Mir ist aufgefallen, dass es noch gar keinen Parallelthread zum
Frustthread gibt. Ist vielleicht etwas unfair - immerhin hat wohl jeder schon die Situation erlebt, dass er als SL absolut begeistert von seinen Spielern war. Mir ging es letzte Woche so, was jetzt auch der Grund dafür ist, einen Thread zu finden, in dem ich meiner Begeisterung Ausdruck verleihen kann.
Daher mache ich mal den Anfang und hoffe darauf, dass auch der eine oder andere sein Anekdötchen beisteuern mag:
Der spielerische Hintergrund ist der, dass unsere regelmäßige D&D-Gruppe sich nur noch selten treffen kann, da ein Spielerpärchen nur noch wenig Zeit hat. Für uns drei andere ist das etwas frustrierend, aber wir haben Abhilfe geschaffen: Sind wir zu dritt, spielen wir ein anderes Rollenspiel, bin ich mit einem der beiden allein, spiele ich mit ihm eine zeitlich losgelöste Seitenstory der D&D-Kampagne mit dem Charakter des Spielers als alleinigem Protagonisten.
Der thematische Hintergrund ist eine Fantasy-Stadt (wen es interessiert:
hier die Karte), vom Bürgerkrieg zerrissen, in dem verschiedene Parteien um die Macht ringen. Mein Spieler spielt hier den Schurken Vigor, der in der Stadt aufgewachsen ist und mit einem Fuß in der bürgerlichen Händlerschicht, mit dem anderen in der verbrecherischen Halbwelt der Stadt steht.
Was lag da näher, als mit ihm ein klassisches Hardboiled-Detektivabenteuer à la Dashiell Hammett oder Raymond Chandler zu spielen? Einen Film Noir mit all den Archetypen und der Atmosphäre, die ihn auszeichnen, den verschiedenen Frauengestalten, von der Hure bis zur Heiligen, unschuldig bis intrigant, dem Verbrechensboss, dem abgehalfterten Grubenkämpfer, dem Hehler und einem Dutzend Schlagetots.
Das Setting für das Abenteuer hatte insofern alles, was gegen das KISS-Prinzip verstößt: Ein Haufen Charaktere, eine undurchsichtige Story, die sich nur peu à peu offenbart, unklare Allianzen, Intrigen, Verrat, unklare Familienverhältnisse, eine zurückliegende Nacht der langen Messer zwischen verschiedenen Diebesgilden, Mord an Familienangehörigen des SCs und so weiter. Genau das, was ich eigentlich selbst immer mal spielen wollte, was man als SL aber eigentlich unterlassen sollte. Zu kompliziert, zu undurchsichtig. Bisherige Versuche haben auch nie funktioniert. Ich versuchte es trotzdem. Es war ein Experiment.
Und was macht der Spieler? Er laviert seinen Vigor souverän durch das Setting, durchschaut die kompliziertesten Storyelemente, baut sich aus den kleinsten Hinweisen den korrekten Hintergrund zusammen, geht mit allen NSCs abgebrüht und cool um wie Philipp Marlowe, baut unermüdlich die Verbindungen seines SC aus, damit er in der Halbwelt aufsteigt, verzichtet später mit einem coolen Monolog auf Rache an seinem Scheinvater und erobert das Herz eines Mädchens.
Ich habe selten mit so einer Befriedigung eine Spielrunde beendet, und ich glaube auch der Spieler war von seiner eigenen Performance sehr angetan und ist äußerst zufrieden nach Hause gegangen. Solche Runden heben ein Dutzend frustrierende auf.
Habt Ihr auch entsprechende Erfahrungen gemacht? Wann wart Ihr einmal hin und weg von Euren Spielern?