Autor Thema: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" (bzw. gewaltarm) zu spielen?  (Gelesen 27826 mal)

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Offline WeepingElf

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In diesem Thema kam die Diskussion auf Old School vs. "90er-mäßiges" Rollenspiel.  Da es hier nicht mehr primär um das ursprüngliche Thema "Looten" geht, mache ich hier ein neues Thema auf.

Also, hier meine Frage: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?

Meine Meinung dazu: Es ist zunächst niemals grundsätzlich verkehrt, eine Spielweise einer früheren Zeit wiederaufzugreifen, die Oldschooler machen es doch die ganze Zeit.  

Außerdem finde ich, dass in den 90er Jahren einige Ansätze zum Rollenspiel erprobt wurden und populär waren, die ich auch heute noch gut finde, und leider später wieder unter die Räder kamen bzw. in Vergessenheit gerieten.  Da sind vor allem Abenteuer zu nennen, die an die Kreativität der Spieler und des SL appellieren und sich gewaltfrei lösen lassen.  Es gab damals die "Braunschweiger Schelmin", einen Preis für gewaltfreie Rollenspielabenteuer; es gab gewaltfreie oder zumindest gewaltfrei lösbare Abenteuer in den großen Rollenspielzeitschriften; es gab die Initiative "Wir Rollenspieler sagen NEIN zu Gewalt und Rassismus" und dergleichen mehr.  Es gab Versuche, von "bösen Rassen" in Rollenspielen wegzukommen und z. B. die Orks zu einer kulturschaffenden Rasse zu emanzipieren, die nicht immer nur Böses im Schilde führt.

Das alles finde ich auch heute noch gut und nicht "überholt".  Jedenfalls halte ich das, was danach kam, wie z. B. Endzeit und Old School, nicht für fortschrittlich; und die besten Rollenspielerlebnisse in meiner mehr als 25-jährigen Rollenspiel-"Karriere" hatte ich in der Tat in den 90ern.
« Letzte Änderung: 6.05.2013 | 16:42 von WeepingElf »
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Offline Boba Fett

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #1 am: 5.05.2013 | 21:58 »
Kannst Du mal grob erläutern, was Du unter 90er Rollenspielen verstehst?
Wenn ich richtig liege, sind das für Dich Gewaltfreiheit (zumindestens als Option) und Investigative Abenteuer.
Ich verstehe da unter 90er like etwas ganz anderes...
Nur damit wir uns über das gleiche unterhalten...

Generell: solange alle Spaß dran haben, ist es egal, wie man spielt!
Ich würde zwar immer schauen, dass alle eine möglicht weite Bandbreite an Spielstilen kennen, um eine Auswahl treffen zu können, aber ich werte mich nicht als Maß der Dinge...
« Letzte Änderung: 5.05.2013 | 22:04 von Boba Fett (away) »
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Offline Kearin

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #2 am: 5.05.2013 | 22:00 »
Nur ist das überhaupt nicht der Kern der 90er. 90er zeichneten sich vor allem durch viele neue, kreative Settings ab. Diese ganze antimilitaristische und antifaschistische Bewegung war IMO immer nur eine Randerscheinung.

Offline Bad Horse

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #3 am: 5.05.2013 | 22:00 »
Es ist nicht verkehrt, 90er-mäßig zu spielen, wenn man dran Spaß hat.

Aber dieser "Hui, wir spielen tiefgründiger und besser"-Snobismus, den einige "fortschrittlichere" Spieler in den 90ern gegenüber anderen an den Tag gelegt haben, den sollte man sich vielleicht besser sparen.

Wobei das natürlich keine Eigenschaft der 90er-Spieler war. Dieser Snobismus kam beim Aufkommen der Indie-Spiele dann wieder, und dann bei der Old-School-Gegenbewegung auch.  ;)
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Offline Waldgeist

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #4 am: 5.05.2013 | 22:06 »
Manchmal wundere ich mich, was Leute alles in ihr Hobby reininterpretieren wollen. Soll doch jeder so spielen wie er will!
Und ganz persönlich kann ich Gewaltfreiheit/Gewalttätigkeit, böse/gute Rassen, etc. nicht an Jahrzehnten, sondern höchstens an Spielern/Gruppen (und vielleicht noch Systemen) festmachen.
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Offline tartex

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #5 am: 5.05.2013 | 22:09 »
Im Prinzip haben wir hier eine "Gewalt in Video-Spielen"-Debatte?

Ist jetzt ein wenig mühsam, das alles nochmals abzuarbeiten.

Ich denke, für die meisten Leute steht 1990iger eher für Metaplot, Railroading-Abenteuer, "Roleplayling vs. Rollplaying" bzw. "Wir würfeln aber nur 2x pro Session." und White-Wolf-Dominanz.
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Offline WeepingElf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #6 am: 5.05.2013 | 22:16 »
Kannst Du mal grob erläutern, was Du unter 90er Rollenspielen verstehst?
Nur damit wir uns über das gleiche unterhalten...

Tja, "90er-mäßig" ist vielleicht der falsche Ausdruck.  (Es stammt ja auch von 1von3, der mir ein "Verschwinde in die 90er!" entgegenzischte.)  Ich meine hier keinen bestimmten Typ von Regelwerken, sondern einen Ansatz zum Rollenspiel, der in den 90ern Hochkonjunktur hatte (es gab in den 90ern aber auch ganz andere Ansätze), und in dem es darum geht, vom Hack&Slay wegzukommen und auf Kreativität, soziale Interaktion und gewaltfreie oder zumindest gewaltarme Lösungsstrategien aufzubauen.  Gute literarische Geschichten und Filme kommen ja auch oft ohne Gewaltanwendung durch die Protagonisten aus (kommt natürlich aufs Genre an).

Meiner Meinung nach hatte das Rollenspiel aufgrund seiner Herkunft aus der Wargaming-Szene und des Einflusses der Pulp-Fantasy anfangs einen "Geburtsfehler": die Handlung war in den meisten Rollenspielszenarien auf die Kämpfe zentriert.  Man ging los, um zum Beispiel einen Drachen zu töten oder einem bösen Zauberer das Handwerk zu legen, wobei dann natürlich auch dessen Orkwachen abgestochen werden mussten, um zum Ziel zu gelangen.  Die "Hauptbegegnung" im Abenteuer war oft schlicht und einfach ein Kampf gegen einen besonders mächtigen Gegner.

In den 90er Jahren (zum Teil schon vorher, insofern ist der Begriff "90er-mäßig" ungenau) überlegten sich viele Rollenspieler, ob es nicht auch "zivilisierter" und gewaltfreier geht.  Wie ich das schon im Eingangspost gesagt habe.  Orks waren nicht mehr immer böse.  Es gab gewaltfrei lösbare Abenteuer.  Kurzum: man wollte weg von einer gewaltträchtigen "Ideologie", und hin zu einem Rollenspiel, das Kreativität, soziale Interaktion und "Leben und leben lassen" ins Zentrum stellt.

Ich kann mich beispielsweise an ein Abenteuer erinnnern, wo ich mal mitgespielt hatte, das auf der Frosthexer-Kampagne basierte, und das ganze Problem mit dem Frosthexer auf einem Missverständnis beruhte, das durch Verhandlungen bereinigt werden konnte.  Die SCs spielten dabei die Rolle von Vermittlern zwischen beiden Seiten, und lösten das Abenteuer ohne Blutvergießen.

Ich kann diese Art von Rollenspiel am besten mit meiner allgemeinen Weltsicht vereinbaren, wonach Gewalt selten zur Lösung des Problems führt.  Es macht mir auch mehr Spaß, mit NSCs zu verhandeln, als einen Kampf durchzuwürfeln.  Ich fand Kämpfe immer schon doof und langweilig.
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Offline Kearin

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #7 am: 5.05.2013 | 22:18 »
Zitat
Metaplot, Railroading-Abenteuer, "Roleplayling vs. Rollplaying" bzw. "Wir würfeln aber nur 2x pro Session." und White-Wolf-Dominanz.
Gab es alles schon in den 80ern.

Offline Praion

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #8 am: 5.05.2013 | 22:23 »
Verkehrt nicht, aber ich würde schreiend davon laufen.
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Offline Jed Clayton

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #9 am: 5.05.2013 | 22:32 »
Die ganze Frage ist für mich verkehrt und letztlich irrelevant, da bei weitem nicht jeder in den 90er-Jahren die gleichen Spiele oder in den gleichen Milieus gespielt hat, die gleichen Vorlieben hatte, und so weiter. Genauso ist eine Attitüde oder eine Einstellung nicht auf eine bestimmte Dekade beschränkt. Das sollte eigentlich klar sein.

Ich würde also nie das Wort für ein Jahrzehnt ernsthaft als Gattungsbezeichnung oder als Namen für eine Stilrichtung beim Rollenspiel heranziehen. Vielleicht ist "90er-Stil" oder "90er-mäßig" hier auch einfach zusehens ein Begriff, der von einigen Spielern benutzt wird, die dieses Jahrzehnt nur als Kleinkinder oder gar nicht mehr erlebt haben. Es mag sein, dass ich da etwas missverstehe.

Wir wissen doch, dass es irgendwo da draußen auch noch Menschen gibt, die immer noch ein D&D-Buch von 1974 oder 1977 haben und einfach immer damit weiterspielen. Ähnlich hat z.B. ein alter Mitspieler aus meiner Runde mindestens zehn Jahre lang nur die Grundbox des deutschen MERS gehabt und sich nie um andere Spiele, andere Editionen oder sonst etwas gekümmert. Und die meisten Rollenspieler, die ich abseits von Foren und Conventions kenne, spielen doch stets so, wie es in ihrer ersten festen Spielrunde "einfach so üblich" war. Snobismus wie oben beschrieben habe ich selbst in den gesamten 90ern nie erlebt, eher ein Insider-Verhalten, in dem ganz schnell klar wurde, dass man bestimmte Bücher und bestimmte Regeln kennen musste, um dazu zu gehören, ebenso wahrscheinlich sogar noch bestimmte Filme, bestimmte Bands, und man musste bestimmte Kleidung tragen, bestimmte Sprüche drauf haben und seine Haare in einer bestimmten Weise tragen. Das hat aber mit allgemeinen Tendenzen zu tun, die jeder mal in seiner Teenager-Zeit miterlebt.

Was oben über die 90er-Jahre im Rollenspiel gesagt wurde, bezieht sich doch sicherlich auf Shadowrun und auf die World of Darkness-Systeme.

Für mich heißt 90er-Jahre unter anderem RIFTS, Cyberpunk, WoD, Deadlands, und ähnliche Sachen mehr.

Alles Spiele, in denen die Leute ordentlich vom Leder ziehen können und in denen es ganz und gar nicht brav und politisch korrekt zuging.

In meinem Umfeld, jetzt mal ganz konkret ausgedrückt, war Shadowrun im Grunde immer das "Ballerspiel" und Vampire / WoD war "Superhelden mit Fangzähnen".
« Letzte Änderung: 5.05.2013 | 22:34 von Jed Clayton »
"Somewhere there is danger, somewhere there's injustice, and somewhere else the tea is getting cold."

(Doctor Who, Survival, 26th season, serial 4, part 3)

Wulfhelm

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #10 am: 5.05.2013 | 22:33 »
Meiner Meinung nach hatte das Rollenspiel aufgrund seiner Herkunft aus der Wargaming-Szene und des Einflusses der Pulp-Fantasy anfangs einen "Geburtsfehler": die Handlung war in den meisten Rollenspielszenarien auf die Kämpfe zentriert.  Man ging los, um zum Beispiel einen Drachen zu töten oder einem bösen Zauberer das Handwerk zu legen, wobei dann natürlich auch dessen Orkwachen abgestochen werden mussten, um zum Ziel zu gelangen.  Die "Hauptbegegnung" im Abenteuer war oft schlicht und einfach ein Kampf gegen einen besonders mächtigen Gegner.
Diese Spielweise war schon in den 80ern nicht mehr die maßgebliche - wenn sie es überhaupt je war. Kann höchstens sein, dass sich in den 90ern besonders viele Besserspieler für die hier als "90er-typisch" gehandelte Spielweise stark gemacht haben. Genau so, wie nach meinem Gefühl vor ein paar Jahren "Oldschool" von besonders vielen "so und nicht anders"-Typen bevölkert wurde.

Für mich waren die 90er hauptsächliche eines: Die aktivste Rollenspielzeit meines Lebens. Zeitweise mehrmals pro Woche bis in die früh zocken, das wars! Gewaltarm war's eher selten (höchstens bei Traveller, das wurde aber durch Mechwarrior mehr als aufgewogen), klassisches Hack&Slay aber auch nicht, kreativ aber hallo!

Durch die Bandbreite der bespielten Systeme (Neben den genannten Traveller und Mechwarrior waren dies, um nur die wichtigsten aufzuzählen, CoC, Cyberpunk, Star Wars D6, DSA und Shadowrun) hat sich ein bestimmter maßgeblicher Spielstil eigentlich schon von alleine verboten. Interessanterweise sind sowohl die WoD als auch D&D komplett an meinem Dunstkreis vorbei gegangen.
« Letzte Änderung: 5.05.2013 | 22:37 von Wulfhelm »

Offline Grey

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #11 am: 5.05.2013 | 22:33 »
Ist es heute verkehrt, Musik aus den 1830ern zu hören?

Ist es heute verkehrt, Langschwerter aus den 1450ern nachzubauen?

Ist es heute verkehrt, "steinzeit-mäßig" Sex zu haben?


Wer oder was entscheidet darüber, ob es "verkehrt" ist, was eine Gruppe von Freunden zum Freizeitvergnügen tut? Und auf welcher Grundlage?
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Offline tartex

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #12 am: 5.05.2013 | 22:36 »
Gab es alles schon in den 80ern.

Was nichts daran ändert, dass in den 90igern das alles mehr oder weniger Mainstream wurde.

AD&D2 (1989) und DSA2 (1988) sind da gute Beispiele. Und mit D&D3 wurde dann 2000 wieder ein anderes Mainstream-Paradigma populär.
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Offline Boba Fett

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #13 am: 5.05.2013 | 22:37 »
Erstmal: danke für die Erläuterung!

Dann: Rollenspiel ist wie jedes andere Gesellschaftsspiel: man setzt sich zusammen und bespricht, was man und wie man es spielen möchte. Entscheident ist der Konsens in der Runde, nicht irgendeine gesellschaftliche Absolution.
Wenn alle Spaß hatten und jeder wusste, worauf er sich einlässt und niemand frustriert heimging ist das doch super!

Wegen meiner können auch Nudisten LARP betreiben. Wäre nicht mein Hobby, aber was geht mich das etwas an, wie Leute ihre Freizeit betreiben. Und wenn es genug Leute gibt, sollen sie sich gern in einem Forum austauschen (die Galerie würde ich dann aus Jugendschutzgründen allerdings versagen...)

Und die gleiche Einstellung gilt auch fürs Rollenspiel. Da möchte ich wissen, worauf ich mich einlasse und entscheide DANN ob ich teilnehme.

Wenn Du meine persönliche Einschätzung zu der gewaltfrei Option wissen möchtest:
Ich brauche sie nicht als extra Prämisse.
Mein Leben an sich ist schon recht gewaltfrei ausgerichtet, da ich neben dem Rollenspiel auch noch ehrenamtliche Jugendarbeit betreibeund da gewissermaßen Verantwortungen in Vorbildfunktion (Vorleben) sehe.
Rollenspiel ist meine Freizeitbeschäftigung und da möchte ich mich vom Alltag erholen. Und dazu gehört auch Abwechslung vom alltäglichen. Und so wie Gewalt im realen Leben für mich keine Option darstellt, darf es dann in einer Fiktion durchaus Gewalt als Methode existieren.
Ich möchte für mich im Spiel entscheiden können, welche Mittel ich einsetze - wenn es friedliche sind, schön, aber wenn Konflikte auf gewaltsame Weise aufgelöst werden (durchaus mit den Konsequenzen, die das in der fiktiven Welt mit sich bringen muss) dann ist das nicht verwerflich für mich.
Insbesondere denke ich, dass wir in unser westlichen Moralvorstellung und dem sehr hohen Wert, dem wir dem menschlichen Leben beimessen derzeit in einer Ausnahmesituation existieren. (Bitte nicht falsch verstehen, ich sehe diese Ausnahme durchaus als sehr erstrebenswerte Situation an!!!) wir leisten uns den Luxus pazifistischer Einstellungen, weil wir es können.
Insofern sehe ich es durchaus als legitim an, Rollenspielen in Welten zu gestalten, die diesen Luxus nicht besitzen.
Das könnte man sogar analytisch verwenden - für mich ist Rollenspiel aber NUR ein Gesellschaftsspiel.
Ich sehe auch einen Krimi, Thriller oder Ationfilm an - zur Unterhaltung.

Ich werde Dich aber ganz bestimmt nicht abhalten, Rollenspiel so zu betreiben, wie Du (oder mit Diner Runde: Ihr) das für richtig haltet und auch nicht davon abhalten, Deine Meinung hier zu vertreten.
Eins Meinungskundgebung "Verschwinde in die 90er!" halte ich für albern!
« Letzte Änderung: 5.05.2013 | 23:01 von Boba Fett (away) »
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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #14 am: 5.05.2013 | 22:38 »
Wenn alle Spaß hatten nd jeder wusste,worauf er sich einlässt und

Und?  :)
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Pyromancer

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #15 am: 5.05.2013 | 22:44 »
In den 90er Jahren (zum Teil schon vorher, insofern ist der Begriff "90er-mäßig" ungenau) überlegten sich viele Rollenspieler, ob es nicht auch "zivilisierter" und gewaltfreier geht.  Wie ich das schon im Eingangspost gesagt habe.  Orks waren nicht mehr immer böse.  Es gab gewaltfrei lösbare Abenteuer.  Kurzum: man wollte weg von einer gewaltträchtigen "Ideologie", und hin zu einem Rollenspiel, das Kreativität, soziale Interaktion und "Leben und leben lassen" ins Zentrum stellt.

Ich kann mich beispielsweise an ein Abenteuer erinnnern, wo ich mal mitgespielt hatte, das auf der Frosthexer-Kampagne basierte, und das ganze Problem mit dem Frosthexer auf einem Missverständnis beruhte, das durch Verhandlungen bereinigt werden konnte.  Die SCs spielten dabei die Rolle von Vermittlern zwischen beiden Seiten, und lösten das Abenteuer ohne Blutvergießen.

Ich kann diese Art von Rollenspiel am besten mit meiner allgemeinen Weltsicht vereinbaren, wonach Gewalt selten zur Lösung des Problems führt.  Es macht mir auch mehr Spaß, mit NSCs zu verhandeln, als einen Kampf durchzuwürfeln.  Ich fand Kämpfe immer schon doof und langweilig.

Ich denke, das ist kein Phänomen der 90er, sondern ein Artefakt deiner eigenen Rollenspiel-Sozialisation.

Die Frosthexer-Kampagne, die du ansprichst, stammt z.B. aus den 80ern. Mit den 90ern verbinde ich eher die Etablierung von Mook-Regeln, die das erbarmungslose Schnetzeln gesichtsloser Gegnerhorden geradezu zelebriert. Feng Shui sei da als Paradebeispiel genannt, das damals von allen Seiten gefeiert wurde.

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #16 am: 5.05.2013 | 22:45 »
Ist es heute verkehrt, "steinzeit-mäßig" Sex zu haben?
Das sollte wir im Detail diskutieren. ;)

Offline Infernal Teddy

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #17 am: 5.05.2013 | 22:48 »
Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?

Weil ich es mir nicht verkneifen kann: Nö, die DSA-Spieler machen es ja vor... :D
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Offline WeepingElf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #18 am: 5.05.2013 | 22:49 »
Ich denke, das ist kein Phänomen der 90er, sondern ein Artefakt deiner eigenen Rollenspiel-Sozialisation.

Die Frosthexer-Kampagne, die du ansprichst, stammt z.B. aus den 80ern. Mit den 90ern verbinde ich eher die Etablierung von Mook-Regeln, die das erbarmungslose Schnetzeln gesichtsloser Gegnerhorden geradezu zelebriert. Feng Shui sei da als Paradebeispiel genannt, das damals von allen Seiten gefeiert wurde.

Darum sage ich ja, "90er" ist eigentlich ein falsches Etikett.  Es gab in den 90ern auch die Ballerorgien von Shadowrun, den Horror der World of Darkness, und und und ... das hat alles nichts mit der Rollenspielweise zu tun, die ich hier meine.  Und vieles von dem, was ich im Eingangspost aufgeführt habe, gab es auch schon in den 80ern.
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Offline Roland

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #19 am: 5.05.2013 | 23:51 »
Es ist nicht verkehrt so zu spielen wie Du es tust.

Allerdings mußt Du Deine Argumente gegen die Old-Schooler auch gegen Dich gelten lassen. Folgt man Dir, drischst Du nur ein paar Jahre weniger in die Tonne und lässt die ganzen coolen Entwicklungen der letzten 15 Jahre außen vor.

Natürlich gibt es Old-Schooler, die den ganzen rollenspielerischen Fortschritt der letzten 30 Jahre in die Tonne dreschen und wieder so spielen wie in den Anfangstagen des Rollenspiels, aber die zum Maßstab zu nehmen, halte ich für verfehlt.

Da das aber glücklicherweise Unsinn unzutreffend ist, hast auch Du nichts zu befürchten.  ;)


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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #20 am: 6.05.2013 | 02:28 »
Es ist nicht verkehrt so zu spielen wie Du es tust.

Allerdings mußt Du Deine Argumente gegen die Old-Schooler auch gegen Dich gelten lassen. Folgt man Dir, drischst Du nur ein paar Jahre weniger in die Tonne und lässt die ganzen coolen Entwicklungen der letzten 15 Jahre außen vor.


+1

Ich habe schon oft erlebt, dass es Leute gibt, die seit 20+ Jahren ein und das selbe System spielen (oft auch damit angefagen haben) und alle anderen Systeme,Spielweisen und Entwicklungen, schlicht und ergeifend ignorieren(sogar verfluchen ohne jemals mal im GRW gelesen haben). Stichwort:Tellerrand!

Verkehrt wäre es allerhöchstens Settings und Systeme anzufassen, wo 30% des Buches aus Waffenlisten besteht, nur um ein Gespräch am Frühstückstisch auszuspielen (Hab ich schon erlebt). Vielleicht wäre Freeform besser geeignet um gewaltlose Konfliktlösungen zu bespielen.

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #21 am: 6.05.2013 | 05:01 »
Weil ich es mir nicht verkneifen kann: Nö, die DSA-Spieler machen es ja vor... :D

Bei Midgard gehörte das schon von Anfang an zur Philisophie.
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Offline La Cipolla

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #22 am: 6.05.2013 | 06:07 »
Interessant ... als (Rollenspiel-)Kind der 2000 hab ich gerade keine einziges "großes" gewaltfreies/pazifistisches Rollenspiel vor Auge, geschweige denn im Mainstream. Pilgrims of the Flying Temple vielleicht (und das ist hochaktuell).
Diese "kreative" Herangehensweise (lol, das ist kreativ? seriously ...) ist für die Generation, in der ich den Erstkontakt hatte, kein großes Argument oder Feature, sondern eine Selbstverständlichkeit. Und wer anders spielen will, soll's doch machen, aber gefallen muss das niemandem.

Wahrscheinlich ist das wieder so eine "Uh, wir machen es besser als früher!"-Sache, wie üblich, sowohl bei der entsprechenden Bewegung, als auch bei denen, die sich heute dagegen aussprechen.

Offline Oberkampf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #23 am: 6.05.2013 | 06:58 »

Ich denke, für die meisten Leute steht 1990iger eher für Metaplot, Railroading-Abenteuer, "Roleplayling vs. Rollplaying" bzw. "Wir würfeln aber nur 2x pro Session." und White-Wolf-Dominanz.

Das ist so ziemlich auch das erste, was mir zu "Rollenspiel der 90er Jahre" einfallen würde. Dazu kommt die von Ein aufgeführte Pluralisierung der Settings.

Generell sind gewaltlose Abenteuer so eine Sache. Es gibt Genres/Geschichten, da ist Gewalt seitens der Protagonisten wirklich kaum angebracht, Schelmengeschichten oder High School Dramen beispielsweise. Das sagt allerdings nichts darüber aus, wie man solche Geschichten spielen muss, und hier haben meinem Geschmack nach die 90er versagt: Anstatt Würfelsysteme zu etablieren, die Konflikte ohne physische Gewalt spielbar machen, haben sie einfach die Würfel aus dem Spielprozess entfernt. Dadurch ging auch merklich die Offenheit der Lösungen/Resultate zurück. Das ist meiner Meinung nach ein Grund dafür, dass viele Leute die 90er mit Railroading verbinden.
Dans un quartier qui est triste à tuer
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Ecris se que tu penses sur les murs!
Couleurs sur Paris...nanana...
Il est temps de changer... na nana na

Luxferre

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #24 am: 6.05.2013 | 07:10 »
Das ist so ziemlich auch das erste, was mir zu "Rollenspiel der 90er Jahre" einfallen würde. Dazu kommt die von Ein aufgeführte Pluralisierung der Settings.

Krass, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen so sein können....

Ich habe in den 90ern angefangen AD&D zu spielen. Faerun, Drow, Drizzts, Assassinen, LootWut, Highlevel...
Tolle, neue, viele Settings? Neue Mechaniken? Neue Spielinhalte?
Absolute Fehlanzeige  ;D

Daher erlebte ich den großen Fortschritt frühestens am letzten Ende der 90er.
PS angefangen mit Rollenspielen habe ich allerdings "erst" '89.