So, nachdem ich jetzt mal 2 Teile eines Abenteuerpfades gelesen habe und zumindest einen auch komplett geleitet habe, kann ich mal versuchen, ein etwas aussagekräftigeres Statement zu der Qualität der Pfade an sich zu äußern.
Das allererste, was mir massiv auffällt, wenn ich "Unter Piraten" leite, ist, dass die ganze Sache niemals ordentlich geplaytestet wurde, und wenn, dann wurden die Erkenntnisse des Playtests nicht mehr einbezogen. In sich ergeben sich immer wieder logische Fehler, die man als Spielleiter teils vorhersehen kann, denen man teils aber auch mit Improvisation entgegnen muss.
Ich nenne hierzu mal ein Beispiel:
Achtung, Spoiler: Unter Piraten, Band 1
Zu Beginn des Abenteuers ist man ja auf einem Schiff und insgesamt hat man einen strikten Tagesablauf. Während die ganze Sache ja sowieso schon Geschmackssache ist, ist es aber so, dass dieses tägliche Arbeiten, Aktionen ansagen etc. einfach megalangweilig wird. Und das Ganze gibts ja nicht nur einmal oder fünfmal, sondern über 20 Mal. Das ist einfach irgendwann zum Brechen langweilig und muss abgekürzt werden. Solche Dinge wären in einem Playtest SICHER aufgefallen.
Zu solchen Szenen kommen dann auch noch so Dinge wie statische Dungeons
z. B. in der Gezeitenbucht: Da gibt es 2 Wierlings-Späher, die Ausschau halten und die die Spieler i. d. R. bemerken werden und zumindest in die Höhle schwimmen können und alle warnen können, bevor die Spieler sie töten können. Dass dann die ganze Meute alarmiert ist, ist aber vollkommen unwichtig. Die Biester stehen trotzdem alle brav in ihren angestammten Räumen und warten darauf, dass die Spieler vorbeikommen und sie umnatzen. Vor allem sind die Räume so nah aneinander, dass bei einem Kampf in Raum B auch die Gegner in Raum C und D alarmiert werden MÜSSEN. Teilweise ist zwischen den Räumen auch Sichtkontakt, sodass die Spieler theoretisch sogar in die anderen Räume blicken könnten und die Gegner erkennen können müssten. Bezieht man jedoch alle Gegner ein, hat man eine Massenschlacht mit 20 Gegnern, die so überhaupt nicht vorgesehen ist.
und logische Fehler. (z. B.: "Wenn den Spielern die Trinkwasservorräte ausgehen, dann..." Total unsinnig, sobald man einen Kleriker dabei hat. Anderes Beispiel: Das Süßwasser der Crew geht aus. Daher sollen sie Süßwasser auf der Insel suchen. Der Kapitän trinkt kein herbeigezaubertes Wasser der SCs, weil er davon ausgeht, dass es vergiftet ist. Einfache Lösung: Von Bord gehen, Wasser ins Fass zaubern, an Bord gehen. Und nun?)
Die reine Anzahl dieser Macken macht eine gründliche Vorbearbeitund des APs zur Pflicht, und damit verfehlt es den Zweck, massiv viel Zeit zu sparen. Teilweise muss man Encounter enorm bearbeiten oder komplett ändern, um die Gruppe zu fordern, teils sind die Encounter einen deutlichen Schuss zu kräftig und in der Lage, ganze Gruppen in den Tod zu stürzen. Um es anders zu sagen: Es gab Abende für eine Homebrew-Kampagne, die ich schneller vorbereitet habe, als den AP zweimal durchzulesen und alle darin enthaltenen Fehler direkt auszumerzen und mir Lösungen dafür zu überlegen. Und selbst dann waren meine Abenteuer in sich logisch konsistenter.
Wie ich bereits schrieb, ist das eines der ersten Kaufabenteuer, die ich leite, und ich bin teils schockiert und teils ernüchtert, wenn ich lese, dass die APs besser sein sollen als andere Kaufabenteuer, denn ich finde sie eigentlich relativ schlecht.
Was ich jedoch dem AP zugestehen muss, ist eine Menge Kreativität und Liebe zum Detail, die teilweise im Spiel ist. Hier mal ein Papagei mit einem flotten Spruch, ausgefallene NSCs mit interessanten Geschichten und irgendwie wird jedes Klischee ein wenig bedient, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Insgesamt sind es genau diese Ideen, die diesen AP überhaupt lesenswert machen.