Gestern habe ich bei unserem Otherland-Rollenspieltreff für eine Fünferrunde das von Slayne hochgelobt Abenteuer One Crowded Hour (gibt's als pdf zu kaufen) geleitet und muss sagen, dass es sich wirklich um einen erstklassigen One-Shot handelt. Gut daran (Achtung leichte Spoiler):
- Es erlaubt von SL-Seite rasantes Pacing, ohne die Spieler dabei allzusehr zu gängeln. Das Abenteuer ist als eine Reihe sich verschärfender Zwischenfälle aufgebaut, von denen die meisten sich nicht durch die SC verhindern, wohl aber in ihren Folgen beeinflussen lassen. Sobald das Tempo nachlässt, kann man die nächste Krise aus dem Hut zaubern, ohne, dass das irgendwie gekünstelt wirkt. Das Abenteuer ist in der Beziehung einfach extrem gut konzeptioniert.
- Es beschreibt eine sehr große Bandbreite von NSC relativ ausführlich. Genaugenommen deutlich ausführlicher, als für das Abenteuer nötig wäre (über die Hälfte von denen hat es bei der gestrigen Sitzung nicht mal zu einer Sprechrolle gebracht). Der Vorteil ist, dass man durch die Lektüre der konzisen, psyychologisch aber großteils interessanten Beschreibungen ein klares Bild der NSC erhält und die sich so leicht unterscheidbar darstellen lassen. Da die NSC-Beschreibungen ans Abenteuerende ausgelagert sind, kann man sie auch relativ getrost überspringen oder nur überfliegen und sich an die 2-Satz-Kurzbeschreibungen im Text halten. Ich empfehle aber die volle Lektüre, die das Leiten sehr viel leichter macht.
- Man braucht keine Traveller/3.-Imperium-Vorkenntnisse (wobei es für einen der lustigeren NSC nützlich ist, in der Traveller-Wiki über Vilani nachzulesen).
- Es sind 6 vorgefertigte SC dabei, deren Fertigkeitenprofil aufs Abenteuer passt.
Die Minuspunkte:
- Keine Werte für die NSC - ungünstig, weil einige von denen spielentscheidende Proben ablegen müssen.
- Teilweise geht das Abenteuer von zu braven SC aus. Gerade bei One-Shots mit Einsteigern (wie bei mir gestern) haben die Spieler ja gerne mal die wildesten Ideen und stürzen sich sofort voll in die Action. Gerade am Anfang, wo das Abenteuer davon ausgeht, dass die SC im vollen Vertrauen auf die Crew ihres Passagierschiffs hören, musste ich da einiges ändern. Insgesamt war das aber gut, denn dadurch waren letztlich die SC selbst es, die die entscheidenden Erkenntnisse zutage gefördert, die entscheidenden Katastrophen aus erster Hand miterlebt und die entscheidenden Proben gewürfelt haben. Wenn man Crowded Hour leitet, lohnt es sich, offen für Spieler zu sein, die sich stärker einmischen, als das Abenteuer es vorsieht.
- Vielleicht ist das ja ein Traveller-Ding, aber: Die Proben waren einfach zu hart. Ich habe Prinzipiell jede im Buch angegebene Schwierigkeit um eine Stufe herabgesetzt, manchmal mehr, und wir sind trotzdem um Haaresbreite an einem TPK vorbeigeschrammt (einer tot, der Rest durchweg schwer verletzt). Obwohl bei den entscheidenden Proben gut gewürfelt wurde. Und obwohl ich die vorgefertigten SC verwendet habe, die eigentlich die nötigen Fähigkeiten für das Abenteuer mitbringen sollten. Was das soll, wird mir tatsächlich nicht deutlich: Was hilft es, wenn auf der Hälfte des Abenteuers alle tot oder außer Gefecht sind und keine einzige Krise abgewendet werden konnte, weil die Proben für die beteiligten SC teilweise objektiv nicht zu schaffen sind?
Insgesamt ein klasse Abenteuer und eine klasse Runde gestern! Viel gelacht, viel Stress für die SC, und sehr geringer Vorbereitungsaufwand, weil OCH wirklich ein gut strukturiertes und gelungenes Abenteuer ist.
Der sowohl thematisch als auch vom Drive her genau auf das Abenteuer passende Soundtrack ist übrigens "Gravity"!