Was auffällt, wenn man deutsche und amerikanische Erfahrungsberichte, Artikel, Fernsehserien oder Reportagen vergleicht, ist die wirklich sehr starke soziale Stigmatisierung von Rollenspielen in den USA in den 80ern und 90ern. Das ist mit deutschen Verhältnissen in keiner Weise zu vergleichen. Heute sind Geeks und Nerds in den USA zwar relativ cool (ohne Internet & IT geht gar nichts mehr, und ohne Geeks geht nichts in Internet & IT), aber – ich picke mal nur ein Beispiel raus – ein Autor wie David Ewalt verwendet nicht wenige Zeilen von
Of Dice and Men darauf, sich halb für sein peinliches Hobby zu entschuldigen, sich immer noch halb in Schmerzen zu winden,
weil er wegen seines Hobbies ausgegrenzt wurde. Der hat sein Trauma weg.
Das Buch ist nicht direkt großartig und bietet auch nicht viel Neues; ich führe es hier nur als markantes Beispiel für diesen Aspekt an.
Dieses Stigma scheint aus der Zusammenwirkung von mehreren Faktoren entstanden zu sein, die hierzulande nicht gegeben sind, etwa die
jock culture im Schulsystem mit der einhergehenden Ausgrenzung von kopflastigen Brillenschlangen, oder die fast komplett fehlende Gesellschafts- und Brettspielkultur insbesondere für Erwachsene vom 2. Weltkrieg bis zum Erscheinen von Spielen wie
Trivial Pursuit (1979 – man beachte die Nähe zu D&D).
Das hat sich alles stark geändert, aber die alten Denkmuster und Klischees sind halt noch da, und die machen sich jetzt in den ganzen Sitcoms und Einzelfolgen über Nerds und Rollenspieler bemerkbar. Ob diese Serien jetzt für Nerds gemacht sind oder doch auf Kosten von Nerds gehen, scheint mir Ansichtssache.
In meiner Schulzeit waren sowohl die Klassentyrannen (einer gleichzeitiger Klassenkasper) als auch einige der coolsten Jungs (die als erste eine langjährige Freundin hatten) als auch einige introvertierte Bücherwürmer allesamt Rollenspieler, und keiner davon war stigmatisiert. Wohlgemerkt, deutsches Gymnasium der 80er/90er. Da wurde auch niemand verprügelt, wenn er was wußte oder was im Kopf hatte. Im Gegenteil. Daß so etwas wie die
jock culture in den USA an Schulen überhaupt existieren kann, ist mir völlig unverständlich – ich finde das geradezu bizarr und pervers.