Meine eigenen Überlegungen (decken sich übrigens mit vielem, was hier genannt wurde). Ich erhebe auch keinen Anspruch darauf, dass alle Elemente immer verwirklicht werden müssen, aber erwarte ich schon ein ganzes Bündel davon in einer Superheldenkampagne.
Superhelden/Superkräfte sind bekannter Teil der Welt.Das unterscheidet Superheldensettings von klassischenHorror- oder Urban Fantasy Settings. Es gibt vielleicht ein paar Ungläubige und Leute mit Fringe-Theorien (alles von der Regierung gefälscht!), aber zumindest ein beachtenswerter Teil der Bevölkerung ohne Superkräfte weiß, dass es Superkräfte (auf welcher Basis auch immer) gibt.
Superhelden interagieren mit der normalen Welt.Das ist ein zweiter Unterschied zu Horror- oder Urban Fantasy Settings, wo die Bedeutung der normalen Welt eher zweitrangig ist und sich die Abenteuer überwiegend in Parallelgesellschaften abspielen. Superhelden werden entweder als Gruppe oder als Einzelperson in die normale Welt verwickelt. Superhelden sind verwundbar durch ihr Verhältnis zur normalen Welt.
Als Einzelpersonen sind sie über ihre "bürgerliche" Identität stark mit der normalen Welt vernetzt - selbst dann, wenn sie Teil einer "Behörde für Übernatürliche Probleme" sind. Oft sind diese Berührungspunkte ihre "Schwächen" oder Motivatoren, und in einer Superheldenkampagne würde ich erwarten, dass diese Berührungspunkte maßgeblich thematisiert werden (Geheimidentität, Freunde und Verwandte, Pflichten gegenüber Normalos usw.).
Als Gruppe müssen sie um ihr Bild in der Öffentlichkeit kämpfen. Auch da erwarte ich, dass dies Teil der Kampagne ist. Beispielsweise: Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung, Anfeindungen durch Lobbygruppen, Auseinandersetzung mit Gesetzen und rechtlichen Grenzen.
Superheldenkampagnen sind charakterzentriert.Die Charaktere werden durch "innere" Motivation zum Handeln getrieben. Das ist oft mit ihrer Origin-Story verknüpft. Wenn es äußere Motivation gibt, dann liegt die in einem vorhandenen Problem, nicht in einem Auftrag. Superhelden werden nicht angeworben wie Fantasyhelden oder Cyberpunksöldner - und wenn, dann ist der Hintergrund dafür persönlicher Natur.
Zum Charakter gehören auch persönliche Rivalen oder (wiederkehrende) Feinde. Das müssen keine Superwesen sein, sondern können sehr gut einflussreiche Personen der normalen Welt sein, die den Charakter über seine Verbindungen zu dieser Welt angreifen.
Superheldenkampagnen sind actionreich!Grundsätzlich könnte das fast jedes Rollenspielgenre hohes Actionpotential haben, aber bei Superhelden ist
Action! (zumindest für mich) ein MUSS! Es muss geschlichen, geboxt, geschossen werden, es explodieren Dinge, fliegen Autos durch die Gegend oder blitzen Blasterpowers auf. (Deswegen habe ich so ein paar Probleme mit Mutant City Blues.)
Zu Superheldenabenteuern gehören namenlose Mooks, die im Dutzend gefährlich werden (und auch dann nur, wenn das Powerlevel zum SC passt) und namhafte Nemesis', die nur unter bestimmten Umständen besiegt werden können (oder verlangen, dass man sich durch die Mooks durchprügelt).
Superheldenkampagnen können auf (scheinbar) unterschiedlichen Powerlevels stattfinden.Das ist kein Muss, aber schon eine bereits angesprochene Besonderheit von Superheldensachen, die nicht unbedingt typisch für andere Rollenspielgenres ist. Klar gibt es in vielen Fantasysystemen eine gewisse Unausgewogenheit der Klassen/Fertigkeiten (ein beliebtes Thema im
), aber bei Superhelden
kann das ein gewünschtes Element sein. Green Arrow/Huntress haben einfach nicht die Power von Superman/Wonder Woman. System und Kampagne sollten daraufhin angelegt sein, mit diesen "realistischen" Powerunterschieden umzugehen, z.B. durch Metagamingelemente oder regeltechnisch gesicherte Spotlightszenen.
Superheldenkampagnen sind dramatisch.Das passt gut zu charakterzentriert, denn um die Hauptpersonen (SCs) weht ein Hauch der Tragik. Sie haben ungeheure Kräfte/Ressourcen - aber tragen auch ungeheure Verantwortung und haben unglaubliche Schicksalsschläge erlitten und weiterhin zu verkraften. Abenteuer drehen sich um Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind. Fragen, die auch außerhalb des Genres kontrovers behandelt werden (Selbstjustiz, Umgang mit Macht usw.). Diese Fragen sind meistens personalisiert und auf die Charaktere/ihre Situation zugeschnitten. Das kann natürlich auch in anderen Genres (speziell Fantasy) der Fall sein, aber bei Superhelden ist es fast ein Muss (sonst bewegt man sich eher im nahe verwandten, aber mMn doch unterschiedlichen Pulp.)
Superheldenkampagnen haben ein PVP-Moment.Als Konsequenz der Charakterzentrierung sind Superheldengruppen oft gespalten. Auch für die Probleme, mit denen die Superhelden konfrontiert werden, gibt es mehrere gleichwertige, aber völlig unterschiedliche Lösungen. Selbst in Gruppen, die zugunsten eines gemeinsamen Zieles zusammenarbeiten, bestehen aufgrund der unterschiedlichen Charaktere starke Spannungen, die sowohl verbal als auch körperlich entladen werden können. Gruppenkonflikte werden im Spiel (und
in character) gelöst - üblicherweise anhand von unmittelbaren, konkreten Fragen. Das unterscheidet Superheldenrollenspiel einerseits von einem auf Teamwork orientierten Spiel, bei dem die Gruppe zwangsläufig zusammenarbeitet, um das Dungeon/die Story/die externe Herausforderung zu bewältigen, andererseits von eher wolkigen Intrigen zwischen SCs, die erst in ferner Zukunft Früchte tragen.
Edit:
Superhelden können nicht heilen.Es gibt in Superheldenkampagnen keine Heilerklasse. Geheilt wird über "normale" Medizin oder individuelle regenerative Powers oder ganz seltene Stunts, aber es gibt keine SC-Helden, die (wie Priester) normale Wunden anderer Personen zuverlässig und schnell heilen können. Sowas können bestenfalls NSCs.
Zusammengefasst:Ich würde mir für Superheldenkampagnen eine starke Vernetzung in der normalen Welt wünschen, die am Spielercharakter orientiert ist. Actionszenen entsprechend des (der) angestrebten Powerlevels sollten häufig sein, damit die Kräfte auch sichtbar zum Einsatz kommen. Die Abenteuer provozieren Spannungen in der Gruppe oder Drama in der Person.