Autor Thema: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?  (Gelesen 35477 mal)

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Offline Beral

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Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« am: 29.06.2013 | 10:21 »
Die Diskussion über Ticksysteme hat mich auf die Frage gebracht, warum wir unsere Kampfsysteme eigentlich so feinkörnig gestalten. Das Kampfgeschehen wird aufgebrochen in kleinste Zeiteinheiten. Um eine Sekunde des Kampfes abzuhandeln, werden minutenlang Regeln angewendet. Wie soll es bei solchen Regeln möglich sein, sich in der Fantasie eine flüssige Kampfszene auszumalen?

Ich behaupte, dass die feine Skalierung im Sekundentakts bzw. der einzelnen Aktion (Schlag, Parade) die bildliche Vorstellung des Kampfes be- oder gar verhindert. Wir überfrachten uns mit Zahlenverwaltung und stellen der Phantasie nur winzige Bröckchen zur Verfügung, die nicht im Einklang mit der Wirkungsweise unseres Wahrnehmungsapparates stehen.

Warum tun wir das eigentlich? Und gibt es Systeme, die das nicht tun? Gibt es Systeme, die einen Kampf so regeln, dass man sich längere Kampfsequenzen bildlich vor Augen führen kann?
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Online 1of3

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #1 am: 29.06.2013 | 10:24 »
Ja. Natürlich. nWoD ist da schon nicht übel, wenn auch vielleicht noch nicht ganz, was du suchst.

Dogs in the Vineyard, Old School Hack gehen noch anders an die Sache.

Capes, With Great Power gehen noch ein paar Schritte weiter.

Offline Laivindil

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #2 am: 29.06.2013 | 10:26 »
Dungeon World kommt ohne Initiative und Runden aus. Es setzt sehr auf den gemeinsamen Vorstellungsraum und räumt dem SL viel "Handwedelpower" ein.

Offline Beral

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #3 am: 29.06.2013 | 10:47 »
Es wäre schön, wenn die Kenner ein paar Worte über die Regelumsetzung verlieren. Was ist konkret anders bei den genannten Systemen? Wie wirkt sich das auf das Spielgefühl aus?

Bitte nicht einfach nur einen Systemnamen hinwerfen. Darunter kann man sich nichts vorstellen.
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Offline Arkam

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #4 am: 29.06.2013 | 13:04 »
Hallo zusammen,

ich vermute das die Kampfsysteme so feinkörnig sind weil es eben um etwas geht.

Bei den meisten Systemen geht es ja um das Leben eines Charakters der einem ein wenig am Herzen liegt, Paranoia nehme ich ausdrücklich aus. Selbst bei Systemen die eine Wiederbelebung kennen ist diese ja entweder mit Regel Nachteilen oder meistens erheblichen Kosten im Spiel verbunden. Man wendet also Ressourcen, also Gold oder Artefakte, auf die man für Anderes effektiver verwenden könnte.

Ein toter Charakter bedeutet das man verloren hat. Man muss erst Mal eine Weile warten, Charakter Erstellung oder passender Einstieg, bis man wieder spielen kann. Hinzu kommen dann auch noch Verluste wie etwa die geschafften Stufen oder gewonnene Ausrüstung.

Das Kampfsystem ist sowohl als Regelbestandteil eines Rollenspiels als auch bei den meisten Systemen ein sehr alter Bestandteil. Entsprechend haben sich Generationen von Rollenspielern und Spieldesignern Gedanken darüber gemacht was man mit dem System machen sollte.
Hinzu kommt das ein Kampf ja viele verschiedene Faktoren umfasst. Wie etwa Bewegung, Fertigkeit Proben, Schaden, Heilung und dann noch Werte der Ausrüstung. Man kann schon sagen das einige Rollenspiele aus einem Kampfsystem mit ein paar Anhängen bestehen.

Hinzu kommt das viele Spieler beim Kampf die Spielregeln akzeptieren bei sozialen Proben aber auch die Möglichkeit des Ausspielens haben möchten.

Zudem sind viele Abenteuer Kampf orientiert. So das man die Kampfregeln sehr wahrscheinlich auch tatsächlich anwendet. Entsprechend wünschen sich auch viele Spieler fein ausgearbeitete Möglichkeiten.

Gruß Jochen
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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #5 am: 29.06.2013 | 13:10 »
Zitat
Hinzu kommt das ein Kampf ja viele verschiedene Faktoren umfasst. Wie etwa Bewegung, Fertigkeit Proben, Schaden, Heilung und dann noch Werte der Ausrüstung.

Das ist ein Zirkelschluss oder? Die Frage war doch gerade, warum Kampfsysteme so umfangreich sind. Du antwortest: Weil sie so viel umfassen.


@Beral:

Capes gibts hier: museoffire.com/Games
WGP habe ich hier erklärt: http://tanelorn.net/index.php/topic,69219.0.html
Old School Hack findest du hier: http://www.oldschoolhack.net/

Offline tartex

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #6 am: 29.06.2013 | 13:25 »
Ich behaupte, dass die feine Skalierung im Sekundentakts bzw. der einzelnen Aktion (Schlag, Parade) die bildliche Vorstellung des Kampfes be- oder gar verhindert. Wir überfrachten uns mit Zahlenverwaltung und stellen der Phantasie nur winzige Bröckchen zur Verfügung, die nicht im Einklang mit der Wirkungsweise unseres Wahrnehmungsapparates stehen.

Warum tun wir das eigentlich? Und gibt es Systeme, die das nicht tun? Gibt es Systeme, die einen Kampf so regeln, dass man sich längere Kampfsequenzen bildlich vor Augen führen kann?

AD&D2 hatte Kampfrunde von 2 Minuten Länge. Da war natürlich alles abstrakter und ein Trefferwurf nicht nur ein Schlag. Ich habe allerdings so meine Zweifel, dass diese Abstraktion übers ganze Regelwerk durchgehalten wurde. (Ist auch schon 20 Jahre her, dass ich AD&D2 gelesen habe.)
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Offline xergazz

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #7 am: 29.06.2013 | 13:30 »
Sobald ein Kampf beginnt hoert das Rollenspiel auf. Da kann die Beschreibung noch so gut sein. Wenn der Spielleiter sagt "Bitte würfelt alle eure Initiative" und jeder seine Würfel rausholt spielen wir auf einmal ein völlig anderes Spiel, das viel mehr an ein Brettspiel erinnert als an irgendwas anderes. Es gibt Runden, man würfelt für jeden Schritt, man kann verlieren und gewinnen, es gibt Handlungsmuster (Attacke, Parade, Bewegung etc.)...

Und ein Brettspiel muss dich in gewisser Weise beanspruchen damit es interessant bleibt. Mensch ärgere dich nicht wird auf dauer langweilig. Daher kommt denke ich die Komplexität. Die Alternative ist auf diese Sonderstellung innerhalb des Systems zu verzichten und den Kampf als möglichst homogenen Teil des Rollenspiels zu sehen. Ein paar Beispiele sind ja schon gefallen. Im Grunde bedeutet es aber eigentlich nur: Ein Kampf funktioniert so wie jede andere Probe auch.
Es ist ganz einfach. [...] Diskutiert nicht. Diskutiert bitte auch nicht über denn Sinn des Threads.

Offline tartex

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #8 am: 29.06.2013 | 13:35 »
Bei mir persönlich ist es so, dass ich als Spielleiter im Kampf wieder kreative Kräfte sammeln kann. Es ist eine strukturelle Pause, in der man sich auf andere Fähigkeiten konzentriert, und danach kann ich wieder mit voller Kraft Scheiße verzapfen.

Bei Spielen wie Primetime Adventures, wo es keinen Kampf gibt und sich alle Beteiligten durchgehen voll kreativ einbringen, ist man nach 2 bis spätestens 3 Stunden tatsächlich schon völlig erschöpft.
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alexandro

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #9 am: 29.06.2013 | 13:44 »
Hmm, dafür (SL entlasten) müssten die Spieler aber weitgehend selbstständig im Kampf handeln können. Habe ich bisher noch nicht erlebt. Eher war es so, dass der Kampf soviel der SL-Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, dass danach das normale Abenteuer erschwert wird.

Offline YY

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #10 am: 29.06.2013 | 14:07 »
Warum tun wir das eigentlich?

Weil manche Regeldesigner sich dazu entscheiden, alles auf dem gewählten Detailgrad Relevante zu verregeln (warum - s.u.).

Wenn der Detailgrad hoch ist, muss natürlich die Regelanwendung entsprechend flüssig sein, damit da ein Bild des Kampfverlaufes entstehen kann.

Gibt es Systeme, die einen Kampf so regeln, dass man sich längere Kampfsequenzen bildlich vor Augen führen kann?

Vielleicht ist das jetzt Wortklauberei, aber ich kenne kein System, das flüssige, gut vorstellbare Kämpfe produziert, in dem es diese regelt. Das geschieht mMn immer, indem eben große Teile nicht geregelt werden und den Spielern in irgendeiner Weise regelfreie Deutungshoheit über die Abläufe übertragen wird.


In der Regel ist es bei mir so, dass ich mit abstrakteren Systemen noch mehr Vorstellungsprobleme habe.
Z.B. nWoD in der Grundform mit seinen Pools, die alles zusammen schmeißen: Dadurch geht der Unterschied zwischen präzisen, schnellen Waffen mit wenig Schaden und großen, langsamen/unpräzisen Waffen mit viel Schaden verloren.
Für letztere wird der Schaden damit quasi durchschnittlich über die Runden verteilt, was Gift für die Vorstellung ist, wenn der Kampf dann nach wenigen Runden endet.

Da muss ich mir völlig abseits des regelseitigen Verlaufes was vorstellen - das ist ja noch schlimmer.


Und Geschichten wie AD&D2 oder Earthdawn (IIRC), wo eine Kampfrunde im Minutenbereich dauert, versagen an der Fragestellung, warum da in einer Kampfrunde so gut wie gar nichts passiert.


Ich habe schon öfter auf Regeln herumgedacht, die etwas mehr "im Einklang mit der Wirkungsweise unseres Wahrnehmungsapparates stehen" - aber bislang immer die Erfahrung gemacht, dass das letztlich niemand spielen will.
Feinkörnige Kampfregeln dienen letztlich auch der Information der Spieler über die Abläufe und der Vermittlung eines Gefühles der Kontrolle (ob zutreffend oder nicht).
Genau diese beiden Funktionen müsste man aber über Bord werfen...

"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline Kampfwurst

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #11 am: 29.06.2013 | 14:29 »
Hinzu kommt das ein Kampf ja viele verschiedene Faktoren umfasst. Wie etwa Bewegung, Fertigkeit Proben, Schaden, Heilung und dann noch Werte der Ausrüstung. Man kann schon sagen das einige Rollenspiele aus einem Kampfsystem mit ein paar Anhängen bestehen.
Ich denke das ist ein Fehlschluss. Nur weil ein echter Kampf viel beinhaltet muss das nicht bedeuten, dass die Simulation des Kampfes viel beinhaltet. Wenn ich will kann ich eine ganze Schlacht mit einem Wurf abhandeln, oder aber einen einzelnen Schwerthieb mit 20 Faktoren behaften.

Und ich denke der springende Punkt ist, dass viele der frühen Rollenspiele an dem Punkt extrem ins Detail gegangen sind. Zugegeben, ich kenne nicht all zu viele der älteren Spiele, aber AD&D, DSA und Shadowrun z.B. gehen da teilweise arg ins Detail. Und ich denke bei vielen Spielen danach ist das dann einfach in gewissem Maße Tradition, die Autoren haben Spiele mit entsprechenden Details gespielt, und wenn man zu viele davon weg lässt fühlt es sich irgendwann "falsch" an, also nimmt man viele Details wieder mit hinein, selbst wenn man sie gar nicht braucht. Einfach aus dem Gefühl heraus, dass etwas so kompliziertes eben auch eine komplizierte Umsetzung braucht.

Ich finde, dass der Detailgrad oft mehr behindert als unterstützt. Ich spiele derzeit in einer DSA Runde, und den letzten Abend haben wir mit einem Kampf beendet. Da mein Lieblings Regelwerk zur Zeit Fate ist, läuft in meinem Kopf immer parallel der gleiche Kampf in Fate ab, und viele Dinge funktionieren einfach eine ganze Ecke cooler, weil man eben für coole Aktionen keinen Nachteil bekommt, nur weil es etwas anderes als einfaches Zuschlagen ist.

Vom ständigen Nachschlagen des exakten Wortlautes der Regeln mal ganz abgesehen, was den Spielfluss häufig stört.

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #12 am: 29.06.2013 | 14:37 »
AD&D2 hatte Kampfrunde von 2 Minuten Länge. Da war natürlich alles abstrakter und ein Trefferwurf nicht nur ein Schlag. Ich habe allerdings so meine Zweifel, dass diese Abstraktion übers ganze Regelwerk durchgehalten wurde. (Ist auch schon 20 Jahre her, dass ich AD&D2 gelesen habe.)
Korrektur: Eine Minute. Und dass ich es gelesen habe, ist keine Viertelstunde her.  >;D
Ist aber die gleiche Liga - und die ist für Spiele dieser Ära gar nicht so ungewöhnlich. Es gibt eine erhebliche Bandbreite, aber Kampfrunden sind generell länger als in moderneren Systemen (edit: Oder auch nicht? GURPS und DSA2 sind jedenfalls Gegenbeispiele.) Ein paar Beispiele aus meinem Fundus:
GURPS: 1 Sekunde.
DSA2: 2 Sekunden.
DSA4: 3 Sekunden.
Shadowrun 4: 3 Sekunden.
D&D 3.x: 6 Sekunden.
Privateers and Gentlemen: 10 Sekunden.
Flashing Blades: 12 Sekunden.
Runequest 3rd: 12 Sekunden.
Classic Traveller: 15 Sekunden.
2300 AD: 30 Sekunden.
D&D: 1 Minute.
« Letzte Änderung: 29.06.2013 | 14:39 von Wulfhelm »

killedcat

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #13 am: 29.06.2013 | 14:40 »
Ich werde versuchen die "Kritik" am klassischen Kampf mal ein wenig aufzudröseln.

Zunächst einmal stimmt es, dass beim "klassischen" Rollenspiel, wie wir es seit D&D gewohnt sind, der Kampf quasi einen eigenen Regelteil hat. Die daraus erfolgenden Schlüsse sind aber fragwürdig, nämlich, dass dies schlecht sei oder dass das Rollenspiel darunter leide.

Beispiel: Initiative-würfeln.
SL" würfel mal jeder Initiative"
*allgemeines Gewürfel*
SL "Okay, Reihenfolge klar"
Spieler 1: "Ha! Ihr seid keine Herausforderung für meine katzenhaften Reflexe. Blitzschnell erfasse ich die Situation und mit einem lauten Aufschrei reiße ich meine Fäuste nach oben und ..."

Gewisse Spiele belohnen gute Beschreibungen übrigens mit Bonuswürfeln. Nur weil die regelmechanischen Auswirkungen der Aktionen kein Rollenspiel verlangen, heißt das nicht, dass das Rollenspiel nicht möglich ist.

Was "feinkörnig" ist - und da sind wir beim zweiten Punkt - ist stark interpretationsbedürftig. Selbst innerhalb der klassischen Systeme mit Runden und Schlagabtausch gibt es riesige Unterschiede. Da gibt es Figurenschubser wie Savage Worlds oder DnD und es gibt erzählerischer betonte Kämpfe wie z.B. bei cinematic Unisystem, wo die Distanz erzählerisch bestimmt wird ("ist es cool, wenn der Gegner in Reichweite ist? Dann ist er in Reichweite"). Und da haben wir noch nicht über Erzählrechte, Ereigniskarten oder Ähnliches gesprochen. Diese Kampfsysteme über einen Kamm zu scheren, halte ich für ungerecht.

Warum wir aber überhaupt einen solchen Zinnober um die Kämpfe machen? Da mag es viele Gründe geben. Den Grund, warum ich das (unbedingt) so haben möchte, will ich erläutern:
Sieh Dir Matrix an. Matrix macht in den Kämpfen mit seinen Zeitlupeneffekten genau das. Matrix fokusiert bei den Kämpfen auf die Action. Die Zeit wird langsamer, die Aktionen werden deutlicher. Man bangt mit jedem Schlag um die Figur. Vielleicht lässt sich das auch anders lösen - aber am coolsten fand ich es bisher mit schönen Rundenkämpfen und Input aus der Regelseite. Jedes Mal, wenn die Würfel geworfen werden ist es für mich, als hörte ich im Hintergrund den Sound, der gespielt wird, wenn in Matrix die Zeitlupe einsetzt. "Der Gegner versucht dich zu köpfen" Fwwwoooooooom ZEITLUPE. Der Würfel rollt. Eine 8 - knapp vorbei. Das Ergebnis wird beschrieben. "Der Schlag verfehlt deinen Hals um Haaresbreite. Ein einzelner Blutstropfen zieht seine Bahn, der Klinge des Angreifers folgend." ZZZzzzzzzzit - die Zeitlupe hört auf, was tust du nun?

Offline Oberkampf

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #14 am: 29.06.2013 | 15:04 »
Kämpfe sind einfach so selten im Rollenspiel, da will man jede Sekunde auskosten.  ;)
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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #15 am: 29.06.2013 | 15:14 »
Dungeon World kommt ohne Initiative und Runden aus. Es setzt sehr auf den gemeinsamen Vorstellungsraum und räumt dem SL viel "Handwedelpower" ein.

Dungeon World

Es gibt keinen "Kampfmodus" - eine Kampfszene läuft ab wie jede andere Szene im Spiel. Jede Aktion der Spieler führt zu einer neuen Situation im Kampf. Schnelle schnitte von Spieler zu Spieler sorgen dafür adss Kämpfe chaotisch sind und man sich nicht auf sichere Initiative verlassen kann. Kreative Ideen werden eher belohnt als von den Regeln bestraft.
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Offline Heinzelgaenger

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #16 am: 29.06.2013 | 15:17 »
D&Ds langer Schatten; D&D's mechanische Ästhetik wiederum war schwer von Wargames beeinflusst.

Anders gesprochen: wären RPGs in einem Eskimodorf konvergent evolviert, der Fischgrätenwurf wurde die EIsbärenjagd nicht so analkörnig abbilden.

Im Prinzip ist Feinkörnigkeit in "heroischem Hyperrealismus" nicht falsch, die popkulturellen Vorbilder sprechen schliesslich eine sehr deutliche Bildsprache. Jedoch sind Bewegungsregeln wie bei Warhammer, Rüstungsklassen usw weder realistisch noch hyperrealistisch.
Daher eine sinnlose Pain ergo es muss so feinkörnig sein weil es D&D sein will.

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #17 am: 29.06.2013 | 15:29 »
D&Ds langer Schatten; D&D's mechanische Ästhetik wiederum war schwer von Wargames beeinflusst.
Weder D&D noch die zugrunde liegenden Wargames sind aber so feinkörnig. Hatten wir in diesem Thread doch schon: Gerade das von Beral erwähnte herunterbrechen auf kleine Zeiteinheiten findet man bei D&D nicht.

killedcat

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #18 am: 29.06.2013 | 15:33 »
Weder D&D noch die zugrunde liegenden Wargames sind aber so feinkörnig. Hatten wir in diesem Thread doch schon: Gerade das von Beral erwähnte herunterbrechen auf kleine Zeiteinheiten findet man bei D&D nicht.
Hmmm? D&D hat keine Kampfrunden?

Offline Heinzelgaenger

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #19 am: 29.06.2013 | 15:46 »
Weder D&D noch die zugrunde liegenden Wargames sind aber so feinkörnig. Hatten wir in diesem Thread doch schon: Gerade das von Beral erwähnte herunterbrechen auf kleine Zeiteinheiten findet man bei D&D nicht.
(A)D&D hatte Initiativefaktoren für jede mögliche Waffe. Auf den W10 Wurf kam dann auch noch ein Dex modifier, aber der Waffenmodi war der normalerweise der dickere.  (Interessanterweise ignorierten viele Spieler den I-Faktor übrigens)

Von da war es mechanisch nur ein winziger Schritt für zig Rollos, sogar für AD&D Hausregeln, den Wurf wegzulassen und einfach alle x "ticks" zu agieren.

Offline xergazz

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #20 am: 29.06.2013 | 15:53 »
Das Matrix-Beispiel fand ich sehr geil und ist auch im Grunde das, was ich mir unter einem spannenden Kampf vorstelle. Aber: Ich glaube sowas nutzt sich ab. Zeitlupen sind beim ersten Mal noch cool aber wenn die ganze Szene aus Zeitlupen besteht sieht das schnell anders aus. Interessanter wäre es, den Kampf in relativ zügiger Geschwindigkeit runterlaufen zu lassen und diese Zeitlupen nur bei wichtigen Momenten anzuwenden. Aber ich kenn kein System, dass das so macht.

Die daraus erfolgenden Schlüsse sind aber fragwürdig, nämlich, dass dies schlecht sei oder dass das Rollenspiel darunter leide.
Beispiel: Initiative-würfeln.
SL" würfel mal jeder Initiative"
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Spieler 1: "Ha! Ihr seid keine Herausforderung für meine katzenhaften Reflexe. Blitzschnell erfasse ich die Situation und mit einem lauten Aufschrei reiße ich meine Fäuste nach oben und ..."

Eine Beschreibung innerhalb des Kampfes hat nicht die gleiche Wertigkeit wie außerhalb. Der Unterschied liegt in der intrinsischen bzw extrinsischen Anwendung der Regeln. Ich kann etwas beschreiben, weil ich es erwürfelt habe oder ich kann würfeln, weil etwas beschrieben wurde. Außerhalb des Kampfes bestimmt die Erzählung, ob ich würfeln muss. Innerhalb bestimmt es die Struktur des Kampfes. Die Beschreibung hat keinen Einfluss darauf, wann und wie oft du würfelst und welche Ergebnisse das erzielt. Sie ist nur Ausschmückung eines Faktes, der nicht durch sie geschaffen wurde. Mit anderen Worten: Die Würfel bestimmen was passiert.

Edit:
wären RPGs in einem Eskimodorf konvergent evolviert, der Fischgrätenwurf wurde die EIsbärenjagd nicht so analkörnig abbilden.
Darf ich den Satz in meine Signatur mitaufnehmen? :D
« Letzte Änderung: 29.06.2013 | 15:55 von xergazz »
Es ist ganz einfach. [...] Diskutiert nicht. Diskutiert bitte auch nicht über denn Sinn des Threads.

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #21 am: 29.06.2013 | 16:21 »
(A)D&D hatte Initiativefaktoren für jede mögliche Waffe. Auf den W10 Wurf kam dann auch noch ein Dex modifier, aber der Waffenmodi war der normalerweise der dickere.  (Interessanterweise ignorierten viele Spieler den I-Faktor übrigens)

Von da war es mechanisch nur ein winziger Schritt für zig Rollos, sogar für AD&D Hausregeln, den Wurf wegzulassen und einfach alle x "ticks" zu agieren.
Ja, AD&D. Was Du aber sagtest, war: D&D und seine Wargaming-Wurzeln sind für die Feinkörnigkeit verantwortlich. Da D&D ursprünglich alles andere als feinkörnig, sondern eher grobkörnig bis rudimentär war, ergibt das keinen Sinn.

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #22 am: 29.06.2013 | 16:23 »
Hmmm? D&D hat keine Kampfrunden?
Seufz.  :-\
Doch, aber keine im "Sekundentakt".

killedcat

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #23 am: 29.06.2013 | 18:57 »
Seufz.  :-\
Doch, aber keine im "Sekundentakt".
Deswegen ist es immer noch das, was vom Threadersteller gemeint war. Zumindest so, wie ich den Threadersteller verstanden habe.

Eine Beschreibung innerhalb des Kampfes hat nicht die gleiche Wertigkeit wie außerhalb. Der Unterschied liegt in der intrinsischen bzw extrinsischen Anwendung der Regeln. Ich kann etwas beschreiben, weil ich es erwürfelt habe oder ich kann würfeln, weil etwas beschrieben wurde. Außerhalb des Kampfes bestimmt die Erzählung, ob ich würfeln muss. Innerhalb bestimmt es die Struktur des Kampfes. Die Beschreibung hat keinen Einfluss darauf, wann und wie oft du würfelst und welche Ergebnisse das erzielt. Sie ist nur Ausschmückung eines Faktes, der nicht durch sie geschaffen wurde. Mit anderen Worten: Die Würfel bestimmen was passiert.
Nope. So wie ich das sehe, bestimmen die Regeln nur, was "regeltechnisch" passiert. Und die Regeln bestimmen auch nur abstrakt, wann gewürfelt wird. Die konkrete Ausgestaltung ist praktisch immer den Spielern überlassen. Ob ich angreife oder ob ich etwas anderes Versuche, liegt bei mir als Spieler. Wie der Angriff abgelaufen ist, bestimme ich als Spieler. Ob ich dabei cool war oder doof ausgesehen habe, bestimme ich als Spieler. Ob ich treffe oder nicht und wie viel Schaden ich verursache, bestimmen die Regeln zum größten Teil. Bei Exalted wird meine Beschreibung zum Beispiel noch für Bonuswürfel herhalten. Bei anderen Systemen kann ich Kampfmanöver auswählen, um meine Chancen zu beeinflussen.

Du hast vollkommen recht, dass eine Beschreibung im Kampf nicht die gleiche Wertigkeit wie ... außerhalb? Nein, eine Beschreibung hat in einem geregelten Bereich nicht die gleiche Wertigkeit wie in einem Bereich, der der Fantasie der Spieler überlassen wird. Das ist aber normal. Wenn ich in Monopoly oder Mensch Ärger Dich nicht die Würfel weglasse und sage "bestimme selbst, wie weit du läufst", ist die Spannung raus. Darum kann ich das nicht einfach einer Spielerentscheidung überlassen.

Wenn ich keine reine Geschichtenerzählung will, sondern einenen ergebnisoffenen Konflikt, der Spieler und Spielleiter gleichermaßen Überraschungen bereithält, dann muss ich Zufallselemente einbauen. Und zwar überall dort, wo ich das will. Es hat sich herausgestellt, dass die meisten das bei Kämpfen wollen und auch die Anwendung der Fähigkeiten der Helden soll - zumindest unter Druck - nicht einfach funktionieren, wann immer die Spieler das gerne hätten.

Es ist letztendlich eine Frage der Präferenzen. Es ist die Frage, ob ich eine Geschichte erzählen oder erleben will. Ich will eine erleben. Also muss ich überrascht werden können. Also darf ich das Ergebnis nicht frei bestimmen. Ich gebe also Erzählrechte auf und übertrage sie auf ein neutrales, für alle geltendes Instrument: Regeln und Zufallselement. Nur so, kann ich Spannung erleben. Wie das Verhältnis Spannung - Eigenbestimmung, wie die Zuverlässigkeit der Ergebnisse, die Berechenbarkeit, wie die Möglichkeiten der Selbstbestimmung ausgestaltet sind ist Geschmackssache und daher gibt es furchtbar viele Systeme dafür. Ich habe im Kampf gerne viele Zufallselemente und viel Input durch die Regeln. Ich lasse mich gerne überraschen und inspirieren. Dragon Age ist daher ideal für mich: es gibt mir bei Kämpfen immer wieder zufällig bestimmte Stuntpunkte, die ich nutzen kann, um Manöver durchzuführen, die mich wiederum auf Ideen bringen. Das ist ideal, wenn man nach einer anstrengenden Arbeitswoche einen actionreichen Kampf gestalten, aber keine künstlerisch wertvollen Kreativleistungen erbringen möchte.
« Letzte Änderung: 29.06.2013 | 19:20 von killedcat »

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #24 am: 29.06.2013 | 19:06 »
Deswegen ist es immer noch das, was vom Threadersteller gemeint war. Zumindest so, wie ich den Threadersteller verstanden habe.
Dann hast Du ihn anders verstanden als ich, und damit belassen wir es dann auch.