Am Ende des Kinojahres haut Jim Jarmusch nochmal einen Vampirfilm raus. Aber es wäre nicht Jim Jarmusch, wenn "Only lovers left alive" ungefähr so Vampirfilm ist, wie "Dead Man" ein Western (Leider bisher der einzige andere Film von ihm, den ich bisher gesehen habe. Was ich ändern werde!).
Es geht um Vampire, namentlich um Eve (fantastisch dargestellt von Tilda Swinton) und Adam (nicht minder brillant: Tom 'Loki' Hiddleston), beide mehrere Jahrhunderte alt, abhängig von Blut und allergisch gegen Sonnenlicht. Das wars dann aber auch schon fast mit den Klischees, die im Gegensatz zu den Abziehschablonen zeitgenössischer Vampirfiguren aus Filmen und Büchern zur Abwechslung mal mit echten Charakteren unterfüttert werden. Den beiden Hauptprotagonisten merkt man in jeder Sekunde des Films die Jahrhunderte an, die sie im Blutrausch - verursacht durch immer schwerer aufzutreibende Blutkonserven von exzellenter Qualität- an sich vorüberziehen lassen.
Während Eve das ewige Leben in Tangier zu genießen sucht mit freundlicher Unterstützung ihres Blutlieferanten, einem anderen Vampir, der nicht mit "Christopfer Marlowe" angesprochen werden möchte, komponiert Adam in der düsteren Abgeschiedenheit eines zerfallenen Detroits seine
ganz persönliche Musik.
Nachdem Eve klar wird, dass ihr Liebster in einer depressiven Phase steckt kommt sie (natürlich per Nachtflug) kurzerhand vorbei, um ihn aufzumuntern. Das Wiedersehen wird getrübt durch ihre Schwester, die zum einen ebenfalls ein Vampir, zum anderen höchst pubertär und quirlig und damit das genaue Gegenteil ihrer Schwester ist.
Zentrales Thema des Film ist die quälende Agonie, die mit dem Untotendasein des Liebespaares einhergeht und die Abscheu für Sterbliche, die paradoxerweise von Adam und Eve als "Zombies" bezeichnet werden. Stetig unterstrichen von Adams psychedlischer Rockmusik wird der Zuschauer in die melancholische Welt zweier Ewiger hineingezogen, die sich gegenseitig so gut kennen, dass Vieles nicht mehr ausgeprochen werden muss und das, was gesagt wird auf den Zuschauer immer irgendwie verschlüsselt wirkt.
Darüber liegt der unbändige Drang nach Blut, der aber anstelle des üblichen klassisch-gewalttätigen Blutrauschs eher als ordinäre Drogenabhängigkeit inszeniert wird mit einem sehr kurzen Trip gefolgt von einer lang anhaltenden "Down"-Phase so dass man sich am Ende fragen muss, ob Adam und Eve durch die lange Zeit so lethargisch geworden sind oder ob es am Ende ihre Abhängigkeit ist und die Langzeitfolgen eben dieser.
Der Film erzählt nicht viel, weil er nicht mehr erzählen muss. Man sieht zwei Ewige, deren Tage so oder ähnlich schon seit Jahrhunderten (oder länger...?) ablaufen, immer wieder durchbrochen von kurzen Episoden, in denen sie doch Einfluss auf die Welt der Zombies genommen haben, sei es durch Erfindungen (Wechselstrom) oder durch gewisse Literaten (Shakespeare, Byron,...). Letzteres erfährt man nur indirekt durch die knappen Dialoge, die Jarmusch ebenso wie die vielen Objekte in den Räumlichkeiten der beiden Vampire nutzt um viele Anspielungen einzubringen.
Wer sich auf eine ruhige Charakterstudie mit wundervollen Bildern und großartiger Musik einlassen möchte um einen so noch nie dagewesenen Blick auf Vampire geliefert zu bekommen, dem kann ich "Only lovers left alive" nur ans Herz legen. Gerade zur Stimmung am Jahresende passt der Film hervorragend.