Autor Thema: Warum ich kein System mag, welches die "Gangschaltung" vor den "Motor" setzt  (Gelesen 5491 mal)

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alexandro

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Abgetrennt aus dem SW-Diskussionsthread.

Ich sehe bei Rollenspielen zwei Arten von Möglichkeiten, bestimmte Regeln umzusetzen.

Die eine (relativ häufige) ist die "Gangschaltung", d.h. die Regel hat bestimmte Anwendungen, aus denen man sich eine auswählen kann. Beispiele wären ein Zauber mit dem man Dinge anzünden kann und/oder seinem Gegner durch Feuerstrahlen schaden zufügen. Das wären zwei "Gänge", welche der Regeleffekt beinhaltet (in den Fiktion kann man noch differenzieren, was man jetzt anzündet oder wem oder was man Feuerschaden verursacht, aber prinzipiell sind das die selben zwei Gänge).

Eine andere Möglichkeit ist der "Motor", d.h. es wird der Gedanke erläutert, welcher hinter der Anwendung eines bestimmten Regeleffektes steht. Beispiel wäre ein Zauber, welcher Feuer von der Elementarebene der Flammen beschwört. Hier hat man wesentlich mehr Möglichkeiten: konnte man im o.g. Beispiel nur auf Antimagie oder extrem gute Rüstung verlassen (bzw. keine brennbaren Gegenstände in seiner Nähe haben), erlaubt hier die Funktionsweise eine wesentlich differenziertere Betrachtung - man könnte den Kontakt zu anderen Ebenen abschneiden und plötzlich würde der Zauber nicht mehr funktionieren, man könnte versuchen die Verbindung zur Elementarebene als Teleport oder Plane Shift zu verwenden (in D&D ist das ausdrücklich verboten, aber nur weil das System das nicht hergibt), man könnte den Zauber auf gut Glück mit "Charm Monster" kombinieren und hoffen, dass gerade ein Flammenelementar auf der anderen Seite des Portals stand usw. usf. Weitere Anwendungen ergeben sich aus einer weiter differenzierten Beschreibung des Effektes (wenn z.B. gesagt wird, dass das Portal nur reisen in eine Richtung erlaubt, so könnte man es benutzen um das eigene Badewasser zu erwärmen (es strömt immer mehr Feuer durch das Portal nach), ohne dass dieses auf einer anderen Ebene landet).

Dieses Austesten der Grenzen und Möglichkeiten (sowie möglicher Gefahren) des Setting bereiten mir großen Spaß und ich finde nur wenig Freude an Systemen, welche den Spielern bestimmte Effekte nach den "Friss-oder-Stirb"-Prinzip vorsetzen (Earthdawn ist da ein Paradebeispiel: Adepten sind also prinzipiell (und bereits auf niedrigen Kreisen) in der Lage, die Luft unter ihren Füßen in solide Trittstufen zu verwandeln? - Die Anwendung dieser erstaunlichen Fähigkeit als Angriffszauber ist relativ naheliegend, wird aber nicht berücksichtigt, ohne dass dies irgendwie begründet wird).

Noch schlimmer ist es, wenn man ein angeblich "freies" Magiesystem vor sich hat, die Effekte für nicht-Formelmagie aber extrem kastriert werden. Bei Ars Magica sind die Effekte der freien Magie z.B. stark eingeschränkt, während "rote"-magier mit sonst was durchkommen (so sehr, dass man das Gefühl hat, dass AM-Magieregeln für Spontancaster und Formelmagier unterschiedlich funktionieren, was eigentlich dem Setting widerspricht) - beim alten Mage konnte man jeden "rote"-Effekt 1:1 mit den Sphären nachbauen (und oft auch mit niedrigeren Sphären, und dafür mehr Zeit, einen hochsphärigen Spruch abfeuern), bei der nWoD haben sie rotes zwar verpflichtend gemacht, aber prinzipiell gibt das System das auch noch her.

Prinzipiell kann ich ja die Designer verstehen, welche gerne möglichst viele Zusatzbände mit immer neuen Zaubern, Manövern oder sonstwas verkaufen wollen, für mich als Spieler ist dieses vorgekaute Zeug aber einfach unbefriedigend.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 19:17 von alexandro »

Offline Falke359

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Was wären denn Systeme, die in deinen Augen besonders gut funktionieren?
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Offline Praion

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Kannst du bitte noch 1-2 andere Beispiele bringen? Ich verstehe noch nicht so wirklich worauf du eigentlich hinauswillst.
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killedcat

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Ich versteh auch nur Bahnhof, wenn ich ehrlich bin.

Offline Grey

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Deinen Frust kann ich verstehen, alexandro; für mein Eigenbau-Regelwerk habe ich selbst lang und ausgiebig mit Regeln für "freie" Magie experimentiert, da ich es mag, als Zauberwirker flexibel agieren zu können.

In der Praxis mußte ich nur leider feststellen, daß so etwas nicht handhabbar ist. Bot ich in den ersten Testrunden meinen Spielern ein völlig freies Magiesystem, dann kamen als allererstes Fragen, wie man sich daraus die gängigsten Effekte, sprich "Formeln" ableitet. Bei den meisten stieß es also schon mal auf wenig Gegenliebe, ein differenziertes und komplexes Elementar-Magie-System vorzulegen, da sie doch eigentlich nur einen Feuerball werfen können wollten.

Und das waren für mich als Designer und SL die angenehmeren Erfahrungen. Diejenigen Spieler, die das freie System tatsächlich auszuloten versuchten, verbrachten bald den größten Teil jeder Spielsitzung damit, über logischen Regelverknüpfungen zu brüten - und vor allem über Formulierungsversuchen, um den Effekt, den sie haben wollten, überhaupt erst mal in den Regeln definieren zu können. Die unvermeidlichen Interpretationsspielräume führten zu jeder Menge gruppeninternem Konflikt und stundenlangen Diskussionen; die Zauber, die hinterher dabei herauskamen, wirkten in erster Linie skurril und albern, aber sie hatten bestimmt keinen "Sense of Wonder".

Am Ende bin ich einfach zur formelbasierten Magie zurückgekehrt und betrachte jetzt "Feuer machen" und "Flammenstrahl" wieder als zwei regeltechnisch wohldefinierte Ausprägungen desselben Effektes. Ich habe Regeln eingeführt, um sich ausgehend von einem Zauber, den der Charakter beherrscht, andere Effekte aus der Zauberliste "ableiten" zu können; und ich bin als SL offen für "kreatives Zaubern", verweise aber dann als Maßstab für den Preis, den ein Zauber mit einer bestimmten Macht fordert, auf "vergleichbar mächtige" Effekte aus der Liste, anstatt ein allgemeingültiges Formelwerk dafür anzugeben. Bislang scheint das den besten Kompromiß darzustellen.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 19:39 von Grey »
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Offline Bad Horse

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Ich kann deine Argumentation zu Ars Magica nicht wirklich nachvollziehen. Schließlich ist da der Motor - die Funktion von Magie - ganz klar erklärt, und manche Sachen (Verlängerung der Dauer mit Vis auf "Permanent" oder Rituale) lassen sich nicht aus dem Ärmel schütteln. Aber der Rest funktioniert doch sowohl spontan als auch mit Formelzaubern gleich... zumal Formelzauber ja auch ihre Nachteile haben, weil man sie nicht modifizieren kann.

Das führte dann bei uns dazu, dass ein Magier, der einen Formelspruch beherrschte, mit dem er Leute betrunken machen konnte, den entsprechend höher improvisierte, um nicht nur eine Person, sondern gleich ein ganzes Gasthaus lahm zu legen.

Gerade dein "ich verfestige die Luft"-Beispiel ist doch bei Ars spontan ohne weiteres möglich.
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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Falke359

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Ich denke, ich kann nachvollziehen, worauf Alexandro (vielleicht) hinaus möchte, allerdings sehe ich auch große Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung, zumal meine Vorstellung, wie Magie in zu funktionieren hat oder sich anfühlen sollte, wahrscheinlich massiv von dem abweicht, was sich meine Mitspieler so vorstellen. Oder um in deinem Bild zu bleiben: Gerade wenn verschiedene Mitspieler am Tisch ganz unterschiedliche Motoren bevorzugen, hilft es, eine einheitliche Gangschaltung zu haben.

Meine Erfahrungen mit zu offenen Magiesystemen gehen zudem in zweierlei Richtungen: Entweder kippt die Balance, weil Magier mit entsprechenden Effekten und Erklärungen alles zu bewerkstelligen versuchen (wodurch sie ihre Mitspieler auf Dauer überflüssig machen); oder das System ist so offen, dass sich unkreative Spieler kaum Effekte (außer ein paar Standards) aus den Fingern saugen können. In beiden Fällen hilft ein formalistisches System.  
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Offline Praion

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Ich muss allerdings sagen, dass ich aus den oWoD Mage Büchern auch nie schlau wurde was für Zauber ich jetzt hinbekommen würde oder nicht.
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Offline scrandy

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Also ein Magiesystem im Sinne des "Motors" wäre zum Beispiel das Magiesystem von Mystix. Da gibt es zwar einzelne Zauber, die aber bewusst so allgemein gehalten werden, dass sie in verschiedenen Situationen eingesetzt werden können. Wir haben zum Beispiel in einer "Schattenfalle" sowohl schon Gegner gefangen, als auch einen Spielercharakter vor dem Entdecken versteckt als auch die ganze Gruppe vor einer Explosion gerettet. Der Zauber ist schlicht so einfach definiert, dass eine Person (oder mehrere) in die Schattenwelt teleportiert werden und sich dort nicht bewegen können. Mehr ist nicht festgelegt. Ob ich diesen Zauber jetzt im Kampf nutze, oder um mich selbst zu verstecken oder sonst wie ist nicht eingeschränkt.

Manche Zauber sind sogar so gedacht, dass sie mit normalen Fähigkeiten leicht kombinierbar sind. So gibt es zum Beispiel einen Zauber "Grüner Finger" der eine alchemistische Substanz mit einer Ranke an ein Ziel befördert und dort in Form einer Blume in die Luft zerstäubt. Je nach Substanz kann man damit Gegner betäuben, vergiften mit Liebestrank versorgen oder sonst was. Und wenn der Zauberer aus der Ranke lieber eine Stolperfalle bauen möchte, ist das dem Zaubernden auch nicht verwehrt.

DSA4 wäre zum Beispiel ein gutes Beispiel für Zaubern mit Gangschaltung. Selbst der einfache Zauber "Flim Flam Funkel" ist so verregelt, dass er nur exakt mit vordefinierter Entfernung und Helligkeit Licht spendet. Wenn der Zauberer auf die Idee kommen würde das Licht nachträglich aufzudrehen, kurz zu verlöschen weil Wachen kommen oder gar damit jemanden zu blenden oder etwas anzuzünden, dann müsste man entweder das System ignorieren und Handwedeln oder es geht schlicht nicht.

Mit freiem System vs. Zauber-Matrizen hat das nichts zu tun. Auch freies Zaubern kann eine Gangschaltung haben und auch Zaubersprüche können nur mit Motor laufen (siehe Mystix).

Ich hoffe ich konnte klarheit in die Suppe bringen.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 20:46 von scrandy »
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Offline Glühbirne

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DSA4 wäre zum Beispiel ein gutes Beispiel für Zaubern mit Gangschaltung. Selbst der einfache Zauber "Flim Flam Funkel" ist so verregelt, dass er nur exakt mit vordefinierter Entfernung und Helligkeit Licht spendet. Wenn der Zauberer auf die Idee kommen würde das Licht nachträglich aufzudrehen, kurz zu verlöschen weil Wachen kommen oder gar damit jemanden zu blenden oder etwas anzuzünden, dann müsste man entweder das System ignorieren und Handwedeln oder es geht schlicht nicht.

doch, geht alles :D Außer Anzünden. Aber ich erwarte ja auch von einer Schattenfalle nicht, das sie jemanden erfrieren lässt.

Offline scrandy

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Ok, schlechtes Beispiel. Alle DSA4 Fans werden jetzt auf mich einschlagen.  ;D

Aber mal im Ernst: Zuerst zaubere ich den gewöhnlichen Flim Flam, weil ich ja Punkte Sparen will. Dann kommt eine Wache und ich mache den Zauber aus. Dann Zaubere ich nochmal einen Flim Flam (diesmal +3) damit ich ihn nicht nochmal ausmachen muss, wenn nochmal einer kommt. Dann komme ich in die große Grabkammer und will lesen können, was über der großen Statue steht. Mist, nicht hell genug. Also zaubere ich den extra hellen Flim Flam und lese: "Entfache das Feuer und trete ein!" Mist, der Flim Flam macht ja keine Hitze. Also zaubere ich ...

Ich weiß: Ist übertrieben. Aber es hat nunmal ne Gangschaltung und ich habe beim Flim Flam ja nichtmal von großer Zweckentfremdung oder Modifikation geredet. Außerdem macht dass auch nicht wirklich Spaß zu experimentieren, wenn ich dazu ständig die Sonderregeln nachschlagen muss und durch ein bischen Licht-machen ein Viertel meiner Astralpunkte draufgehen.

Soll kein DSA4 bashing sein. Ist lediglich ein Vergleich.

EDIT: Mich würde übrigens auch interessieren ob man mit einem Flim Flam Funkel Schattenwesen bekämpfen/vertreiben kann oder so was. Das wäre zum Beispiel eine Zweckentfremdung im Sinne des Motors.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 21:07 von scrandy »
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Eulenspiegel

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Willst du jetzt Slots wie in D&D, wo man jeden Zauber nur einmal sprechen kann?

Ich glaube, Alexandro meint folgendes:
Gangschaltung: Das ist, was man mit dem Zauber erreichen kann.
Motor: Das ist, wie der Zauber funktioniert.

Ist jetzt natürlich alles Kaffeesatz lesen. Am besten Alexandro meldet sich selber nochmal und erklärt, was er mit Gangschaltung und Motor meint.

Offline Xemides

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Oder ich stecke beim Zaubern AP in die Grundhelligkeit, nehme für +3 die Vatiante Variable Helligkeit und kann dann den einmal hellen Zauber abdimmen und für einen AP wieder heller machen.

Es gibt auch die Variante bewegliche Kugel, allerdings weiß ich nicht, ob man die koppeln kann.
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Offline scrandy

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Oder ich stecke beim Zaubern AP in die Grundhelligkeit, nehme für +3 die Vatiante Variable Helligkeit und kann dann den einmal hellen Zauber abdimmen und für einen AP wieder heller machen.

Es gibt auch die Variante bewegliche Kugel, allerdings weiß ich nicht, ob man die koppeln kann.
Ja, ich hab die Zauberwirkung auch gerade mal nachgeschlagen. Aber gerade, dass jeder dieser Anwendungsfälle einzeln definiert ist, ist ja genau das, was er oben als Gangschaltung definiert. Man hat verschiedene Betriebsmodi der Zauber und Abweichungen davon sind von den Regeln nicht vorgesehen. Hat man stattdessen ein System, dass Definiert, wie der Zauber insgesamt in der Fiktion gedacht ist, dann kann der Spieler diesen flexibler einsetzen und jenseits der offensichtlichen Anwendungsgebiete kreativ abwandeln oder mit anderen Dingen kombinieren.

Ich sage nicht dass es nur "Motor"-Systeme geben sollte. Aber in diesen sind Zauber egal ob durch Freizauberei oder durch Zaubersprüche flexibler einsetzbar. Das hat allerdings den Nachteil, dass der SL mehr Plausibilitätsabwägungen machen muss und sich nicht akribisch auf die Regeln berufen kann.

Wenn meine Spieler zum Beispiel sagen: "ich packe schnell die Gruppe in die Schattenfalle um der Detonation zu entkommen", dann muss ich abschätzen:

1.) Ob das Vorgehen wirklich den gewünschten Effekt hätte (je nach definition des Zaubers und der Explosion)
2.) Wie schwer dass dann im Vergleich zu anderen Zaubereffekten wäre
3.) Ob es die Plausibilität/das Balancing des Systems sprengt

Und idealerweise mache ich diese Abwägung in 2 Sekunden und gebe dem Spieler ein "... würfel mal zwei Erfolge mehr, dann passt das." Und alle sind glücklich. Je nachdem was das Spiel für einen Fokus hat und was man als SL noch alles im Kopf haben muss an der Stelle, kann ein System mit Gangschaltung angenehmer sein. Aber kreatives rumzaubern geht besser ohne Gangschaltung.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 21:19 von scrandy »
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Offline Xemides

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Und es gibt Spieler, die lieber solche Gangschaltungssysteme mögen, zu denen gehöre offenbar ich. Zumindest das DFRPG fand ich mit seinem System schwierig.
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Offline scrandy

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Und es gibt Spieler, die lieber solche Gangschaltungssysteme mögen, zu denen gehöre offenbar ich. Zumindest das DFRPG fand ich mit seinem System schwierig.
Ich denke, dass das auch 2 extreme sind. DSA4 verregelt ja bis ins letzte Detail und Dresden Files ist ja völlig frei.

Wie gesagt: Mystix hat auch Zaubersprüche mit Funktionsbeschreibung (wie bei DSA) samt Basisschwierigkeit, die jedoch flexible eingesetzt werden können (ohne exakten Anwendungskatalog). Ich könnte mir vorstellen, dass es auch Frei-Zauberei Systeme gibt, die unheimliche Gangschaltung besitzen. Zum Beispiel fand ich damals die Myranor erstauflage so gruselig, dass ich da lieber die DSA3 Zauber benutzt habe weil ich mich von den Regeln zum Freizaubern gegängelt gefühlt habe. Aber das ist schon was her.

Ich denke es läuft nicht auf Freizauberei vs. Zaubersprüche hinaus sondern auf flexible Zauberwirkungen vs. exakter Anwendungskatalog.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 21:31 von scrandy »
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Offline Stahlfaust

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Alexandro meint mit "Gangschaltung" z.B. Zauber wie bei D&D Telekinesis. Dieser hat die drei regeltechnisch festgelegten Effekte (Gänge) "Sustained Force", "Combat Maneuvre" und "Violent Thrust".

In der "Motor-Variante" würde dort einfach beschrieben werden, dass dieser Zauber eine telekinetische Hand erzeugt die mit soundso viel Kraft physische Dinge manipulieren kann. Somit wäre z.B. auch Schloss knacken aus der Entfernung möglich.

Verstehe ich das so richtig?
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Offline Arldwulf

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Mhh...allerdings ist es ja nunmal möglich mittels Telekinese ein Schloss zu knacken - im wortwörtlichem Sinn und mit brachialer Gewalt.

Tatsächlich wäre der Zauber doch bei der "Motor" Variante auf einen einzelnen seiner "Gänge" (in diesem Fall Sustained Force) reduziert. Und würde die Frage aufwerfen warum ich nicht z.B. statt der mit "soundsoviel Kraft" arbeitenden Hand auch eine erschaffen kann die einen stärkeren aber dafür kürzeren Stoß verursacht.

Offline Yehodan ben Dracon

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Eine Motorregelung erscheint mir zunächst einmal missbrauchbar und unbalanciert. Ich verweise mal auf den DSA Zauber Auris Nasus. Der ist ein klassischer Motorzauber, denke ich. Es steht dort, was er macht (Illusionäre Bilder). Benutzt wird das als Falle (Schlucht versteckt), als Versteckmöglichkeit (Wandimitat) oder als Vertreiben von Gegnern (Gar schröcklicher Dämon). Ein grausliger Zauber... ;-)
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Offline scrandy

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Ja balancing ist eben schwieriger aber auch nicht unmöglich. Außerdem wird Spieler und SL mehr Verantwortung übertragen. Letztendlich ist eben die Frage, wie kreativ bzw wie kontrolliert es denn sein soll. Ein kontrolliertes System kann zwar besser gebalanced aein und guten Schutz vor Powergaming bieten, ist dann aber unheimlich unflexibel und unkreativ einsetzbar.

Wenn ich mit einem Illusionszauber zum beispiel nicht flexibel illusionen herstellen kann, die unterschiedliche Zwecke erfüllen können, dann wüsste ich nicht wozu sie denn gut sein sollen.
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Eulenspiegel

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Ja, ich hab die Zauberwirkung auch gerade mal nachgeschlagen. Aber gerade, dass jeder dieser Anwendungsfälle einzeln definiert ist, ist ja genau das, was er oben als Gangschaltung definiert. Man hat verschiedene Betriebsmodi der Zauber und Abweichungen davon sind von den Regeln nicht vorgesehen. Hat man stattdessen ein System, dass Definiert, wie der Zauber insgesamt in der Fiktion gedacht ist, dann kann der Spieler diesen flexibler einsetzen und jenseits der offensichtlichen Anwendungsgebiete kreativ abwandeln oder mit anderen Dingen kombinieren.
Hier vermischst du zwei Dinge:
Zum einen haben wir die Frage, wie Zauber definiert sind. Und zum anderen die Frage, wie Abweichungen gehandhabt werden. Diese beiden Sachen sind vollkommen unabhängig voneinander und sollten nicht in einen Topf geworfen werden.

Die Funktionsweise der DSA Zauber ist zum Beispiel extrem genau definiert. Es wird genau gesagt, wie und wieso der Zauber genau so wirkt.

Auf der anderen Seite haben wir die Frage, wie variabel Zauber sind. Dies ist aber keine Frage der Regeln sondern des Settings. Entspricht die Magie eher einem einfachen Werkzeug, dann ist die Magie in dem Setting extrem variabel, da man mit einem Werkzeug alles mögliche machen kann. Entspricht die Magie eher einem elektronischen Gerät, so ist der einzelne Zauber extrem wenig variabel. Ein elektronisches Gerät lässt sich in der Regel nur für eine Sache benutzen.
In den meisten Settings gibt es beide Arten von Magie. Die variable Magie wird auch Freizauberei genannt und die unflexible Magie wird auch Formelzauberei genannt.
Und in den meisten Settings ist es so, dass Formelzauberei extrem einfach zu erlernen ist, während Freizauberei sehr schwer zu erlernen ist und häufig nur von Großmeistern beherrscht wird.
Das ist in Aventurien ebenfalls der Fall. Auch hier gibt es Formelzauberei und Freizauberei.

Und zu guter letzt gibt es noch die Frage, wie man es handhabt, wenn man einen Zauber mal anders benutzt als dessen Hauptzweck ist. Hier gibt es im Prinzip drei Möglichkeiten:
1) Andere Handhabungen werden verboten.
2) Der Autor überlegt sich möglichst viele Handhabungen und gibt hier Hinweise, wie man diese handhaben könnte.
3) Der Autor lässt den Spieler hier völlig im trüben stehen und der SL+Spieler müssen sich selber überlegen, wie das gehandhabt wird.

Hier ist DSA eine Mischung aus 2) und 3).

Zitat
Ich sage nicht dass es nur "Motor"-Systeme geben sollte. Aber in diesen sind Zauber egal ob durch Freizauberei oder durch Zaubersprüche flexibler einsetzbar. Das hat allerdings den Nachteil, dass der SL mehr Plausibilitätsabwägungen machen muss und sich nicht akribisch auf die Regeln berufen kann.
Wie gesagt: DSA ist ein Motor-System.
Die meisten Systeme sind Motor-Systeme. Gangschaltung-Systeme sind diejenigen, die extrem selten sind.
« Letzte Änderung: 7.04.2013 | 23:58 von Eulenspiegel »

Offline Arldwulf

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Ich bin noch nicht ganz sicher ob ich die Metapher richtig verstanden hab, aber ein Getriebe und die Gangschaltung ist doch dafür da die Motorleistung möglichst für verschiedene Aufgaben zu nutzen und anzupassen.

Sprich: So ein Gang fügt zusätzliche Möglichkeiten hinzu die ich nicht habe wenn ich nur die reine Motoreinstellung nutze.

Ganz ähnlich wie oben bei Telekinese. Ich kann den Zauber nutzen um Dinge zu bewegen. Aber habe eben auch noch ein paar zusätzliche, andere Möglichkeiten.

Oder verstehe ich das gerade falsch?

Offline scrandy

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@ Eulenspiegel:

Ich denke nicht dass ich hier zwei völlig unterschiedliche Sachen in einen Topf werfe. Wenn ein System Dinge sehr genau regelt, dann ist selten eine Anpassung jenseits der vorgesehenen Optionen erwünscht. Vielleicht wird der Spielgruppe auch durch die Optionsvielfalt suggeriert, dass es keine weiteren Optionen gibt. In jedem Fall ist die Chance bei einem detailliert verregelten System auf Gegenwehr bei der Spielgruppe zu treffen, wenn man einen Zauber anpassen will, wesentlich höher als bei einem freieren System.

Sicherlich gibt es auch DSA4-Spieler, die einfach nur sagen: "Ich mach mal licht" und den Optionskatalog beim Flim Flam stecken lassen und sich nicht mit der Buchhaltung rumschlagen. Denn Handwedeln gibt es überall. Aber die Chancen, dass jemand nachdem man den Zauber beschrieben hat, sagt "Geht das denn auch so?" sind wesentlich höher mit einem detaillliert ausformuliertem System als mit einem freieren wo einfach nur ein "Pi mal Daumen Bonus" gezahlt wird, wenn man was anpassen will.

Das trifft übrigens auch auf andere Subsysteme zu. In einem System mit vielen Kampsonderfertigkeiten wird man es schwieriger haben eine individuelle Idee im Kampf umzusetzen als mit einem freieren System, bei dem weniger definiert ist.

Natürlich weiß ich nicht was alexandro will und ich denke ich lasse ihn jetzt erst mal selber antworten, aber ich vermute es geht letztendlich um die Freiheitsgrade beim Zaubern, die sehr mit der Verregelung bzw. Optionalisierung des Zaubers einhergeht. Eine einfache pseudowissenschaftliche Beschreibung der Zauberwirkung wäre da das flexibelste Mittel.
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Offline Thandbar

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Ich bin noch nicht ganz sicher ob ich die Metapher richtig verstanden hab, aber ein Getriebe und die Gangschaltung ist doch dafür da die Motorleistung möglichst für verschiedene Aufgaben zu nutzen und anzupassen.

Sprich: So ein Gang fügt zusätzliche Möglichkeiten hinzu die ich nicht habe wenn ich nur die reine Motoreinstellung nutze.

Ganz ähnlich wie oben bei Telekinese. Ich kann den Zauber nutzen um Dinge zu bewegen. Aber habe eben auch noch ein paar zusätzliche, andere Möglichkeiten.

Oder verstehe ich das gerade falsch?

Wenn ich es richtig verstanden habe, schließen sich beide Systeme aus. (Weswegen die Allegorie ein bisschen unglücklich ist, da wir in der Realität normalerweise Motoren im Zusammenhang mit einer Gangschaltung vorfinden.)
Bei einem "Motor"-System wird erklärt, wie die Magie funktioniert. Die Wirkung kann aus dieser Funktionsweise abgeleitet werden.
Ein Gangschaltungssystem gibt dir die Wirkungen fest vor, und beinhaltet das Funktionieren dieser Wirkungen nicht als Regel, sondern als reinen Fluff. In einem Gangschaltungs-System sagt die Beschreibung des Zaubers vielleicht, dass der Feuerzauber deshalb wirkt, weil eine elementare Ebene des Feuers angezapft wird, aber der Spieler HAT davon nichts. Es kann eben 2W4 Feuer-Schaden verursachen und brennbare Sachen entzünden, aber er kann den Zauber nicht kombinieren, um eine Verbindung zu der Feuerebene zu stabilisieren oder mit einem anderen Zauber einen Ifrit herüberzuziehen.*
Deine telekinetische Hand macht einfach nur 1W6+Int Schaden, selbst wenn Du begründen kannst, dass ein kleiner Stoß gegen ein menschliches Hirn dasselbe sofort unwiderruflich schädigt, vielleicht sogar zum Tod führt.

In einem Motor-System wäre genau das möglich. Ein Motor-System gibt nur vor, WIE die Effekte funktionieren, und der Spieler kann mit diesen Effekten dann herumspielen. Und wenn die telekinetische Hand ausreicht, einen Draht in ein Schlüsselloch zu schieben, dann auch einen Nagel in ein Nasenloch. Und wenn ich schon in der Lage bin, auf Luft zu laufen - viel Spaß, Herr Troll, mit dem Einatmen von Sauerstoff, der die Qualität von Marmor besitzt.
Ein Motor-System eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, Effekte miteinander zu kombinieren, ist aber immer anfällig dafür, von findigen Spielern missbraucht zu werden, und sorgt leicht für Streit zwischen Spieler und Spielleiter, wenn man sich nicht darauf einigen kann, wie die "Physik" der Magie in dem einen oder anderen Fall wirklich aussieht. 

[*Ein interessantes Beispiel von Alexandro übrigens, weil dieser Gegensatz zwischen Fluff und Crunch genau in dem Computerspiel "Planescape: Torment" vorkam, worin ein Feuermagier es mit dem Zaubern so sehr übertrieben hatte, dass er selber zu einem Portal in die Feuerebene wurde. Dies war Teil der Geschichte, konnte von den Regeln aber nicht abgebildet werden, da D&D sich allein auf die Beschreibung von Zauberspruch-Effekten beschränkt.] 
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

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Was die Missbrauchsmöglichkeiten angeht, so kann ein Motorensystem allerdings genauso durch abstrakte Regeln eingegrenzt werden. Beispielsweise kann ein Zauber bei Dresden Files auch nicht mehr Schaden anrichten, als Würfelergebnis und angesagter Bonus abzüglich des Abwehrwurfes ergeben - egal wie kreativ der Angriffszauber begründet wurde.

Interessant am Motorensystem m.E. sind zwei andere Sachen:

- Es ist möglich, Auswirkungen mit unterschiedlichen Farbtupfern (Colour) zu beschreiben, was beim Rollenspiel mit seiner Erzählkomponente alles andere als unwichtig ist.
- Es ist tatsächlich möglich, unterschiedliche Anwendungsbereiche zu improvisieren, ohne von ellenlangen Spruchlisten erschlagen zu werden, von denen viele aufgeführte Zauber nur in Spezialfällen zum Einsatz kommen

Die Frage ist, ob man ein Motorensystem auf Magie beschränken muss. Teilweise lassen Fertigkeitsanwendungen auch eine gewissen Bandbreite jenseits des in manchem Regelwerk fest vorgeschriebenen zu, teilweise regen Regelwerke zu mehr Improvisation an.
Dans un quartier qui est triste à tuer
Prends des bombes de peinture et bombe tout
Ecris se que tu penses sur les murs!
Couleurs sur Paris...nanana...
Il est temps de changer... na nana na