Autor Thema: Railroader oder Sandboxer? Gestaltungsfreiraum als Kategorie im Rollenspiel  (Gelesen 17542 mal)

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Basierend auf einer Forendiskussion habe ich mal einige Gedanken zusammengefasst. Vielleicht kann der eine oder andere ja was damit anfangen. Das würde mich freuen. Ansonsten würde es mir auch reichen, hier nun endlich mal einigermaßen zusammenhängend diverse Gedanken gesammelt aufgeschrieben zu haben. Das hilft mir bei der Sortierung. Wenn Ihr das ebenfalls nüzlich findet: umso besser! Here we go:

Man kann Spielern als Spielleiter Freiräume nehmen und Freiräume gewähren. Das Ausmaß, in dem ein SL dies tut, ist ein wichtiges Kennzeichen des Spielstiles einer Gruppe und wurde nach meinem Eindruck bislang weder hinreichend noch zusammenhängend dargestellt. Deshalb wage ich hiermit mal einen Versuch.

Während der klassische DSA-Railroader seinen Spielern tendentiell Freiheitsgrade nimmt, gewährt sie der Old-School-Dungeon-Sandboxer. Wenn man die zugrundeliegende Dimension "Gewährter Gestaltungsfreiraum" als Beschreibungsgrundlage nimmt, lassen sich meiner Ansicht nach viele Vorteile, Nachteile und am Spieltisch auftretende Phänomene gut beschreiben, erklären und vorhersagen. Deshalb finde ich eine solche Kategorisierung sinnvoll.

Ein bisschen schade ist es, dass der virtuelle Diskurs über das konkrete Ausmaß und die Verortung einer Gruppe auf der Dimension extrem schnell an seine Grenzen gerät. Spannend wird es bei der Analyse einer einzelnen Spielrunde meiner Ansicht nach nämlich genau dann, wenn man ins Detail geht. Hier mal ein paar prototypische Fragen:
  • Wie subtil bis brachial wird ein Plotelement denn nun durch den SL in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt?
  • Wie stark lehnen sich die Spieler im Sitz zurück und lassen den SL mit seinen Ideen kommen/verhungern?
  • Wie sehr fordern die Spieler aktiv ihre Rollen am Spieltisch ein?
  • Wie stark definieren die Welt mit bzw. wollen sie das überhaupt?
  • Wie sehr suggerieren die Spieler Fäden und Handlungsstränge über die Vorgaben und Suggestionen des SL hinaus?
  • Wie sehr wird ambitioniertes Charakterspiel von der Runde gefordert und gefördert?
  • Wie sieht es mit Emotionalität und dessen Herleitung und Verarbeitung am Spieltisch aus?
  • Wie hängt die Mortalität der SC mit der Identifikation der Spieler in der jeweiligen Runde zusammen?
  • Wird eher ein episodisches oder ein stark verknüpftes Spiel angestrebt? Werden langfristige Kampagnen oder viele OneShots präferiert?
  • Wie viel Zeit haben SL und Spieler für die Vor- und Nachbereitung? Wie häufig spielt die Gruppe?
  • Gibt es ein stark gepflegtes Diary?
  • Wie stark unterstützt bzw. unterbindet das jeweilige System die gewünschten Balancen?

Leider lassen sich diese Fragen im virtuellen Diskurs eigentlich nicht klären, weil zwangsläufig die Kenntnis zu vieler Details fehlt. Das ist ein echter Hemmschuh für die virtuelle Diskussion konkreter Beispiele aus Spielrunden. Das kann nicht funktionieren und ist deshalb nicht sinnvoll.

Natürlich gibt es auch keine global gültige Idealbalance für Rollenspielrunden, denn dafür werden die obigen Fragen viel zu unterschiedlich von den Spielern, Gruppen, Spielpräferenzen und Rahmenbedingungen beantwortet.  Die ideale Balance der Beschneidung und des Eröffnens von Freiheitsgraden durch den Spielleiter muss vielmehr abhängig von genau dieser Konstellation aus  Personen, Gruppe, Spielvorlieben, vorhandenen Ressourcen und sonstigen Rahmenbedingungen gestaltet werden. Es nützt dementsprechend wenig, sich selbst - wie früher häufiger gerne geschehen - lauthals krakeelend auf dem Kontinuum von Offenheit und Geschlossenheit von Entscheidungsfreiheit zu positionieren und seine diesbezügliche Befindlichkeit dann als das Maß aller Dinge zu proklamieren

Klar kann man sich hinstellen und grandios seinen Case für das jeweilige Extrem der Skala "Gewährter Gestaltungsfreiraum" formulieren:

Extrempol 1. Der SL ist neutraler Simulator der Welt. Die Rule of Cool "entwertet" Spielerentscheidungen. Plots sind per se böse. Showdowns hat es nie zu geben. Sie passieren einfach und ergeben sich natürlich aus dem Spiel. Jegliche Verletzung von Neutralität durch den SL, ja selbst die Neigung des Spielleiters zur Förderung bestimmter Handlungs- oder Aktionsmuster trägt in sich bereits den zersetzenden Keim der Unredlichkeit. Ich halte das für ausgemachten Quatsch, aber das ist die - zumindest bis vor ein paar Jahren ernsthaft vorgebrachte - Extremposition der ARS-Leute.

Extrempol 2. Demgegenüber steht die frühe DSA-Fraktion, die davon ausgeht, dass das Abenteuer an sich bereits den perfekten und nicht überbietbaren Spannungsbogen bereithält und diesen entsprechend drastisch durchsetzt. Spieler müssen folgen, gehorchen, sich unterordnen, damit das große Ganze in all seiner Herrlichkeit erstrahlen kann. Zudem herrscht die Vorstellung, dass die Spieler doch bitte am Spieltisch etwas lernen mögen, idealer Weise ethisch-moralisches Rüstzeug für die Zukunft erwerben - und wer wäre besser für entsprechende Lektionen geeignet als der wohlmeinende Diktator-SL? Das ist das andere Extrem der Skala und aus heutiger Sicht nicht minder hirnrissig.

Tatsächliche Runden bewegen sich in den allermeisten Fällen irgendwo zwischen diesen beiden Polen. Eigentlich handelt es sich bei den Extremen, wenn man es denn auf die Spitze treiben möchte, sogar nicht mehr um Rollenspiele im eigentlichen Sinne, sondern um reine Simulationen in Wargamingtradition, oftmals bar emotionalen Ausdrucks und/oder schauspielerischer Elemente einerseits (da kommt das Hobby international ja her) oder um vormalig innovative, pädagogische Instrumente zur Förderung von Kreativität, sozialer Interaktionsfähigkeit und Kommunikationsvermögen von Kindern und Jugendlichen (die DSA-Tradition nach Kiesow). Aber das führt uns direkt in die Definitionshölle dessen, was Rollenspiel eigentlich ausmacht und da will ich in diesem Beitrag ehrlicher Weise gar nicht hin.

Stattdessen könnten wir uns illustrierend mal ein Beispiel anschauen. Da taugen die weithin bekannten und geschätzten Herr Greifenklaue und Glinnefitz wunderbar, denn da kann ich mir vorstellen, wie sie präferierter Weise zumeist so spielen*:

  • Eher oldschoolig
  • Es darf auch mal ein Dungeon sein, gerne vielleicht sogar zwei
  • Charaktere sterben desöfteren
  • Ausufernde oder gar romanartige Hintergrundgeschichten der SC sind eher unerwünscht und nervig
  • Zufallstabellen helfen bei der Modellierung der Welt willkommener Weise
  • „Rulings not rules“ ist ein wichtiges Steuerungselement
  • Herausforderung geht vor Narration
  • Handlung am Spieltisch geht vor intensivem Charakterspiel
  • Drama Queens als Spieler werden tendentiell als nervig angesehen
  • Gefühle gibt es bei Spielern und (N)SC, aber bitte schön in Maßen und zivilisiert
  • Würfel werden auf keinen Fall gedreht

Das passt hoffentlich so ungefähr. Mit diesen Vorlieben kann man selbstredend wunderbar spielen und beliebig lange sehr viel Spaß haben. Das beweisen die geschätzten Herren mit ihrem Verve und ihrer Energie ja fast täglich. Auch bin ich mir sicher, dass bei in dieser Art aktiven Gruppen etwaige Nachteile und Schwierigkeiten der skizzierten Präferenzstruktur kaum zum Tragen kommen, eben weil die Vorlieben so gestrickt sind, dass sowas gar nicht oder kaum ins Gewicht fällt. Viele Rollenspieler würden aber, da bin ich sicher, schreiend fliehen, wenn sie am Spieltisch mit derlei Praktiken konfrontiert würden. Das, und damit sind wir wieder beim Oberthema des Threads, hat meiner Ansicht nach maßgeblich auch mit dem gewährten Gestaltungsfreiraum zu tun. Es lohnt sich also, ein bisschen weiter nachzudenken.

Der Hintergrund der Idee und des Konzepts ist dabei ein historischer. Früher gab es in Deutschland eine sehr starke, DSA-beeinflusste Strömung von selbsternannten Besserspielern, die ausgesprochen abschätzig auf die oben dargestellten, klassisch zu nennenden Spielvorlieben herabgeblickt haben. Da fielen dann einerseits despektierlich gemeinte Begriffe wie "Hack´n´Slayer" oder "Powergamer" und andererseits wurden offenkundig in deren Augen positiv besetzte Aspekte wie "Atmosphäre" und "Story" und "Plot" genannt, bei deren Nennung viele Leute heute vermutlich am liebsten sofort das Weite suchen würden. Ich finde es bei näherer Betrachtung sehr erstaunlich, dass sich das Klima heute virtuell quasi komplett gedreht hat. Einen Hauptgrund dafür sehe ich in einem veränderten Idealbild dessen, was als idealer Gestaltungsfreiraum wahrgenommen wird.

Was man dabei jedoch noch aufdröseln und berücksichtigen muss, sind die negativen Sekundäreffekte der jeweiligen Strategien zum Gewähren oder Beschneiden von Gestaltungsfreiräumen. Ansonsten ist es nämlich vielen Leuten mutmaßlich nur schwer ersichtlich, weshalb am Spieltisch insbesondere auch in ambitionierten, erfahrenen und theoretisch versierten Runden ganz absichtlich eine bestimmte Balance irgendwo mitten auf dem Kontinuum der Gestaltungsfreiheit gewählt wird, weshalb also die Gruppe diverse Beschneidungen ihrer Freiheit durch den SL nicht nur zulässt, sondern sogar aktiv begrüßt.

Für das pädagogisch aufgeladene DSA-Extremrailroading sind die damit verbundenen negativen Sekundäreffekte einigermaßen offensichtlich und wurden vielerorts sowie in epischer Breite dargestellt: die Spieler fühlen sich gegängelt und drangsaliert etc. Die gefürchtete „Spielleiter-Willkür“ ist mittlerweile ebenso zum geflügelten Wort geworden wie die „entwerteten“ Spielerentscheidungen (was immer das auch genau sein soll).

Für den Extrempol des neutralen Simulationismus in Reinkultur ist die Sachlage aber meiner Ansicht nach nicht ganz so offensichtlich. Vor allem sind die diesbezüglichen Risiken und Nebenwirkungen deutlich vielfältiger und schwieriger zu fassen. Hier eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Horroraufwand für den SL in der Vorbereitung, nicht sinnvoll vom SL zu bewältigende Komplexität des Geschehens am Spieltisch, große Gefahr des Stillstands und der Langeweile während des Spiels, übermäßige Banalisierung des Geschehens durch Randomisierung, Orientierungslosigkeit und Gefühle der Beliebigkeit der Spieler, emotionale Unterentwicklung durch zu starke Abstrahierung des Geschehens, kognitiv-affektive Überbeanspruchung der Spieler, Unfähigkeit und Unwille des SL zur strikten Neutralität. Und so weiter. Da gibt es eine Riesenliste. Das könnte man in einem neuen Thread gerne mal etwas systematischer sammeln.

Vor diesem Hintergrund halte ich die Dimension des Gewährens und Beschneidens von Gestaltungsfreiraum durch den SL aber für eine sinnvolle Kategorie in diesem Zusammenhang. Wir verstehen dann, wieso selbst aufgeklärte Rollenspieler eben DOCH manchmal den Gestaltungsfreiraum der Spieler beschneiden und wieso bestimmte Phänomene immer mal wieder als Thema in Foren aufpoppen**.

Es ist und bleibt übrigens in Deutschland ein nicht von der Hand zu weisendes Verdienst der ARS-Bewegung, das sozial akzeptierte Spektrum von Spielstilen in Deutschland zumindest in den Online-Diskussionen erheblich erweitert zu haben***. Die ARS-Leute waren mit ihren Botschaften teilweise sogar so erfolgreich, dass sich die Diskriminierungen heutzutage häufig sogar umgekehrt haben und nun auf einmal "Railroader" häufig schwer gedisst werden, "Plots" schon mal als böseböseböse gebrandmarkt werden, jegliche auf Emotionalität zielende Hobbyausübung etwa in Gestalt von Indie-Games kategorisch abgelehnt wird ("Forge ist scheiße") und so weiter. Andererseits hat sich solch eine Extrembetrachtung ehrlicher Weise in meiner Wahrnehmung schon wieder erheblich gemäßigt und wird nur noch von einigen wenigen Extremisten und Ignoranten ernsthaft vertreten.

So nehme ich zusammenfassend den aktuellen Stand der Diskussion wahr und habe den Eindruck, dass der Drops damit weitgehend gelutscht ist. Man könnte darauf basierend nun verschiedene Dinge tun. Man könnte sich über die Dimensionalität der Vorliebenstruktur unterhalten (siehe unten). Man könnte die negativen Sekundäreffekte der Extrempole sinnvoll aufdröseln. Man könnte aber auch eine Art Gebrauchsanweisung, etwa in Form eines Tests der Vorlieben, entwickeln, um Neueinsteigern oder Umsteigern darauf basierend Systemempfehlungen auszusprechen.

Die im Zusammenhang mit dem Gewähren von Gestaltungsfreiraum drängendsten Fragen, nämlich:

  • Wie unterscheiden sich Spielvorlieben?
  • Nach welchen Kriterien funktioniert die Bewertung von Vorlieben?
  • Welche Vor- und Nachteile gehen mit den jeweiligen Präferenzen einher?

scheinen mir mit dieser Betrachtung ganz gut geklärt. Mehr Detaillierung brauche ich persönlich jedenfalls für mein Verständnis nicht. Da sind die Geschmäcker aber selbstverständlich verschieden. Einige wollen mehr Details, anderen ist solch ein Gedankengang wie der oben skizzierte bereits erheblich zu theoretisch. Schließlich, um es mal wieder aufzugreifen: RPG ist keine Wissenschaft!

Eine kleine Bitte zum Abschluss noch: achtet doch bitte bei Kommentaren darauf, dass im Falle von Kritik erstens konstruktiv kommuniziert, zweitens ein respektvoller Ton angeschlagen und drittens von kleinteiligen OT-Diskussionen abgesehen wird. Ich habe mir große Mühe gegeben, das Thema möglichst neutral zu schildern und würde das Ding hier nur ungerne entgleisen sehen. Herzlichen Dank.

 

*: Jungs, bitte entschuldigt, dass ich Euch so dreist und ignorant in einen gemeinsamen Topf werfe. Natürlich weiß ich, dass Ihr wirklich VIELE verschiedene Spiele spielt sowie eine wahnsinnige Erfahrung mit allen möglichen Systemen/Gruppen/Kontexten habt. In diesem Thread verkürze ich Euch aber ganz dreist einfach mal auf Mr. Oldschool und Mr. LabyrinthLord. Ich bitte um Verzeihung und Vergebung für jegliche Unannehmlichkeiten :-)

**: Irgendwie passt die emotional-pädagogische Komponente für mein Gefühl noch nicht so richtig zu der Dimension des gewährten Gestaltungsfreiraums. Ich würde darin tendentiell eine zweite, leicht korrelierte Dimension sehen, sowas in der Art Neutralität versus Intentionalität des SL-Handelns beispielsweise. Das hat zwar am Rande auch mit dem Gestaltungsfreiraum zu tun, aber eigentlich ist das für mein Gefühl ein weitgehend eigenständiges Thema.

***: Das Gebahren zentraler Vertreter dieser Bewegung finde ich zwar bis heute wahnsinnig abstoßend. Aber vielleicht brauchte es auch eine solche ... Chuzpe, um das Anliegen in die virtuelle Breite zu tragen. So ganz dysfunktional war das schließlich nicht.
« Letzte Änderung: 1.02.2014 | 12:53 von Wellentänzer »

Offline Slayn

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Mir geht bei der Betrachtung noch der Faktor "Zufall" ab, der gerade im "langen Spiel" ja eine gewichtige Rolle inne hat.
Ein sehr großer Teil aller Einschränkungen haben ja im Kern damit zu tun, etwas nicht dem Zufall zu überlassen, etwa indem man "Spannung" gezielt erzeugt oder ein kohärenter "Plot" gar nicht erst emergent sein muss sondern schon existent ist, etc.
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Offline Kearin

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Zitat
Das Gebahren zentraler Vertreter dieser Bewegung finde ich zwar bis heute wahnsinnig abstoßend. Aber vielleicht brauchte es auch eine solche ... Chuzpe, um das Anliegen in die virtuelle Breite zu tragen. So ganz dysfunktional war das schließlich nicht.
Eine komplizierte Umschreibung für der dummen Massen einen neuen Trend bieten. Mittlerweile ist das ja SaWo nee Fate nee keine Ahnung.

Zitat
Viele Rollenspieler würden aber, da bin ich sicher, schreiend fliehen, wenn sie am Spieltisch mit derlei Praktiken konfrontiert würden.
Komischerweise wurden hier schon verschiedenste Säue durchs Dorf getrieben. Und komischerweise gab es immer genug Leute, die ohne Zögern auf The Next Big Thing aufgesprungen sind, von daher teile ich deine Einsicht nicht.

Meine Meinung:
Den meisten Rollenspielern ist es ziemlich egal, was sie spielen, Hauptsache sie können spielen. Was impliziert, dass sich ein Dummer finden muss, der leitet. Und dessen Spielweise wird dann halt mitgezogen, wenn es zwischenmenschlich klappt. Spielleiterloses Spielen ist dabei im Übrigen keine Alternative, weil das ein Mass von Einsatz fordert, die viele Spieler nicht bringen wollen.

Offline Blechpirat

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Offline D. M_Athair

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Interessante Beobachtungen.


Ein hat auch schon was richtiges gesagt (Säue und Dorf), an das ich mein Verständnis kurz anknüpfen möchte:
Ich glaube, dass die aufgemachte Rechnung so nicht ganz stimmt:
  • ARS gibt es in verschiedenen Variationen. Mindestens 2 kann ich benennen: Skyrocks Herausforderungsorientiertes und Settembrinis Simulationsorientiertes. Und ich weiß auch nicht, ob das überhaupt "das Ende der Fahnenstange" auf deiner Achse bilden kann. Ebenso zweifelhaft finde ich die Gleichsetzung ARS = Sandbox. Denke nicht, dass man das so ohne weiteres tun kann.
  • "Railroader" hört sich in meinen Augen sehr negativ an. "Plotmeister/Plotspieler/Plotrunden" (je nachdem wer benannt werden soll) wäre in meinen Augen ein besserer Begriff. Schließlich geht es den "Railroad-Runden" ja darum einen besonders schönen Plot zu erleben. Da kann - und ist sicherlich auch häufig - offizieller Metaplot im Spiel sein.
  • Die aufgemachte Gleichung berücksichtigt die Indiespieler, die z.B. in Spielen wie Apocalypse World ein hohes Maß an Freiheit - auf der Fiktionsebene - haben und auch nicht die Freiformer, die ebenso ein hohes Maß an Freiheit - mindestens im Bereich der Regeln - haben nicht.


Soviel an Initialkritik.
TROTZDEM: Ich möchte gern bei der dualen Achse bleiben. Glaube aber, dass die Extreme noch besser definiert/ausgearbeitet werden müssen. Dasselbe gilt für die Achse insgesamt.

Was beiden Extrempositionen z.B. gemein ist, ist die starke SL-Rolle.
Im Plotspiel* bestimmt der SL den Handlungsfaden und was im Sinne der Abenteuer an Regeln zugelassen ist (Herr über die Regeln.)
Im Handlungsmaschinen-Spiel* bestimmt der SL die Rahmenbedingungen der Spielwelt (soziale Beziehungen in dem bespielten Teil des Settings, Monster-Ökologie, NSC-Motivationen, wenn-dann-Handlungszusammenhänge) und die Einhaltung der Regeln (er muss die gültigen Regeln nicht allein bestimmen).
In beiden Positionen bietet der SL Abenteueraufhänger an.

* Das sind jetzt mal zwei Begriffe, die zwar noch nicht optimal sind, aber vielleicht ein Stück klarer beschreiben, worum es gehen soll.


Addendum:
Zitat
Für das pädagogisch aufgeladene DSA-Extremrailroading [...]
"Pädagoisch aufgeladen" halte ich für eine unglückliche Formulierung. Der pädagogische Anspruch, den DSA hat(te) - dafür gibt es kein fachliches Fundament. Insofern wäre "pädagogisierend" der bessere Ausdruck.
« Letzte Änderung: 1.02.2014 | 21:43 von Dr. Helga Itaa »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline 1of3

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Ich bin jetzt nicht sicher, was du diskutieren möchtest. Also stopp mich bitte, wenn ich krass daneben liege:

Die Art und Weise wie hier "Gestaltungsspielraum" in diesem Diskurs betrachtet wird, scheint mir ziemlich  unerheblich. Es ist freilich egal, wie die SL zu ihren Ergebnissen kommt. Viel relevanter ist, wessen Ergebnisse es sind.

Ich fühle mich beispielsweise verarscht, wenn ich einen Charakter mache, der Mitglied bei irgendeiner Organisation ist, mein Gegenüber sie im Spiel aber nicht auftauchen lässt. - Aus welchen Gründen auch immer. Und ich bin nicht damit zufrieden, dass sie vielleicht in einem Dutzend Sitzungen relevant wird, sondern bitteschön plötzlich.

Das ist ein Beispiel von relevantem Gestaltungsspielraum.

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Ich fühle mich beispielsweise verarscht, wenn ich einen Charakter mache, der Mitglied bei irgendeiner Organisation ist, mein Gegenüber sie im Spiel aber nicht auftauchen lässt. - Aus welchen Gründen auch immer. Und ich bin nicht damit zufrieden, dass sie vielleicht in einem Dutzend Sitzungen relevant wird, sondern bitteschön plötzlich.

Das ist ein Beispiel von relevantem Gestaltungsspielraum.

...sprach der Storygamer, der den Gestaltungsspielraum seines SL beschneidet. Du hast nun ein Beispiel für eine spielerinitiierte Einflussnahme auf den Gestaltungsspielraum des SL genannt. Doc Itaa hatte ja ebenfalls schon darauf hingewiesen, dass der Fokus meines Beitrags sehr stark auf dem SL liegt. In Ordnung, stimmt.

Aber: Dein Beispiel, 1of3, ist doch geradezu prototypisch für eine Einflussnahme auf den Gestaltungsspielraum - und natürlich hat das Vor- und Nachteile! Wenn besagte Organisation in einer komplett und neutral durchsimulierten Welt* nun mal für die ersten 12 Sessions aus plausiblen Gründen am Charakter vorbeiläuft, dann findest Du das als Spieler bescheuert. Gleichwohl mag ein SL-manipuliertes Auftauchen der Organisation durchaus zu logischen Brüchen führen und so das Spielvergnügen trüben. Das meinte ich mit den Vor- und Nachteilen, die sich mit der Einflussnahme auf den Gestaltungsspielraum verbinden - und das finde ich tatsächlich sehr erheblich.

Slayns Einwand hingegen hab ich leider nicht verstanden.

Addendum: "Pädagoisch aufgeladen" halte ich für eine unglückliche Formulierung. Der pädagogische Anspruch, den DSA hat(te) - dafür gibt es kein fachliches Fundament. Insofern wäre "pädagogisierend" der bessere Ausdruck.

Dazu vielleicht noch: "Pädagogisierend" finde ich ganz treffend. Kiesow war jedoch immerhin Pädagoge. Oder irre ich mich da? So ganz von der Hand weisen würde ich Rollenspiele als pädagogisches Instrumentarium ansonsten auch nicht. Die Idee erscheint mir für damale sogar als ziemlich passend. Aber das ist natürlich ein Nebenthema. Können wir gerne im DSA-Channel mal drüber spekulieren.


*: Ich stelle mir den SL dabei übrigens immer als Laplaceschen Dämon vor. Dieser Dämon kennt die Lage, Position und Geschwindigkeit aller Teile des Universums und kann daraus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft perfekt erklären/vorhersagen. Das Lustige an der Analogie ist, dass der Laplacesche Dämon von der modernen Physik längst als Unmöglichkeit identifiziert wurde ebenso wie eine perfekt neutral-simulationistische Spielleitung mit dem Anspruch des Extrempols 1 nicht nur zum Scheitern verurteilt ist, sondern auch gewaltige, negative Sekundäreffekte hervorruft.
« Letzte Änderung: 1.02.2014 | 22:33 von Wellentänzer »

Offline 1of3

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Zitat
...sprach der Storygamer, der den Gestaltungsspielraum seines SL beschneidet.

Diese Betrachtung klappt so nicht. Die SL hat den Gestaltungsspielraum ja erst, wenn ich ihn zugestanden habe. Wir haben also einen Konflikt, was die Gestaltungsräume des jeweils anderen betrifft.

Im Übrigen ist jede Betrachtung, die eine SL annimmt, nicht besonders nützlich. Wir können allgemein sagen, dass Teilnehmer X Gestaltungsfreiheit hat, wenn die übrigen Teilnehmenden seine Eingaben in einer Sache aufgreifen. Warum sie das tun, ist erst mal irrelevant. Hier kommt dann die Maxime zum Tragen, dass ich mich als guter Spieler dafür zu interessieren habe, worauf die Anderen am Tisch wertlegen. Und auch das gilt in alle Richtungen.

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Boah, ne, danke. Darauf steig ich echt nicht ein. Das musste bitte ohne mich weiterdenken. Ich finde Deinen Gedankengang weder hilfreich, noch zielführend und schon gar nicht sinnvoll.

Also stopp mich bitte, wenn ich krass daneben liege
STOPP!
« Letzte Änderung: 1.02.2014 | 23:21 von Wellentänzer »

Offline Xemides

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Ich muss sagen, das ich mittlerweile meinen Standpunkt ziemlich in der Mitte zwischen extremes Sandboxing und Railroading sehe.

Nach zwei DSA-Railroadkampagnen, sozusagen DEN RR_Kampagnen überhaupt habe ich davon die Nase voll.

Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, das totales Sandboxing genau so öder sein kann.

Deshalb finde ich das Eingehen auf Spielerinput sowie das Anbieten von Plots und konsequente Weiterentwicklung des Hintergrundes aufgrund der Spielerhandlungen mittlerweile als die beste Wahl.
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Offline gunware

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Deshalb finde ich das Eingehen auf Spielerinput sowie das Anbieten von Plots und konsequente Weiterentwicklung des Hintergrundes aufgrund der Spielerhandlungen mittlerweile als die beste Wahl.
Ich muss sagen, dass ich mir das Rollenspiel schon immer so vorgestellt habe - und es auch schon seit Jahrzehnten so gerne habe. Erst hier im Tanelorn wurde mir bewusst, dass es auch anders geht. Aber ich bin nie dazu gekommen, es anders zu probieren. Zu wenig Zeit und die Bereitschaft hält sich auch ziemlich in Grenzen.

Meine Meinung dazu ist eher, dass das Spiel in ständiger Bewegung zwischen den zwei genannten Extremen ist. Und falls sich  das Spiel zu viel einem der Extreme nähert, dann wird die Gefahr größer, dass es "umkippt". Aber genauso negativ würde ich sehen, wenn es diese ständige Bewegung zwischen den zwei Extremen nicht geben würde - denn das wäre auch irgendwie langweilig. Was hätten wir dann? Stagnation, Stillstand.
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Offline Slayn

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Slayns Einwand hingegen hab ich leider nicht verstanden.

Mein Einwand bezieht sich vor allem auf diese Aussage von dir:

Zitat
Ansonsten ist es nämlich vielen Leuten mutmaßlich nur schwer ersichtlich, weshalb am Spieltisch insbesondere auch in ambitionierten, erfahrenen und theoretisch versierten Runden ganz absichtlich eine bestimmte Balance irgendwo mitten auf dem Kontinuum der Gestaltungsfreiheit gewählt wird, weshalb also die Gruppe diverse Beschneidungen ihrer Freiheit durch den SL nicht nur zulässt, sondern sogar aktiv begrüßt.

... und hat schwer mit den ganzen Diskussionen über Adventure Paths in den letzten Wochen zu tun und greift in einem gewissen Sinne auch auf, was 1of3 gesagt hat.
Wenn du von der Position der gegeben SL-Allmacht aus argumentieren willst, gerne, in dem Fall halte ich deine beiden Extrem Pole für halbwegs valide nur geht ja der Trend doch ganz stark weg davon und bildet zwei vollkommen andere Pol-Pärchen.
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Offline D. M_Athair

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Wenn du von der Position der gegeben SL-Allmacht aus argumentieren willst, gerne, in dem Fall halte ich deine beiden Extrem Pole für halbwegs valide nur geht ja der Trend doch ganz stark weg davon und bildet zwei vollkommen andere Pol-Pärchen.
Naja. Der "Mainstream"(v.a. die Spielerseite) hinkt weit (Jahrzehnte?) hinter dem Trend/neueren Entwicklungen hinterher.
(Siehe dazu auch die Nerdpol-YT-Runden.)

Bezüglich des Gestaltungsfreiraums von Spielern bei starker SL-Position:
  • Da tauchen immer wieder Spiele auf, die auf starke Spielstrukturierung seitens des SL setzten (z.B. WFRP 3 ... ob das neue Star Wars das auch tut - k.A.) oder bei dem Plotentwicklung beim SL liegt (z.B. Shadows of Esteren, nMummy).
  • Auf Seiten der Sandbox/Handlungsmaschine ... LotFP (mit Qelong, Isle of the Unknown, Vornheim, The Seclusium of Orphone of the three Visions), ACKS, SWN.
  • L5R 4th hat sich mMn v.a. diese Achse komplett erschlossen. TOR arbeitet mMn auch stark auf der Achse. Evtl. auch Gumshoe.

... ist jetzt nur mein Eindruck. Kann sein, dass ich da manchen Spielen Unrecht tue.
Dennoch: ich die Eingangsbeobachtungen diskussionswürdig.

(Auf die höhere Abstraktions-/Systematisierungsebene kann man später immer noch gehen.)
« Letzte Änderung: 2.02.2014 | 14:48 von Dr. Helga Itaa »
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Online Maarzan

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Ich fühle mich beispielsweise verarscht, wenn ich einen Charakter mache, der Mitglied bei irgendeiner Organisation ist, mein Gegenüber sie im Spiel aber nicht auftauchen lässt. - Aus welchen Gründen auch immer. Und ich bin nicht damit zufrieden, dass sie vielleicht in einem Dutzend Sitzungen relevant wird, sondern bitteschön plötzlich.

Was heißt nicht auftauchen? Wo kommt diese Organisation eigentlich her?
Und wenn der Charakter da Mitglied ist, sollte es ja an ihm selbst liegen da auch dran teil zu nehmen.
Auch schon mal dran gedacht, dass da vielleicht noch 3, 4 andere Spieler mit dabei sind, welche auch ihre eigenen Hintergrundshaken haben und die vielleicht sogar besser/leichter zusammenpassen? Sollen die dann dafür die Sitzungen über warten bis deiner abgearbeitet ist?
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline Slayn

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Naja. Der "Mainstream"(v.a. die Spielerseite) hinkt weit (Jahrzehnte?) hinter dem Trend/neueren Entwicklungen hinterher.
(Siehe dazu auch die Nerdpol-YT-Runden.)

Und den Punkt finde ich diskussionswürdig, gibt es doch einen klaren Unterschied zwischen System und Nutzung des Systems.
Gerade hier fand in den letzten Jahren dann doch eine erhebliche Entwicklung statt, die auch als solches positiv angenommen wurde und allen Anscheins nach viel im Einsatz ist, nämlich größere Abenteuer oder kleinere Kampagnen die so gestaltet sind, dass sie wie eine "Narrow Sandbox" funktionieren und alle Vorteile bringen, die Wellentänzer bei dem einem Extrem aufgeführt hat, dagegen so fest umrissen sind und die Vorteile des anderen Extrems mit sich bringen. Die Aussage hier ist relativ klar: keine Illusionen darüber, wo die Grenzen sind, dafür aber auch keine Einmischung bei den Sachen, die sich innerhalb der Grenzen befinden.
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Offline D. M_Athair

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@ Slayn: Das stimmt sicherlich.
Jedoch bewegt sich das Ganze auf der von Wellentänzer vorgetragenen Achse.
Weite Dimensionen - wie von 1of3 et al. vorgetragen - werden nicht berührt.

Und: Ja, die neueren Abenteuer/Kampagnen stellen schon die Frage, ob die "Achse" tatsächlich eine solche ist.
Anders gesagt: Ich finde die Idee der "Achse" als Arbeitshypothese ganz sinnvoll. Ob sie sich halten lässt, wäre in der Diskussion zu untersuchen.
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Offline Drudenfusz

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Railroading? Sandboxing? Ist doch beides Schrott! Ehrlich finde beides Langweilig, also bitte möglichst wenig von beidem! Als Spieler regt mich Railroading schneller auf, aber sandboxing bedeutet auch nur langeweile, weil halt ohne sinn und ziel gespielt wird. Also, gerne mit klarer zielsetzung was der plan ist, mit sinnvollem einbinden der Charaktere und der Interessen der Spieler, die dann aber selbst in die hand nehmen wie sie die präsentierten Probleme überwinden, aber halt ganz klar mit vom Spielleiter kommenden Herausforderngen, nur halt nicht vom Spielleiter kommeneden Lösungen dazu.
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Offline bobibob bobsen

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Zitat
sandboxing bedeutet auch nur langeweile, weil halt ohne sinn und ziel gespielt wird.

Tut mir leid aber dann hast du sandboxing nicht verstanden.

Offline Arkam

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Hallo zusammen,

also bei den Runden in denen ich mitspiele hat der Spielleiter eine starke Position weil er benötigt wird und hauptsächlich drei Leute den Spielleiter machen. Das bedeutet bei Pathfinder und Shadowrun 5 tatsächlich eine Menge Vorbereitung.

Da bin ich als Spieler dann gerne bereit einen gegebenen Plot mitzuspielen und sogar gewisse Gestaltungsspielräume einzuschränken. Da unsere Spielleiter fertige Abenteuer verwenden sind das meistens klassische universelle Plots die meistens Charaktere voraus setzen die sich eben für die Probleme anderer Leute oder Institutionen interessieren und bereit sind sich dieser Probleme anzunehmen. Aber auch bei der konkreten Gestaltung des Charakters bin ich bereit Einschränkungen hin zu nehmen. Mein Charakter wird also Gruppen konform sein. Dort wo solche Probleme auftauchen, etwa der Klassiker Elf und Zwerg in einer Gruppe, spreche ich mich vorher mit dem anderen Spieler ab oder wähle einen nicht zu radikalen Standpunkt.

Bei den Regeln bin ich weniger Kompromiss bereit. Allerdings versuche ich Unklarheiten auch vorher abzuklären.
Zu Ausnahmen bin ich eigentlich nur als Experiment bereit, heute spielen wir Mal rein erzählerisch oder ich versuche als Spielleiter hier Mal nicht über hohe Werte sondern über andere Aspekte Spannung hinein zu bringen. Das sollten aber auch umschriebene Ausnahmen sein.
Oder wenn ich denn Sinn einsehe und die Sache zeitlich beschränkt ist. Ein Charakter von mir war etwa gegen Beeinflussung vor allen magischer Art immun. Beim Einstieg ins Abenteuer wurde ich trotzdem beeinflusst. Ich bekam aber aufgrund meines Vorteils zusätzliche Handlungsmöglichkeiten.
Allergisch reagiere ich wenn Regeln durch den Spielleiter gebrochen werden weil er sich eben nicht passend vorbereitet hat oder er eben glaubt eine gewisse Stimmung nur durch einen Regelbruch hervorrufen zu können.

DSA kenne ich von seinen Anfängen bis zur Borbaradkampagne und habe die DSA 4.1 Basisregeln und die erweiterten Regeln angelesen. DSA hat sich als Heldenrollenspiel verstanden. Man stand also für das gute, edle und schöne in einer zunächst Mal sehr düsteren und brutalen Welt. Da gab es dann schon Mal Extraerfahrung für gespendetes Brot und auch das Fehlen von Meuchelregeln ist Programm aber keinen wirklichen pädagogischen Anstrich.
Es lohnt sich streng zwischen den Regeln und den Abenteuern zu unterscheiden. Denn in den Abenteuern kommen immer wieder Klöpse vor die so von den Regeln eben nicht abgedeckt sind. DSA als verbreitetes System hatte es eben sehr früh mit Powergamern zu tun die gerade beim Schritt von den Basisregeln zu den Regeln des Ausbauspiels auf nicht sehr hart getestete Regeln trafen. Statt die Regeln anzupassen hat man versucht die geeignete Art zu spielen zu fördern und damit natürlich einige Leute vor den Kopf gestoßen.

Plot getrieben muss nicht gleichzeitig Railroading sein. Wo man beim ersteren eventuell Grundannahmen hat, etwa das der Oberbösewicht erst am Ende des Abenteuers oder der Kampagne stirbt, kommt beim Railroding, im Extremfalle, Nichts vor was so nicht im Abenteuer Band steht. Alle Ereignisse sind schon vorbestimmt und Charakterwerte oder Würfe haben überhaupt keinen Einfluss darauf wie das Abenteuer verläuft. Das kann nicht nur als Art zu leiten sondern auch als Ergebniss von Unerfahrenheit, schlechter Vorbereitung oder Unkenntniss vorkommen.

Gruß Jochen

Änderung: Rundung des Abschnitts über DSA Meuchelregeln.
« Letzte Änderung: 28.01.2015 | 06:43 von Arkam »
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Online Maarzan

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Railroading? Sandboxing? Ist doch beides Schrott! Ehrlich finde beides Langweilig, also bitte möglichst wenig von beidem! Als Spieler regt mich Railroading schneller auf, aber sandboxing bedeutet auch nur langeweile, weil halt ohne sinn und ziel gespielt wird. Also, gerne mit klarer zielsetzung was der plan ist, mit sinnvollem einbinden der Charaktere und der Interessen der Spieler, die dann aber selbst in die hand nehmen wie sie die präsentierten Probleme überwinden, aber halt ganz klar mit vom Spielleiter kommenden Herausforderngen, nur halt nicht vom Spielleiter kommeneden Lösungen dazu.

Eine Sandbox ist zunächst einmal ein Angebot bzw. erweiterte Freiheit. Aber so ein Angebot bzw. Freiheiten ,muss man eben auch nutzen. Mit erhöhtem Einfluss kommt eben auch erhöhte Verantwortung - inklusive für den eigenen Spielspaß. (Und übergrößeren eingehenden Absprachebedarf in der Spielerschaft auch für den der anderen)

Was allerdings ein häufiger Fehler ist, ist Freiheit ohne Informationen: Du kannst "alles" machen ohne Referenz und Hintergrundswissen erlaubt auch nicht wirklich viele qualifizierte Entscheidungen und damit Nutzungsmöglichkeiten dieser Freiheiten. Doppelt, wenn dann der SL dem eigentlich wissenden Char aus der Unwissenheit des Spielers einen Strick dreht.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Sin

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Ich finde es auch irreführend, dass in Hinsicht auf maximalen Gestaltungsfreiraum der Spieler auf Sandboxing fokusiert wird (nicht, dass ich Sandboxing schlecht finde). Mein Ideal für Gestaltungsfreiheit ist dann erreicht, wenn die Spieler bzw. Charaktere im Detail (die Spieler greifen einen NSC an, auch wenn ich nicht damit gerechnet haben, sondern ihn als wichtig für die Zukunft eingeplant habe, um mal einen Extremfall zu nennen, der bei DSA-Abenteuern gerne mal unterbunden wird) und im Großen (die Spieler beschließen das aktuelle Abenteuer abzubrechen und stattdessen in die Nachbarstadt zu reisen, um herauszufinden, was es mit dem Buch auf sich hat, das sie gefunden haben) tun können, was sie wollen/für richtig halten [noch größer wäre dann die generelle Richtung/Stimmung der Kampagne, da sollte natürlich eh ein Einverständnis zwischen Spielern und SL herrschen und ggf. darüber gesprochen werden, falls Unzufriedenheiten entstehen]. Und bei Sandboxes gibt es gewöhnlich durchaus Einschränkungen der Spielerfreiheiten, etwa dass das Spiel auf ein bestimmtes Territorium, ein Tal, eine Insel, beschränkt ist; außerdem kann natürlich bei Weitem keine Sandbox alles abdecken, was Spielern einfallen mag, folglich kann Improvisation seitens des SL nötig werden oder er muss den Handlungsspielraum der Spieler einschränken - oder es kommt zur "Selbstzensur" - in vielen (vermutlich allen, mal mehr, mal weniger extrem ausgeprägt) Fällen haben Spieler gelernt, was der SL will und erwartet und handeln entsprechend, meiner Meinung nach ein unterschätzter, sehr bedeutender Faktor beim Thema Railroading und Gestaltungsfreiraum.

Der Spielleiter muss also improvisieren. Das ist natürlich schwer bis unmöglich in Kampagnen mit vielen Kämpfen, also Extremfall bei Dungeoncrawl-Zeugs. Und wenn der Schwerpunkt auf Kämpfen liegt besonders problematisch bei Systemen, bei denen die Kämpfe Vorbereitung seitens des SL benötigen (D&D).
Wenn die Kampagne aber eher einen Fokus auf soziale Interaktion hat, ist das meist kein so großes Problem: Die Spieler steuern das Abenteuer beispielsweise nach 3 Stunden Spielzeit, der Spielabend ist also noch jung, in eine völlig unerwartete Richtung, dann wird der restliche Abend eben improvisiert und am Ende sehen wir wo wir stehen, und ich kann ggf. zum nächsten Mal wieder ordentlich was vorbereiten (die Frage: Wisst ihr schon, was ihr nächstes Mal vorhabt? bietet sich dann je nach Situation an). Improvisierte Anteile weisen dann gewöhnlich weniger Kämpfe auf als normal, aber 1-2 Kämpfe lassen sich ja bei vielen Systemen auch problemlos noch schnell improvisieren - da braucht man natürlich ordentlich Erfahrung mit dem System, damit der Kampf möglichst weder langweilig wird noch als PK endet. Aber ich habe gute Erfahrungen gemacht mit vereinzelten improvisierten Kämpfen bei vielen Systemen (etwa L5r, oWoD, Ars Magica, SR), eine gewisse Unberechenbarkeit bei Kämpfen ist im Übrigen auch sexy. Wenn nötig, ist eine kurze Auszeit für den SL um einen Kampf vorzubereiten eigtl. auch kein Problem, zumindest in meinen Runden ist es üblich mal zwischendrin zu unterbrechen für eine fröhliche Plauderei oder so (da ist dann evtl. ein bisschen Geschick gefragt, um nicht zu unterbrechen, wenn die Spannung gerade am Maximum ist, was oft aber nicht immer geht).

Interessante Kämpfe zu improvisieren bzw. schnell vorzubereiten wird mit großer Anzahl der Spieler/Charaktere zunehmend schwieriger. Mit dem anderen Extrem, 1 SL und 1 Spieler, habe ich dagegen eine besonders schöne Erfahrung gemacht: Nahezu vollständige Improvisation des gesamten Spiels. Mit meinem Umzug aus meiner Heimatstadt wurde meine langjährige V:TM-Runde abgebrochen. Ungefähr einmal pro Jahr habe ich mich mit einem Freund aus der Runde für ein paar Tage getroffen und wir haben dann mit seinem Char allein weitergespielt. Der Charakter hat sich zunächst auf ein offenes Geheimnis, dass aus der alten Kampagne noch offen war gestürzt und im Laufe des Spiels ergaben sich problemlos immer neue Geheimnisse, die er aufdecken wollte, NSCs, mit denen er etwas unternehmen wollte, Orte, die er besuchen wollte oder übersinnliche Fähigkeiten, die ihn faszinierten und die er versuchte zu erkunden und zu erlernen... Die einzige Vorbereitung bestand daraus, dass ich mir im nach dem Spielen im Bett noch ein bisschen Gedanken und ein paar Notizen machte, alles andere ergab sich aus dem Spiel. Mit einem Spieler läuft das Ganze so problemlos, da war es dann im Übrigen auch kein Problem beim Spielen das eine oder andere Bier nebenbei zu vernichten (Vorischt: das kann zu extremen Entwicklungen führen, ich erinnere mich da an eine Zeitreise in die Dark Ages :) ). Das Spiel in Gruppen will ich nicht missen, aber zu zweit ist das eine einzigartige, intensive persönliche Erfahrung (so gut funktioniert das vermutlich nur mit einem Freund, den man sowieso schon gut kennt, auf Rollenspielebene und persönlich).

Ich hoffe, das ging jetzt nicht zu sehr OT. :)
« Letzte Änderung: 28.01.2015 | 06:53 von Sin »

Offline Oberkampf

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Wenn die Kampagne aber eher einen Fokus auf soziale Interaktion hat, ist das meist kein so großes Problem: Die Spieler steuern das Abenteuer beispielsweise nach 3 Stunden Spielzeit, der Spielabend ist also noch jung, in eine völlig unerwartete Richtung, dann wird der restliche Abend eben improvisiert und am Ende sehen wir wo wir stehen, und ich kann ggf. zum nächsten Mal wieder ordentlich was vorbereiten (die Frage: Wisst ihr schon, was ihr nächstes Mal vorhabt? bietet sich dann je nach Situation an).

"Soziale Interaktion" zwischen PCs und NSCs ist doch zu 90% in der Praxis reine Spielleiterentscheidung, und damit reine Spielleiterkontrolle des Abenteuerverlaufs. Dabei ist dann immer die Frage: Wer kontrolliert die Kontrolleure? In Kämpfen sorgen - außer bei der Würfeldreherfraktion - die Kampfregeln dafür, dass auch für den Spielleiter unerwartete Ergebnisse auf den Tisch kommen können. Soziale Interaktion ist das Paradebeispiel für den allmächtigen Spielleiter.

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Offline Oberkampf

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Nicht, wenn es Regeln dafür gibt.

Einverstanden. Aber mal ehrlich, wie viele Rollenspiele haben dafür ausgelegte Regeln, und wie viele nur ein paar Vorschläge, an die sich in der Spielpraxis ohnehin kaum jemand hält?
Und noch dazu: Wie viele dieser Vorschläge beschränken sich letztlich darauf, so lange Charisma- oder Skillproben zu würfeln, bis ein Attitude Change des NSC erfolgt ist, ohne über Konsequenzen versiebter Proben nachzudenken.
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Sin

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"Soziale Interaktion" zwischen PCs und NSCs ist doch zu 90% in der Praxis reine Spielleiterentscheidung, und damit reine Spielleiterkontrolle des Abenteuerverlaufs. Dabei ist dann immer die Frage: Wer kontrolliert die Kontrolleure? In Kämpfen sorgen - außer bei der Würfeldreherfraktion - die Kampfregeln dafür, dass auch für den Spielleiter unerwartete Ergebnisse auf den Tisch kommen können. Soziale Interaktion ist das Paradebeispiel für den allmächtigen Spielleiter.

Es ging mir nicht darum, eine Diskussion anzufangen, ob Kampagnen mit Schwerpunkt auf sozialer Interaktion "besser" sind, auch wenn ich sie bevorzuge, ich wollte nur feststellen, dass Kämpfe den Faktor darstellen, der Improvisation besonders schwierig machen; mit dem Beispiel, dass Dungeoncrawl in den meisten Systemen unmöglich ad hoc improvisiert werden kann. Die Spieler können bei guten Dungeons zwar durchaus einiges entscheiden, aber wenn die Spieler sagen, da wollen wir nicht rein, sondern lieber wo anderes hin, wirds problematisch (Sandboxes bieten in so einem Fall Optionen für die Spieler, aber auf die Einschränkungen, die bei Sandboxes bestehen können, bin ich ja schon eingegangen).

Ich kann dir allerdings trotzdem nicht folgen. jeder Satz den die Spieler/Charaktere aussprechen, ist eine Überraschung für mich als SL (offensichtlich auch in Spielen ohne Regeln für Soziales). Wie im normalen Leben weiß ich nie wie ein Gespräch verläuft oder was daraus resultiert. In Railroad-lastigen Abenteuern mag man davon ausgehen, dass die Spieler aus dem Gespräch Information X erhalten und dann Y tun, aber das ist doch völlig unnötig und beschissen. In einem Gespräch sind die SCs genauso mächtig wie die NSCs, die Spieler entscheiden, was sie daraus folgern oder wie sie reagieren, genauso wie ich entscheide, wie der NSC reagiert - in einem Spiel ohne soziale Regeln. Wenn man mit entsprechenden Regeln spielt, dann entscheiden halt die Würfel, wie im Kampf. Natürlich könnte man als SL in Spielen ohne soziale Regeln, die NSCs immer so reagieren lassen, wie es zu dem geplanten Abenteuerverlauf passt, aber das ist doch der Punkt: Ich will, dass meine Spieler möglichst viel Handlungsspielraum haben und sie ermutigen eigenständig zu agieren, indem die Welt auf ihre Aktionen jeglicher Art passend, genauso wie die Spieler reagiert und ich ihnen zeige, dass ihre Aktionen zählen. Ich versetze mich in die NSCs hinein, so wie die Spieler es mit ihren Chars tun. Darum gehts, wenn ich von Improvisation spreche. Und es funktioniert wunderbar.
Natürlich ist man als SL beeinflusst durch die Gedanken, die man sich vorher gemacht hat, wenn die aktuelle Szene Teil eines geplanten Abenteuers ist und nicht improvisiert, aber sobald man sich die Einstellung zu eigen gemacht hat, dass auch soziale Interaktion ergebnisoffen stattfindet, spielt das keine große Rolle mehr.

Wenn man einen SL hat, der railroaden will, dann kann man ihn nur mit Regeln davon abhalten, die er eh ablehnen wird und es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass man dem SL, die Freiheiten nimmt, die man für die Spieler durchsetzen will. Aber mit Spielleitern, die ihren Spielern Gestaltungsfreiraum bieten wollen, ist Erstaunliches möglich, sobald die Spieler das mitbekommen und verinnerlicht haben.
« Letzte Änderung: 28.01.2015 | 08:38 von Sin »

Luxferre

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Wenn man einen SL hat, der railroaden will, dann kann man ihn nur mit Regeln davon abhalten, die er eh ablehnen wird und es wird wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass man dem SL, die Freiheiten nimmt, die man für die Spieler durchsetzen will. Aber mit Spielleitern, die ihren Spielern Gestaltungsfreiraum bieten wollen, ist Erstaunliches möglich, sobald die Spieler das mitbekommen und verinnerlicht haben.

Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, aber ...

trefflich formuliert. Ich finde da viel Wahrheit aus meinem Erfahrungshorizont wieder.