Autor Thema: Gibt es ein gutes Argument für unterschiedlich schnellen Aufstieg?  (Gelesen 9073 mal)

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Achamanian

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Eine Frage, die mich gerade beschäftigt:
In den meisten Systemen mit Charakteraufstieg (sei es durch Stufen oder direkten Punktekauf mit XP) schlagen die Regeln eine individuelle Vergabe von XP an die SC vor - je nach Spiel soll es Punkte für Anwesenheit, für das besiegen von Monstern, für das Mitbringen von Snacks, für das Ausspielen von Nachteilen, für Awesomeness usw. geben.
Zumindest in der Theorie kann das dazu führen, dass einige SC auf Dauer deutlich an die Spitze rücken oder zurückfallen. Gibt es ein gutes Argument dafür, Systeme überhaupt so einzurichten, dass das passieren kann? Eigentlich führt ein solches Ungleichgewicht doch praktisch immer zu Frust, oft auf allen Seiten. Der schwächere SC kann dann vielleicht absolut gar nichts gegen den Endgegner ausrichten, oder der stärkere SC wird nicht vernünftig gefordert, oder die Falle, die für 3 SC nur ein kleines Ärgernis darstellt, ist für den vierten tödlich ...

Was ist der Vorteil von individuell unterschiedlicher XP-Vergabe? Ich meine, mal losgelöst von irgendwelchen "erzieherischen" Vorstellungen oder von der Idee, dass es irgendwie gerecht sei, wenn Spieler für dieses oder jenes "belohnt" werden? Ist es dem Spielspaß nicht viel förderlicher, wenn alle SC auf einem vergleichbaren Niveau sind, also z.B. jeder SC für jedes Abenteuer gleich viele XP erhält, selbst, wenn sein Spieler nicht einmal anwesend war und der SC nur "mitgelaufen" ist?

Offline Crimson King

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Das grundlegende Dafür-Argument ist: bessere Spieler sollen höher belohnt werden. Durch die so geschaffene Konkurrenzsituation werden alle Spieler zu besserem Spiel motiviert.

Ich halte das für Mumpitz, aber wer BWL studiert hat, findet das wahrscheinlich total logisch.
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J.W. von Goethe

Offline Tarin

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Unterschiedlich schneller Aufstieg oder ungleiche XP Vergabe? Ich frage, weil ich beim Thementitel erstmal LabLord/cD&D vor Augen hatte, wo die Klassen unterschiedliche XP Schwellen bis zum nächsten Level-Up haben. Da macht das im System auch Sinn (wie elegant, darüber ließe sich natürlich streiten ;)). Tatsächlich unterschiedliche XP Vergabe finde ich schon eher doof. Dann lieber dieses Häkchen System aus BRP/CoC, wo man auf genutzt/gescheiterte Fertigkeiten aufsteigen kann. Das hängt dann natürlich vno den einzelnen SC ab. Ist aber auch nicht das System aller Systeme mit den Häkchen.
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

Offline Thandbar

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Je nach System sind XP unterschiedlich wichtig und dienen unter Umständen noch zu anderen Dingen als dazu, in einer Stufe aufzusteigen. Insofern kann man die Frage womöglich nicht unabhängig vom System beantworten.
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Offline Slayn

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Ich denke, da sollte man grundsätzlich drei Dinge beachten:
- Fokus des Spiels
- Bandbreite
- Handlungsrahmen.

Wenn es in einem Spiel eine direkte Notwendigkeit gibt, sich zu verbessern, um das Spiel überhaupt spielen zu können (Verbesserung des Charakters nur als direkte Folge von Stufenaufstieg) oder Verbesserung des Charakters nicht in Abhängigkeit der Spielwelt gegeben ist (etwa einen Skill direkt steigern, ohne einen Lehrer/Trainer konsultieren zu müssen oder "Downtime" dafür zu nutzen), dann zerreißen Individual-XP das Spielgefüge.
Wenn ein System "Nach Oben Offen" ist und Fähigkeiten keine Cap haben, dann kann durch Individual-XP schnell ein Vorsprung erreicht werden, den andere Spieler nicht mehr einholen können. Bei einem "gedeckelten" System mit festen Obergrenzen ist dies nicht mehr so schlimm. Sollten noch Staffelpreise für Steigerungen im Spiel sein, hat der Spieler zwar einen kleinen Vorteil, es zerreißt das Spielgefüge aber nicht so.
Sollten XP mehr Funktionen haben, etwa auch als Gummipunkte oder Narrativer Einstieg, ist es tragisch, denn hier läuft man Gefahr eine positive Feedbackschleife zu errichten, denn mehr Einsatz von XP führt unweigerlich zu mehr Ausschüttung von XP.

Lösgelöst davon, wenn es ein Spiel schafft die Charaktere im kern zu balancieren und die XP sind nur schmückendes Beiwerk, spricht wenig gegen unterschiedliche XP-Vergabe. dennoch bin ich da skeptisch, vor allem wenn XP als allgemeiner Belohnungsmodus für jeden Dreck herhalten müssen, auch wenn hierbei gar kein Bezug mehr zum eigentlichen Spiel besteht.
Wenn wir einander in der Dunkelheit festhalten .. dann geht die Dunkelheit dadurch nicht vorbei
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Offline Narrenspiel

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Ich seh keines. Selbst die erzieherischen Maßnahmen scheinen mir psychologisch verfehlt, weil man Spaß am Rollenspiel/Miteinander doch nicht extrinsisch (d.h. von außen) motivieren will. In der Psychologie wissen wir aber, dass zu häufig externe Belohnung dazu führt, dass die intrinsische (d.h. von innen kommende) Motivation verloren geht und man deswegen mehr und mehr extrinsisch motiviert werden muss, um Dinge zu tun, die einem früher mal von sich aus Spaß gemacht haben. Findet sich oft in der Pädagogik oder beim Lernen und ist ein bekannter Mechanismus, mit dem man Kindern den Spaß am Lernen nimmt, obwohl man eigentlich gute Absichten verfolgt. Und es kann doch niemand wollen, dass wir beim Rollenspielen keinen intrinsischen Spaß mehr daran haben, unsere Charaktere auszuspielen oder uns zwischen den Sitzungen Gedanken zum Abenteuerverlauf zu machen, oder?

Offline 1of3

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Bei Apocalypse World funktioniert das gut. Bei TSoY oder MHR hatte ich auch keine Probleme.

Wichtig ist, dass das Verfahren transparent ist. Bei den Spielen, an die Rumspielstilziel vielleicht denkt, ist es nicht so, dass die Spieler unterschiedlich viele XP bekommen, es ist so, dass die SL unterschiedlich viele verteilt. Das geht gar nicht.

Achamanian

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Wichtig ist, dass das Verfahren transparent ist. Bei den Spielen, an die Rumspielstilziel vielleicht denkt, ist es nicht so, dass die Spieler unterschiedlich viele XP bekommen, es ist so, dass die SL unterschiedlich viele verteilt. Das geht gar nicht.

Stimmt, das ist ein wichtiger Unterschied, den ich so noch nicht bedacht hatte: Wenn ich als Spieler entscheide, ob ich lieber langfristig Punkte zum Steigern will und dafür jetzt ein Problem in Kauf nehme, komme ich damit ganz gut klar.

schwarzkaeppchen

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Zitat
Ist es dem Spielspaß nicht viel förderlicher, wenn alle SC auf einem vergleichbaren Niveau sind, also z.B. jeder SC für jedes Abenteuer gleich viele XP erhält, selbst, wenn sein Spieler nicht einmal anwesend war und der SC nur "mitgelaufen" ist?
Imo: ja!
Wenn es solche extrinsischen Anreize für "gutes Rollenspiel"(tm) braucht ist finde ich die Frage angebracht ob alle Beteiligten das für sie richtige Spiel spielen. Außerdem ist das je nach System mehr oder weniger willkürlich -> mehr Macht für die Spielleitung, aber nicht in einem Sinne der zum Spiel beitragen muss.

Eine andere Variante wäre natürlich wenn es statt Xp noch irgendetwas anderes gibt. Etwa: "Du kannst Erfahrung sammeln oder deinen Luck/Fate/Edge/Mana/Banana-Wert erhöhen." Das wäre dann ein System das schwach bleibenden Charakteren andere, zB narrative, Vorteile einräumt - so das es reizvoll bleiben kann diese zu spielen, weil sie nicht ständig im Schatten der kompetenteren Charaktere stehen.

Offline Agent_Orange

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Hallo.

Was ist der Vorteil von individuell unterschiedlicher XP-Vergabe?

In 'alten' Spielsystemen a la AD&D oder Hackmaster 4E 8letzteres nicht so alt) war die individuelle XP-Vergabe an rollenspezifische Handlungen geknüpft. Der Spietzbube erhielt für den Einsatz seiner Diebesfähigkeiten extra-XP, so wie der Magier für sinnvoll eingesetzte Zaubersprüche oder der Krieger für Hack'n'Slay-Kills extra XP erhielt. Das damalige XP-System stellte damit eine Art Incentive-System dar, was ich durchaus in Ordnung.

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Persönliche Anmerkung: Es ist ein erstinstanzliches Landgerichts-Urteil. Hinsichtlich einzelner Fragen beschränkt sich das Urteil auf Verweise; der Kläger hat "schlampig" gearbeitet. Fraglich ist deshalb, ob einzelne Urteilsaspekte in höherer Instanz anders bewertet worden wären.

Offline Gaming Cat

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Sch... auf XP. Ein Aufstieg/Advancement/Level-Up ist bei mir mittlerweile stest nach Ansage.
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Denn Gleichheit setzt Erwachsenheit voraus: die Fähigkeit vom Privaten und Persönlichen abzusehen und nur das öffentlich Relevante zu behandeln.
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Massenhafte Übereinstimmung ist nicht das Ergebnis einer Übereinkunft, sondern ein Ausdruck von Fanatismus und Hysterie.
- Hannah Arendt

Offline Thandbar

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es ist so, dass die SL unterschiedlich viele verteilt. Das geht gar nicht.

Der "Klassiker" ist ja wohl (zumindest meiner Erfahrung nach), dass der Redenhalter für "gutes Rollenspiel" seine Extra-XP abstaubt, er für die nächste Runde noch ein paar monologische Fetzen vorbereitet, die möglichst altertümlich klingen, um weitere XP abzugreifen, bis keiner mehr in der Gruppe noch mit NPCs sozial interagieren möchte.
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Offline Crimson King

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Es gibt einige Systeme mit gut funktionierender unterschiedlicher XP-Verteilung. Die haben allerdings zumeist einen erzählerischen Ansatz. Die Möglichkeiten, sich ins Spiel einzubringen, laufen mit unterschiedlichen Powerleveln weniger bis nicht auseinander.

In 7te See gibt es die Möglichkeit, der SL durch einen bestimmten Charakter-Vorteil Plothooks zu liefern, für deren Verwendung seitens der SL man wiederum mit XP belohnt wird.

In PDQ# erhält man XP durch verlorene Konflikte. Das ist für eine bestimmte Form von Plot (Held kriegt auf die Fresse, Held wird besser, Held gibt auf die Fresse) sehr förderlich. Gleichzeitig kann man im Normalfall nicht sterben, wenn man einen Konflikt verliert. Und je besser der Charakter wird, um so weniger Konflikte wird er verlieren. Im Ergebnis bietet das den anderen die Chance, aufzuholen, und in Summe fördert es aktive Teilnahme am Spiel und das Eingehen von Risiken. Beides ist erwünscht.



Willkürliche individuelle XP-Vergabe ist grundsätzlich abzulehnen.



Sch... auf XP. Ein Aufstieg/Advancement/Level-Up ist bei mir mittlerweile stest nach Ansage.
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Das war nicht die Frage. Thema verfehlt.
« Letzte Änderung: 15.08.2013 | 11:38 von Crimson King »
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Offline Necoras

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In den Gruppen, in denen ich öfter gespielt habe, waren manche nicht anwesend, weil sie keine Zeit hatten - nicht, weil sie keine Lust o. ä. hatten. Soll ich Leute dafür bestrafen, dass sie nicht kommen konnten, obwohl sie gerne mitgespielt hätten?

Je nach dem, welchen Zweck man damit verfolgt, ist XP-Vergabe sowieso unterschiedlich einzusetzen: Will ich einen Anreiz für Monsterschnetzeln setzen, dann vergebe ich XP nach Kills; will ich Spotlight möglichst gleichmäßig verteilen, dann wäre das geradezu kontraproduktiv, weil derjenige, der ohnehin schon rockt und Monster im Dutzend fällt, mit mehr XP noch mehr rocken kann. (Wobei "gleichmäßig verteilen" nicht immer auch "gerecht verteilen" bedeuten muss...)

Offline Slayn

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Wir könnten natürlich mal den Gruppenspielaspekt außen vor lassen und Spiel als Sport sehen, so wie es bei D&D früher mit den Tournament Modulen gemacht wurde. Wer am Ende die meisten Punkte hat, hat gewonnen. Von hier aus könnten wir weiter gehen und Spiel als Leistungsspiel betrachten, vielleicht sogar mit klaren Sieges Bedingungen. Optional, in einer von mehreren Leuten/Gruppen bespielten Kampagnenwelt, könnte man sich hierbei globale Erzählrechte kaufen.
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Luxferre

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Hallo.
In 'alten' Spielsystemen a la AD&D oder Hackmaster 4E 8letzteres nicht so alt) war die individuelle XP-Vergabe an rollenspezifische Handlungen geknüpft. Der Spietzbube erhielt für den Einsatz seiner Diebesfähigkeiten extra-XP, so wie der Magier für sinnvoll eingesetzte Zaubersprüche oder der Krieger für Hack'n'Slay-Kills extra XP erhielt. Das damalige XP-System stellte damit eine Art Incentive-System dar, was ich durchaus in Ordnung.
AO

Bedenke aber auch, dass die Stufenleiter unterschiedlich war. Tendenziell schwächere Klassen stiegen schneller auf (Schurke). Eine enorme Buchhaltung, die mich damals viel Zeit gekostet hat.

Ich finde zB unterschiedlich mächtige SC in einer Gruppe total spannend. Als SL sorge ich nämlich genau dafür:

Auf der einen Seite stimmt das, und schon Gary Gygax hatte eine (wie auch immer geartete) Spielbalance im Auge, als D&D noch in den Anfangstagen steckte. Auf der anderen Seite darf man aus historischer Sicht glaube ich durchaus sagen, dass dieses Designziel bis D&D 3E noch keine Hauptpriorität besaß. Die ganze Diskussion entwickelte sich ja erst in den Folgejahren unter dem Einfluss von Rollenspieltheorie und MMORPGS, und wenn man sich die Rhetorik im Vorfeld der 4E-Veröffentlichung anschaut, stößt man nicht umsonst auf einmal auf Vokabular, dass aus einer dieser Ecken stammt.

Es gibt aber auch eine Denkschule, der weniger eine systemisch erzeugte Spielbalance am Herzen liegt als ein grundsätzlich am Spieltisch zu erzeugendes Gleichgewicht der Kräfte. James Ward hat in einem frühen Dragon dafür den Begriff des Equilibriums verwendet. Gemeint war die Verantwortung des Spielleiters dafür, allen Spielern in dem, was sie tun möchten, Freiraum und Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten und Missbrauch zu verhindern. Von Monte Cook weiss ich, dass auch er der Idee einer künstlich erzeugten Spielbalance sehr skeptisch gegenübersteht und statt dessen die zentrale Verantwortung des SL betont. und ich vermute zumindest, dass auch die Paizo-Designer in diese Denkschule gehören.

Guter Beitrag übrigens. Danke.

Offline Thandbar

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Wir könnten natürlich mal den Gruppenspielaspekt außen vor lassen und Spiel als Sport sehen, so wie es bei D&D früher mit den Tournament Modulen gemacht wurde. Wer am Ende die meisten Punkte hat, hat gewonnen. Von hier aus könnten wir weiter gehen und Spiel als Leistungsspiel betrachten, vielleicht sogar mit klaren Sieges Bedingungen. Optional, in einer von mehreren Leuten/Gruppen bespielten Kampagnenwelt, könnte man sich hierbei globale Erzählrechte kaufen.
Ja, dann braucht es aber eben auch klare Siegbedingungen und klare Richtlinien für den SL, wann er die XP oder Gewinnpunkte ausschütten darf. "Dein Gesicht gefällt mir nicht" oder "Das war schönes Rollenspiel" reicht dann, meiner Meinung nach, nicht mehr als Kriterium.
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Luxferre

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Wir könnten natürlich mal den Gruppenspielaspekt außen vor lassen und Spiel als Sport sehen, so wie es bei D&D früher mit den Tournament Modulen gemacht wurde. Wer am Ende die meisten Punkte hat, hat gewonnen. Von hier aus könnten wir weiter gehen und Spiel als Leistungsspiel betrachten, vielleicht sogar mit klaren Sieges Bedingungen. Optional, in einer von mehreren Leuten/Gruppen bespielten Kampagnenwelt, könnte man sich hierbei globale Erzählrechte kaufen.

Ich ziehe mal Deinen Beitrag als Basis meiner GEdanken heran. Alles nachfoilgende ist nicht gegen Dich gerichtet. Weißte aber ;)

Für mich definiert sich Rollenspiel anders. Ich habe eine komplett andere Herangehensweise.
Für mich geht es nicht darum, der beste zu sein, das meiste Loot abzugreifen, die meisten Gegner zu töten, die meisten... das meiste.... höherweiterschneller.
Rollenspiel hat für mich keinerlei competetiven Aspekt zwischen den Spielern.
Ich möchte gemeinsam eine spannende Geschichte mit Freunden erleben und eine schöne Herausforderung gegen die vom Spielleiter präsentierten Gegner und Situationen überleben. Der Wettbewerb findet innerweltlich gegen die Widrigkeiten der Umgebung statt.

Wer Rollenspiel für sich anders definiert, soll das gern tun und mit seinesgleichen so spielen. Ich käme mir da total fehl am Platze vor.

Hintergrund meiner Spielweise ist übrigens folgender:
im Berufsleben bin ich täglich 10-13 Stunden unter Feuer. Der Markt ist hart umkämpft, die Angestellten sind der reinste Kindergarten, die Bauherren und -leiter ebenfalls. Architekten sind ja bekanntlich... "speziell"  ;D
Wenn ich nun also noch Stress im Privatleben, noch besser in meiner senilen Realitätsflucht, dem gesunden Eskapismus und freundschaftlichen Spiel hätte? Nee, danke! Ich bin ausgelastet genug. Zumal mich persönlich Niederlagen extrem frusten. Ich hasse auch Mensch ärgere Dich nicht... das nur am Rande, aber schon ein wichtiger weiterer Aspekt.

Offline Sagadi

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Unterschiedliche XP Vergabe habe ich nur in meiner Anfangszeit in DSA angewandt, und da habe ich nur einen Sinn dahinter erkannt (und deswegen auch schnell ausfegeben). Nämlich Anfänger dazu zu "erziehen" oder um es neutraler zu formulieren, sich rollengerecht zu verhalten. Also haben die Spieler die sich eingelesen haben, einen genauen Hintergrund überlegt haben oder auch der Spieler der super glaubhaft eine Frau gespielt hat, geringfügig mehr XP bekommen. Irgendwann lief es aber darauf hinaus dass ich jedem für das was er, aus meiner Sicht, wirklich super gemacht hat, etwa gleich viel XP gegeben habe. Am Ende waren das einfach nur einseitige Feedbackrunden von mir.
Belohnen nach dem Spielleitergeschmack kann nur unfair sein. Außerdem wertet es wieder verschiedene Spielstile ab, und dieser Ansatz geht zudem von der Annahme aus, das ein bestimmtes Verhalten im Spiel allen mehr Spaß bringt.
Ich hoffe ich habe das jetzt halbwegs verständlich rübergebracht: lange rede kurzer Sinn, gleiche XP Verteilung dient dem spielspaß für alle Beteiligten. Die die Spaß am Ausleben ihres Charakters haben machen das auch ohne extra XP.

Spieler die nicht dabei sind kiregen jetzt auch XP, was den Nachteil hat, dass mal einpaar Levelaufstiege vergehen, ohne dass der Spieler irgendetwas erlebt hat. Aber immernoch besser als im Spiel nichts zu reißen.

In diesem Thread sind schon wirklich geniale Beiträge. Respekt!
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Offline Slayn

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@Luxferre:

Du gehst gerade zu stark auf den Konkurrenz vs Teamspiel Gedanken ein. Wenn wir in der Gruppe nun aber keine "Gruppe" spielen, sondern nur gemeinsam an der gleichen Spielrealität, dann kann man mit individueller Punkteverteilung arbeiten ohne das es eine Konkurrenzsituation ergibt, da wir uns nicht direkt messen, sondern nur unseren Anteil an der gemeinsamen Realität bemessen.

@Thandbar:
Da würde mir so einiges Einfallen, besonders wenn wir direkt Gamistisch spielen.

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Luxferre

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@Luxferre:
Du gehst gerade zu stark auf den Konkurrenz vs Teamspiel Gedanken ein. Wenn wir in der Gruppe nun aber keine "Gruppe" spielen, sondern nur gemeinsam an der gleichen Spielrealität, dann kann man mit individueller Punkteverteilung arbeiten ohne das es eine Konkurrenzsituation ergibt, da wir uns nicht direkt messen, sondern nur unseren Anteil an der gemeinsamen Realität bemessen.

Richtig, denn ich weiß, dass das anteilige Bemessen am Erfolg der Gruppe in der Spielweltrealität zu Konkurrenz führt.
Es gibt einige Spieler, denen ist das egal, die werden aber notgedrungen hinterherhinken.
Und der Platzhirsch räumt ab.

Das muss nicht immer so sein. Wird es aber in fast allen Fällen.

Luxferre

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In diesem Thread sind schon wirklich geniale Beiträge. Respekt!

Klingt erstmal ziemlich sarkastisch. Bitte erklären Sie sich  ;D

Offline Slayn

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Richtig, denn ich weiß, dass das anteilige Bemessen am Erfolg der Gruppe in der Spielweltrealität zu Konkurrenz führt.
Es gibt einige Spieler, denen ist das egal, die werden aber notgedrungen hinterherhinken.
Und der Platzhirsch räumt ab.

Das muss nicht immer so sein. Wird es aber in fast allen Fällen.

Erkläre mir anhand dieser Puppe, wo du das Gruppenspiel siehst :P

Spaß beiseite, Rollenspiel in einer Gruppe muss eben kein Gruppenspiel sein. Sobald es kein Gruppenspiel mehr ist, ist eh alles individuell.
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Offline Sagadi

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Klingt erstmal ziemlich sarkastisch. Bitte erklären Sie sich  ;D

Ist aber ernst gemeint. Ich liebe es einfach sachliche (im Sinne von: niemand wird wegen seiner Meinnung angegangen) aber gleichzeitig auf die Gefühlsebene der Spieler eingehende Beiträge zu lesen, vorallem wenn das Thema eindeutig von jedem, der hier schreibt, reflektiert wurde. Dadurch werden einfach die unterschiedlichsten Aspekte beleuchtet und es macht einfach Spaß soetwas zu lesen.

Oder ich bin gerade einfach nur hyper-Tanelorn-begeistert ^^
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Luxferre

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Brav  ;D

Ich bin von einem sarkastischen Post ausgegangen, daher meine Nachfrage.
Viel Spaß beim weiter- und mitdiskutieren.