Autor Thema: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" (bzw. gewaltarm) zu spielen?  (Gelesen 28765 mal)

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Offline Oberkampf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #75 am: 6.05.2013 | 15:29 »
Die 90er waren einfach der Durchbruch für den von Pyromancer beschriebenen Spielstil, zumindest in Deutschland. Klar waren schon einige uralte DSA-Abenteuer eher Fantasygeschichten, aber richtig dominant wurde der Spielstil erst in den 90ern. Vielleicht nicht soooo dominant, dass er das Rollenspiel komplett monopolisierte, aber sein Einfluss auf viele Spieltische war gewaltig. Selbst dann, wenn man nur dem Namen nach so spielte und in Wirklichkeit weiter lustig andere Versionen von RSP betrieb (inklusive H&S).

Interessanter als das Primat der Meisterstory finde ich die von WeepingElf aufgeworfenen anderen Punkte. Meiner anfänglichen Hypothese nach hat die Gewaltfreiheit im Rollenspiel sich deswegen etabliert, weil die wenigsten Rollenspiele (speziell der 90er) sich Mühe gegeben haben, spielerisch interessante, spannende und vor allem genretypische Mechanismen für Gewalt im Rollenspiel zu entwickeln. Der Blick war lange Zeit fixiert auf "realistische" (blutige), detaillierte und/oder taktische Kampfsysteme - was oft langwierige, bürokratische und z.T. nur schlecht an die Erzählung der Kampfhandlung angebundene Kämpfe zur Folge hatte. Mal abgesehen davon, waren Kampfergebnisse natürlich immer unvorhersehbar und konnten eine geplante Story zerstören.

Kurzum: es war attraktiv, ohne Kämpfe zu spielen. Dass man das noch als besonders pädagogisch wertvoll adeln konnte, hielt ich eher für einen Nebeneffekt, einen Versuch, aus der Not eine Tugend zu machen. Mittlerweile glaube ich aber, dass es noch andere Gründe gab/gibt, warum virtuell gewaltloses/kampfloses Rollenspiel eine hohe Popularität hatte/hat.
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Offline tartex

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #76 am: 6.05.2013 | 15:35 »
Wenn ich hier von 80igern und 90igern rede, dann im Sinn von das lange 19. Jahrhundert und das kurze 20. Jahrhundert.

80iger ist für mich eher durch den neuen Massenmarkt geprägt, der wohl auch zum großen Teil durch eine Verjüngung der Zielgruppe erfolgt. D&D Basic und DSA1 und so.
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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #77 am: 6.05.2013 | 15:44 »
@ Pyro: Ich kenne ja dieselben Anekdoten und habe sie zum Teil selbst erlebt. Ich störte mich lediglich am Duktus und mangelnden Gehalt deines Posts.

Andererseits hat das "Hack and Slay" auch so seine Anekdoten schäbigen menschlichen Verhaltens, auch und gerade des Spielleiters. Und die Annahme, jede vom SL abgewürgte Idee eines Spielers wäre eine Bereicherung gewesen, ist auch tendenziös.

Dennoch stimme ich dir zu, soweit es darum geht, dass man aus Publikationsräson mit der Entdeckung des dramaturgischen Rollenspiels zugleich die systematische Entmündigung der Spieler zu propagieren begann. Das war fatal. Wie heute aber ebenfalls als anerkannt gelten dürfte, ist das eine sehr wohl ohne das andere möglich.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #78 am: 6.05.2013 | 15:46 »
Mittlerweile glaube ich aber, dass es noch andere Gründe gab/gibt, warum virtuell gewaltloses/kampfloses Rollenspiel eine hohe Popularität hatte/hat.

Absolut! Und damit meine ich nicht nur, dass AD&D 2nd ein ätzendes Kampfsystem hat. >;D
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Offline WeepingElf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #79 am: 6.05.2013 | 15:48 »
Die 90er waren einfach der Durchbruch für den von Pyromancer beschriebenen Spielstil, zumindest in Deutschland. Klar waren schon einige uralte DSA-Abenteuer eher Fantasygeschichten, aber richtig dominant wurde der Spielstil erst in den 90ern. Vielleicht nicht soooo dominant, dass er das Rollenspiel komplett monopolisierte, aber sein Einfluss auf viele Spieltische war gewaltig. Selbst dann, wenn man nur dem Namen nach so spielte und in Wirklichkeit weiter lustig andere Versionen von RSP betrieb (inklusive H&S).

Natürlich sollten die Spieler ihre eigenen kreativen Beiträge leisten, sei es mit interessanten Charakterkonzepten, sei es mit originellen Strategien bei der Lösung des Abenteuers!  Railroading ist strunzdoof und macht den Spielern i.d.R. keinen Spaß.  Aber wenn es in erster Linie darum geht, Monster und Bösewichter zu plätten, dann ist da nicht viel Kreativität drin.

Zitat
Interessanter als das Primat der Meisterstory finde ich die von WeepingElf aufgeworfenen anderen Punkte. Meiner anfänglichen Hypothese nach hat die Gewaltfreiheit im Rollenspiel sich deswegen etabliert, weil die wenigsten Rollenspiele (speziell der 90er) sich Mühe gegeben haben, spielerisch interessante, spannende und vor allem genretypische Mechanismen für Gewalt im Rollenspiel zu entwickeln. Der Blick war lange Zeit fixiert auf "realistische" (blutige), detaillierte und/oder taktische Kampfsysteme - was oft langwierige, bürokratische und z.T. nur schlecht an die Erzählung der Kampfhandlung angebundene Kämpfe zur Folge hatte. Mal abgesehen davon, waren Kampfergebnisse natürlich immer unvorhersehbar und konnten eine geplante Story zerstören.

Kurzum: es war attraktiv, ohne Kämpfe zu spielen. Dass man das noch als besonders pädagogisch wertvoll adeln konnte, hielt ich eher für einen Nebeneffekt, einen Versuch, aus der Not eine Tugend zu machen. Mittlerweile glaube ich aber, dass es noch andere Gründe gab/gibt, warum virtuell gewaltloses/kampfloses Rollenspiel eine hohe Popularität hatte/hat.

Ja, da ist was dran.  Wir haben in den frühen 90ern Rolemaster gespielt, da zogen sich Kämpfe endlos hin, das machte gar keinen Spaß (Stichwort: TABELLEN!).  Das war vielleicht auch der Hauptgrund, dass einer unserer SLs (und zwar der mit dem schon erwähnten Frosthexer-Abenteuer) seine Abenteuer gewaltarm anlegte: um sich diese Würfel- und In-seitenlangen-Tabellen-Nachschauorgien zu ersparen.  Aber ich fand das gut so, ich muss keine Gewaltorgien im Rollenspiel haben.  Wirklich nicht.
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Offline Boba Fett

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #80 am: 6.05.2013 | 15:54 »
Aber wenn es in erster Linie darum geht, Monster und Bösewichter zu plätten, dann ist da nicht viel Kreativität drin.

Das ist eine sehr pauschalisierende Wertung und dazu noch eine abwertende.
Und dazu muss die überhaupt nicht korrekt sein.

Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline tartex

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #81 am: 6.05.2013 | 16:01 »
Aber wenn es in erster Linie darum geht, Monster und Bösewichter zu plätten, dann ist da nicht viel Kreativität drin.

Naja, wenn man heute in einem Splatter-Film oder RPG-Kampf noch eine neue Tötungsmethode findet, dann ist dass schon sehr kreativ. Während der x-te Friedensvertrag doch eher öd wird, oder?

Kreativität ist eher eine Frage der Originalität würde ich sagen.
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Offline Arldwulf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #82 am: 6.05.2013 | 16:06 »
Ich denke es geht auch nicht nur um die Frage nach Gewalttätigkeit. Auch ein stimmungsvoller und tiefgründiger Charakter kann Gewalt einsetzen.

Das ist eben nur kein Freifahrtsschein für oberflächliche Gewalt als Lösung für alles.

SLF hat das eigentlich schön dargestellt. In dieser Zeit gab es eine Tendenz das Ausspielen der Charaktere zu fördern. Sie zu mehr als Spielfiguren zu machen. Das Kampfsystem hielt mit dieser Entwicklung nicht mit, ermöglichte kaum Individualisierung und Rollenspiel während der Kämpfe. Das sorgte für eine Distanz zu Kämpfen die weniger als Teil des Rollenspiels angesehen wurden.

Was dann zu einer Abgrenzung von Hack & Slay führte. Inzwischen gibt es viele dieser Probleme nicht mehr - was aber eigentlich die Grundideen welche im Ausgangsposting genannt werden eher interessanter macht.

Offline Waldgeist

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #83 am: 6.05.2013 | 16:08 »
Aber wenn es in erster Linie darum geht, Monster und Bösewichter zu plätten, dann ist da nicht viel Kreativität drin.

Ich empfinde es schon als sehr kreativ, Gegner auf immer neue Weise zusammenzustellen und in passenden Locations zu präsentieren. Genauso wie das Überwinden solcher Gegner - egal wie. Als SL freut mich besonders die Kreativität der Spieler, immer neue Wege zu finden, den ach so mächtigen Endgegner doch in sekundenschnelle zu Fall zu bringen. Öde finde ich nur langwierige Kämpfe ohne viel Abwechslung (HP runterkloppen) - aber auch da gibt es Spieler, die sich gegenseitig mit kreativen Beschreibungen von Verletzungen, etc. übertrumpfen.  ;)
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Offline Lord Verminaard

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #84 am: 6.05.2013 | 16:28 »
Es ist schon witzig, ich kann mich auch noch gut an die Zeiten erinnern, als es als Selbstverständlichkeit galt, dass "kampflastige" Runden stupide und anspruchslos, "kampfarme" Runden hingegen "gutes Rollenspiel" waren. Wahrscheinlich hält sich dieses Gerücht jenseits der heiligen Hallen des Tanelorn bis heute hartnäckig. ;)

Allerdings geht mir langsam auch diese Renaissance der alten Schule gehörig auf den Sack. Ganz subjektiv ist es nämlich so, dass ich auf das, was als "oldschool" gilt, einfach keinen Bock habe. Ich beobachte mit einer gewissen Entgeisterung, wie alle Welt seit einiger Zeit meint, unbedingt Dungeons und Sandboxes spielen zu müssen, je mehr Zufallstabellen, desto besser, als hätten sie nie etwas anderes gewollt. Und wenn es dabei auch mal langweilig zugeht, dann heißt es: "Das muss so sein." Und ich so: "Aha, danke fürs Gespräch." (Bitte dies nicht zum Anlass nehmen, es mir erklären zu wollen, ich kenne alle Erklärungen in- und auswendig, aber das heißt nicht, dass ich es toll finden muss.)

Ich habe die "gute alte Zeit" nicht aus erster Hand erlebt, auch wenn ich die Red Box mein Eigen nenne (wobei sich ja die Gelehrten streiten, ob diese nicht auch bereits entartete Kunst gewesen sei). Mir drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass hier eine ganze Menge Klarheit und Konsequenz in das Vergangene hinein interpretiert wird, die damals in Wirklichkeit so nicht dagewesen ist. Und selbst wenn, man kann mit der Methode Rollenspiel noch ganz andere tolle Sachen machen, die mir persönlich deutlich mehr geben. Die vielzitierten "Wargaming-Wurzeln" sind eben das, Wurzeln. Sie besitzen für das, was ich beim Rollenspiel mache, keine Relevanz.
« Letzte Änderung: 6.05.2013 | 16:34 von Lord Verminaard »
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Offline WeepingElf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #85 am: 6.05.2013 | 16:40 »
Ich denke es geht auch nicht nur um die Frage nach Gewalttätigkeit. Auch ein stimmungsvoller und tiefgründiger Charakter kann Gewalt einsetzen.

Das ist eben nur kein Freifahrtsschein für oberflächliche Gewalt als Lösung für alles.

Volle Zustimmung.  Ein tiefgründiger Charakter kann auch ein absolut gewaltsüchtiges Scheusal sein!  Man schaue sich nur die Führungsriege des Dritten Reiches an.  Das sind alles höchst individuelle Geschichten, die Hitler, Göring & Co. zu dem gemacht haben, was sie waren.

Zitat
SLF hat das eigentlich schön dargestellt. In dieser Zeit gab es eine Tendenz das Ausspielen der Charaktere zu fördern. Sie zu mehr als Spielfiguren zu machen. Das Kampfsystem hielt mit dieser Entwicklung nicht mit, ermöglichte kaum Individualisierung und Rollenspiel während der Kämpfe. Das sorgte für eine Distanz zu Kämpfen die weniger als Teil des Rollenspiels angesehen wurden.

Was dann zu einer Abgrenzung von Hack & Slay führte. Inzwischen gibt es viele dieser Probleme nicht mehr - was aber eigentlich die Grundideen welche im Ausgangsposting genannt werden eher interessanter macht.

Ja.  Es mag sein, dass Kämpfe in den neueren Regelwerken "flüssiger" und "dramatischer" ablaufen als in denen, mit denen ich vertraut bin (ich gebe zu, ich wohne diesbezüglich so ziemlich hinter dem Mond, ganz einfach, weil mir einerseits die Systemfrage heutzutage nicht mehr so wichtig ist, und ich andererseits ein System gefunden habe, das zu meiner Zufriedenheit das tut, was ich von ihm erwarte, und deshalb dabei bleibe), aber mein Problem mit zu viel Gekämpfe im Rollenspiel ist nicht allein der Regelbürokratismus, der in klassischen Systemen damit verbunden ist, sondern eher die Fragwürdigkeit solcher Gewaltorgien aus inhaltlicher Sicht.  Ich mag z. B. auch keine Ballerspiele und keine Filme, in denen es zu blutrünstig zugeht.

Aber Lord Verminaard hat recht, dass gewaltarmes Rollenspiel nicht automatisch "gutes" Rollenspiel, und gewaltreiches Rollenspiel nicht automatisch "schlechtes" Rollenspiel ist (auch wenn ich gewaltarme Szenarien klar bevorzuge; es spielen aber auch Charaktertiefe, Glaubwürdigkeit der Welt und noch viele andere Dinge eine Rolle).  Und seiner Abneigung gegen die Old-School-Mode schließe ich mich zu 100% an (was jetzt niemanden mehr verwundern sollte).
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Offline Arldwulf

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #86 am: 6.05.2013 | 16:57 »
aber mein Problem mit zu viel Gekämpfe im Rollenspiel ist nicht allein der Regelbürokratismus, der in klassischen Systemen damit verbunden ist, sondern eher die Fragwürdigkeit solcher Gewaltorgien aus inhaltlicher Sicht.  Ich mag z. B. auch keine Ballerspiele und keine Filme, in denen es zu blutrünstig zugeht.

Ja, da verstehe ich dich schon - und stimm dir auch zu. Aber weniger aus Geschmacksfragen (eigentlich ist so ein wenig Action schon mein Ding) sondern aus Rollenspielüberlegungen. Es fällt mir leichter mich in einen Charakter und in ein Setting hineinzuversetzen in dem Gewalt nur eine - und selten die beste - Lösung ist.

Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #87 am: 6.05.2013 | 17:11 »
Ich empfinde diese Darstellung klassischer Spiele und ihrer Prinzipien als zu stark vereinfacht.

Es geht eben nicht nur um "Monster plätten", sondern eben auch um Erforschung, und sich Ziele zu setzen, die man irgendwann einmal erreicht. Nicht ohne Grund verdiente man in den älteren Editionen seine EP vorwiegend durch Schatzfunde und weniger durch das Eintüten von Gegnern.

Kampf ist immer eine Option gewesen - eine Option von vielen, und bei weitem nicht immer die klügste oder eleganteste. Manchmal war es besser, zu verhandeln, zu fliehen, sich zu verbünden, zu schleichen, Gegner zu umgehen, zu bestechen oder sie einzuschüchtern. Zu aggressives Vorgehen und man riskierte den Gruppentod. Zu schnelles Vordringen, und plötzlich war der Rückweg abgeschnitten.

Irgendjemand schrieb mal: "Immer dann, wenn Du würfeln musst, ist vorher gründlich was schiefgegangen."

Ich persönlich denke, die "90er" - Spiele (Storytelling, die schlimmsten Auswüchse von DSA, Fading Suns, AD&D II) hatten den Effekt, dass sie die Verantwortung für das, was am Spieltisch geschieht, von den Spielern weg zum SL transportierten. Und ich denke, das hat dann bei vielen auch die Einstellung, Haltung geformt. Spielleiter, bespaße mich! Spielleiter, lege mir Eisenbahnschienen, damit ich meinen Weg nicht selbst suchen muss! Spielleiter, wage es nicht, meinen Charakter umzubringen, ich habe mir ja eine sooooooooo schöne Hintergrundgeschichte über 10 Seiten (handschriftlich, auf Karopapier, jede Zeile beidseitig genutzt) ausgedacht!

Die Frage ist natürlich, was man am Spieltisch möchte:

Spieler mit eigener Motivation und eigenen Zielen?
Spieler mit Findigkeit und Selbstwirksamkeit?
Spieler, die wirklich mal in Stress und ins Nachdenken geraten, wenn sie sich verkalkuliert haben?

Dann muss man sich fragen, was man selbst dafür tun muss, um dieses Ziel zu erreichen.
Oger ist jetzt nicht mehr traurig. Oger darf jetzt seinen Blog in die Signatur aufnehmen: www.ogerhoehlen.blogspot.com


Welche Lösung bleibt da noch? - Ruft die Murderhobos!

Pyromancer

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So lange man seine Mitspieler ernst nimmt - was der prototypische "Besserspieler"-SL der 90er Jahre eben gerade nicht tut - ist es völlig egal, WAS man spielt. Und dann ist es auch völlig egal, ob man sich auf Wargamer-, Impro-Theater- oder sonstige Wurzeln beruft oder ob einem die historischen Entwicklungen völlig am Arsch vorbei gehen. ;)

Im übrigen stehe ich mit WeepingElf auf dem gleichen Standpunkt: Probleme, die man mit Gewalt lösen kann, sind idR nicht so spannend und befriedigend zu bespielen wie Probleme, für die es auch alternative Lösungsmöglichkeiten gibt. Dafür kann ich aber auch in die Traveller-Abenteuer aus den frühen 80ern schauen.

Offline Xemides

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Zunächst mal  :d  :d :d für Vermis letzten Beitrag  >;D

Ganz meiner Meinung.

Und wenn ich mal für mich spreche, so ging mein Spielstil mit meinem Alter ein wenig einher.

Ich begann im November1983 mit der DND Redbox und fand damals DSA langweilig. Da war ich 12 Jahre alt und fand Hackn Slay cool. Und wir haben nicht um der Erforschung wegen gespielt wie es Oger meint, Zufallstabellen dienten zur Bestimmung des nächsten Schwertfutters, etc. pp. Als Teenager hatten wir Spaß daran.

Das änderte sich bei mir erst Anfang der 90er Jahre, da war ich 20, begann Midgard zu spielen und entdeckte Glorantha. Die Midgardabenteuer und -regeln belohnten schon immer gewaltfreie Lösungen mehr als Kampf. Glorantha  begeisterte mich dafür, den Hintergund des Charakters mehr auszuspielen.

Ich will nicht sagen, das das besseres Rollenspiel war, vor allem da auch in meiner RUnquestzeit immer Kämpfe dazu gehörten, genau so wie bei Midgard. Aber sie waren nicht mehr der Hauptinhalt des Spielens.

Die WoD entdeckte ich erst als die deutsche Übersetzung erschien, Das war glaube ich schon 1998 oder 1999.

Ich fand zwar die Thematik klasse, aber vieles erschloss sich mir nicht. Vor allem wenn sie immer mit Thema und sowas anfingen, das klang immer so künstlich für mich. Ich wollte einfach nur spielen, Politik ja, Intrigen ja, gelegentliche Action, ja. Aber immer einfach nur des Spielens willens, ohne viel Hintergedanken.

Ich leitete sogar mit Begeisterung eine Live-Kampagne und traf mich mit anderen Livespielen.

DSA entdeckte ich erst 2004. Und da setzte sich eigentlich meine Spielweise fort. Ja, wie spielen die Charaktere sehr intensiv aus, manch einem mag das für zu langweilig gelten. Aber wir haben auch trotzdem Spaß, wenn es zum Kampf kommt, freuen uns über jeden Treffer und Sieg und plündern unsere Gegner aus. Letzteres vor allem bei Midgard.

Davon abgesehen ist es so, das mir in meiner Jugend die Erklärungen, die ich jetzt habe zu Sandbox, offenem Spiel und Zufallstabellen fehlte, die in den letzten Jahren gegeben wurde. Charaktermotivation war auch ein Fremdwort für uns damals, das Schätze horten und Leveln war unsere Motivation.
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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #90 am: 6.05.2013 | 18:39 »
Ja, da verstehe ich dich schon - und stimm dir auch zu. Aber weniger aus Geschmacksfragen (eigentlich ist so ein wenig Action schon mein Ding) sondern aus Rollenspielüberlegungen. Es fällt mir leichter mich in einen Charakter und in ein Setting hineinzuversetzen in dem Gewalt nur eine - und selten die beste - Lösung ist.

Ja.  Ich kann mich nun mal schlecht in einen Charakter reinversetzen, der immer gleich Streit vom Zaun bricht und draufhaut.  Ich bin zwar nicht der Sanftmütigste unter der Sonne (dazu diskutiere ich zu leidenschaftlich, wie man ja auch hier im Tanelorn-Forum sieht), aber wirklich zu Leide tue ich keiner Fliege was (wortwörtlich, wenn mich eine Fliege in meiner Wohnung nervt, gehe ich mit einem leeren Marmeladenglas hinterher um sie lebend einzufangen, nach draußen zu tragen und dort freizulassen).

Dasselbe gilt, mutatis mutandis, für gewaltlastige Settings.  Ich kann und vor allem will mich beispielsweise nicht in einen GI im Afghanistankrieg reinversetzen.  Das geht bei mir also schon rein rollenspielmäßig gar nicht.

Zwar habe ich in einer GURPS-Scheibenwelt-Runde auf einem Con mal einen total tumben Barbaren gespielt, der so dösbaddelig war, dass er allgemein nur "Häh der Barbar" genannt wurde, aber das war eine Parodie; ernsthaft könnte ich so einen Conan-mäßigen Haudraufundschluss nicht spielen.
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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #91 am: 6.05.2013 | 18:41 »
ernsthaft könnte ich so einen Conan-mäßigen Haudraufundschluss nicht spielen.

Conan ist vieles(z.b. der wohl mit Abstand tiefschichtigste Char der Fantasyliteratur) aber gewiss kein dumber Haudraufundschluss
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Re: Ist es heute verkehrt, "90er-mäßig" zu spielen?
« Antwort #92 am: 6.05.2013 | 18:51 »
Conan ist vieles(z.b. der wohl mit Abstand tiefschichtigste Char der Fantasyliteratur) aber gewiss kein dumber Haudraufundschluss

Kann schon sein, ich kenne ihn nicht gut.
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Das liegt doch einfach an Arnies Darbietungskunst ... :D

http://www.youtube.com/watch?v=OOfmy6zlh_k

Davon abgesehen habe ich die Conan-Geschichten selbst als ziemlich unterschiedlich von der Qualität her empfunden. Einige waren schon richtig dümmlich, wenn auch auf eine lustige, pulpige Art.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"

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Es ist nie verkehrt, so zu spielen, wie es einem am meisten Spaß macht. Und wenn einem gerade "gewaltarmes" Spiel Spaß macht, dann ist das genauso rechtens (das man dafür überhaupt solche Begriffe braucht), wie es rechtens ist, Bock auf einen Hack'n'Slay-Dungeon-Crawl zu haben.

Nur sollte man nicht versuchen, jemandem einen Spielstill "aufzuerklären" wollen, den dieser nicht mag.

Vielleicht hatten ja einige Spieler zuviel "90er-mäßiges" Spiel in den letzten 20 Jahren und wollen jetzt einfach mal wieder was anderes, also Back to the Roots. Anderere hatten vielleicht noch gar kein 90er-mäßiges Spiel und es jetzt erst für sich entdeckt.
Als jemand, der 15 Jahre fast nur DSA gespielt hat, ist Sandboxing fast so etwas wie der heilige Gral (fast, und nur vor allem zur Erholung), für andere mag es der Leibhaftige sein... aber wie es einem gefällt, ist doch jedem selbst überlassen. ^^
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Davon abgesehen habe ich die Conan-Geschichten selbst als ziemlich unterschiedlich von der Qualität her empfunden. Einige waren schon richtig dümmlich, wenn auch auf eine lustige, pulpige Art.
ich beziehe mich aus und nachdrücklich auf die Originale von Robert E Howard.
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
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Ich denke man muss auch zwischen besserem und spaßigerem Rollenspiel unterscheiden. Das sieht man sehr schön wenn man mal von Spielstilen wegkommt und Spielaufwände betrachtet. Ich kann mich Wochenlang hinsetzen, eine Story schreiben und eine Spielwelt ausformulieren, Handouts vorbereiten und auf meine Spieler und ihre Charaktere eingehen um eine stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen.

Und das Ergebniss wird auch "besser" sein als wenn ich all dies nicht tue.

Aber es ist eben auch viel Aufwand, und genausogut können alle bei einer spontanen Runde Spaß haben. Sie ist nicht genauso "gut" und würde ich an beide Runden mit der gleichen Erwartungshaltung herangehen so wäre sie weniger spaßig. Weil ich das aber nicht tue funktionieren beide Ansätze.

Ähnlich ist dies bei Hack & Slay vs. Rollenspiel mit Tiefgang.

Natürlich ist es "besser" wenn die Charaktere und die Spielwelt differenziert und vielschichtig sind, wenn die Story packend ist und mehrere Möglichkeiten bestehen ans Ziel zu kommen.

Aber ob es genausoviel Spass macht wie einen Haufen zusammengewürfelter Monster zu verhauen hängt von der Erwartungshaltung an beide Spiele ab.

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Der Vorbereitungsaufwand sagt mMn nicht so viel aus. Da sind einfach die Neigungen und Talente anders verteilt. Ich kann mir recht schnell eine einigermaßen "dramatische" Story zusammenkonstruieren. Wenn ich dazu die Kämpfe ausklammere und das Würfeln generell streiche, ist sowas in einer halben Stunde fertig. Für einen guten Dungeon mit packenden Kämpfen und spannenden Räumen brauche ich ewig, selbst bei Systemen, die das erleichtern.
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Das ganze war auch nur ein Beispiel dafür das "besser" nicht immer das gleiche wie "spaßiger" ist.

killedcat

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[Spielverderbermodus]
Alles Geschmackssache.
[/Spielverderbermodus]

Zunächst einmal: weder gewaltfreies Spiel, noch Zufallstabellen, weder Oldschool noch Indy oder Artsy-Fartsy sind in irgendeiner Form Indikatoren für Qualität; sei es beim Regeldesign, sei es beim Spiel. Es sind ebenfalls nur höchst subjektive Kriterien für Spaß am Spieltisch. Ich wehre mich also gegen jede Form der Abwertung von Gewaltspiel oder Oldschool oder Oldschool-Revival. Alles hat seinen Platz und ein tiefgründiges Spiel, bei dem Charaktere ausgereizt und moralische Grenzlinien erforscht werden ist nicht besser als eine rülpsende Bier- und Brezelrunde. Tut mir leid: ist sie nicht!

Du willst gewaltfrei spielen? Tu's halt. Ist das 90er oder New Age? Ist das Retro oder Basta? Wayne interessierts? Inwiefern ist der historische Hintergrund eines Spielstils oder eines Regelwerks spielrelevant? Gar nicht.

Bei aller Freude über die Retro-Spiele (die ich persönlich lieber mag, als die üblichen Platzhirsche oder Geheimtipps) hat die Diversifikation, haben die vielen anderen Rollenspielansätze doch eines gebracht: inzwischen ist doch für Jeden was dabei. Die Vielfalt ist riesig! Probier was aus und bleib bei dem, was dir gefällt.

Ich ganz persönlich, habe viele Trends mitgemacht. Heroisch, gritty, Genre-Mixes, tiefgründig, albern, regelarm, verregelt, generisch, spezifisch,... ich habe Fate gespielt und Savage Worlds, Retro-Clones, komische Artsy-Fartsy-Spiele, habe Systeme umgeschrieben und ein eigenes gemacht ... und was soll ich sagen: die sind alle nicht besser als D&D damals war. Alle kochen sie nur mit Wasser und die meisten find ich sogar (subjektiv) deutlich schlechter als das gute alte DSA1 oder D&D1 war.

Und weil das so ist, gibt es keine einfache Wahrheit. Also doch: alles Geschmackssache.