Hm. Ich bin endlich mal dazu gekommen, mir the Strange genauer anzugucken, und bin leider sehr enttäuscht. Allem voran, weil ich die Prämisse und beim ersten Reinlesen auch das Spiel sehr ansprechend fand. Regeln lass ich jetzt mal außen vor, die interessieren mich an der Stelle nicht, und Cypher ist eh nicht so meins. Es geht also ums Setting.
Mein großes Problem liegt in der Umsetzung des Konzepts.
Erstmal vorweg: Dieses Konzept an sich, die verwendete Spielprämisse (Agenten beschützen die Erde) und auch die optische Ausgestaltung halte ich für sehr gut. Kudos, denn gerade Letzteres ist bei sowas durchaus eine Herausforderung.
Der Bruch kommt durch die Art und Weise, wie das Spiel Beispielwelten auswählt und priorisiert - das Gesamtbild ist imho unglaublich zerrüttet, und das nicht in dem positiven Sinne, der sicherlich angedacht war. Der Punkt ist einfach, dass da astreine fiktionale Welten (Baker Street etc) auf recht markante Genre-Eigenentwicklungen wie Ardeyn und vollkommen generische Sammelwelten wie Gloaming treffen. Das drängt mir als Leser vor dem Hintergrund der fictional leakage nicht nur massenweise Logikfragen auf, die ich mir bei der Prämisse eigentlich gar nicht stellen wollte (zumal das Spiel seine Logik halt doch als etwas durchaus Logisches darstellt), es zerstört für mich tatsächlich auch die komplette Faszination des Konzepts. Ein Fokus auf eine der Kategorien ODER aber ein intensiveres "Show, don't tell", um noch viel eindeutiger klarzumachen, dass wirklich alle Welten gehen, hätten hier Wunder gewirkt. Aber zwei Eigenentwicklungen in den Mittelpunkt zu stellen und den Rest dann kurz abzufrühstücken, geht imho gar nicht. Ich verstehe zwar die Motivation dahinter (die beiden bieten passende Regeln und sind halt was Cooles Handfestes), aber das ändert nichts am Gesamtergebnis. Und natürlich kann ich mit The Strange auch einfach "meine" Beispielwelten nehmen, aber das ist eben nicht das Spiel, das im Buch betont wird. Wenn ich Ardeyn und Ruk nicht benutze, spiele ich gefühlt nicht The Strange, auch wenn das da so steht.
Schade drum. Das Gute wiederum ist, dass das Strange-Network und die anderen Zwischenweltaspekte jetzt nicht wirklich so richtig hart herausstechen, sondern nur zweckmäßig und gut gemacht sind. Es ist also sicherlich eine vergebene Chance, aber auch nicht todärgerlich, weil jetzt nicht unbedingt allzu viel wahnsinnige Kreativität im Nichts verpufft oder sowas. Außer vll beim Art Design.
Wenn ich The Strange gemacht hätte: Noch mehr Fokus auf fictional leakage. Die open domain Sachen als Beispielrecursions. Ein paar generische Foci etc für Magie, Technik usw. Viele, viele, viele eindeutige Anspielungen und tatsächlich auch praktisch brauchbare Umsetzungstipps auf Lizenzrecursions wie Star Wars, Herr der Ringe, Avatar etc.
ODER (das ist Version 2, vll spannender) die fictional leakage als eine mögliche Erklärung oder Theorie ganz weit im Hintergrund, und dafür nur coole neue Genre-Welten a la Ruk und Ardeyn. Das wär auch cool gewesen.
Nur zur Sicherheit: Ich würde das Spiel nicht bashen wollen, es macht mehr richtig als falsch, aber ich musste mal ausformulieren, was für mich der Game Breaker ist, der verhindert, dass es in meinem Schrank stehen bleibt oder gar auf meinem Spieltisch landet.