Superhelden & Ayn Rand & reaktionäre Politik:
Ich weiß, dass der Unausschreibliche den Nebenstrang bereits als abgeschlossen erklärt hat, aber ich persönlich finde ihn zu interessant, um das einfach so zu akzeptieren
Wenn man sich allein auf die Filme der letzten Jahre konzentriert, und dabei noch Watchmen außer acht lässt (der ja wiederum interne Genrekritik ist), würde ich der These sogar zustimmen. In dem verlinkten Aufsatz gab es ja einige Punkte, die dafür sprechen, dass Superhelden & bstimmte Formen reaktionärer Politik gut miteinander können. Ich habe bereits erwähnt, dass das für alle Genres der Schundliteratur gilt (und ich selbst würde Star Wars mit dem heftigen Aristokratenkult als Beispiel dafür ansehen), aber das ist nicht der einzige Punkt.
Tatsächlich gab es eine negative Entwicklung der Superhelden nach 9/11. Recht kenntnisreich wird das in einem Buch von einem Fan namens Jefferey Moulton untersucht:
The Superhero Response. Allerdings frage ich mich, ob es nicht allgemein eine Entwicklung in der amerikanischen Popkultur nach rechts gab, beginnend meinetwegen mit der Reagan Ära, und verstärkt hervorbrechend seit 9/11. Natürlich gab es einen starken konservativen Flügel schon vorher (z.B. in Westernfilmen), aber mein persönlicher Eindruck ist, dass in Film und Fernsehen Konservatismus amerikanischer Prägung weitaus präsenter geworden ist. Das erfasst verschiedene Bereiche, aber speziell Actionkino, wozu Superheldenfilme gehören. Der für mich reaktionärste Film der letzten Jahre ist aber immer noch 300 - was zwar eine Comicvorlage hat, aber nicht zum Superheldengenre gehört. Ich glaube, dass Filme mit (mehr schlecht als recht) versteckten reaktionär-politischen Botschaften mittlerweile Standard sind.
Was das Genre angeht, so will ich aber daran erinnern, zu welcher Zeit es entstanden ist: Das war die FDR-Ära!
Superman hat sich in den Anfangsabenteuern vor allem gegen Slum Lords und ähnliche Ausbeuter gewandt und war immer auf der Seite der Underdogs. Trotz seiner außerirdischen Herkunft war er von Shuster/Siegel als "einer von uns", ein Farmerjunge aus Kansas angelegt. Das war das liberale amerikanische Versprechen, dass jeder, unabhängig von seiner Herkunft, eine Chance hat und verantwortungsbewusster Teil der Gesellschaft ist. Wer, wenn nicht Superman ist ein Beispiel dafür, dass es nicht die Kräfte allein sind, die einen zum Helden machen, sondern eine liebevolle Erziehung von "ganz gewöhnlichen Leuten", den Kents. Über Spiderman und Tante May kann man ähnliches sagen.
Natürlich war in den frühen Werken, in Comics und TV-Serien, ein "zeitgenössischer Rassismus" zugegen, den man nicht schönreden sollte. Aber die Grundidee der Superhelden waren keine Ayn Rand Übermenschen, sondern in ihrer Gesellschaft verankerte, verantwortungsbewusste Leute, die aus unterschiedlichen Gründen Kräfte hatten, die sie
bewusst zum
Gemeinwohl einsetzten.