Autor Thema: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?  (Gelesen 35513 mal)

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Offline Galatea

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #150 am: 2.07.2013 | 15:30 »
Hallo zusammen,

ich finde diese beiden Punkte aus Galatea interessant.

bei der Kampfrunde bin ich der Meinung das eigentlich nicht der beschriebene Zeitrahmen sondern die im Regelwerk angegebenen möglichen Aktionen interessant sind. Wenn eben davon ausgegangen wird das man erst taktiert und eine günstige Position sucht könnte es ja auf einen Angriff pro Runde hinaus laufen. Wenn man jetzt natürlich laut Regelwerk 1 Sekunde pro Angriff benötigt und bei seiner Initiative alle Angriffe spielen darf wird es in der Tat schwierig mit der Kausalität.
Ja, ich sehe das tatsächlich so, dass sich Kampfrunden in erster Linie durch die Aktionen die sich innerhalb ihrer Dauer abspielen, definieren und nicht durch die genaue Zeitdauer in Sekunden. In den meisten Systemen lässt sich eine Kampfrunde so beschreiben "die Zeitdauer in der man sich ein paar Schritte bewegen und/oder einige Schläge mit einem Gegner austauschen kann".
Das ist bei Ticksystemen genau dasselbe (und tatsächlich ist das Beispiel mit dem Klech in einem Ticksystem noch viel schwieriger und unsinniger).
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, eine genaue Zeitangabe ist auch überhaupt nicht nötig. Ein Spieler muss nicht exakt wissen, wieviele Sekunden eine Kampfrunde dauert - es reicht wenn er einer echt gute Vorstellung davon hat, was er in dieser Runde anstellen kann.

Problematisch können solche Differenzen werden wenn verschiedene Rahmen aufeinander stoßen. Wenn etwa die Kampfrunde für Fahrzeuge Minuten beschreibt und die für Charaktere Sekunden.
Deswegen macht man sowas auch nicht. Das ist dasselbe Problem wie mit den Lebenspunkten. Viele Systeme führen da auch Megaschaden/Mega-LP ein (1 Raumschiff-LP = 1000 Personen-LP), weil sie es nicht vernünftig darstellen können.

Wie viele Kampfoptionen ich mir als Spieler wünsche hängt damit zusammen wie konkret das Regelwerk ist. Wenn der Hals also die einzige Stelle ist wo mein Charakter nicht schwer gerüstet ist erwarte ich schon das es eine Regel gibt das das Treffen einer solch kleinen Stelle schwierig ist. Vor allen wenn nach Regeln noch andere Zustände wie etwa verblutend oder betäubt an der Treffer Stelle fest gemacht werden.
Ist das nicht der Fall ist mir ein Halstreffer egal und aus meiner Sicht auch uninteressant.

Gerade bei Spielern die in einem Kampf mitdenken wird man schnell auf Aktionen stoßen die eine einschneidende Wirkung haben können und nicht unbedingt durch Regeln abgedeckt sind.
Das Problem ist hier lustigerweise, dass diese nicht abgedeckten Fälle ein umso größeres Problem sind, je detaillierter das Kampfsystem daherkommt. Wenn man erstmal Trefferzonen wie Arm und Kopf hat, dann möchten die Spieler schnell auch Augen oder Hals treffen. Hat man überhaupt keine Trefferzonen (oder ein System das Schadenserhöhung im Tausch gegen Trefferchance zulässt) stört das meist viel weniger.
Eine große Rolle spielt hier auch die Stabilität von Objekten. Wenn ein Infanterist nach dem ersten guten Treffer mit einem Sturmgewehr kampfunfähig oder tot ist brauche ich überhaupt keine Regeln für Trefferzonen, weil die sowieso nur sinnlosen Overkill produzieren würden.

Leider läuft das in der Praxis ja nicht so, sondern dieser kurz beschriebene und in einem typischen System vielleicht eine halbe Minute dauernde Kampf wird in kleine Abschnitte gestückelt, die jeweils von ggf. minutenlangen Regelanwendungen unterbrochen werden. Und das ist einer der Faktoren, der bei mir das Kopfkino kaputt macht. Bei einem Kampf mit zwei Seiten geht das noch, aber bei einem typischen Gruppenkampf wird es extrem. Es kommt für mich einfach kein Dabeisein-Gefühl auf, wenn ich 5 Minuten am Tisch sitze, um eine Sekunde im Spiel abzuhandeln. Mir ist natürlich klar, dass sich "Echtzeit" in den meisten Fällen nicht erreichen lässt, aber die extreme Diskrepanz zwischen Spieler- und Charakterzeit nimmt mich (jenseits aller hier breitgeklopften Realismuserwägungen) mehr aus dem Kampf raus, als mich die Detailtiefe einzelner Schläge hineinbringen kann.
Also bei uns lief das ungefähr so.
SL: "Okay, Kampfwerte bestimmen"
*Kampfwerte werden bestimmt und verteilt, Bögen anschließend Richtung Mitte des Tisches geschoben*
SL: "Spieler 3, du hast die höchste Initiative, was machst du?"
S1: "Ich trete die Tür ein, presse mich gegen den Türrahmen und feuere eine Unterlaufgranate in den Flur."
*Die Tür wird eingetreten (dank +4 Stärkebonus durch die Servorüstung hat S1 Stärke 12 und es ist kein Test erforderlich), S1 hat AW6 und die Granate ist im ersten Reichweitenabschnitt macht also eine Punktlandung, zwei Verteidiger erleiden 10 Schaden und sind sofort tot*
SL: Der letzte Verteidiger der etwas weiter hinten im Flur hinter einem Umgekippten Tisch kauert eröffnet das Feuer auf S1
*Verteidiger hat AW4, S1 mittlere Deckung (Schwelle +3) durch den Türrahmen erleidet also 2 Punkte Schaden*
S2: "Ich stürme durch die Tür und feuere eine Salve auf den letzten Verteidiger."
*S2 hat AW8 und macht damit 16 Punkte Schaden, der zweite Verteidiger bricht tödlich getroffen hinter dem Tisch zusammen*
S2: "Eingang gesichert!"
SL: "Okay Gruppe 2 an der Rückseite des Hauses, was macht ihr?"...

Im Spiel hätte das jetzt ungefähr.... ca. 10 Sekunden für das würfeln und verteilen der Werte und vielleicht 20 Sekunden für das abarbeiten der Handlungen gebraucht. Sobald der SL die zweite Gruppe fragt was sie tut fangen die Spieler von Gruppe 1 ggf. bereits wieder an ihre Werte zu würfeln und zu verteilen, wodurch beim zweiten Durchlauf sogar noch die Zeit wegfällt. Im Extremfall führt das dazu dass dazu dass Spieler nicht mal 10 Sekunden brauchen um ihre eigenen Handlungen anzusagen und abzuarbeiten.

Dem vorzubeugen ist vermutlich ein weiterer Grund für die sehr kurzen Runden. (Nebenbei tun das bestimmte Systeme ja durchaus.) Aber dass Runden in der Tat Zeit messen und welche Probleme sich (für mich) dabei ergeben, kann ich vielleicht an einem Beispiel verdeutlichen:
S: "Okay, während die beiden sich duellieren und aller Leute Aufmerksamkeit gebannt ist, schleiche ich mich ins Zimmer des Groswesirs und durchsuche es nach dem Kelch."
SL: "Gut, das dauert ungefähr 10 Minuten, das wären 100 Kampfrunden..."
Schon mal eine solche Situation gehabt?
Nein, in dem Fall hätte mich unser SL erstmal gefragt "wo möchtest du als erstes suchen" und ich hätte eine ziemlich gute Vorstellung gehabt, dass wenn ich sage "ich suche als erstes die Kommode durch, ziehe die Schubladen raus und durchwühle ihren Inhalt" ich damit in 1-2 Runden fertig bin.
Meine Entscheidung bestimmt wie lange ich brauche um den Kelch zu finden. Rate ich gleich richtig und er ist in der Kommode? Vielleicht hat der ihn auch unter dem Kopfkissen versteckt. Wenn unsere Charaktere den Grosswesir kennen kann man das Versteck vielleicht abschätzen. Zudem weiß ich nicht wie lange der Duellant den Wesir beschäftigt halten kann - natürlich habe ich eine gewisse Ahnung wie der Kampf läuft, aber ein guter Angriff des Wesirs und nächste Runde bin ich aufgeflogen. Ich muss unter Zeitdruck Entscheidungen treffen, die über Erfolg oder Misserfolg meiner Bemühung bestimmen. Das ist für mich eine deutlich spannendere Situation.

Grundlegend ist "Ich durchsuche das Zimmer nach dem Kelch" hier auch spielerseitig eine für ein Kampfrundensystem viel zu ungenaue Angabe (das ist in etwa so eine präzise Angabe wie "ich greife die Gegner an"). Genau gesagt trifft der Spieler hier keine spezifische Entscheidung, er sagt nur eine recht schwammige Handlung an und der SL soll irgendwie was draus machen. So funktioniert ein Kampfrundensystem aber nicht.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 15:49 von Galatea »
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Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #151 am: 2.07.2013 | 16:03 »
Also bei uns lief das ungefähr so.

Das waren ~80 Worte, ohne dass dabei irgend ein Informationsaustausch über die eigentlichen Spielelemente schon inbegriffen wäre. (Und nein, Deine Erklärungen in Sternchen habe ich nicht mitgezählt.) In diesem Sinne...

Zitat
Im Spiel hätte das jetzt ungefähr.... ca. 10 Sekunden für das würfeln und verteilen der Werte und vielleicht 20 Sekunden für das abarbeiten der Handlungen gebraucht.

... halte ich das gelinde gesagt für eine etwas optimistische Einschätzung. Wenn ich's recht bedenke: subtile Formulierungen führen nur zu Mißverständnissen. Das ist eine völlige Fehleinschätzung.

Aber das ist ja auch recht erhellend dafür, die Gründe für die Feinkörnigkeit herauszubekommen: Mangelndes Zeitgefühl ist offensichtlich ein möglicher Grund.

Zitat
Nein, in dem Fall hätte mich unser SL erstmal gefragt "wo möchtest du als erstes suchen"

Ich sage mal: Das Zimmer des Großwesirs ist nicht der Nachbarraum.

Zitat
und ich hätte eine ziemlich gute Vorstellung gehabt, dass wenn ich sage "ich suche als erstes die Kommode durch, ziehe die Schubladen raus und durchwühle ihren Inhalt" ich damit in 1-2 Runden fertig bin.

Meine "mangelndes Zeitgefühl"-Theorie nimmt Gestalt an...

Zitat
Zudem weiß ich nicht wie lange der Duellant den Wesir beschäftigt halten kann - natürlich habe ich eine gewisse Ahnung wie der Kampf läuft, aber ein guter Angriff und nächste Runde bin ich aufgeflogen. Das ist für mich eine deutlich spannendere Situation.

... die aber nicht entstehen kann, wenn ich genau weiß, dass ein Kampf nie im Leben auch nur lange genug dauert, um unauffällig den Raum zu verlassen. Was der Punkt war.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 16:16 von Wulfhelm »

Offline Galatea

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #152 am: 2.07.2013 | 16:33 »
Das waren ~80 Worte, ohne dass dabei irgend ein Informationsaustausch über die eigentlichen Spielelemente schon inbegriffen wäre. (Und nein, Deine Erklärungen in Sternchen habe ich nicht mitgezählt.) In diesem Sinne...
Und was sagt das jetzt genau aus?
(den Satz mit der Initiative und dem bestimmen der Kampfwerte kannst du btw rausstreichen, das war nur Metainformation für Außenstehende, wir wussten auch wann wir Kampfwerte bestimmen mussten oder wann wir dran waren ohne dass der SL uns das extra sagen musste).

... halte ich das gelinde gesagt für eine etwas optimistische Einschätzung. Wenn ich's recht bedenke: subtile Formulierungen führen nur zu Mißverständnissen. Das ist eine völlige Fehleinschätzung.
Das ist keine Fehleinschätzung, das ist Erfahrung. Und ja, ich habe tatsächlich öfter mal auf die Uhr geschaut. Wir hatten eine Gruppe die äußerst diszipliniert war, das System gut genug kannte um viele Dinge selbst regeln konnte ohne ständig die Aufmerksamkeit des Spielleiters zu benötigen. Die Gruppe konnte sogar koordiniert agieren ohne sich ständig abzusprechen.
Dazu kam ein System, das nicht nur äußerst tödlich, sondern auch sehr würfelarm war (nur ein Poolwurf pro Runde) und das das vergleichen und ablesen der Werte extrem einfach machte.
Die meisten Gruppen (wir haben da auch jede Menge Con-Erfahrung) brauchen für eine Kamfprunde 5-10 Minuten. Eine Gruppe die richtig gut ist schafft das aber in unter 2 Minuten.


Ich sage mal: Das Zimmer des Großwesirs ist nicht der Nachbarraum.
Das war mir schon klar. Und das beeinflusst das Szenario jetzt genau wie?

... die aber nicht entstehen kann, wenn ich genau weiß, dass ein Kampf nie im Leben auch nur lange genug dauert, um unauffällig den Raum zu verlassen. Was der Punkt war.
Und woher weißt du dass der Kampf nicht lange genug dauert? Wenn der Verteidiger gut ist und sehr defensiv kämpft kann er den Wesir eine ganze Weile beschäftigen (vorausgesetzt natürlich dsa System kann ds überhaupt adäquat darstellen). Wir reden hier ja nicht von einem Schusswechsel mit modernen Sturmgewehren oder tragbaren Railguns, wo es kaum möglich ist sich irgendwie zu schützen.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 16:36 von Galatea »
"Ah, they're going 65. So they should be there in 3 BILLION years."

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #153 am: 2.07.2013 | 17:35 »
Und was sagt das jetzt genau aus?
Offensichtlich entweder a) dass man in eurer Runde mit einer Geschwindigkeit von ca. 5 Wörtern pro Sekunde Informationen austauscht, also mehr als doppelt so schnell wie ein normaler Nachrichtensprecher oder genau so schnell wie dieser Typ hier seine Sätze abspult. Ohne dass es dabei irgendwelche Pausen oder Übergänge gäbe.

Oder b) dass Du Dich bei der Zeit verschätzt hast.

Ich will keine der beiden Möglichkeiten ausschließen, aber in beiden Fällen bringt das Beispiel nichts, da es in Fall a) auf sämtliche mir bekannte Rollenspielrunden, in denen derartiges Maschinengewehrartiges Schnellreden nicht praktiziert wird, nicht anwendbar und in Fall b) sachlich falsch wäre.

Zitat
Das war mir schon klar. Und das beeinflusst das Szenario jetzt genau wie?
Ich weiß nicht, wo Du Dich gerade befindest, aber verlasse einfach mal das Zimmer und begib Dich in eines in einem anderen Stockwerk, ohne dabei zu rennen oder ähnliches, und stoppe mal mit der Uhr mit, wie lange Du dafür brauchst.

Zitat
Und woher weißt du dass der Kampf nicht lange genug dauert?
Weil das in allen mir bekannten Systemen mit kurzen Kampfrunden so sicher ist wie das Amen in der Kirche?

Offline Beral

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #154 am: 2.07.2013 | 18:12 »
Aber das ist ja auch recht erhellend dafür, die Gründe für die Feinkörnigkeit herauszubekommen: Mangelndes Zeitgefühl ist offensichtlich ein möglicher Grund.
Der Grund, würde ich sagen.

Wenn zwei Typen gerade kämpfen und mein SC schnell aus dem Raum rauslaufen will, um durch die andere Tür reinzukommen und so dem Gegner in den Rücken zu fallen, stellt sich die Frage der Synchronisation dieser Handlungen sehr dringend. "Schaffe ich bestimmt locker in zwei Kampfrunden" behaupte ich. "Naja, mindestens vier mal Schlagabtausch gibt es, bis du da ankommst" entgegnet der SL. Und jetzt?

Das ist genau die Art von Konfliktpotential, die nur umgangen werden kann, wenn der Runde eine exakte Zeiteinheit zugeordnet ist. Und genau solcherart Konflikte führen dann zu Zusatzregeln, die die Bewegungsreichweite pro Runde regeln, außerdem benötigt man dann noch Bodenpläne, und die Traglast bestimmt die Bewegungsreichweite auch noch, usw usf. Ein riesiger Haufen von Regeln dient nichts anderem, als die Handlungen der Spieler zeitlich miteinander zu synchronisieren.

Die Runde ist doppelt geeicht. Das eigentlich entscheidende, was aber als solches gar nicht wahrnehmungspflichtig ist, ist die feste Zeiteinheit, die der Runde zugrundegelegt wird. Nennen wir das die funktionelle Eichung. Die zweite Eichung ist die Passung der Zeiteinheit an irgendeine typische Handlung. Hier wird die Brücke geschlagen zum Vorstellungsraum. Das ist eine kosmetische Eichung. Funktion und Kosmetik passt man natürlich einander an, damit die Vorstellung erleichtert wird.

Eine Runde von einer Sekunde Länge ist eben nicht als Schlag definiert. Oberflächlich vielleicht, aber nicht im Kern. Denn meist sehen die Regeln Möglichkeiten vor, in denen pro Runde zwei Schläge möglich sind. Und manche Schläge sollen zwei oder mehr Runden dauern. Ein Zauber, der 5 Runden wirkt, wirkt nicht 5 Schläge lang. Der Dieb mit zwei Dolchen hat in dieser Zeit 10 mal zugeschlagen und der Heiler hat sich nur bewegt in diesen fünf Runden. Das Verbindende dieser Handlungen ist die Runde und das Verbindende aller Runden ist die Zeit.

In solchen Systemen gibt es daher auch nicht den umgekehrten Fall, wo eine Runde länger oder kürzer als die festgeschriebene Zeiteinheit dauert. Was in der Runde passiert, ist variabel. Wie lang die Runde dauert, ist unverrückbar. Auch so erkennen wir die echte, die funktionelle Eichung.

Und dann sind da natürlich die Gegenbeispiele über die ich immer noch gern diskutieren möchte, aber offenbar nur ich allein. Das sind Runden, die überhaupt nicht an Zeit gebunden sind. Per Definition nicht. Grundsätzlich nicht. Die sind dann z. B. an eine Erzähleinheit gebunden, egal wie lang diese dauern soll.
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Offline Galatea

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #155 am: 2.07.2013 | 18:20 »
Offensichtlich entweder a) dass man in eurer Runde mit einer Geschwindigkeit von ca. 5 Wörtern pro Sekunde Informationen austauscht, also mehr als doppelt so schnell wie ein normaler Nachrichtensprecher oder genau so schnell wie dieser Typ hier seine Sätze abspult. Ohne dass es dabei irgendwelche Pausen oder Übergänge gäbe.
Wir haben uns sehr kurz gefasst, schnell geredet und häufig auch Gestik eingesetzt. Zudem musste sich die Gruppe nach den ersten Szenarien nur noch sehr wenig absprechen, wir wussten wie die jeweiligen Spieler/Charaktere drauf waren. Und man darf natürlich nicht vergessen, dass wir eine Militäreinheit darstellten, sprich der Einheitenführer/die jeweiligen Truppführer gaben Kommandos und die restlichen Spieler haben das beste getan um diese auszuführen. Taktische Beratung gab es nicht, höchstens dann wenn wir mal ne Runde Luft hatten konnten wir uns rudimentär austauschen.
Unser SL hat da auch ordentlich Druck gemacht, wer mehr als ein paar Sekunden gezögert hat stand halt desorientiert in der Gegend rum oder blieb hinter seiner Deckung sitzen, sprich er kam die Runde nicht dran.
Beraten wurde da wirklich ziemlich wenig.

Ich will keine der beiden Möglichkeiten ausschließen, aber in beiden Fällen bringt das Beispiel nichts, da es in Fall a) auf sämtliche mir bekannte Rollenspielrunden, in denen derartiges Maschinengewehrartiges Schnellreden nicht praktiziert wird, nicht anwendbar und in Fall b) sachlich falsch wäre.
Ich weiß nicht, wo Du Dich gerade befindest, aber verlasse einfach mal das Zimmer und begib Dich in eines in einem anderen Stockwerk, ohne dabei zu rennen oder ähnliches, und stoppe mal mit der Uhr mit, wie lange Du dafür brauchst.
Weil das in allen mir bekannten Systemen mit kurzen Kampfrunden so sicher ist wie das Amen in der Kirche?
Aaaaaah, okay. Großer Irrtum, ich dachte wir reden vom Zimmer/Saal in dem das Duell stattfindet.
Klar, wenn ich mich durch den halben Palast schleichen muss um überhaupt erstmal in das Zimmer des Großwesirs zu gelangen ist das natürlich ganz was anderes. Da ist das Kampfrundensystem natürlich sehr unpraktisch.
Allerdings sehe ich hier auch keinen Grund das Kampfrundensystem überhaupt anzuwenden. Der genaue Verlauf des Duells ist für die Szene überhaupt nicht relevant, da es hat keinen unmittelbaren Effekt auf den Dieb (und damit das Kernelement der Szene) hat. Hier reicht eine viel abstraktere Lösung, bei der einerseits festgestellt werden muss wie lange der Angreifer den Wesir beschäftigt hält und andererseits festgestellt werden muss wie lange der Dieb benötigt um in den Raum zu kommen, den Kelch zu finden und wieder zu entwischen.
Man schaltet ja auch nicht in das Kampfrundensystem, wenn man nur feststellen will wie lange es dauert ein Schloss zu knacken, während der Wachmann auf dem Klo sitzt.

Der Grund, würde ich sagen.

Wenn zwei Typen gerade kämpfen und mein SC schnell aus dem Raum rauslaufen will, um durch die andere Tür reinzukommen und so dem Gegner in den Rücken zu fallen, stellt sich die Frage der Synchronisation dieser Handlungen sehr dringend. "Schaffe ich bestimmt locker in zwei Kampfrunden" behaupte ich. "Naja, mindestens vier mal Schlagabtausch gibt es, bis du da ankommst" entgegnet der SL. Und jetzt?
Deshalb gibt es sowas wie Bewegungsreichweiten*. Und da ist es eben völlig unerheblich ob die Runde eine Sekunde oder zehn Sekunden dauert. Wichtig ist nur wie weit man in dieser Runde mit seiner Bewegungsaktion kommt.

*(die natürlich bei solchen Spezialfällen wie unauffälligem schleichen oft nicht mehr wirklich greifen)
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 18:27 von Galatea »
"Ah, they're going 65. So they should be there in 3 BILLION years."

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #156 am: 2.07.2013 | 18:47 »
Wir haben uns sehr kurz gefasst, schnell geredet und häufig auch Gestik eingesetzt.
Ja, aber wenn ihr nicht alle Weltrekordkandidaten im Schnellsprechen seid: Nicht so kurz. Glaub's einfach: 80-100 Worte in 20 Sekunden ist sehr schnelles Reden, etwa wie der Typ in dem Video. In 10 Sekunden, die es angeblich nach der ersten Runde gedauert haben soll, stößt es an die Grenzen des Menschenmöglichen. Eine normale Sprechgeschwindigkeit im Gespräch ohne längere(!) Unterbrechungen sind vielleicht 2 Worte pro Sekunde. Und das ist wie gesagt nur das Sprechen.

Zitat
Taktische Beratung gab es nicht, höchstens dann wenn wir mal ne Runde Luft hatten konnten wir uns rudimentär austauschen.
Das war auch gar nicht einbezogen. Allein der Sprechakt der von Dir beschriebenen Szene hätte bei einem normalen Gespräch ohne lange Pausen knapp eine Minute gedauert.

Zitat
Allerdings sehe ich hier auch keinen Grund das Kampfrundensystem überhaupt anzuwenden.
Unter der Maßgabe, dass es sich um einen Kampf zwischen einem SC und einem NSC handelt, sehe ich den sehr wohl. Im Übrigen halte ich auch nichts von Regeln, die ich ignorieren muss, um die Welt einigermaßen plausibel emulieren zu können.

Offline xergazz

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #157 am: 2.07.2013 | 18:48 »
Wenn zwei Typen gerade kämpfen und mein SC schnell aus dem Raum rauslaufen will, um durch die andere Tür reinzukommen und so dem Gegner in den Rücken zu fallen, stellt sich die Frage der Synchronisation dieser Handlungen sehr dringend. "Schaffe ich bestimmt locker in zwei Kampfrunden" behaupte ich. "Naja, mindestens vier mal Schlagabtausch gibt es, bis du da ankommst" entgegnet der SL. Und jetzt?

In dem Fall sind die Spieler doch synchronisiert. Was hilft der Zwischenschritt: 4 Runden Bewegung -> 12 Sekunden -> Ein Schlag alle drei Sekunden -> 4 Schläge? Warum muss man da unbedingt ne genaue Zeitangabe haben? Das was zählt ist doch die Synchronität wie du es nennst, Verteilung von Spotlight wie ich es nenne.

Das ganze erinnert mich an eine Szene aus einer High-Fantasy-Runde mit meiner Gruppe. Darius war Drachenreiter und hatte das heilige Schwert von Zoras dabei, der sich mitten im Schlachtgetümmel befand. Beide wussten das Schwert würde in Zoras Händen die entscheidende Wendung der Schlacht herbeiführen und so preschte Darius im Sturzflug auf das Schlachtfeld zu und warf Zoras das Schwert zu. Unser Spielleiter antwortete: "Ok in der nächsten Runde hast du das Schwert" und alle fanden die Szene einfach nur awesome. Was wirklich passierte: Zwei Spieler stritten sich über die Zeit, die das Schwert für den Fall benötigen würde. Erdbeschleunigung und so was. 10 Minuten später wussten wir alle Bescheid, aber ich muss glaub ich nicht erwähnen, dass die Szene dadurch zerstört war.

Was ich damit sagen will: Vielleicht wirft Kampf auch nur so aus dem Spiel, weil dies der Moment ist, bei dem besonders viel Wert auf eine "realistische Simulation" gelegt wurde.
Es ist ganz einfach. [...] Diskutiert nicht. Diskutiert bitte auch nicht über denn Sinn des Threads.

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #158 am: 2.07.2013 | 19:01 »
Das was zählt ist doch die Synchronität wie du es nennst, Verteilung von Spotlight wie ich es nenne.[...]
Das ganze erinnert mich an eine Szene aus einer High-Fantasy-Runde mit meiner Gruppe. Darius war Drachenreiter und hatte das heilige Schwert von Zoras dabei, der sich mitten im Schlachtgetümmel befand. Beide wussten das Schwert würde in Zoras Händen die entscheidende Wendung der Schlacht herbeiführen und so preschte Darius im Sturzflug auf das Schlachtfeld zu und warf Zoras das Schwert zu. Unser Spielleiter antwortete: "Ok in der nächsten Runde hast du das Schwert" und alle fanden die Szene einfach nur awesome. Was wirklich passierte: Zwei Spieler stritten sich über die Zeit, die das Schwert für den Fall benötigen würde. Erdbeschleunigung und so was. 10 Minuten später wussten wir alle Bescheid, aber ich muss glaub ich nicht erwähnen, dass die Szene dadurch zerstört war.
Wiederum ein perfektes Beispiel für einen der Gründe, aus denen ich fix definierte Kampfrunden nicht mehr mag.

Zitat
Was ich damit sagen will: Vielleicht wirft Kampf auch nur so aus dem Spiel, weil dies der Moment ist, bei dem besonders viel Wert auf eine "realistische Simulation" gelegt wurde.
Wobei da auch die Frage nach Henne und Ei im Raum steht. Die typischen feinkörnigen Kampfregeln implizieren eben sehr stark einen mechanistischen, berechenbaren Ablauf - welcher der Sache eher unangemessen ist. Und diese Denke etabliert sich dann eben auch bei den Spielern, was zu Problemen wie dem oben genannten führt.

Ich finde auch die Erwähnung des "Spotlights" schön, weil Du da etwas anschneidest, das viel erwähnt, aber wenig konkret umgesetzt wird: Das Filmvorbild.

In einer typischen Kampfszene in einem Film, bei der mehrere Charaktere auftreten, hält die Kamera auf einen dieser Charaktere, während der etwas interessantes tut, und schwenkt dann zum nächsten. In der Zeit, in der die Kamera bei einer Figur ist, läuft es für die anderen Figuren nicht off-screen weiter, sondern alle wichtigen Handlungen finden statt, während die Kamera oder eben das "Spotlight" bei der jeweiligen Figur ist.

Das ist eine Struktur, die sich sehr gut auf ein typisches Initiativesystem im Rollenspiel abbilden lässt. Ein Charakter ist an der Reihe. Er handelt (nach Möglichkeit sind die Handlungsoptionen so gestaltet, dass jedesmal "Spotlight" auch etwas wichtiges erlaubt) und danach schwenkt das Spotlight zum nächsten. Explizit muss dabei nicht gegeben sein, dass die Handlungen in der Spielwirklichkeit alle gleichzeitig ablaufen.

Offline scrandy

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #159 am: 2.07.2013 | 19:24 »
Und dann sind da natürlich die Gegenbeispiele über die ich immer noch gern diskutieren möchte, aber offenbar nur ich allein. Das sind Runden, die überhaupt nicht an Zeit gebunden sind. Per Definition nicht. Grundsätzlich nicht. Die sind dann z. B. an eine Erzähleinheit gebunden, egal wie lang diese dauern soll.
Also erstmal: Du bist nicht der einzige, den das interessiert. Ich komme nur momentan kaum zum schreiben.

Als ich damals angefangen habe mir für Mystix Gedanken über Kampfrunden usw. zu machen, wollte ich nach Möglichkeit komplett flexible Aktionslängen haben. Im Grunde war es mir sogar lieber einzelne Zweikämpfe nacheinander abzuhandeln, weil man damit das Kampf-Feeling noch eindringlischer halten kann. Es macht eben mehr Spaß wenn man erstmal den Gegner mit mehreren Attacken in die Ecke drängt (eine lange Aktion), dann ihn täuscht (zeitlich wahrscheinlich sogar parallel zur ersten Aktion) und dann durch einen gezielten Stich (eine schnelle Aktion) in die ewigen Jagdgründe schickt. Würde man für sowas ein Zeitmanagement einführen wollen, dann würde es in Verwaltungsarbeit ausarten. Da auch die längeren Zweikämpfe gegen die Geduld nicht-handelnder Spieler ging, wurde auch bei Mystix schnell der Kampf weiter aufgesplittet. Wobei die unterschiedlichen Aktionslängen interessanterweise geblieben sind, ohne das es große Widersprüche gab.

Letztendlich war es exakt dieses Beispiel von dir, dass mir mich mein Konzept überdenken ließ: 
Wenn zwei Typen gerade kämpfen und mein SC schnell aus dem Raum rauslaufen will, um durch die andere Tür reinzukommen und so dem Gegner in den Rücken zu fallen, stellt sich die Frage der Synchronisation dieser Handlungen sehr dringend.
Die Frage ist jedoch ob so etwas wie eine exakte Rundendauer überhaupt exisitert. Natürlich versuchen die besonders exakten Systeme sowas wie "ein Schlag", freie Aktionen usw. das genau zu regeln was den in einer Aktion erlaubt ist, aber ich würde mal behaupten, dass diese Runden realisitsch betrachtet höchst unterschiedliche Längen haben.

Und ich habe bei meinen Spielrunden festgestellt, dass es gar nicht so wichtig ist, dass jede Aktion einer Runde gleich lang ist. Letztendlich können sie sogar sehr unterschiedlich lang sein. Wichtig ist nur, dass sich keiner benachteiligt fühlt und das die Illusion von gleichzeitigkeit aufrechterhalten bleibt.

Ich würde die Zeit, die wir mit einer Aktion verbinden mal plausible Aktionszeit nennen. "Plausible Aktionszeit" deswegen, weil kaum einer von uns weiß, wie viel Zeit welche Kampfaktion verbraucht und selbst wenn diese wahrscheinlich massiv von der tatsächlichen Ausführung abhängen. Ob man in der selben Zeit in dem man zuvor ein Schwert geschwungen hat einen Dolch ziehen kann jemanden zur Seite treten kann um einem anderen Gegner den Dolch in den Bauch zu rammen, kann (zum Glück) niemand aus Erfahrung einschätzen. Allerdings sind Nebenhandlungen aufgrund der Erfahrungswerte aus Regelwerken heraus oft als Zeitraubender einzustufen und kleine Waffen werden oft als schneller wahrgenommen usw. Das diese Vorstellungen aber letztendlich hauptsächlich durch unsere Spielerfahrungen, Filme usw. geformt sind, ist kaum jemandem bewusst.

Wenn ich jetzt also noch mal zu meinem eher Erzählerisch-motivierten Konzept von Mystix zurückkehre, dann würde ich behaupten, dass eine plausible Aktionszeit in etwa einem Kamera-Cut entspricht. Man nehme zum Beispiel den Endkampf aus Matrix 1 (Neo vs. Agent Smith): In diesem Kampf werden die verschiedensten Angriffe durchgeführt und jeder Angriff ist unterschiedlich lang: Mal ist es ein einziger schneller Schlag, mal eine ganze Schlagkombination, Mal wird jemand aufgehoben und mit viel Kraft geworfen - alles letztendlich Aktionen mit unterschiedlichem Zeitbedarf. Ich glaube allerdings nicht, dass innerhalb meinen Rollenspielrunden, längere Aktionen wirklich als länger wahrgenommen werden, weil keine dieser Aktionen die plausible Aktionszeit überschreiten.

Wenn man stattdessen feiner verregelte Systeme hat, bei denen wertetechnisch viel davon abhängt ob das, was man vor hat, eine Aktion kostet, oder noch nebenbei gemacht werden kann, dann ist man natürlich automatisch genauer was noch als plausible Aktionszeit wahrgenommen wird. Wobei dort auch plausible Aktionszeit und regeltechnisch definierte Aktionszeit im Widerspruch sein können. Da ich bei Mystix unabhängig von der Aktionsart immer nur einmal Werte verrechnen lasse, ist es allerdings egal wie lange die Aktion tatsächlich gedauert hat, weil der Spieler mit der längeren Aktion keinen gamistischen Vorteil davon hat - ganz im gegenteil zu einem Spiel mit mehreren Attacken bzw. wichtigen freien Aktionen usw..

Was das Beispiel "aus dem Kampf lösen und rennen" betrifft, habe ich das bei Mystix mit FATE-ähnlichen Zonen gelöst:
1.) Wenn man innerhalb einer Zone sich frei bewegen möchte kostet das eine Runde
2.)   -- Sind hindernisse im Weg, dann muss man eine Probe schaffen um den Ort in der Runde tatsächlich zu erreichen.
3.) Externe Zonen zu durchqueren kostet auch eine Runde
4.) Hindernisse wie bei 2.) ebenfalls für extrene Zonen.

Da die Zonen relativ groß sind ist das vergleichsweise großzügig. Da aber fast immer der weg blockiert oder schwierig ist, ist selbst so ein taktisches Manöver oft ein interessantes Quest bei dem (durch die Probe) unterschiedliche Situationen entstehen könnnen. Und darauf kommt es bei dem Ansatz ja schließlich an.
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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #160 am: 2.07.2013 | 19:27 »
In einer typischen Kampfszene in einem Film, bei der mehrere Charaktere auftreten, hält die Kamera auf einen dieser Charaktere, während der etwas interessantes tut, und schwenkt dann zum nächsten. In der Zeit, in der die Kamera bei einer Figur ist, läuft es für die anderen Figuren nicht off-screen weiter, sondern alle wichtigen Handlungen finden statt, während die Kamera oder eben das "Spotlight" bei der jeweiligen Figur ist.
Schön das du das auch so siehst. Hatte leider mein Matrix-Beispiel schon fertig geschrieben.

Ich denke das wichtige hier ist "etwas wichtiges TUN". Das disqualifiziert im Grunde alle Aktionen bei denen man nur abwartet oder Zauber vorbereitet usw. Zumindest entspricht das meiner Spieltisch-Erfahrung, dass das "etwas tun können" wichtiger ist als die genauen zeitlichen Fakten.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 19:30 von scrandy »
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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #161 am: 2.07.2013 | 19:46 »
Ich finds gut, dass die ganze Spotlight und Pacing-Frage jetzt nochmal auftaucht, weil das mMn einer der interessantesten Ansätze dieses Fadens ist, um mit dem vom TE erkannten Problem umzugehen. Das Konzept ist im Grunde so lange relativ frei zu spielen, bis etwas interessantes passiert, um dann dort sowohl was die Regeln betrifft als auch was das Spotlight betrifft konkret bzw komplexer zu werden. Für mich interessant sind dabei vor allem: Wie setzt man dieses "heranzoomen" um und welche Dinge gelten hierbei eigentlich als interessant?

Es ist ganz einfach. [...] Diskutiert nicht. Diskutiert bitte auch nicht über denn Sinn des Threads.

Offline Beral

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #162 am: 2.07.2013 | 19:58 »
Deshalb gibt es sowas wie Bewegungsreichweiten*. Und da ist es eben völlig unerheblich ob die Runde eine Sekunde oder zehn Sekunden dauert. Wichtig ist nur wie weit man in dieser Runde mit seiner Bewegungsaktion kommt.
Kann das Argument überhaupt nicht nachvollziehen. Es ist also völlig unerheblich, ob mein Kämpfer eine Strecke von 20 Metern in 1 oder 10 Sekunden zurücklegt?

In dem Fall sind die Spieler doch synchronisiert. Was hilft der Zwischenschritt: 4 Runden Bewegung -> 12 Sekunden -> Ein Schlag alle drei Sekunden -> 4 Schläge? Warum muss man da unbedingt ne genaue Zeitangabe haben? Das was zählt ist doch die Synchronität wie du es nennst, Verteilung von Spotlight wie ich es nenne.
Die Spieler sind ja nicht synchronisiert, weil sie sich nicht einig sind. :)
Sie sind sich nicht einig, weil sie auf Realismus pochen und davon unterschiedliche Vorstellungen haben. Hier kommt das Regelwerk als Schiedsrichter ins Spiel. Es zwingt die Vorstellungen auf eine einheitliche Linie. Ob diese Vorstellungen dann noch realistisch sind, darf vielfach bezweifelt werden, aber einheitlich sind sie und darauf kommt es auch an.

Und ich habe bei meinen Spielrunden festgestellt, dass es gar nicht so wichtig ist, dass jede Aktion einer Runde gleich lang ist. Letztendlich können sie sogar sehr unterschiedlich lang sein. Wichtig ist nur, dass sich keiner benachteiligt fühlt und das die Illusion von gleichzeitigkeit aufrechterhalten bleibt.
Ja, wenn man sich problemlos einig wird, ist dein System das bessere. Aber wenn die Spieler miteinander wetteifern und die Erbsen zu zählen beginnen, brauchen sie auch ein System, das Erbsen zählt.
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Offline OldSam

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #163 am: 2.07.2013 | 20:22 »
Wenn noch nicht mal klar geworden ist, dass es um die Zeit während des Kampfes geht, bestärkt das nur den Eindruck, dass wir hier nicht vorankommen. Dieser wird weiter dadurch bestärkt, dass das Beispiel natürlich mit der durch die Kampfrunden repräsentierten Zeit gar nichts zu tun hat.

Dazu muss ich antworten Du interpretierst das Beispiel nicht weitsichtig genug, denn was <davor> kam habe ich offen gelassen und es spielt auch keine Rolle, das ist ja das Ding! Wir können hier gerne etwas beliebiges einsetzen wie: "[KR6] X sticht mit seinem Messer den letzten von ihnen nieder. [KR7] Etwas entfernt seht ihr plötzlich.... -> Bezug zu den flüchtenden Personen, Übergang zur nächsten Sequenz. [Ende der KR-Zeit, Zeitsprung]
Im Prinzip ist das überhaupt nichts besonderes, fast alle Gruppen, die ich kenne machen das so, unabhängig vom System, erstaunlich warum das so unverständlich wirkt für Dich...

Ich spiele aber nun mal auch andere Sachen als Paranoia, also ist das nicht zielführend. Womit Du Deine Frage übrigens quasi selbst beantwortet hast (neben den schon vergeblich genannten Vorteilen): Weil ich mit flexiblen Kampfrunden längere Kämpfe visualisieren kann, ohne Tortenschlacht-Stimmung zu erzeugen.

wtf? Das war ein Joke-Beispiel und Du meinst das wohl leider ernst, so whatever...
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 20:30 von OldSam »

Offline scrandy

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #164 am: 2.07.2013 | 20:33 »
Ja, wenn man sich problemlos einig wird, ist dein System das bessere. Aber wenn die Spieler miteinander wetteifern und die Erbsen zu zählen beginnen, brauchen sie auch ein System, das Erbsen zählt.
Ich denke es geht nicht wirklich um besser oder schlechter. Du hattest ja nach Systemen gefragt, die es anders machen und ich hab eben meinen Ansatz gefunden. Der ist sicherlich nicht die Löung für alle und funktioniert wahrscheinlich nur mit einem darauf optimiertem Gesamtsystem.

Ich weiß, dass eine menge Rollenspieler, sei es aus Präferenz oder einfach nur aus Gewohnheit gewisse Denkmuster nicht verlassen wollen oder können obwohl wie du so schön sagst, das Regelwerk letztendlich nur Schiedsrichter spielt und keineswegs das realistischere Ergebnis liefern muss. Das fängt bei 1Schlag=1Aktion an und hört bei 1Kampferfolg=1Treffer auf. Ich finde es auch gar nicht schlimm, dass traditionelle Systeme so sind wie sie sind. So ist für jeden eben was dabei.

Ich persönlich geniesse einfach die zusätzlichen Freiheitsgrade, die ein gröberes System besitzt, andere Spieler vermissen taktische Optionen oder schlicht den Halt ohne Vorgaben zu spielen. So ist das halt.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 20:35 von scrandy »
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Offline OldSam

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #165 am: 2.07.2013 | 20:48 »
nd ich habe bei meinen Spielrunden festgestellt, dass es gar nicht so wichtig ist, dass jede Aktion einer Runde gleich lang ist. Letztendlich können sie sogar sehr unterschiedlich lang sein. Wichtig ist nur, dass sich keiner benachteiligt fühlt und das die Illusion von gleichzeitigkeit aufrechterhalten bleibt.

Ich würde die Zeit, die wir mit einer Aktion verbinden mal plausible Aktionszeit nennen.

Ist vom Ansatz her sehr nachvollziehbar und schön einfach, aber das kommt halt schnell an die Grenzen, wenn Spieler und/oder Spielleiter für eine gute "Illusion" (bzw. ihr Immersionsgefühl) auch mehr Anspruch an die Logik des Spielablaufs stellen, das ist letztlich wie üblich eine Frage von Geschmack bzw. persönlicher Wahrnehmung...
Den einen stört es nicht, dass er nur 1x Schiessen kann, während der Kollege stattdessen eine Granate vom Gürtel zieht, bereit macht und wirft, den anderen schon. Und wenn man dann anfängt, "ok Du kannst stattdessen 2x schiessen" ist man dabei wieder über Zeit zu verhandeln, d.h. man wäre mit einer klaren Definition im Vorfeld IMO besser dran.
Meiner Erfahrung nach funktionieren so lockere Konzepte gut bei Genres, die wenig Action enthalten - wie z.B. storyorientierte Detektivabenteuer - oder wo die Action keinerlei Anspruch auf Logik erhebt bzw. komödiantisch sein kann. Dann kommen solche Immersionsbrüche gar nicht erst auf, denn wir sind es auch z.B. aus TV+Kino gewöhnt, dass in Komödien unlogische Dinge passieren können, solange sie uns ein cooles Entertainment bieten! :)
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 20:52 von OldSam »

Offline Oberkampf

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #166 am: 2.07.2013 | 21:03 »
Das Problem liegt darin, dass man sich angewöhnt hat, in Rollenspielregeln "physikalische Zeit" darzustellen, anstatt "narrative Zeit". Das Beispiel ais dem Filmbereich erklärt es ganz gut, ähnlich funktionieren auch Comics: Da wird eine Aktion dargestellt, die so viele Panels braucht, wie sie braucht - und bei Speedstern kann dass trotz vieler Panels weniger als eine Mikrosekunde sein - und dann wird der Fokus auf die nächste interessante Aktion eines beteiligten Charakters gerichtet.

Dabei besteht natürlich die Gefahr, dass die Zeitverläufe ins Unglaubwürdige abgleiten bzw. den gemeinsamen Vorstellungsraum strapazieren können, aber die besteht bei zeitlich exakt festgelegten Kampfrunden eigentlich auch.
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Offline scrandy

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #167 am: 2.07.2013 | 21:08 »
@ OldSam
Den einen stört es nicht, dass ...
Ja, genau das ist es - persönliches Empfinden. Ich denke nicht das das Granate-Werfen zwangsläufig länger dauert als ein Schuss. Das kommt auf viele Kleinigkeiten an, die man alle kaum simulieren kann:
- Ist die Granate direkt am Gürtel, oder dauert es Zeit sie zu preparieren?
- Ist das Ziel offen zu sehen oder muss ich Zielen?
- Von wo aus bewege ich die Waffe wohin?
- Stehe ich schon perfekt zum Schießen oder muss ich mich gar vorher orientieren oder bewegen?

Ich möchte dir wirklich nicht den Spaß an den Details nehmen, aber ich denke, dass ein gröberes System für seriöse Kämpfe auszuschließen ist zu kurz gedacht. Ich würde sogar behaupten, dass man durch den höheren Freiheitsgrad näher an das Gefühl von Kämpfen rankommt als durch viele fein geregelte Aktionen, weil man nicht nur aus einer vorgefertigten Aktionstabelle auswählt sondern stattdessen öfter ingame denkt und Aktionen ausführt, die sich in der Situation realistisch anfühlen. Natürlich bedient das eine andere Art von Zielgruppe als das durchverregelte taktische Tabletop-ähnliche-Spiel aber es ist keineswegs weniger für detaillierte (und ernsthafte) Kämpfe geeignet als andere Spiele. Und im Grunde ist es auch nicht unrealistischer - es fühlt sich nur für eine gewisse Zielgruppe zu grob an. Für andere wiederum ist es ein Graus, wenn eine gute Idee, die in der Kampfsituation genau passen würde, keine Wirkung zeigt, weil es keine Option im Regelwerk dafür gibt, weil man alles bis ins Detail verregelt hat und eine Regel für die gute Idee vergessen hat.

Wie viele Regelwerke berücksichtigen zum Beispiel, dass man Waffenlosen-Kampf auch mit Waffen durchführen kann, dass man Gegner packen und Werfen kann und dass soziale oder Stealth-Aktionen im Kampf große Wirkung haben können. Stattdessen haben manche Spiele immer noch sowas wie Backstab-Regeln. Unheimlich realistisch.


Außerdem was SLF sagte.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 21:10 von scrandy »
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Offline Galatea

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #168 am: 2.07.2013 | 21:10 »
Ja, aber wenn ihr nicht alle Weltrekordkandidaten im Schnellsprechen seid: Nicht so kurz. Glaub's einfach: 80-100 Worte in 20 Sekunden ist sehr schnelles Reden, etwa wie der Typ in dem Video. In 10 Sekunden, die es angeblich nach der ersten Runde gedauert haben soll, stößt es an die Grenzen des Menschenmöglichen. Eine normale Sprechgeschwindigkeit im Gespräch ohne längere(!) Unterbrechungen sind vielleicht 2 Worte pro Sekunde. Und das ist wie gesagt nur das Sprechen.
Also ich weiß nicht was für ein Scharping ihr sprecht, aber für den den Satz "Ich tret die Tür ein, press mich gegen den Türrahmen und feuer ne Unterlaufgranate in den Flur." brauche ich 4 Sekunden. In normaler Sprechgeschwindigkeit. Ja, ich habe das gerade abgemessen.
Das geistige erfassen der Wertedifferenz Angriff vs Fernkampfschwelle dauert vermutlich ungefähr 3 Sekunden (im Fall der Granate ist es nichtmal notwendig, da sie bei einem so hohen AW und so kurzer Distanz nicht abweicht, Festschaden hat und die ersten beiden Gegner automatisch ausschaltet - da muss man höchstens kurz feststellen ob sich der dritte Gegner auch noch im Explosionsradius befindet) und das rausstreichen der Gegner (oder im Falle eines Bodenplans das entfernen der Figuren) höchstens 5 weitere Sekunden.

Das war auch gar nicht einbezogen. Allein der Sprechakt der von Dir beschriebenen Szene hätte bei einem normalen Gespräch ohne lange Pausen knapp eine Minute gedauert.
WTF? Für den Sprechakt (aller Sätze) brauche ich höchstens 20 Sekunden. Und da hab ich mir schon Zeit gelassen. Ohne Unterbrechungen geht das in 15 Sekunden. Eine Minute für fünf "Sätze" ist so massiv übertrieben, dass ist schlichtweg lächerlich.

Unter der Maßgabe, dass es sich um einen Kampf zwischen einem SC und einem NSC handelt, sehe ich den sehr wohl. Im Übrigen halte ich auch nichts von Regeln, die ich ignorieren muss, um die Welt einigermaßen plausibel emulieren zu können.
Selbst wenn es ein Kampf zwischen einem SC und einem NSC ist stellt sich immernoch die Frage ob es angebracht ist in dieser Situation das Kampfrundensystem anzuwenden. Das ist ungefähr wie wenn ein Charakter einem schlafenden NSC den Kopf abschlägt und der SL "by the rulebook" für Schaden würfeln lässt. Ja, RAW ist es korrekt, aber das heißt nicht dass es angebracht, geschweige denn der Atmosphäre förderlich ist.

Kann das Argument überhaupt nicht nachvollziehen. Es ist also völlig unerheblich, ob mein Kämpfer eine Strecke von 20 Metern in 1 oder 10 Sekunden zurücklegt?
Rein prinzipiell, ja. Es ist nur wichtig welche Distanz er innerhalb einer Runde zurücklegen kann und dass seine Bewegungsrate zumindest ansatzweise mit der Dauer den anderen Aktionen übereinstimmt, die während einer Runde möglich sind.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 21:20 von Galatea »
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Offline OldSam

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #169 am: 2.07.2013 | 21:23 »
@ OldSamJa, genau das ist es - persönliches Empfinden. Ich denke nicht das das Granate-Werfen zwangsläufig länger dauert als ein Schuss. Das kommt auf viele Kleinigkeiten an, die man alle kaum simulieren kann:
- Ist die Granate direkt am Gürtel, oder dauert es Zeit sie zu preparieren? - Ist das Ziel offen zu sehen oder muss ich Zielen?
- Von wo aus bewege ich die Waffe wohin? - Stehe ich schon perfekt zum Schießen oder muss ich mich gar vorher orientieren oder bewegen?

Genau da lieferst Du doch das Beispiel dafür, dass ich es in der Tat sehr schnell und sauber genau so simulieren kann mit einem entsprechenden System, bei GURPS z.B. kann man als erfahrener SL all dies ganz schnell "mit einem Blick" abchecken (also das Beispiel wäre gut aus dem Kopf direkt machbar), weil alles Standardgeschichten sind :)  (*) Somit kann man dann auch eine Aussage treffen, die nicht von subjektiver SL-Einschätzung abhängt und leicht mit dem Spieler-Empfinden kollidieren könnte, sondern von den Autoren mit Playtests und Fachkenntnis geprüft wurden etc., also in den allermeisten Fällen eine sehr gute Grundlage sein wird (Specials, die nicht gut vorhersagbar sind, muss man ja eh ab und an in jedem System "hinzurechnen", aber eine gute Grundlage macht sehr viel aus IMO). Es wird dann v.a. auch direkt geregelt welche Einbußen ich vielleicht in Kauf nehmen könnte, um es doch zu schaffen, z.B. "verzichtest Du darauf die Umgebung im Auge zu halten und Dich verteidigen zu können geht das noch" etc.; all dies kann ein erfahrener Spieler dann auch direkt schon wissen bzw. schnell erfragen ohne dass der SL handwedeln müsste.
Trotzdem bleibt alles letztlich natürlich eine Präferenz wie man es gerne macht...

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« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 21:30 von OldSam »

Offline scrandy

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #170 am: 2.07.2013 | 21:42 »
Ja es ist alles genauer durch Regeln modellierbar. Aber die Frage bleibt trotzdem, ob es in jedem Fall wirklich realistischer wäre und ob der zugewinn an Realismus den Verlust anderer Dinge immer wert ist.

Außerdem muss man auch ganz klar sagen, dass bei so viel Aufwand für so vergleichsweise unwichtige Dinge die Aufmerksamkeit von Spieler und SL von anderen Dingen abgezogen wird. Das kann sowas sein wie Beschreibung, Inszenierung oder schlicht Charakterspiel.

Das Problem ist halt, dass Charakterspieler immer mit Lagerfeuer und Taverne gleichgesetzt werden und Inszenierung oft mit Railroading gleichgesetzt wird. Aber auch ein guter Kampf muss gut inszeniert werden, sowohl von der Beschrebung her als auch von der KI und fordernden Aktionen der Gegner. Und wenn Spieler aufhören im Kampf ihre Rollen zu spielen, weil sie zu viel überlegen müssen mit welchen Regelmechanismen sie jetzt was machen, dann geht da definitiv was verloren.

Letztendlich ist die Frage, was einem wie wichtig ist. Mir persönlich ist es allerdings sehr wichtig auch in Actionszenen diese zu spüren und die Charaktere und die Bedrohung zu erleben. Ich möchte nicht in Kämpfen das ROLLENspiel abschalten und ein Tabletop auspacken.
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Offline Beral

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #171 am: 2.07.2013 | 22:28 »
Rein prinzipiell, ja. Es ist nur wichtig welche Distanz er innerhalb einer Runde zurücklegen kann und dass seine Bewegungsrate zumindest ansatzweise mit der Dauer den anderen Aktionen übereinstimmt, die während einer Runde möglich sind.
Merkst du es? Du forderst genau das, was du argumentativ widerlegen willst. Inklusive Realismusanspruch. ;)

Ja es ist alles genauer durch Regeln modellierbar. Aber die Frage bleibt trotzdem, ob es in jedem Fall wirklich realistischer wäre und ob der zugewinn an Realismus den Verlust anderer Dinge immer wert ist.
Mein Eindruck verfestigt sich, dass die entscheidende Frage ist, ob die Spieler gegeneinander zocken oder nicht. Sobald sie es tun, brauchen sie konkrete Regeln, deren Rahmen sie nicht verlassen dürfen (so wie bei den Brettspielen). Das schränkt die Freiheitsgrade ein und kann unschöne Blüten treiben, je komplexer es wird, aber es erfüllt immerhin die Schiedsrichterfunktion und ohne die wäre der Anspruch des gegeneinander zockens gar nicht zu erfüllen.

Die Wettkampforientierung ist die unkompliziertere. Die Position der Charaktere wird mit denen der Spieler gleichgesetzt. Für den anderen Fall, für den man auch keine Schiedsrichterregeln benötigt, gilt die herausfordernde Vorbedingung, dass alle Spielteilnehmer relativ strikt trennen zwischen Spielwelt und Spieltisch und in den beiden Sphären konträre Haltungen annehmen: Konflikte in der Spielwelt, Kooperation am Spieltisch.

Systemisch stabil ist der Zustand, bei dem man nicht trennen muss. Kein Wunder also, dass alle Rollenspiele mit wirklich großer Reichweite auf dieser Vorbedingung aufbauen und dazu passende Regeln mitbringen. Spiele wir Mystix werden auch weiterhin ein Nischendasein fristen müssen, nicht weil sie schlecht sind, sondern weil sie zum Funktionieren eine psychosoziale Konstellation voraussetzen, die sich ungern einstellt und leicht ins Wanken gebracht werden kann. Bildlich kann es so verdeutlicht werden:

Ein stabiles System. Die Kugel bleibt in der Senke liegen. Das ist die Voraussetzung für D&D-Artige.

Ein labiles System. Die Kugel will nicht bleiben, wo sie ist, sondern neigt dazu, zu einer Seite abzukippen. Das ist die Voraussetzung für Mystix-Artige.
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Offline OldSam

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #172 am: 2.07.2013 | 22:44 »
Ja es ist alles genauer durch Regeln modellierbar. Aber die Frage bleibt trotzdem, ob es in jedem Fall wirklich realistischer wäre und ob der zugewinn an Realismus den Verlust anderer Dinge immer wert ist.
...
Realistischer (natürlich sowieso nie perfekt) und v.a. in sich konsistenter ist es mit einem guten Regelwerk aus meiner Sicht sicherlich beim Großteil der Fälle, aber natürlich nicht immer, klar. Zudem erfordert allein schon die Situationsbewertung (also auch die Bewertung des Regelwerks in dem Kontext) ja jeweils gewisse Fachkompetenzen, die nicht immer da sein können, so dass der SL hier durch das Regelwerk auch entlastet wird und sich nicht unbedingt mit Physik, mittelalterlicher Geschichte, Medizin, Materialkunde und Kampfkunst gleichermaßen gut auskennen bzw. nicht in Diskussionen mit den Spielern nach Lösungen suchen muss ;)
Die andere Frage ist letztlich "Philosophie", v.a. hängt ja so vieles daran und nicht nur ein potentieller Simulationsanspruch - bspw. diverse taktische Optionen zu haben ist auch von vielen Spielern gewünscht, die auf Sim keinen Wert legen, aber halt die gamistische Herausforderung wollen usw. usf.

Letztendlich ist die Frage, was einem wie wichtig ist. Mir persönlich ist es allerdings sehr wichtig auch in Actionszenen diese zu spüren und die Charaktere und die Bedrohung zu erleben. Ich möchte nicht in Kämpfen das ROLLENspiel abschalten und ein Tabletop auspacken.
Ich will i.d.R. auch kein Tabletop, wobei ich oft aber auch viel Taktik mit im Spiel haben will. Aber Du hast schon recht, es ist dann in der Tat nicht ganz einfach immer alles unter einen Hut zu kriegen... Persönlich bin ich aber eigentlich zufrieden wie das bei meinen Runden läuft.  Auf Spielerseite fördere ich sehr atmosphärische bzw. coole Beschreibungen durch implizite Boni und lege den Spielern immer nahe so zu denken wie das was sie in Wirklichkeit in dieser Situation tun würden, das ist dann eigentlich auch immer regeltechnisch eine gute Aktion.
Für Spieler, die die Regeln nicht im Blut haben setze ich das im Kopf on-the-fly um, so dass sie nur ihren Wert haben und würfeln, ohne sich mit mechanischen Details zu belasten. Meinetwegen kommt sowas wie: "Ich stürme mit einem wütenden Schrei die verbleibenden 3 Schritte auf Ihn zu, reisse den Säbel hoch und schlage direkt auf seinen Schwertarm!" Dann frage ich ggf. kurz ein nötiges Detail nach, um es taktisch einzuordnen: "Wirfst Du Dich mit maximalem Einsatz - aber auch hohem Risiko ohne etwas zurückzuhalten - in den Angriff oder versuchst Du auch noch Dich dabei zu schützen?" - "Mir ist jetzt alles egal, ich sehe rot und will ihn vernichten!" (Dann weiss ich sofort für mich: Gezielte All-out-Attack - keine Verteidigung möglich, dafür +4, mit Abzug von -2 für den Arm, ergo +2 für den Angriffswurf) - "Ok, Angriff erleichtert um 2..." - und sobald die Aktion dann aufgelöst ist, liefere ich eine anschauliche Beschreibung des Resultats, "Dein Säbel dringt tief in sein Fleisch ein und mit schmerzverzerrtem Gesicht und einem unterdrückten Aufschrei lässt er seine Klinge fallen..."
Auf diese Weise ist es eine Kombination wo Taktik und immersive Beschreibungen idealerweise beide so gut wie möglich einbezogen werden, aber es stimmt natürlich grundsätzlich immer, dass es ganz ohne taktische Überlegungen leichter ist im reinem Feeling zu bleiben - ich gehöre allerdings zu der Spielergruppe die auf beides nicht verzichten will  :P
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 22:50 von OldSam »

Offline Galatea

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #173 am: 2.07.2013 | 22:48 »
Merkst du es? Du forderst genau das, was du argumentativ widerlegen willst.
Nein, ich sage lediglich, dass die Bewegungsreichweite mit der Zeitdauer der anderen möglichen Handlungen halbwegs übereinstimmen sollte. Ich sage NICHT (!) dass exakt definiert sein muss wie lange eine Kampfrunde dauert. Aber wenn ich in einer Kampfrunde eine Salve aus einem Sturmgewehr abgeben oder 500 Meter rennen kann - dann passt das einfach nicht zusammen.
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 22:50 von Galatea »
"Ah, they're going 65. So they should be there in 3 BILLION years."

Wulfhelm

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Re: Kampfsysteme - warum so feinkörnig?
« Antwort #174 am: 2.07.2013 | 22:59 »
Also ich weiß nicht was für ein Scharping ihr sprecht, aber für den den Satz "Ich tret die Tür ein, press mich gegen den Türrahmen und feuer ne Unterlaufgranate in den Flur." brauche ich 4 Sekunden. In normaler Sprechgeschwindigkeit.
Erstmal: In dem "Scharping", das wir sprechen, sagen wir "trete", "presse" und "feuere", und wenn wir ganz Snob sind, auch mal "eine".

Anyways: Wenn Du das in Deiner Gruppe irgendwie so hinkriegst, klasse für Dich. Objektiv ist das ein erheblich überdurchschnittliches Tempo (wobei Du natürlich das für so einen kurzen Zeitraum und vermutlich im Eigenversuch unter Zuhilfenahme lediglich einer Sekundenanzeige sowieso nicht messen kannst.) Stell' einfach mal ein nicht-gestelltes Rundenvideo ein, dann transkribieren und messen wir ein wenig...

Zitat
Selbst wenn es ein Kampf zwischen einem SC und einem NSC ist stellt sich immernoch die Frage ob es angebracht ist in dieser Situation das Kampfrundensystem anzuwenden. Das ist ungefähr wie wenn ein Charakter einem schlafenden NSC den Kopf abschlägt und der SL "by the rulebook" für Schaden würfeln lässt. Ja, RAW ist es korrekt.
Wenn ich in einem Kampf zwischen SC und NSC die für Kämpfe zwischen SC und NSC gedachten Regeln nicht anwende, weil sie offensichtlich unplausible oder für meinen Spielstil unpassende Ergebnisse erzeugen, dann komme ich doch vernünftigerweise auf die Idee, dass die Regeln nichts taugen - wenn ich mit bestimmten Regelkonzepten nicht verheiratet bin.
Wenn die Regeln für Meuchelmord an wehrlosen Zielen sowas wie verdoppelten Schaden vorsehen und das schon bei mittelstufigen Charakteren heißt, dass man sie nicht im Schlaf ermorden kann, dann würde ich ebenfalls sagen, dass die Regel nichts taugt.

Wobei wir bei einem weiteren Grund für die kleinschrittigen Kampfrunden wären: Rollenspieler sind konservativ.  >;D

Dazu muss ich antworten Du interpretierst das Beispiel nicht weitsichtig genug, denn was <davor> kam habe ich offen gelassen und es spielt auch keine Rolle, das ist ja das Ding!
Doch, das spielt schon eine Rolle. Sonst hätte ich nicht danach gefragt. Und in Deinem neuen Beispiel hast Du mit dem Niederstechen des letzten Gegners ganz kkar das Ende eines vorhergehenden Kampfes vorher gesetzt und so mit zum x-ten Male klargemacht, dass Du nicht rallst, wovon ich rede.

Zitat
wtf? Das war ein Joke-Beispiel und Du meinst das wohl leider ernst,
Nein, die Antwort war doch offensichtlich ironisch. Wobei das in der Tat eine Art von "ernst" ist, denn die Ironie sollte Dir ernsthaft nahe bringen, was von Deinem "Joke-Beispiel" zu halten ist...
« Letzte Änderung: 2.07.2013 | 23:52 von Wulfhelm »