Autor Thema: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen  (Gelesen 30858 mal)

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #25 am: 5.07.2013 | 10:41 »
Wenn ich aber doch ein Zufallselement aktiviere, die Ergebnisse aber nicht anwenden will (weil sie zufällig sind), warum aktiviere ich dann überhaupt dieses Zufallselement?
Weil das Teil der Illusion ist. Genauso wie die brennende Kerze, die unheilschwngere Mucke im Hintergrund und die detailierten Beschreibungen des SL.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #26 am: 5.07.2013 | 10:41 »
Der einzige Grund für mich, Regeln zu umgehen, ist Faulheit (wohlmeinend könnte man auch sagen "Effizienzerwägungen") - ich will die Regeln nicht anwenden, weil sie Zeit fressen und der simulatorische/spielerische Gewinn, den ich aus ihnen ziehe, den Aufwand nicht lohnen. WENN ich denke, dass es sich lohnt, eine Regel einzusetzen, dann tue ich das auch und dann halte ich mich auch an das so generierte Ergebnis. In der Regel informiere ich die Spieler aber darüber, dass ich jetzt mal "fünfe grade sein lasse" und gebe so Möglichkeit zum Einspruch. Wenn ich schon die Würfel in die Hand genommen habe, gibt es für mich auch keinen nachvollziehbaren Grund mehr, an diesen zu drehen - insbesondere wenn es nur darum geht, Absprachen einzuhalten wie "SCs können nicht sterben". Diese Absprache ist doch in jedem Fall die Regel mit der überlegenen Wirkmacht. Selbst wenn der SC auf -drölf HP ist, sterben wird er nicht.

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #27 am: 5.07.2013 | 10:49 »
Wenn ich aber doch ein Zufallselement aktiviere, die Ergebnisse aber nicht anwenden will (weil sie zufällig sind), warum aktiviere ich dann überhaupt dieses Zufallselement?

Die Frage ist doch: möchtest Du zusätzliche Regelelemente wie z.B. Gummipunkte in das Spiel einführen? Das formalisiert das Spiel weiter. Einige mögen das, andere nicht. Oder überlasst Ihr diese Regelung in Eurer Runde dem SL, der damit nach Gutdünken, also willkürlich, verfährt. Offensichtlich gibt es viele Leute in Rollenspielforen, die unfassbar schlechte Erfahrungen mit Spielleitern gemacht haben und deshalb unter allen Umständen eine formale Lösung über zusätzliche und verbindliche Regeln bevorzugen.

Luxferre sieht das offensichtlich anders:
Wenn ich also in diversen Diskursen lese, wie empfindlich auf solches Verhalten reagiert wird, dann muss ich oft lachen bei der Vorstellung sojemand säße in unserer Runde.

Für unsere Runde betrachten wir das ebenfalls total entspannt. Ich kann mir jedenfalls wirklich so überhaupt gar nicht bei uns vorstellen, dass auf einmal einer der Spieler aufspringt und sich über willkürliche Behandlung seitens des SL aufregt. Klar gibt es auch mal Konflikte am Spieltisch. Aber die werden dann halt ebenso gemeinschaftlich wie kompetent und freundschaftlich gelöst und weiter gehts. Gummipunktregelungen bringen da zumindest für unsere Runde nix. Ich kann mich auf meinen SL vollumfänglich verlassen und bringe ihm persönlich hohe Wertschätzung entgegen.

Ich gebe mal ein ganz konkretes Beispiel:
In einer meiner Runden bin ich zusammen mit 3 Anfängern der vierte Spieler. Der SL ist der Patenonkel meiner Tochter. Er hat noch nicht viel Erfahrung als SL, gibt sich große Mühe und biegt sich unterwegs manchmal die Regeln/Situationen so zurecht, dass es ihm besser in den Kram passt. Ich bemerke das bisweilen und finde das nicht nur vollkommen okay, sondern spiele ihn dann gezielt so an, dass es schön weitergeht. Betrügt der mich womöglich? Never. Der Typ ist ein verdammt guter Freund und ich vertraue ihm vollkommen. Er hat einen Schlüssel zu meinem Haus, eine Bankvollmacht für meine Konten und meine Tochter fährt gerne mit ihm im Urlaub. Und der soll jetzt ein schlechter Mensch sein, bloß weil er beim Rollenspiel manchmal was so dreht, dass es ihm besser in den Kram passt? Hey: alle 4 Spieler in der Runde finden das wirklich vollkommen, vollkommen, vollkommen in Ordnung und freuen sich über den schönen Abend. Entsprechend geht es mir aber persönlich auf den Sack, wenn irgendwelche Typen im Internet dann solcherlei Handlungen mit irgendwelchen schlechten Persönlichkeitseigenschaften oder Betrugsvorwürfen verbinden. Ich denke dann an den Patenonkel meiner Tochter und meine innere Stimme raunt mir zu: "Was bilden sich die A...löcher eigentlich ein?"

Offline Tudor the Traveller

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #28 am: 5.07.2013 | 10:53 »
Weil das Teil der Illusion ist. Genauso wie die brennende Kerze, die unheilschwngere Mucke im Hintergrund und die detailierten Beschreibungen des SL.
Du fieberst doch auch bei einem Hollywoodfilm mit, obwohl Du weisst, dass es ein Happy End geben wird.

Das ist ein interessanter Gedanke... den mus ich erstmal verarbeiten  ;)

Du sagst also hier, dass die Anwendung der Regel keinen mechanischen sondern einen atmosphärischen Zweck verfolgt.

@Wellentänzer: wie sagt Brecht so schön: Vertrauen erschöpft sich, wenn man es in Anspruch nimmt. Was ich damit sagen will: es nimmt imo beträchtliche Verantwortung und vor allem Druck vom SL, wenn er einfach Regeln befolgen kann. Damit leitet und spielt es sich mE angenehmer.
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 10:57 von Tudor the Traveller »
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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #29 am: 5.07.2013 | 10:58 »
Ich glaube wellentänzer, dass du dir das so hinbiegst wie es dir gerade in den kram passt und dss wir, die eben mehr auf die regeln pochen hier quasi als schwarze männer abgestempelt werden.

Du kannst und auch die community kann doch ihre runden spielen wie sie will. Ob mit oder ohne würfeldrehen. Wenn es die besten freunde machen und du findest es okay, supi das spiel läuft alle haben spass und die goldene regel ist erfüllt aber ich möchte eben in meinen runden, dass sich an dasregelwerk gehalten wird und klar habe ich ab und an fehlen mir die regeln im hinterkopf und improvisiere rein und sage, dass wir sie, wenn sie kein spieler kennt, eben nach der szene nachlesen können.
Deenoch sehe ich mich als sl nicht als illusionist, der die spieler  mit würfelmanipulationen betricksen muss. Nein ich sehe mich als moderator, schiedsrichter, geschichtenerzähler und dabei ist es in meinen augen eben wichtig, dass ich und die spieler die regeln einhalten aber das ist in meinen runden der fall, wenn ihr das anders in euren seht ist das okay aber ich persönlich möchte ein faires spiel wo alle die selben regeln haben, sonst könnte man auch schummelwürfel für bestimmte situationen erlauben

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #30 am: 5.07.2013 | 10:59 »
Du sagst also hier, dass die Anwendung der Regel keinen mechanischen sondern einen atmosphärischen Zweck verfolgt.
In diesem Fall: natürlich!
EDIT: Ich störe mich bei Deiner Frage an dem Punkt "keinen mechanischen[Zweck]". Der mechanische Zweck ist immer vorhanden. Hier ist der mechanische Zweck das Bilden von Athmosphäre. Das "Würfel drehen" hebelt nur nicht erwünschte Dynamiken aus.
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 11:06 von 6 »
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Wellentänzer

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #31 am: 5.07.2013 | 11:00 »
@Wellentänzer: wie sagt Brecht so schön: Vertrauen erschöpft sich, wenn man es in Anspruch nimmt. Was ich damit sagen will: es nimmt imo beträchtliche Verantwortung und vor allem Druck vom SL, wenn er einfach Regeln befolgen kann. Damit leitet und spielt es sich mE angenehmer.

Das mag der Unterschied sein. Vertrauen in Bezug auf den Patenonkel meiner Tochter wird sich über seine Funktion als SL in unserer Runde mit Sicherheit nicht erschöpfen. Außerdem ist das zwar ein schönes Brecht-Zitat, doch empirisch ist es genau andersherum: Misstrauen zerstört Vertrauen, Vertrauen fördert Vertrauen. Wenn also in einer Runde durch diverse Abmachungen und sakrosankte Regeln ein Klima des Misstrauens gesät wird, wirkt sich das zerstörend auf ein vertrauensvolles Miteinander aus. Dazu kann ich Dir bei Bedarf sogar Quellen nennen.

Du kannst und auch die community kann doch ihre runden spielen wie sie will. Ob mit oder ohne würfeldrehen. Wenn es die besten freunde machen und du findest es okay, supi das spiel läuft alle haben spass und die goldene regel ist erfüllt aber ich möchte eben in meinen runden, dass sich an dasregelwerk gehalten wird

Das ist selbstredend vollkommen in Ordnung. Das würde ich niemals jemandem absprechen. Nur die Marginalisierung von Menschen, die das anders halten, finde ich halt blöd.
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 11:01 von Wellentänzer »

Offline Selganor [n/a]

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #32 am: 5.07.2013 | 11:02 »
Wenn ich aber doch ein Zufallselement aktiviere, die Ergebnisse aber nicht anwenden will (weil sie zufällig sind), warum aktiviere ich dann überhaupt dieses Zufallselement?

Weil es mehrere Moeglichkeiten gibt ich mich aber (zumindest zu dem Zeitpunkt zu dem ich wuerfle noch) nicht vor dem Wurf auf eine Moeglichkeit einschiessen will.

Wenn dann ein Ergebnis kommt das einfach "unpraktisch" wird (z.B. der Pilotenwurf beim "Random Encounter" Asteroidenguertel bevor das Abenteuer losgeht gibt trotz Spitzenwurf doch noch einen Treffer aufs Schiff der dann durch Ueberwurf einen kritischen Treffer auf den Reaktor als Folge hat und das Raumschiff explodiert und es gibt einen TPK bevor das Abenteuer ueberhaupt losgeht - nicht mein Beispiel habe ich mal so irgendwo (Editorial im Dragon?) gelesen) dann wird es einfach zu was "passendem" geaendert frei nach "Was nicht passt wird passend gemacht"...

Ich habe auch oft von Leuten die lange Rolemaster gespielt haben gehoert, dass da oft die Spielleiterwillkuer in Form von SL-Ansage: "Wuerfel nochmal!" fuer "problematische" Wuerfelergebnisse gemacht wurden...

Auch diese Form von SL-Willkuer gibt es ;)
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Offline Hanfmann

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #33 am: 5.07.2013 | 11:03 »
Du fieberst doch auch bei einem Hollywoodfilm mit, obwohl Du weisst, dass es ein Happy End geben wird.
Weil ich diese Frage interessant finde und denke, dass es einen gewichtigen Unterschied zwischen Film und Rollenspiel gibt:
Wenn offensichtlich ist, dass dem Protagonisten nichts passieren kann nicht. Im schlimmsten Fall schlägt die ganze Spannung direkt in Langeweile um, weil ja klar ist, dass er diese Situation sowieso überlebt, egal wie hoffnungslos sie ist.
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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #34 am: 5.07.2013 | 11:09 »
Als Spieler hätte ich übrigens auch wenig Probleme damit, wenn der SL *ein wenig* an den Würfeln dreht, um das Spiel am Laufen zu halten. Doof ist es, wenn der SL an den Würfeln dreht, um "seine" Charaktere gewinnen zu lassen, um seine Macht über die Spielwelt und die Geschichte noch zu verstärken und so die Einflüsse, die die Spieler einbringen, zu negieren. Die moralische Bewertung solcher Aktionen sollte man anhand der Motive vornehmen, aus denen der SL zum Regel ignorieren, brechen oder biegen kommt. Eventuell könnte man da mal eine Sammlung aufmachen und ein paar Dos and Don'ts aufstellen. (lieber in einem anderen Thread)

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #35 am: 5.07.2013 | 11:13 »
Wenn offensichtlich ist, dass dem Protagonisten nichts passieren kann nicht. Im schlimmsten Fall schlägt die ganze Spannung direkt in Langeweile um, weil ja klar ist, dass er diese Situation sowieso überlebt, egal wie hoffnungslos sie ist.
Ihr geht immer vom "schlimmsten Fall" aus. Geht doch mal vom besten Fall aus. Im besten Fall hat das Regelwerk eine gewisse Spannung durch die mögliche Tödlichkeit aufgebaut, bei der die Spieler aber dem SL vertrauen können, dass diese Tödlichkeit niemals passieren kann.

Wenn Du das Filmbeispiel nicht zulässt, dann nimm Bungee-Springen. Ein Teil des Nervenkitzel besteht darin, dass Du da auf den Boden knallen könntest. Trotzdem vertraust Du dem Bungee-Betreiber, dass das nicht passieren wird. Gleicher Trick. Und ich wette dass Du Bungeespringen die Spannung nicht absprechen wirst.
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 11:15 von 6 »
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Offline Edwin

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #36 am: 5.07.2013 | 11:15 »
Es ist spannend zu sehen, dass sich dieser Threat in seiner richtungsmäßigen Verteidigung des Würfeldrehens im Prinzip liest wie einer, der hier vor 7 Jahren entstanden sein könnte...und so vor etwa 2 Jahren nie möglich gewesen wäre. Es kommt doch alles wieder  :)

Ich persönlich bin grundsätzlich der Meinung dass Spielmechaniken so einfach und so breit anwendbar sein sollten wie möglich. Spielmechaniken die nicht nötig sind, sollten weg gelassen werden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie wie beim Würfeldrehen/Ignorieren so wie so keine Rolle spielen.

Entsprechend bin ich inzwischen grundsätzlich bei sehr einfachen Systemen fürs Spielleiten gelandet, deren sämtliche Spielmechaniken ich auch anwende und die dann die entsprechenden Konsequenzen haben. Statt Würfe zu ignorieren bin ich eher vor bestimmten Systemen geflohen. Damit meine ich solche ausufernde Systeme, bei denen ich eben nicht mal schnell ohne Vorbereitung einer vollkommen anderen Situation als erwartet gerecht werden kann.

Grundsätzlich bin ich davon ab gekommen, eine Rollenspielgeschichte als Hollywoodabend sehen zu wollen. Rollenspiel hat für mich andere Reize.
Dementsprechend sterben SC auch mal, Oberbösewichte werden nach zwei Runden niedergemacht und diese verdammten Kobolde sind viel gefährlicher als gedacht.

Ich habe es als faszinierend erlebt, dann einfach zu schauen: na, wie könnte es denn jetzt weiter gehen?
Inzwischen ist das für mich der Hauptreiz am Spielleiten, dass man eben in diese unerwarteten Situationen geworfen wird, die eben gerade nicht dem Hollywood-Script folgen.



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Offline First Orko

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #37 am: 5.07.2013 | 11:16 »
Ihr geht immer vom "schlimmsten Fall" aus. Geht doch mal vom besten Fall aus. Im besten Fall hat das Regelwerk eine gewisse Spannung durch die mögliche Tödlichkeit aufgebaut, bei der die Spieler aber dem SL vertrauen können, dass diese Tödlichkeit niemals passieren kann.

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #38 am: 5.07.2013 | 11:19 »
Naja, du nimmst die Tödlichkeit aus der Realität am Spieltisch, für die Spielercharaktere selbst ist Tödlichkeit natürlich trotzdem Realität, es sei denn, irgendein Troll am Tisch transportiert die Information, dass man nicht sterben kann nach ingame.

Offline First Orko

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #39 am: 5.07.2013 | 11:22 »
Ich habe es als faszinierend erlebt, dann einfach zu schauen: na, wie könnte es denn jetzt weiter gehen?
Inzwischen ist das für mich der Hauptreiz am Spielleiten, dass man eben in diese unerwarteten Situationen geworfen wird, die eben gerade nicht dem Hollywood-Script folgen.

This! Gilt für mich, wie für meinen derzeitigen SL! Es scheint mir, als hätten viele SL eine gewisse Angst vor dieser Unsicherheit und ich frage mich immer, woran das liegt.
Habt ihr denn diese Art Spiel schon ausprobiert und derart schlechte Erfahrungen gemacht, dass ihr die Finger davon lasst?
Ist der Knackpunkt, dass damit eine Abkehr von den üblichen Klischees einhergeht wie Goblins = Schwertfutter, fieser Bösewicht = stirbt beim Endkampf oder "riskante Situation gelingt wenn heldenhaft genug usw" und man sich damit nicht anfreunden kann?
Oder allgemein Gemütlichkeit und der Drang nach Sicherheit und dem "haben wir schon immer so gemacht, funktioniert also"?

es sei denn, irgendein Troll am Tisch transportiert die Information, dass man nicht sterben kann nach ingame.

Das passiert durch die Handlungen, die durch die Spieler bestimmt werden doch automatisch. Wenn ich weiß, dass ich nicht sterben kann nehme ich u.U. ganz andere Optionen in Anspruch. Daraus KANN sich natürlich ergeben, dass der Kampf vermeintlich "spannenderer" wird aber eigentlich wirkt es "nur" abwechslungsreicher, die wirkliche Spannung ist raus.
Das ist natürlich auch abhängig davon, wie sehr das System riskante Aktionen belohnt, wenn sie "cool" genug sind.
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 11:25 von Orko »
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Offline sir_paul

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #40 am: 5.07.2013 | 11:24 »
@Dolge: Soll das Spiel denn für die Charaktere oder für die Spieler spannend sein?

Offline Scimi

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #41 am: 5.07.2013 | 11:25 »
Aus meiner Sicht ist es die primäre Aufgabe des SL, den Spielfluss am laufen zu halten. Dass es einen SL gibt, der steuernd eingreift und Bauchentscheidungen trifft, unterscheidet Rollenspiel von einem Computer-RPG, einem kooperativen Brettspiel oder einem Spielbuch.

Ich sehe das als Vorteil. Wenn der Koch der Meinung ist, dass da noch Salz ins Essen muss, dann ist es mir ja auch egal, ob das so im Rezept stand, solange es schmeckt.

Wenn ein SL allerdings macht, was er will, weil er gewinnen will, weil er sich nicht mit dem Setting und den Regeln beschäftigt hat, weil im völlig egal ist, was die Spieler wollen oder machen, weil ihn die Situation überfordert oder weil er bekloppt ist, dann bezweifle ich, dass "Dienst nach Vorschrift" daran etwas verbessert.

Offline Tudor the Traveller

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #42 am: 5.07.2013 | 11:27 »
Weil es mehrere Moeglichkeiten gibt ich mich aber (zumindest zu dem Zeitpunkt zu dem ich wuerfle noch) nicht vor dem Wurf auf eine Moeglichkeit einschiessen will.

Das ist mir klar. Ich weiß, ich betrachte die Frage von einem sehr grundlegend-theoretischen Standpunkt. Aber wenn die Bandbreite der Ergebnisse unpassend ist, dann benutze ich ein falsches Instrument. Ich muss dann eben ein Zufallselement verwenden, dessen mögliche Ergebnisse die erwünschte Bandbreite liefern.

@6: wir müssen uns nicht an der Definition von "Zweck" aufhalten. Ich würde in deiner Antwort nicht von Zweck sondern von Funktion sprechen (weil ein Zweck im Motiv begründet liegt), aber das ist hier eher irrelevant...
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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #43 am: 5.07.2013 | 11:27 »
Dann ist die Tötlichkeit unmöglich ;)
Und ein Zauberkünstler kann nicht zaubern. Trotzdem bestaunen wir alle seine Zauberkunststücke. ;)
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 11:30 von 6 »
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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #44 am: 5.07.2013 | 11:28 »
@Dolge: Soll das Spiel denn für die Charaktere oder für die Spieler spannend sein?

Die Frage stellt sich nur, wenn man der Meinung ist, Tödlichkeit sei für Spannung verantwortlich und nicht zahlreiche andere Faktoren. Man kann immer noch "verlieren", ohne gleich den Charakterbogen zu zerreißen. Ich negiere ja nicht jeglichen Gamismus, ich gestehe nur zu, dass es Spieler gibt, die so sehr an ihren Charakteren hängen, dass es ihren Spielspaß zerstört, wenn man ihnen diese einfach wegnimmt. Wer das nicht kapieren will und darauf pocht, dass das Spiel nur Spaß machen *kann* wenn man es doch tut, ist imho ein ziemlich armes Würstchen :)

(nur um mich einzuordnen: Ich habe seit sicher fünf Jahren in keiner Runde mit so einer Sonderregel gegen Charaktertode gespielt, will aber weiterhin vor dem Start jeder neuen Runde/ Kampagne die Spieler selber entscheiden lassen, ob sie das wollen/brauchen oder nicht)
« Letzte Änderung: 5.07.2013 | 11:32 von Dolge »

Offline sir_paul

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #45 am: 5.07.2013 | 11:31 »
Das sehe ich auch so (neben dem Tod gibt es noch andere Arten zu verlieren)!

Dann verstehe ich jetzt allerdings nicht, was du mit diesem ingame/outgame zum ausdruck bringen wolltest!
Falls du magst, wäre ich an einer Erklärung interessiert!

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #46 am: 5.07.2013 | 11:33 »
Ich wollte nur klarstellen, dass es verschiedene Quellen für suspense geben kann. Man kann das mit ausreichend Phantasie durchaus auch aus der Sicht der Charaktere ziehen.

ChaosAmSpieltisch

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #47 am: 5.07.2013 | 11:34 »
Mir liegt viel beim Rollenspiel daran, eine Geschichte gemeinsam in der Gruppe zu erzählen. Die Geschichte soll dabei nicht feststehen am Anfang des Abends.

Die Regeln (der Gruppe, die sind nicht zwangsweise RAW) sind dabei ein wichtiges Element, das begründet, dass die Geschichte nicht feststeht.

Die Geschichte entsteht also aus dem Zusammenspiel von Regeln, Spielern und Spielleiter. Die Spieler entscheiden für die SCs (und im gewissen Rahmen auch für angegliederte NSCs), der SL für alle anderen Charaktere die auftreten. Die Regeln klären wie die Begegnungen ablaufen. Und die Regeln können in den Tod führen.

Nun soll der Tod natürlich nicht an jeder Ecke lauern, sondern nur an entschiedenen Ecken.

Also lass ich als SL nur die Szenen spielen, die ich als wichtig empfinde. Und jeder Spieler kann natürlich sagen, er möchte die Szene nun spielen, dann wird sie wichtig.

Offline First Orko

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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #48 am: 5.07.2013 | 11:39 »
Die Frage stellt sich nur, wenn man der Meinung ist, Tödlichkeit sei für Spannung verantwortlich und nicht zahlreiche andere Faktoren. Man kann immer noch "verlieren", ohne gleich den Charakterbogen zu zerreißen. Ich negiere ja nicht jeglichen Gamismus, ich gestehe nur zu, dass es Spieler gibt, die so sehr an ihren Charakteren hängen, dass es ihren Spielspaß zerstört, wenn man ihnen diese einfach wegnimmt. Wer das nicht kapieren will und darauf pocht, dass das Spiel nur Spaß machen *kann* wenn man es doch tut, ist imho ein ziemlich armes Würstchen :)

Okay, unter der Prämisse würde ich zustimmen. Sprich: Wenn zwar Würfel ignoriert/gedreht werden, aber der Ausgang eine ausreichend negative Folge hat und es nur dazu dient, die SCs am Leben zu erhalten - okay.

In den Runden wo Würfel gedreht wurden habe ich die Kämpfe aber stets als "Leben oder Tod" wahrgenommen. Wenn der Charaktertod dort eben negiert wurde führte das in letzter Konsequenz also dazu, dass die SCs eben gewinnen. Das ist natürlich auch hinreichend unflexibel, aber eine angemessene Konsequenz für einen abgewendeten Charaktertod herzuleiten halte ich jetzt auch nicht für einfacher, als gleich ganz offen zu spielen.

Ich habe übrigens auch schon erlebt, dass ein Spieler nach einer eher hanebüchenen Begründung, warum sein SC trotz vermiesten Wurf in einer unwahrscheinlichen Situation doch überlebt hat später sagte, dass es wohl doch besser gewesen wäre, wenn er den Tod zugelassen hätte.
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Re: Spielleiterwillkür - Definition und Meinungen
« Antwort #49 am: 5.07.2013 | 11:40 »
Habt ihr denn diese Art Spiel schon ausprobiert und derart schlechte Erfahrungen gemacht, dass ihr die Finger davon lasst?
Im Gegenteil! Wenn Du als SL versuchst meinen Charakter am Leben zu erhalten, obwohl der Würfelwurf was Anderes sagt, dann werde ich richtig garstig.
Aber ich weiss, dass für viele Spieler der Verlust des Charakters ein  No-Go ist, sie aber trotzdem das Gefühl haben wollen, dass ihr Charakter sterben könnte. Dass ist ne reine Suspension of Disbelief-Sache.
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