Mir stellt sich hier seit längerem die Frage, ob nicht viele der hiesigen Diskutanten handwerkliche und künstlerische Qualität nach ihren eigenen, rein subjektiven Gesichtspunkten beurteilen; zumindest las ich noch nichts darüber, was denn allgemein unanfechtbar einen guten Roman oder ein gutes Abenteuer ausmachen würde - falls solche Aussagen über wenige Formalia hinaus überhaupt getätigt werden können.
Zur Erläuterung:
- Ich habe hunderte Abenteuer im Schrank und kenne noch viel mehr. Mit Ausnahme weniger Punkte (z.B. schneller Zugang zu NSC-Werten, Vermeidung größerer Logiklücken) fiele es mir schwer, aus dieser Kenntnis heraus klar festlegen zu können, dies und dies und das sei handwerklich/inhaltlich eindeutig ein gutes Abenteuer, das und jenes jedoch ein schlechtes. Und wie oft wurden mir schon "beste Abenteuer" empfohlen, die ich dann als hanebüchen, langweilig und/oder höchst bemüht erachtet habe...
- Selbst die großen deutschen Literaten und Stilisten können einen mehr oder weniger breiten Kreis von Kritikern und Verachtern nicht vermeiden - und das unterscheidet sich manchmal sogar von Buch zu Buch. Auch hier wieder stellte ich zu oft fest, daß mich allgemeine Bejubelungen und Empfehlungen nicht vor enormen Enttäuschungen bewahren konnten (ich nenne nur den Bestseller "Die Zwerge" von Heitz).
Daher: Meiner Beobachtung nach werden in diesen Bereichen (Roman, Abenteuer, Illustration) gern und häufig die Wörter "gut" und "schlecht" benutzt, ohne daß sie ein allgemeingültiges Qualitätsurteil darstellen - oder darstellen können. Sicherlich gibt es handwerkliche Kriterien, die ein Kenner sofort auf diese Art einordnen kann (u.a. Perspektive, Proportionen, Orthographie, Grammatik), aber darüber hinaus scheint es mir äußerst schwierig zu sein, objektive Qualitätskriterien überzeugend zu formulieren.
Um zum Thema zurückzukehren: Ich halte es somit für überflüssig, weiterhin darüber zu raisonnieren, welche Schaffens-/Kunstform nun handwerklich anspruchsvoller sei und welche Qualität welche Bezahlung verdient hätte. Interessanter ist es doch (wie oben schon geschehen), die üblichen Marktpreise als gegeben hinzunehmen und über ein Quo vadis des Rollenspiels zu sinnieren. Wie deutlich wurde, ernährt diese Branche im Verhältnis zu ihrer relativen Verbreitung nur wenige Personen, folglich lebt sie vom hohen Einsatz von "Amateurkräften" mit selbstredend unterschiedlichen Kompetenzen.
Einerseits nun liest man, die heute umfangreichen Regelwerke würden eine wachsende Verbeitung verhindern, andererseits erhält man auf die Nennung von einfachen Regelwerken als Antwort, die würden zu wenig beworben oder seien uninteressant. Auch hier entsteht wieder der Verdacht, daß i.d.R. im Dunkeln gestochert wird.
Ist es fehlende Werbung, die einen "Boom" verhindert? Gab es vor Jahren, als der d20-Boom aufkam, viel mehr Werbung, die den Markt dann so wachsen ließ?
Oder haben sich die Interessen der jüngeren Generation schlicht und einfach verschoben?
War der Rollenspielbereich jemals in Breite und auf Dauer lukrativer für Verlage und Schaffende?
Ist nicht die einstmals noch so investitionsfreudige Veteranengeneration inzwischen weitgehend gesättig?
Da uns normalerweise Daten und Fakten fehlen und wir ja schon überglücklich sind, daß ein Verlag wie PG endlich mal solche liefert, glaube ich leider nicht, daß wir befriedigende Antworten auf einige der drängenden Fragen um unser Hobby herum erhalten werden oder erarbeiten können. Es war wohl immer eine Herzblutbranche und wird das auch immer bleiben.
PS: Das sind momentan meine Gedanken zu diesem Thema nach Verfolgung dieser spannenden Diskussion. Ich habe aber weder Lust noch Zeit, mich jetzt auf zerfaserte Zitate-Einzeldiskussionen einzulassen, die längeren Beiträgen gerne mal folgen. Daher bitte ich um Nachsicht, wenn ich darauf nicht unmittelbar reagiere.