Aber entspricht das nicht ganz exakt dem Magiegebabbel und dem Experimentieren mit "übernatürlichen" Kräften, das man für Fantasysettings gemeinhin annimmt? Mir ist nicht klar, weshalb es da einen Unterschied geben sollte. Magie in Fantasywelten ist eine unerklärliche Kraft, die von Wagemutigen unter großen Risiken erforscht wird. Und Experimente, die erfreuliche Resultate erzeugen, werden dann zu "Sprüchen" oder eben: "Mit Krötenhoden wurde der Trank blau und hat Magenkrämpfe verursacht. Als ich ihn wegließ, war er grün und hatte heilende Wirkung. Ergo geht das Rezept für einen Heiltrank ohne Krötenhoden." Ich zumindest stelle mir das eigentlich genau gleich vor, nur mit anderem Vokabular.
Ja, vielleicht, mir fällt es schwer, das zu konkretisieren. ... Möglicherweise habe ich hier ein konkretes Beispiel aus dem Numenera-Band, aus dem dritten Abenteuer, The Hidden Price, in dem man eine digital geschützte Tür öffnen muss.
The hatch seems firmly sealed, but opening a smaller panel next to it exposes a round glass plate that glows white. To open the hatch, the correct symbol must be traced on the plate. If a PC looks closely at the plate and succeeds at a level 3 Intellect task, she can make out the lines of the symbol—over many millennia of visitors to the platform, it has been slightly scratched into the glass. If the PCs try to open the hatch a different way, it’s a level 6 task.
Die Sicherung lässt sich also leicht deaktivieren auf eine Weise, wie sie typisch ahnungslose SC bewerkstelligen können. Das ist so gesehen natürlich angemessen im Abenteuer gelöst. Allerdings wird das Abenteuer nebulös für den Fall, dass die naheliegende, da leicht zu erkennende Option nicht gewählt wird ("level 6 task"). Von da an gibt es für SL und Spieler keinerlei Information über das Wie und Was, um die Tür aufzubekommen. Rohe Gewalt an der Tür ist naheliegend, wofür man wahrlich nicht viel Information benötigt. Ebenso naheliegend ist aber, dass Umgehen der Sicherung über die Bedienplatte, zB durch Öffnen und Werkeln an den "Drähten" dahinter.
Und nun nehmen wir mal den komplexen Fall, der simulatorisch gesehen viel näher liegt als die oben beschriebene reichlich simple Sicherung der ehemaligen Türbesitzer: Eine passwortgeschützte Tür, bei der man das Kennwort über eine Tastatur eingeben muss. Wenn ein "ahnungsloser" Numenera-Abenteurer nun also vor einer solchen Tür steht, hat er es mit einer unüberschaubaren Anzahl möglicher Sprachen, sinnvoller und sinnfreier Kennwörter zu tun. Selbst wenn er im Laufe seines Lebens schon in einer solchen Situation gewesen ist und daher - warum auch immer - ein Kennwort weiß, ist er zum Scheitern verurteilt, wenn er eine Analogie im Sinne von grüner Saft = Heiltrank aufstellt: Sein Kennwort wird hier nicht funktionieren. Bei Tür-Passwort-Situationen erschließt sich mir auch nicht, wie dies erfolgsversprechend in einem Äonenpriesterbuch aufgedröselt sein soll. Und ja, am besten - wir spielen ja nicht SF - wird es dort auch nicht über Technikgebabbel aufgelöst. Dem Spiel bleibt also nur die Möglichkeit, den Umstand nicht zu erklären, sondern nebulös zu werden. Und genauso nebulös sieht es dann in den Köpfen von SL und Spielern aus.
Zu Hidden Price möchte ich ganz nebenbei noch den Kommentar loswerden, dass wir es beim Blechpirat mit so viel Spaß gespielt haben, dass wir gleich noch ein zweites Abenteuer aus dem Band hinterhergeschoben haben. Wir hatten ein paar Verständnisschwierigkeiten, aber haben sie überspielt und einfach den größtmöglichen Vorteil für unsere SC gesucht. Für sich genommen aber finde ich das Abenteuer grottenschlecht. Da wir das Handeln der NSC in dem Abenteuer ja nicht verstanden hatten, las ich es mir im Anschluss durch und wusste bald, warum wir die NSC nicht verstehen konnten: Sie handelten unlogisch und unnachvollziehbar. Ich meine hiermit nicht "irrational" aus dem NSC heraus, sondern hanebüchen, weil MC eine sinnvolle Darstellung mE egal war (oder er es nicht besser wusste).