Autor Thema: Identitätsfindung bei Vollautomation (war: Technologisches Schlaraffenland)  (Gelesen 7422 mal)

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Offline Grey

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Ausgehend von diesem Zitat hier:
Das ist aber wirklich stark vom Wertesystem abhängig, was als sinnvoll/sinnlos betrachtet wird.
... habe ich mir Gedanken gemacht, wie man die Frage nach "sinnvoll/sinnlos" möglichst allgemein halten könnte. Die Frage "Was ist dein Platz in der Welt" läßt sich - etwas konkreter - folgendermaßen formulieren:

"Was fehlt der Welt, wenn du nicht da bist?" (I)

Und es ist wohl für jeden unbefriedigend, diese Frage mit "nichts" zu beantworten.

Was den Menschen fehlen würde, denen du persönlich etwas bedeutest (Freunde, Familie etc.), ist eine Sache für sich und ein wesentliches Standbein für das individuelle Selbstvertrauen.

Aber auch die Frage, was "der Gesellschaft" fehlt, will beantwortet sein; in den ersten 200.000 Jahren der Menschheit war die Antwort relativ klar: ein Jagdgefährte. In den letzten 5000 Jahren verschob sich diese Antwort hin zu "zwei zupackende Hände" bzw. "Arbeitskraft". Und letztere ist gerade am Bröckeln, ohne daß ein Ersatz in Sicht ist(?), und stellt die Gesellschaft vor ein Identitätsproblem. Zu dessen Lösung sehe ich momentan zwei Möglichkeiten:

Fall (a): Wenn wir für eine vollautomatisierte Zukunft, in der die "Arbeitskraft" des Einzelnen keine Rolle mehr spielt, eine befriedigende neue Antwort auf Frage (I) finden, bin ich zufrieden.

Fall (b): Wenn nicht, wäre meine Konsequenz für ein entsprechendes Setting: "Wenn du für die Gesellschaft keine Rolle spielst, dann spielt die Gesellschaft auch keine für dich." Sprich, es wäre die Norm, daß sich das Individuum mit seiner selbstgewählten "Sippe" von Freunden und Verwandten einigelt und die schäbigen restlichen Milliarden da draußen komplett ignoriert.


Auch an dieser Stelle noch mal meine Bitte: berücksichtigt, daß nicht jeder Mensch intelligent und kreativ ist. Frage (I) muß für einen starken, geschickten oder ausdauernden "Nicht-Intellektuellen" genauso befriedigend beantwortet werden können wie für den leidenschaftlichen Künstler, Tüftler oder Wissenschaftler.
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Offline Slayn

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Vielleicht, so als kleine Extrapolation, wird die Bedeutung von Sozialen Netzwerken dann zum endgültigen Selbstzweck. Likes, Followers, etc. wird noch bedeutender, besonders wenn man eine direkte Platzierung innerhalb der Menschheit erfahren kann.
Wenn es also keinen Sinn, keine Zweck und keine messbare Leistung gibt, so wird ein künstlicher Mechanismus benötigt der dieses Gefühl dennoch erzeugen kann.
« Letzte Änderung: 6.08.2013 | 11:26 von Slayn »
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Offline Dr.Boomslang

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Das ist doch eine verquere Fragestellung. Niemand fragt sich was der Welt fehlt, jeder fragt sich was einem selbst fehlt. Arbeitskraft ist totaler Unsinn als Zweck eines Menschen, ein Mensch arbeitet weil er muss um zu überleben. Wenn man nicht da ist, dann ist das alles egal. Deswegen kann man die Hauptfrage hier nicht sinnvoll beantworten.

Dem einzelnen Menschen geht es nicht um Arbeitskraft, sondern um Einfluss auf seine Umwelt. Deswegen ist es auch wenig relevant dem Menschen Arbeit abzunehmen. Entscheidend ist immer wie die Gesellschaft aussieht und welche Freiheiten sie dem Einzelnen bietet. Der Begriff Arbeit ergibt ja überhaupt nur in einem bestimmten Kontext Sinn. Wenn man dem Menschen alles abnimmt was er heute als Arbeit bezeichnen würde, dann haben Menschen andere Probleme. Natürlich ist es aber ein Unterschied, wenn es nahezu keine Überlebensnöte mehr gibt. Dann entwickelt sich der Mensch über Kultur weiter. Solche Gesellschaften gab es ja bereits einige z.B. Adel. Die beschäftigen sich dann mit allen Formen der Unterhaltung und natürlich mit Machtspielchen, Intrigen, sozialen Kontakten.

Offline Grey

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Niemand fragt sich was der Welt fehlt, jeder fragt sich was einem selbst fehlt.
NichtZustimm. Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist ein wesentlicher Grundpfeiler des Selbstwertgefühls. Das Gefühl, daß "die Gesellschaft" gut auf dich verzichten kann, stellt dementsprechend einen Schlag gegen das Selbstwertgefühl dar.

Arbeitskraft ist eine Form, von "der Gesellschaft" gebraucht zu werden. Wonach ich suche, ist eine Alternative dazu, wenn die Arbeitskraft (infolge Automatisierung) keine Rolle mehr spielt.
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Offline sir_paul

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Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist ein wesentlicher Grundpfeiler des Selbstwertgefühls. Das Gefühl, daß "die Gesellschaft" gut auf dich verzichten kann, stellt dementsprechend einen Schlag gegen das Selbstwertgefühl dar.

Nicht unbedingt, zumindest nicht bei mir. Mir ist da eher mein Familien und Freundeskreis wichtig. Dieses "abstrakte Gebilde", genannt Gesellschaft, gibt mir nämlich nichts zurück was meinem Selbstwertgefühl gut tut! Würde der Gesellschaft etwas fehlen wenn ich nicht da wäre, ich denke eher nicht!

Offline Grey

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@sir_paul: Hieße das - mit Blick auf meinen o.a. Fall (b) -, du könntest gut auf "die Gesellschaft" verzichten?
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Offline sir_paul

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Das kommt jetzt drauf an wie du "Gesellschaft" definierst...

Brauche ich Versicherungen, Krankenhäuser, Kindergärten, etc. Ja die brauche ich, es wäre auf jeden Fall schwer auf die ganzen Sachen zu verzichten!

Offline Grey

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Als "Gesellschaft" würde ich in diesem Zusammenhang die Gesamtheit der Menschen bezeichnen, mit denen du zu tun hast, ohne (zunächst) eine persönliche Beziehung zu ihnen zu haben.

Unter der Annahme, daß Krankenhäuser und Kindergärten nie vollautomatisiert werden (wegen des Faktors der menschlichen Zuwendung), würden also Pfleger, Ärzte und ErzieherInnen mit in die Kategorie "die Gesellschaft" fallen.
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Offline tartex

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Nicht unbedingt, zumindest nicht bei mir. Mir ist da eher mein Familien und Freundeskreis wichtig.

Ich identifiziere mich auch durch Subkulturen und nicht Nation oder sowas. Den Begriff Gesellschaft sollte man daher ein wenig aufgliedern.

Neotribalismus (was auch immer das ist) sollte für die Extrapolation einer solchen Zukunft auf jeden Fall in Betracht gezogen werden.
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Offline sir_paul

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Unter dieser Prämisse könnte ich wohl nicht auf die Gesellschaft verzichten, weil ich auf sie angewiesen bin aber nicht weil sie mein Selbstwertgefühl steigert!

ErikErikson

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Wiviel können denn nun diese Roboter? Sind das reine mechanische Arbeitskräfte? Wie schlau sind die, und können die wie Menschen wirken, oder merkt man das das des Robos sind? Weil ich find, wenn man des nicht weiss, ist die frage nicht zu beantworten.

Offline Grey

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Unter dieser Prämisse könnte ich wohl nicht auf die Gesellschaft verzichten, weil ich auf sie angewiesen bin aber nicht weil sie mein Selbstwertgefühl steigert!
Es geht mir auch weniger darum, was an der Gesellschaft dein Selbstwertgefühl steigert, sondern woraus du im Umgang mit der Gesellschaft Selbstwertgefühl beziehst.

Dich als Bestandteil der Gesellschaft, der auch "etwas beiträgt", an z.B. die Erzieherin deiner Kinder zu wenden, fühlt sich (meinem Bauchgefühl nach) ganz anders an, als wenn du als Bittsteller ankommst, dessen Existenz oder Nichtexistenz im Grunde egal ist.

Und ein Gefühl dafür zu haben, welche Position in bzw. gegenüber der Gesellschaft deine Kinder eines Tages haben werden, kann sicher auch nicht schaden.

Wiviel können denn nun diese Roboter? Sind das reine mechanische Arbeitskräfte? Wie schlau sind die, und können die wie Menschen wirken, oder merkt man das das des Robos sind? Weil ich find, wenn man des nicht weiss, ist die frage nicht zu beantworten.
Nimm an, sie sind schlau genug, um die Grundbedürfnisse fürs menschliche Überleben vollkommen autonom zu decken - Nahrung, Kleidung, Obdach und die ganze Infrastruktur des Alltags. KIs, die menschliches Verhalten beliebig weit imitieren können, gibt es. Du hast die volle Palette vom "unsichtbaren Diener in der Wand" bis hin zu betriebsam vorbeirollenden Kästen und freundlichen Androiden. Im Grunde haben sie die Vormundschaft über die Menschheit übernommen (bis auf verschwindend wenige besonders kreative/intelligente Individuen, die mit den KIs zusammen das Ganze lenken). Du kannst dich dein Leben lang in deiner Wiege zurücklehnen, von den KIs füttern und waschen lassen und dich mit Rundum-Vollsensorik-Unterhaltungsprogrammen beriesen lassen - wenn du willst.
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ErikErikson

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Dann würd isch schon sagen, das man dann Menschen nur noch dann braucht, wenn sie günstiger sind als maschinen-wenns unser kapitalistisches System dann noch gibt. Oder wenn einem Menschen aus ideologischen Gründne wichtig sind.

Weil es ist ja logisch, das man dann doch lieber einen Robo nimmt, als einen Menschen, der ja doch irgendwo immer was macht, was man so nicht will.

Ich glaub, da gabs mal ne Voyager Folge zu mit dem Holodeck. Da hat Janeway dann doch dem Roboter den Laufpass gegeben, weil sie gemeint hat, sie gewöhnt sich dann zu sehr an diese perfektion. Janeway hat aber halt auch noch zu 90% ausserhalb des Holodecks leben müssen. Wenn man das jetzt immer haben kann, ist das anders.

Aber es hängt halt auch wieder an der frage, ob man dem System vertrauen kann. Wenn das von menschen und KIs kontrolliert wird, hast du halt immer das Prob, das die dir Ärger machen. Und dann bist halt wieder die ganze Zeit damit beschäftigt, dich von denen unabhängig zu halten.  

Also wirds drauf rauslaufen, das du dir entweder sagst, leck mich am Arsch, und einfach die Annehmlichkeiten geniesst, oder du brichst aus der Sache aus. Wobei ich schon irgendwo sagen würde, die Wahrscheinlichkeit, das man da von den Robos irgendwann derb verarscht wird, liegt ja schon arg bei 100%. Die menschen sind da ja schlicht zu nix nütz, warum sollt man die dann ewig durchfüttern. Es sei denn, du legst es als Setting explizit auf ne Utopie an.
« Letzte Änderung: 6.08.2013 | 18:09 von ErikErikson »

Offline sir_paul

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Dich als Bestandteil der Gesellschaft, der auch "etwas beiträgt", an z.B. die Erzieherin deiner Kinder zu wenden, fühlt sich (meinem Bauchgefühl nach) ganz anders an, als wenn du als Bittsteller ankommst, dessen Existenz oder Nichtexistenz im Grunde egal ist.

Aber aktuell ist es doch so das ich als Bittsteller komme, dessen Existenz oder Nichtexistenz im Grunde egal ist. Sehe ich wenigstens so. Würde ich nicht existieren würde das keine der Erzieherinnen auch nur im geringsten interessieren. Und was man so alles Nachweisen muss um einen bestimmten Stundensatz an Kinderbetreuung zu erhalten, das hat nichts mit meinen Wünschen zu tun, das ist anbetteln der Gesellschaft das sie meine Bedürfnisse doch bitte auch wahrnimmt...

Offline Dr.Boomslang

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Wobei ich schon irgendwo sagen würde, die Wahrscheinlichkeit, das man da von den Robos irgendwann derb verarscht wird, liegt ja schon arg bei 100%. Die menschen sind da ja schlicht zu nix nütz, warum sollt man die dann ewig durchfüttern.
Das Problem sehe ich auch. Deshalb ergibt eine solche Überlegung eben auch gar keinen Sinn, wenn man den Kontext nicht kennt. Es spielt keine Rolle was einem abgenommen wird, so lange nicht klar ist warum und wie das Leben in dieser Gesellschaft so funktioniert wie es funktioniert.

In den Culture-Romanen von Ian M. Banks gibt es da so wie ich das verstanden habe (habe nur drüber gelesen nicht die Romane selbst) z.B. die interessante Lösung dass die KIs zwar die eigentliche Macht haben, das echte Wohlergehen der Bürger aber so eine Art Statussymbol unter den mächtigen KIs ist. Mit anderen Worten das Wohlergehen der Bevölkerung ist sowas wie ein attraktives evolutionäres Merkmal, anhand dessen KIs sich "fortpflanzen", so wie die Schwanzfedern des Pfauen.
Das finde ich eine glaubhafte Variante, mir fallen auch keine großartig anderen ein, außer eben das typische illusionäre Paradies, das auf irgend einer Art der (unbemerkten) Ausbeutung beruht (z.B. Matrix).

Offline Grey

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Geht für den vorliegenden Fall davon aus, daß die Maschinen "es ehrlich meinen". Sie wurden gebaut, um den Menschen jegliche notwendige Arbeit abzunehmen, et voilà - genau das tun sie.

Ob ich ein solches Szenario tatsächlich als "Utopie" bezeichnen würde, steht auf einem anderen Blatt. Mein Fokus bei der Suche nach Akteuren liegt nach wie vor nicht auf Maschinen, sondern auf Menschen. Daher meine Frage: Worüber definiert sich das Individuum in einer solchen Gesellschaft? Wo sucht es sich seinen Platz, an dem sein Fehlen [schmerzlich] auffallen würde? Oder (daher auch meine wiederholten Fragen an die Rebellen im "Schlaraffenland"-Thread): Wenn die Menschen in dieser Gesellschaft am Ende gar nicht so glücklich wären, welche andere Gesellschaft würden sie in Anbetracht solcher technischer Mittel aufbauen?
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ErikErikson

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Der Punkt ist IMHO: Wenn die Robos alles besser können, und es genug von Ihnen gibt, und sie nicht zu teuer oder sonstwas sind, dann gibt es keinen Platz, an dem das Fehlen eines Menschen auffallen würde.

Du musst den Robos irgendeine Schwäche geben, welche die Menschen dann ausgleichen. Diese Schwäche definierst du aber selber als Erschaffer der Welt.

Klassischerweise ist das Intuition, kreatives Schaffen. Dann sagst du quasi: Die Robos können alles, ausser Kreativität. Genauso könntest du auch sagen, die Robos können alles, ausser Kämpfen, oder was auch immer.

Sollten die Robos tatsächlich gut sein, wäre das IMHO eine derartig segensbringende Regierungsform, das die meisten Menschen dahinterstünden. Die einzigen, welche rebellieren würden wären jene, die partout selbst die Herrschaft haben wollen bzw. die zumindest menschen als herrscher haben möchten. Denen wäre dann vermutlich relativ egal, was für eine Regierungsform herrscht, hauptsache die macht wird durch sie/durch Menschen ausgeübt.

Es gibt sicher genug gründe, warum man lieber Menschen an der Herrschaft möchte. Z.B. weil man selbst herrschen möchte, oder man mag die Robos nicht, oder aus diversen religiösen oder ideologischen Gründen.

Was sicher auch ein übler Kritikpunkt an den robos ist: Die müssen ja die Rechte der menschen beschränken, wo sie andere menschen gefährden. Was ist z.B. wenn ein Mensch nen anderen  verletzen oder töten möchte usw.? greifen die Robos dann ein? Egal ob ja oder nein, irgendwen ham sie automatisch angepisst.


  
« Letzte Änderung: 6.08.2013 | 21:17 von ErikErikson »

Offline Grey

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Du musst den Robos irgendeine Schwäche geben, welche die Menschen dann ausgleichen. Diese Schwäche definierst du aber selber als Erschaffer der Welt.
@Erik: Das ist doch gerade der Punkt, auf den es mir ankommt.

Daß die Roboter keine fundamentale Schwäche haben und die Zivilisation vollständig allein aufrechterhalten können, ist meine Prämisse. Dieser Thread (und der "Schlaraffenland"-Thread) ist ein Gedankenexperiment: Was fangen Menschen mit sich selbst an, wenn die Automatisierung ihnen wirklich alles abnimmt?

[Kreativität als "letzte Bastion der Menschen"TM mal außen vor, aber 99% der Menschheit sind nun mal nicht kreativ. Auch für die braucht es irgendeinen Platz in der Welt, sonst habe ich ein Setting, bei dem meine Charaktere unter humanoiden Topfpflanzen aufgewachsen sind.]

Suchen sich also die Menschen eine neue Identitätsgrundlage? Wenn ja, was für eine?

Lehnen sie sich einfach zurück und genießen? Oder halten sie ihre eigene "Wertlosigkeit" irgendwann nicht mehr aus und rebellieren?

Und wenn sie rebellieren - was tun sie dann? Was für eine Gesellschaft bauen sie auf? Wie wird durchgesetzt, daß die Technik nicht alles macht, auch wenn sie alles kann?

Zitat
Sollten die Robos tatsächlich gut sein, wäre das IMHO eine derartig segensbringende Regierungsform, das die meisten Menschen dahinterstünden.
Acknowledged. Aber von denen, die das anders sehen, wüßte ich wirklich herzlich gern, (a) warum nicht und (b) was für eine alternative Gesellschaft sie nach erfolgreicher Rebellion aufbauen würden.
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Offline tartex

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Wahrscheinlich würden die Menschen durch irgendwelche Spiele so weit gebracht überhaupt erst reden zu lernen und sich über das Kleinkindniveau hinauszuentwicklen. Denn eigentlich müssen sie das gar nicht.

Und am besten verrät man es ihnen gar nicht, dass es nur ein Spiel und kein Ernst ist.

Irgendwie müssen sie sich also erst beweisen und danach können sie - charakterlich gefestigt - ins Paradies.

Oops. Das klingt ja fast wie das christliche Jenseitsmodell...

Was, wenn wir alle tatsächlich gerade in einer solchen Gesellschaft leben, aber tatsächlich erst nach dem "Tod" reindürfen?  ;D Im Moment sind wir alle noch im Kindergarten.
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Offline Grey

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Irgendwie müssen sie sich also erst beweisen und danach können sie - charakterlich gefestigt - ins Paradies.
Das ist ein phantastischer Ansatz! :) Eine (nach unseren Maßstäben) "normale, menschliche" Jugend und als Initiationsritus deine persönliche "Queste".

Zitat
Was, wenn wir alle tatsächlich gerade in einer solchen Gesellschaft leben, aber tatsächlich erst nach dem "Tod" reindürfen?  ;D Im Moment sind wir alle noch im Kindergarten.
... und gleich ein mögliches Horror/Mystery-Setting nachgeschoben. :ctlu: Tartex, you made my day!
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Offline Slayn

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Um ein paar Ideen aus der SciFi Literatur zu nennen:
In der Polity-Reihe hat man den KIs die komplette Kontrolle übergeben und diese stellen eine gewaltige und vernetzte Macht dar, inklusive der Option dass sich Menschen per Implantat in das Ki-Netzwerk einklinken. Ein wichtiger Teil dieses Settings ist die anhaltende Diaspora, bei der viele "normale Menschen" versuchen immer nur am Rand dieser Utopie zu leben. Die Transhumane Frage taucht ebenfalls auf, denn es ist nicht ungewöhnlich das man Backups vom menschlichen verstand macht und sollte der betreffende halt sterben, so wird er als Android neu erschaffen.

Den Namen des Buchs habe ich leider vergessen, es war irgendwas in Richtung "Die Nacht in dir". Hier ging es um ein ähnlich KI-gelenktes Utopia, bei dem der kleine Teil der Kreativen (und Pseudo-Kreativen) die prestigeträchtige Aufgabe haben für den Rest der Menschheit Bespielbare Traumwelten zu erschaffen. Das hatte aber nicht nur den Hintergrund das Volk medial abzulenken, da waren noch psychologische Dienste, Soziologieforschung und ähnliches mit gekoppelt.
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Offline tartex

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Also ich habe da vor 10 Jahren einige (unveröffentlichte) Transhumanismus-Kurzgeschichten dazu geschrieben.
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Offline Grey

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@tartex: Gibt's die irgendwo zu lesen? Würde mich interessieren.

Quintessenz so far: In einer durchautomatisierten Gesellschaft, in der dem Menschen nur wenige "Domänen" bleiben, könnte zur Identitätsfindung an Stelle der Frage "Was machst du so jeden Tag?" die Frage treten: "Was hast du schon so alles gemacht?" Sprich, anstelle eines Day-to-day-jobs hat man dann und wann eine "Queste" und den Rest der Zeit Ferien.

Das stünde der urtümlichen Lebensweise der Steinzeitmenschen IMO sogar näher als unser jetziger Alltag. Schließlich waren Mammutjäger ja auch nicht jeden Tag von 9 bis 17 Uhr auf der Pirsch. Ein erlegtes Mammut reichte zur Ernährung für Wochen und als Gesprächsstoff je nachdem ein Leben lang.

Das typische Leben eines Menschen im "automatisierten Utopia" begänne also mit einer Ausbildung, die denjenigen später zu Projekten und/oder Questen befähigen soll. Initiation, um sich als mündig zu erweisen, wäre die erste bestandene Queste mit Anfang 20. Wer danach noch Lust hat, besteht gelegentlich weitere. Wer nicht, setzt sich dann halt zur Ruhe und erzählt in seiner Stammkneipe/seinem Lieblingsforum für den Rest seines Lebens von diesem einen großen Erlebnis. ;)
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ErikErikson

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Hmm, ok, jetzt kapier ich das erst.

Offline Slayn

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Um die Sache vielleicht aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Identität und Persönlichkeit. "Wir" haben ja ein Problem mit dem "Ich", da sich für uns direkt Persönlichkeit und Identität nicht trennen lassen, wobei uns oft gar nicht klar ist wie sehr wir selbst Einfluss auf unsere Identität nehmen (Tätigkeit, Peer Groups, Aussehen).
Was passiert wenn wir diesen Zwiespallt nicht etwa auflösen sondern noch vertiefen?
Wenn wir Wissen, Können und Fähigkeiten einfach so zukaufen können (Skillsoft, Knowsoft, Activesoft) und unser Aussehen nach unserem Wunsch formen können (Bodymods), haben wir so ca 50% Kontrolle über unsere Identität erlangt.
Vernetzen wir uns mal. Nicht im Sinne eines Schwarmbewusstseins, nur im Sinne von aktivem Datenaustausch, Wissen und Kontrolle. Ab hier gibt es nur noch eine Peer Group, uns. Hätten wir bis dato KIs, wäre der Unterschied Mensch - Ki jetzt aufgehoben. Um den Kern der Persönlichkeit herum ist die Identität jetzt frei bestimm- und kontrollierbar.
Verknüpfen und Digitalisieren wir uns. Heben wir die Schranken zur Persönlichkeit auf. Die genannten Dinge, die vorher auf freiwilliger Basis stattfanden, finden nun auf allgemeinen Konsens hin zum Wohle der Gemeinschaft statt. Man ist was die Gemeinschaft braucht und das ist man gerne.

Brauchen wir dann also noch eine Vollautomatisierung wenn wir die Roboter sind?
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