degradiert. Und ich spiele nicht, um jemandem zuzuhören, sondern um mit jemandem zu kommunizieren.

Das muss nun nicht heißen, dass der Charakter immer die Kontrolle über sich hat. Aber als Spieler möchte ich mir die Zügel da nicht aus der Hand nehmen lassen.

Was ist wenn du die Kontrolle die du bei Punkt X verlierst an Punkten A, B und C wiederbekommst. Das heißt du erzählst die Geschichten der anderen mit und nicht nur deine eigene. Wäre nicht näher an "Gemeinsames Geschichtenerzählen" ?
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Jason Corley

Offline Bad Horse

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #119 am: 16.12.2012 | 20:50 »
Kannst du das ein bisschen konkreter formulieren? So kann ich mit der Frage nicht viel anfangen.

Ich beziehe meine Aussage allerdings auf eine klassische SL-Spieler-Aufgabenverteilung, wo ich Einfluß auf den SIS nur oder zumindest über meinen Charakter ausüben kann. Wenn ich den SIS anders beeinflußen kann, sieht die Lage anders aus; aber ich glaube nicht, dass bibabutzemann von solchen Spielen redet.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline Skiron

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #120 am: 17.12.2012 | 14:20 »
@Skiron
Sex und Liebe sind sicherlich starke Emotionen. Aber ich denke, dass Todesangst und Panik noch wesentlich stärkere Emotionen sind.

Bei Menschen mit Bindungsangst löst Liebe und Nähe Todesangst aus. ;-)
Ich würde da keine Wertung vornehmen, sondern sagen beides ist existenziell
und von daher auch beides mit der Emotion Angst verbunden.

Ich empfinde im Rollenspiel keine Todesangst oder Panik.
Empfindest Du diese Emotionen?

Angst kann als Reaktion drei Verhaltensweisen auslösen: Angriff, Flucht oder Todstellen.

Im Kampf denke ich entweder taktisch oder strategisch, dann habe ich Spaß an der intellektuellen Herausforderung,
aber keine Angst vor körperlichen Beeinträchtigungen. Manchmal finde ich Kämpfe auch sterbenslangweilig.
Oder ich Buttkicke, dann habe ich Spaß daran, dass ich Aggressionen ausleben kann
und emotional gesehen ist es Wut. Sozusagen ein freudiges: Attacke!
Ich versuche diese Emotionen wie Angst zu erzeugen, es fällt mir aber leichter, wenn dies dann auch im Spiel plastisch
illustriert wird.

Angst habe ich manchmal schon um meinen Charakter oder den der Mitspieler.
Das geht mir nahe, wenn ein Mitspielercharakter stirbt, weil ich zu diesem eine emotionale Bindung aufbaue.
Ich mag die Charaktere gern mit denen ich zusammen unterwegs bin. Als Spielerin und als Charakter.
Es ist also eher Verlustangst, was ich dann empfinde.
Bei meinem eigenen Charakter fällt mir das leichter, ich denke, weil ich darauf vorbereitet bin und weil ich möchte,
dass mit Charaktertod gespielt wird, weil es die Spannung erhöht. Dies macht es leichter in einer Situation in der ich
nicht bedroht bin, die Emotion Bedrohung bzw. Angst zu erzeugen.

Von daher sind dies auch sehr starke Emotionen, auch Niederlagen oder Demütigungen.
Ich denke im Kampf hat man jederzeit die Möglichkeit mit dem Charakter die Flucht zu ergreifen.
Man erlebt auch hier Demütigungen und Niederlagen, aber man hat das als Spieler selbst entschieden und die Emotionen, die das erzeugt können positiv und konstruktiv umgewandelt werden, in dem man sie für das Spiel nutzt.

Und ich bin auch hier der Ansicht man sollte damit entsprechend umgehen.
Ich erlebe es in meiner Runde aber auch so, dass solche Emotionen aufgefangen werden.
Sowohl auf Spielerebene, als auch in der Spielewelt.
Dies ist nicht möglich, wenn sich ein Spieler/Spielleiter diese Emotionen nicht rechtzeitig eingesteht und ich habe
in meiner Runde bisher zweimal erlebt, dass es geknallt hat und das war total anstrengend und emotional belastend
für mich als Spielerin. Von daher bin ich mehr für zugeben, wenn einen etwas stört oder man mit etwas
nicht zurechtkommt, als dass sich dann die Emotionen Bahn brechen. Denn das tun sie sowieso, entweder auf Spielebene
oder auf Spielerebene.

Und genau das finde ich hier und nicht nur hier beim Thema Sexualität und Liebe bedenklich.
Hier soll ein Spieler Emotionen empfinden die er nicht hat, für die er sich nicht entschieden hat, bei denen es keine Fluchtmöglichkeit gibt,
bei denen er die Emotionen die bei ihm aufkommen, wie Wut und Aggression nicht konstruktiv umsetzen kann und darf.
Das ist in höchstem Maße ungesund.

Was Gewalterfahrungen anbelangt, ich habe in einem Buch gelesen, dass Männer sehr viel öfter körperliche Gewalterfahrungen machen
als Frauen und Frauen sehr viel öfter sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind. Hängt vielleicht damit zusammen, dass es bei sexueller Gewalt
nicht um Sexualiät geht, sondern um Macht und Kontrolle, weswegen sexuelle Belästigung in den Bereich Diskriminierung gehört.

Mein Eindruck war allerdings bisher nicht, dass Männer im Rollenspiel es ok finden, wenn ihre Charaktere als Sexobjekt herhalten sollen
und sich auch zu Recht gegen das Klischee wehren und sie für ihre Charaktere stimmige glaubwürdige Geschichten wollen.

Wie wird das denn bei Euch gespielt?
Welche Regeln werden konkret angewendet?
Ist es "nur" Sex oder kommen auch Liebesgeschichten in der Spielewelt vor?

LöwenHerz

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #121 am: 17.12.2012 | 14:30 »
Im richtigen Leben hat man auch nicht immer die Kontrolle. So ist das nun mal.

Über die Umstände sicherlich nicht. Aber über mich. Und das spricht mir pauschal auch kein SL der Welt über meinen Charakter ab. Ausnahmen gibt es, die habe ich aber schon dargelegt ;)


Was Gewalterfahrungen anbelangt, ich habe in einem Buch gelesen, dass Männer sehr viel öfter körperliche Gewalterfahrungen machen
als Frauen und Frauen sehr viel öfter sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind. Hängt vielleicht damit zusammen, dass es bei sexueller Gewalt
nicht um Sexualiät geht, sondern um Macht und Kontrolle, weswegen sexuelle Belästigung in den Bereich Diskriminierung gehört.

Was sexuelle Gewalt angeht habe ich gelesen, dass vergewaltigte Männer zu einem viel höheren Prozentsatz (ich meine es waren über 90%) Suizid begehen. Für mich gehört GEwalt in einem bestimmten Maße zum Rollenspielfantasydrachenjägeralltag dazu. Sexuelle Gewalt jedoch verbitte ich mir in meinen Runden.
« Letzte Änderung: 17.12.2012 | 14:32 von Luxferre »

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #122 am: 17.12.2012 | 15:25 »
Ich empfinde im Rollenspiel keine Todesangst oder Panik.
Empfindest Du diese Emotionen?
Nein, aber ich empfinde beim Rollenspiel auch keine Liebe und Sex. Empfindest du diese Emotionen?

Grundsätzlich kann ich die Gefühle meiner SCs zwar nachempfinden, aber auf einem tausendmal tieferen Level, als die SCs dies wohl empfinden würden.

Zitat
Im Kampf denke ich entweder taktisch oder strategisch, dann habe ich Spaß an der intellektuellen Herausforderung,
aber keine Angst vor körperlichen Beeinträchtigungen. Manchmal finde ich Kämpfe auch sterbenslangweilig.
Oder ich Buttkicke, dann habe ich Spaß daran, dass ich Aggressionen ausleben kann
und emotional gesehen ist es Wut. Sozusagen ein freudiges: Attacke!
Und manchmal ist es auch Ärger, wenn du mal wieder einen Patzer hast und der Gegner dich vermöbelt.
Und manchmal ist es Trauer, wenn mein SC wegen Würfelpech stirbt.
Und manchmal ist es Wut, weil der SL uns extrem starke NSCs vor die Nase gesetzt hat, die wir nie und nimmer besiegen konnten.

Zitat
Ich denke im Kampf hat man jederzeit die Möglichkeit mit dem Charakter die Flucht zu ergreifen.
Kommt auf das System an. Viele Systeme erlauben so etwas wie Passierschläge. Andere haben dann noch extra Fluchtregeln. Bei wieder anderen ist die Flucht erst geglückt, wenn man den Rand der Karte erreicht. Bei wieder anderen gibt es Spezialfähigkeiten wie greifen, umstürzen etc. die dich an eine Position binden und eine Flucht verhindern. Bei wieder anderen ergibt sich aus der ingame Situation, dass Flucht nicht möglich ist.

Zitat
Hier soll ein Spieler Emotionen empfinden die er nicht hat, für die er sich nicht entschieden hat, bei denen es keine Fluchtmöglichkeit gibt,
bei denen er die Emotionen die bei ihm aufkommen, wie Wut und Aggression nicht konstruktiv umsetzen kann und darf.
Das ist in höchstem Maße ungesund.
Nein, der Spieler soll keine Emotionen empfinden. Er soll aber akzeptieren, dass sein SC diese Emotionen empfindet.

Zitat
Wie wird das denn bei Euch gespielt?
Welche Regeln werden konkret angewendet?
Ist es "nur" Sex oder kommen auch Liebesgeschichten in der Spielewelt vor?
Kommt extrem auf die Spielwelt an. Momentan spielen wir Transhuman Space, mit einem Bordcomputer, einer Überwachungsdrohne, einem Astropoden(Kraken/Tintenfisch) und einem Bioroid als SCs.

Beim Bordcomputer und der Überwachungsdrohne fällt Sex aus anatomischen Gründen weg und Liebe/Romantik ist nicht einprogrammiert. (Sehr wohl gab es aber eine sehr witzige Szene, wo die Überwachungsdrohne jemanden beschattet hat und dann völlig emotionslos die Handlungen des NSCs beschrieb, woraufhin sich dann irgendwann der Bordcomputer einmischte und meinte: "Die Recherche in meiner Literaturdatenbank hat ergeben, dass die Homo sapiens diese Form der Interaktion Sex nennen. Sie dient dazu, kleine Homo sapiens zu bauen.")

Bei Astropoden kann man sowieso nie genau sagen, was die denn genau tun, wenn sie sich gegenseitig mit ihren Tentakeln abtasten: Ist das nun Sex, Kommunikation, gegenseitiges Füttern, eine Massage oder sonstwas? Und unser Astropode beschreibt zwar immer sehr genau und detailliert, was er tut, schweigt sich aber darüber aus, was diese Handlung denn nun genau bedeutet. (Was imho aber auch sehr zum mystischen Flair der Astropoden beiträgt.)

Kommen wir nun zum Bioroid: Diese wurde als Sex-Roboter geschaffen, allerdings mit einem Monogamie-Implantat. Und ihr Besitzer/Ehemann ist spurlos verschwunden. Seitdem ist sie auf der Suche nach ihm. Das heißt, Sex kam nur in der Vorgeschichte vor. Und inwiefern man es als Liebesgeschichte bezeichnen kann, dass sie ihren Besitzer sucht, sei mal dahingestellt.

Über die Umstände sicherlich nicht. Aber über mich. Und das spricht mir pauschal auch kein SL der Welt über meinen Charakter ab. Ausnahmen gibt es, die habe ich aber schon dargelegt ;)
Hier wären wir dann bei den Themen freier Wille und Zwangshandlungen.

Zitat
Für mich gehört GEwalt in einem bestimmten Maße zum Rollenspielfantasydrachenjägeralltag dazu. Sexuelle Gewalt jedoch verbitte ich mir in meinen Runden.
Da sind einige Gruppen wohl extrem unterschiedlich:
Ich kenne auch Gruppen, da spielt man Tavernenbesuche anstatt Drachenjägerkämpfe. Und bei Breaking the Ice gehört wohl auch eher Sex als Gewalt zur Core-Story.
« Letzte Änderung: 17.12.2012 | 15:28 von Eulenspiegel »

LöwenHerz

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #123 am: 17.12.2012 | 15:38 »
Hier wären wir dann bei den Themen freier Wille und Zwangshandlungen.

Also ich bin die letzten 34 Jahre meines Lebens immer handlungs- und entscheidungsfähig gewesen. Nie an- oder betrunken, keine Drogen oder sonstwiewasfeines...
Bewusstlos war ich nur nach Kampfsport im Dojo oder auf der Straße. Aber da handelt man gemeinhin nicht mehr ;)

Zitat
Da sind einige Gruppen wohl extrem unterschiedlich:
Ich kenne auch Gruppen, da spielt man Tavernenbesuche anstatt Drachenjägerkämpfe. Und bei Breaking the Ice gehört wohl auch eher Sex als Gewalt zur Core-Story.

Sicher sind Gruppen unterschiedlich. Auch Spieler. Ist auch in Ordnung. Ich spreche für mich und den Gruppen, in denen ich spiele und/oder leite.
Ob jetzt Tavernenbauernpöbelspiel oder Drachenjäger oder Nekromantenallmachtsphantasien ist doch echt wumpe. Diese "Gegen"argumentation finde ich doch etwas dürftig. Wenn man hier also alle Eventualitäten und nochsokleine Abweichungen, persönliche Meinungen und Stile und dergleichen mehr in seine Argumentation einfließen lassen muss, schreibe ich mich doch bescheuert.

Breaking the Ice wäre zB ein Rollenspiel, welches mich überhaupt nicht reizt. Kein Bedaref, kein Interesse und definitiv keine tiefere Beschäftigung damit. Warum sollte ich auch? Für mich sind aus gutem Grunde diverse Themen tabu. Wems nicht schmeckt, muss ja nicht mit mir spielen ;)

Offline bibabutzelmann

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Re: Selbstbestimmung der Sexualität im Rollenspiel
« Antwort #124 am: 17.12.2012 | 17:27 »
Über die Umstände sicherlich nicht. Aber über mich.

Schlichtweg falsch. Aber was sind schon Fakten gegen Überzeugungen?
<=  GUTMENSCH !