Huh. Du kratzt da jetzt ne Menge an, zu der ich sehr gern Einiges schreiben würde - hab leider grad wenig Zeit, also muss die Kurzfassung reichen
Ein wenig kann ich deinen Standpunkt nachvollziehen: Ich bin selbst mit DSA3 rollenspielmäßig "großgeworden" in einer damals (vor ca. 15 Jahren) bereits etablierten Runde mit locker wechselndeN SL (ich mag "Meister" auch gar nicht mehr - dazu mehr unten). Auf meine Frage, Warum niemand eins von den vielen Kaufabenteuern leitet kam nur die lapidare Antwort "die meisten kennen wir - sind alle doof". Der Spielstil war... irgendwie cheesy. Der "Meister" hatte zwar stets die Hoheit, einige haben es mehr ausgenutzt, andere weniger. Ein SL hatte damals schon komplette Abende improvisiert ohne jeglichen Plot im Hintergrund - damals unerhört revolutionär für uns und absolut unvorstellbar: Wie sollte man jemals in diese Sphären vorstoßen?
Von Rollenspieltheorie hatte damals keiner von uns was gehört, geschweige denn in irgendwelchen RPG-Foren mitgelesen.
Die Erkenntnis, dass dieser Spielleiter damals einfach nur die Spieler das Abenteuer hat machen lassen, kam mir erst in den letzten zwei Jahren, als ich mit einem anderen SL zusammen quasi eine (für die ganze Spielgruppe) neue Art des Spielens/Spielleitens entdeckt habe: Partizipatives, durch Würfelergebnisse gestütztes Storyspiel, in dem die Charakere und deren Aktionen im Mittelpunkt des Geschehns stehen.
Dafür braucht es ein System, dass es a) regelseitig ermöglicht, Teile der Welt mitzugestalten (bei uns über Faktenkauf durch Bonuspunkte) und b) ein System, das eine gewisse Flexbilität im Spiel erzeugt, klar strukturierte Regeln mit sich bringt und im Hintergrund bleibt.
Für uns hat sich (unabhängig voneinander in unterschiedlichen DSA4-Runden) herauskristalisiert, das DSA genau das nicht liefer. Die komplizierten DSA4-Regeln drängen sich allzu oft in den Vordergrund, es hat keinen Mechanismus zum Gestalten der Spielwelt und es steht mit dem fehlgeleitetem Versuch, eine ausgedachte Welt zu simulieren den Ideen und dem geteilten Vorstellungsraum aller Mitspieler im Weg.
Warum nicht Meister? Die vom alten DSA noch zweifelhaft pädagogisch vermittelte Meisterrolle brachte tatsächliche ein absolute Hoheit darüber mit sich, wie und was am Tisch gespielt werden sollte (bis hin zu "richtiges" Ausspielen von Charakteren). Mittlerweile sind einige findige Menschen (übrigens über analytischen Weg mithilfe verschiedener Denkmodelle und Spieltheorien) auf den Trichter gekommen, dass da ja verschiedene Leute am Tisch sitzen, die alle zum Teil unterschiedliche Ideen, Erfahrungswerte und Erwartungshaltungen haben - um dem gerecht zu werden, sollte jeder ein bißchen was zum Spiel beitragen und eine gewisse Hoheit - mindestens über seinen Charakter, gern aber auch über einen Teil der Welt - inne haben. Der Speilleiter ist "nur" ein weiterer Mitspieler, dem halt noch die Sonderrolle zufällt, alle Charaktere zu übernehmen, mit denen die Spieler zu tun haben werden und ggf. gewissen Aktionen anzustoßen um die Mitspieler zu Aktionen anzuregen.
Mehr vielleicht später, oder per P.M. falls Interesse
PS: Und wo gibts jetzt schöne Charakterbögen für DSA4.1?
(auch wenn es wie ein Widerspruch zum oben Geschriebenen steht, aber die Frage ist ernstgemeint! Ich werde einer neu beginnenden DSA4-Runde einsteigen, wenn auch unter Vorbehalt)