Eine Demarkationslinie in der ganzen Debatte scheint mir ja ohnehin die Gewichtung von Narration und inhaltlichem Erleben einerseits sowie Gamismus und Simulation andererseits zu sein. Es gibt dann zwar Leute, die das bereits transzendiert haben (Bad Horse und Boba Fett etwa), aber die sind dann auch lange genug mit der zudem nötigen intellektuellen Firepower dabei, dass ich ihnen das abnehme.
Eigentlich sagen wir hier doch im Grunde ständig, dass wir am Tisch nur das Spiel spielen, das gespielt werden soll. Wenn Oldschool D&D gespielt wird, wird nicht an den Würfeln gedreht. Das steht dann quasi in den Regeln (vielleicht nicht so explizit im Buch "Thou shalt not mess with da dice!", aber das steckt in den Köpfen der Spieler, sobald sie im D&D-Modus sind). Wenn DSA gespielt wird, wird der Meister sogar explizit dazu angehalten, unpassende Ergebnisse anzupassen, um das Spiel flüssig zu halten oder um eine gute Geschichte zu erzählen (Und auch da steckt das in den Köpfen der meisten Leute, wenn sie sich an den Spieltisch setzen - es gehört zu den
Aufgaben der Spielleitung). Ich glaube, hier streiten sich einfach wieder mal Leute, die verschiedene Spiele spielen, weil sie mit den Regeln des *anderen Spieles* nicht einverstanden sind. Das ist doch so sinnlos, als würde man sich beschweren, weil bei DSA Sprüche nicht memoriert werden müssen. Man kann solche Spiele auch abseits von DSA oder D&D ausmachen: Wer Shadowrun spielt, oder CoC oder sonstwas und sich an die Regel "Würfel bleibt Würfel" (oder so) hält, spielt ein ANDERES SPIEL als jemand, der sagt "Meine Aufgabe ist, bestimmte Dinge zu wahren [Spannung, SCs bleiben am Leben etc.], egal was die Würfel sagen".
Sich jetzt hier in die Haare zu bekommen oder moralische Urteile zu fällen ist in etwa so dämlich wie ein Halma-Spieler, der sich darüber beschwert, dass der Mensch-ärgere-dich-Spieler bei einer 6 NOCHMAL WÜRFELN darf.
Man verzeihe mir den Ausflug in die Kapitalschreibung, aber verstehe die ganze Aufregung nicht. Würfeldrehen ist ein Regelbruch, wenn es eine feste Regel gegen Würfeldrehen o.ä. gibt.
Übrigens finde ich es eine Schande, dass jemand so ein kontroverses Thema aufmacht und dann einfach sinnlos frei galoppieren lässt, ohne mal ein bisschen eine Richtung vorzugeben. Das Herumgereite auf explizitem Würfeldrehen und Charaktersterblichkeit ist nur ein winziger Bruchteil der Menge "Willkür", die im OP angesprochenen Beispiele wurden quasi überhaupt nicht beachtet, obwohl sie einen völlig anderen Grad an Willkür beschreiben...
Wer also tatsächlich in seiner heimischen Runde mit derlei Dingen vor großen Herausforderungen steht, sollte eventuell erst einmal am eigenen Spieltisch prüfen, ob die Basics stimmen und erst danach im Internet mit Leuten diskutieren, die sich mit sowas vielleicht schon seit Jahrzehnten nicht mehr ernsthaft herumschlagen müssen.
Man kann ja mal direkt fragen: Wer von den erklärten Willkürgegnern hat denn selbst akute Probleme damit in seiner Runde?