Vorwarnung: Das Ganze ist immer noch komplett subjektiv, ich versuche lediglich, es verständlich zu machen.
Meine erste Erwartung war die Optik der KS-Bilder. Die entfachen bei mir einen faszinierenden Eindruck von Weite und Unbekanntem, und außerdem ein "flüssiges", "smoothes" Setting-Feeling, in dem alles aus einem Guss ist. Wenn ich ein Bild damit verbinden müsste, wäre es der Horizont.
Randnotiz: Lustigerweise ist gerade dieses Feeling imho nicht unbedingt repräsentativ für Numenera. Es macht nicht viel Sinn, dass die Erzeugnisse von 8 vorangegangenen Welten wie aus einem Guss wirken, und dementsprechend könnte auch die Optik rauer, "patchworkiger" sein. Diese Dissonanz hat mich aber tatsächlich weniger gestört als angemacht. <3
So, dann kommt das Charakterbild beim Impressum. Das ist tatsächlich etwas patchworkiger, und auch etwas klassischer. Der Typ in der Mitte kommt offensichtlich direkt von Tatooine, der Typ rechts will gerade die Erde mit seinem "LASER" erobern und die Ische links ... ja, die ist halt durcheinander. Was klargeht (und cool ist!), sich aber doch schon ein Stück weit von meiner Erwartung entfernt.
Randnotiz zum Layout: Auf Seite 10 ist der Amber Monolith einfach so in den Fließtext geklatscht. Da schüttelt es mich ein bisschen, weil gerade dieses Bild total archetypisch für diesen weichen Stil ist. Das sollte man imho nicht als klar abgeschnittene Illu im Minimalformat benutzen, sondern als Hintergrund, oder als Einzelseite (was ja andernorts auch geschehen ist).
Ein ähnlicher Fehlgriff erscheint auf der nächsten Seite, Seite 11: Die Verbindung aus weichen Farbtönen und sanften Übergängen in der Illu wird oben durch stumpfes Armeegrün begrenzt. Hnnnngh. Aber das nur nebenbei.
Sehr interessant sind wieder Seite 13 und 14. Das Bild oben links ist cool, aber was zur Hölle ist mit dem Rest? Der Stil des Portraits rechts geht wieder deutlicher in irgendeine Richtung, die ich nicht genau benennen kann. Comics? Klassik-RPGs? Jedenfalls passt es noch weniger zu "weich" und "smooth" als Charakterbild ein paar Seiten zuvor. Die Illu unten rechts passt auch nur bei einem flüchtigen Blick, auf einen zweiten kriege ich hier einen Eindruck, der irgendwo in die 90er-Jahre-Sci-Fi-Richtung geht und damit wieder ein ganz anderes Bild zeichnet. Von der winzigen Figur auf Seite 13 rede ich lieber nicht. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn sie damit verschiedene Kleidungsstile illustrieren wollten, wäre man mit dem alleinstehenden Text massiv besser beraten gewesen.
Auf Seite 16 kriegen wir eine Fantasy-Illu in Reinform.
Seite 18 benutzt wieder einen komplett anderen Stil, der zwar vergleichsweise gut zu "smooth" und "weich" passt, aber dementsprechend gar nicht zu den meisten anderen s/w-Illus im Buch.
Um noch ein Problem im "Ton" zu illustrieren: Man vergleiche Seite 19 und 22. Auf Seite 19 sind alle cool. Smooth eben. Der Typ auf Seite 22 könnte ebenso gut einen Aluminiumhut tragen. Das ist fast schon Pulp, Gonzo.
... Sorry, es ist natürlich doch wieder zu einem Rant ausgeartet, daher jetzt noch ein bisschen Gesamtkontext:
1. Numenera ist eigentlich ein gutes Setting für "kitchen sink", für "alles rein, passt schon!", tatsächlich auch schon durch seinen Hintergrund. Und das ist cool. Also ja, objektiv gesehen hätten andere Spiele erheblich mehr unter dieser Vermischung von Stilen gelitten. Das Problem ist eher, dass Numenera im Kickstarter (und
im Shop) einen ganz anderen Querschnitt geboten hat, und dass es durchaus auch das Potenzial hatte, einen konsistenten Stil zu nutzen. Also ein typischer Fall von "okay, aber fucking schade!" - Das Schlimmste daran ist allerdings, dass man nicht mal zusätzliche Ressourcen gebraucht hätte, um das zu fixen, das Buch wäre wahrscheinlich schon wesentlich besser geworden, wenn man einfach die Hälfte der Illustrationen weggelassen und dafür ein großzügigeres Layout eingebaut hätte. Na ja. Ansichtssache eben, wie immer bei Illus.
2. Ich brauche allgemein nicht
zwangsweise einen 100% konsistenten Stil. Den brauche ich nur, wenn die Spielwelt selbst sehr stylisch ist, vielleicht sogar Stil über Substanz stellt, oder wenn der Stil einfach ein wichtiges Argument für das Spiel ist. Numenera allerdings kann ja durchaus auch ganz gut von seiner Substanz leben. Aber so oder so geht ein Pluspunkt flöten, wenn die Optik eines Spiels nicht imstande ist, ein ansprechendes Bild zu zeichnen. Ein gutes Gegenbeispiel ist The Strange, was zwar auch einige unterschiedliche Stile hat, im Querschnitt aber erheblich konsistenter und vor allem "konzeptueller" rüberkommt. Da scheint alles einer Idee zu folgen, während bei Numenera so ein bisschen das Gefühl überwiegt "nehmt mal Kram, vielleicht ein bisschen Fantasy, und packt dann Metallteile dran ... irgendwie". Und das hat für mich dann weder illustrative Wirkung (bei der es ja nicht nur im das Aussehen einer Spielwelt, sondern gerade auch um Feeling, Ton und Style geht) noch ist es für sich stehend ein Argument.
Abermals: Subjektiv. Ich halte nichts davon, sowas ernsthaft objektiv angehen zu wollen.