Als ob die Welt noch jemanden bräuchte, der auch noch seinen Senf dazugibt...
DSA ist für mich irgendwie eine
Stimmung. Aber eine, die sich mit der Zeit immer wieder verändert hat.
Ganz am Anfang (d.h. zu DSA1-Zeiten) war DSA für mich eine düstere, faszinierende Sword&Sorcery-Welt, illustriert von jemandem, der sonst Conan-Comics zeichnete. Die Welt war eine einzige große Unbekannte. In den ersten Abenteuern (Wirtshaus zum Schwarzen Keiler, Schiff der verlorenen Seelen) wurde bei uns trotz der ewig vielen LP heftig gestorben. Extrem cool.
Schon mit der ersten Ergänzungsbox (immer noch DSA1) und den ersten Ausbau-Abenteuern änderte sich die Stimmung massiv. Plötzlich gab es Zwölfgötterkulte, eine lückenlose Weltkarte und einen Kaiser, der in einem Renaissance-Schloss wohnte. Alles fühlte sich irgendwie "deutscher" an (und das meine ich nicht positiv). Auf der Regelseite kamen die Wunder dazu (das alte Karmasystem finde ich bis heute supertoll) und ein Talentsystem, das dafür sorgte, das Helden der 7. Stufe plötzlich nichts mehr konnten. Wir gingen bald dorthin, wo die Dinge cooler waren.
Erst 20 Jahre später habe ich DSA (4) wieder angefasst, und wieder war das Gefühl ein ganz anderes. Eine kleine Welt, die so detailliert ausgearbeitet war wie möglicherweise überhaupt keine andere Rollenspielwelt auf dem Planeten. Kleinkariert, aber auch wahnsinnig lebendig. Abenteuervorbereitung war plötzlich vor allem Recherche. Aber es war auch irre immersiv, mit Leuten zu spielen, die alle das Setting bis ins kleinste Iota kannten und dadurch sehr lebendige Charaktere verkörperten. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt die Gewissheit, dass sich im unfassbaren DSA-Fundus für JEDE Situation irgendwo das richtige Kaufabenteuer finden lässt. Und das immer mehr zunehmende Gefühl, dass ich die Regeln auch noch 10 Jahre spielen könnte, ohne sie jemals zu beherrschen oder dazu zu kriegen, eine einfache Kneipenschlägerei in unter 2 Stunden auszuspielen.
Inzwischen bin ich raus - seit drei Jahren clean, ohne noch einmal zurückzublicken. Was ist als dominierendes DSA-Gefühl geblieben? Ich glaube, es ist dieses Gefühl einer gar nicht so fantastischen Fantasiewelt. Eher bodenständig als wirklich abenteuerlich, eher märchenhaft als cool. Trotzdem ein bisschen wie die Erinnerung an das Kaff, in dem man aufgewachsen ist und in dem einem jeder Stein vertraut war. Irgendwann ist einem das Dorf zu klein geworden. Aber irgendwo hat es trotzdem einen Platz im Herzen und wird ihn wohl auch behalten.
P.S.: Und was die heiligen Kühe angeht - ich glaube, es hat in der Geschichte von DSA keine, wirklich absolut keine einzige heilige Kuh gegeben, die nicht irgendwer irgendwo geschlachtet hätte...