In Arldwulf Thema bezüglich Systemwechseln (siehe
hier) , habe ich u.a. dies geschrieben:
Fazit, nachdem wir nun etwa 3 Monate Fate verwenden: Uns hat die Umstellung viel gebracht. Der SL durchblickt die Regeln besser. (Er hat nur manchmal noch Probleme NSC zu erstellen, da er SR3/SR4 NSC als Vorlage hat und da meiner Meinung nach einfach zu viel drüber nachdenkt, wie genau jetzt deren Werte in Fate wären, anstatt das einfach abzuschätzen. ) Kämpfe und Verfolgungsjagden gehen schneller und haben durch die Aspekte deutlich mehr erzählerische Anteile. Außerdem werden eine Menge Punkte von Fate Core schon direkt so gehandhabt, wie wir sie Shadowrun 4 schon immer gehandwedelt haben. Beispiel: Charaktere sterben nicht einfach so. Selbst bei einem Taken Out / Concede (= besiegt werden in Fate Core) sind sie zunächst nur handlungsunfähig und die weiteren Auswirkungen werden im Gruppenkonsens besprochen.
Dr. Jan Itor hat mich daraufhin gefragt, ob ich nicht vielleicht hier noch einmal den aktuellen Fate-Stand unserer Gruppe darlegen möchte, und das kann ich gerne tun.
In den letzten paar Monaten hat sich unser Umgang mit Fate Core noch einmal etwas verändert. So läuft es bei uns im Moment ab:
Anwendung der RegelnWie auch schon bei Shadowrun 4 spielen wir die meiste Zeit sehr Freeform. Die Mehrzahl der Spielabende beinhaltet regeltechnisch höchstens ein paar Overcome-Aktionen (u.U. mit Bezug auf Charakteraspekte und Fatepunkte-Einsatz). Für soziale Situationen wird im Allgemein gar nicht gewürfelt, diese werden einfach unter Berücksichtigung der Fähigkeiten der Charaktere ausgespielt. Sie gehören aber trotzdem, je nachdem was passiert, mit zu den spannensten Szenen in unserem Spiel!
Für Actionssequenzen packen wir dann jedoch die ganze (ich nenn es einfach mal) "Fate-Resolution-Engine" aus. Dann kommen alle vier Aktionen und Ausgänge, Szenenaspekte, Stress, Konsequenzen und Concede/Taken out zum Einsatz. Wobei wir allerdings die Möglichkeit für "Success at a Cost" nur für Magie nutzen (=> geistiger Stress) und "Minor Cost" bei den Ausgängen einfach ignorieren. Hintergrund ist der, dass uns meistens nicht sofort ein guter "Cost" einfällt, wir wollen aber auch nicht länger darüber nachdenken oder reden, sondern an der Geschichte dran bleiben.
Wir haben außerdem überlegt und ausprobiert, wie man eine Verfolgungsjagd handhaben könnte, bei der zusätzlich aufeinander geschossen wird. Quasi eine Kombination aus Contest und Conflict - und sind hier zu einer, wie wir finden, guten Lösung gekommen. (Ich erkläre sie gerne, wenn jemand Interesse hat, sie ist aber auch echt simpel.)
Bei den Würfeln verwenden wir mittlerweile solche, die 2x Plus, 3x Null und 1x Minus haben. (Es handelt sich um Shadowrun-Würfel von Pegasus, die wir ohnehin schon da hatten.) Negative Ergebnisse sind damit unwarscheinlicher geworden, was sich für uns besser anfühlt. (Jaja, ich weiß, rein psychologischer Effekt.
) Die NSC-Gegner verwenden natürlich auch diese Würfel, womit sich nur die Wahrscheinlichkeit einen passiven Widerstand zu überwinden erhöht hat, was für uns passt.
Verwendete ExtrasHier haben wir die Waffen- und Rüstungskategorien aus Azzus ShadowCore übernommen. Außerdem besteht die Möglichkeit beim Einsatz von Magie jederzeit geistigen Stress (oder Konsequenzen) zu nehmen, um das Würfelergebnis zu erhöhen. Dadurch kann Magie sehr gefährlich werden, was wir aber genau so wollen, da das für uns zur Welt von Shadowrun dazu gehört.
Weiterhin gibt es Stunts, die einem Charakter zusätzliche Handlungen pro Runde im Konflikt geben, analog zur Reflexbooster-Handhabung in Shadowrun 4. Diese Stunts sind mächtig, was sie auch sein sollen. Kämpfe lassen sich trotzdem prima handhaben, da man in Fate die Handlungsreihenfolge ja nur einmal festlegen muss. Die Liste ist dann halt etwas länger, da manche Charaktere/NSC mehrfach darauf stehen.
Charaktere und NSCDass wir eine Fertigkeitsliste benutzen, bei der man Anmerkungen machen darf, auf welchen Teilbereich der Fertigkeit sich der Wert bezieht (z.B. Tech +2 Nur Computer) und man außerdem auch eine Spezialisierung (+1 in dem Bereich) aussuchen darf, hatte ich, glaube ich schon einmal geschrieben?
Zudem haben wir eine Umrechnungsanleitung, wie aus SR4-Charakterwerten die Fertigkeitswerte für Fate bestimmt werden können. Diese wird auch für NSC verwendet und hat den großen Vorteil, dass der SL, der sich mit den groben Pinselstrichen von Fate leider immer noch sehr unsicher fühlt seine NSC mit SR4 bauen kann. (Leider weigert er sich trotz mehrfachen gutem Zureden von mir, sie einfach direkt abgeschätzt mit Fate zu bauen, obwohl ihm das viel Aufwand ersparen und mMn völlig ausreichen würde. *seufzt*)
Naja, da kann er dann auch alle in den Büchern verfügbare Bodytech verwenden, denn das Meiste davon gibt ja einfach nur langweilige Boni auf irgendeinen Würfelpool, der dann eh in Fate-Fertigkeitswerte umgerechnet wird. Unsere Liste von Bodytech-Stunts ist also sehr kurz. Dort findet sich nämlich nur die Cyberware und Bioware wieder, die dem Charakter tatsächlich eine spezielle Fähigkeit verleiht.
Wir benutzen keine Meilensteine um die Charaktere weiter zu entwickeln und Stunts werden nicht vom Refresh abgezogen. Jeder Charakter hat einfach die Fertigkeitswerte und Stunts, die zu ihm passen. Gerechtigkeit zwischen den Charakteren ist in unserer Zweiergruppe einfach kein Problem oder auch nur Thema, was uns Vieles sehr erleichtert.
Nicht verwendete MechanikenWir verwenden keine Fatepunkte zum Faktenschaffen. Ich gestalte sowieso schon öfter an den Szenen mit und übernehme manchmal spontan NSC. Das funktioniert gut, daher sahen wir keinen Grund es mit Fatepunkten zu formalisieren. Und was plausibel ist, dass die Charaktere an Ausrüstung dabei haben, haben sie bei uns dann auch dabei. Die generelle Marschrichtung der Kampagne (mit Ideenaustausch, was man noch so alles machen könnte) besprechen wir immer wieder mal außerhalb des Spiels. Und mehr Einfluss möchte ich auch nicht, da ich während des eigentlichen Spiels die Geschichte aus Sicht meiner Charaktere erleben will.
Wir reizen nicht. Weder das formalisierte Reizen mit den im Regelwerk vorgeschlagenen Sätzen, noch das nachträgliche Reizen, bei dem einfach der Fatepunkt übergeben wird, wenn sich ein Aspekt deutlich nachteilig für einen Charakter ausgewirkt hat. Warum? Die erste Variante war uns, um ehrlich zu sein, zu viel Meta-Gespräch. Das Reizen muss ja ausgesprochen und unter Umständen noch verhandelt werden. Die zweite Variante kommt ab und an vor, ergibt sich einfach aus der Geschichte, da meine Charaktere diverse Nachteile haben, die ich immer wieder ausspiele (ein Charakter kann z.B. überhaupt nicht lügen), oder die der SL seinerseits anspielt. Aber auch hier... war es uns beiden schon unangenehm daran denken zu müssen, dass wir Fatepunkte verschieben müssen, anstatt uns einfach auf die Geschichte konzentrieren zu können. Also haben wir auch das gestrichen.
Insgesamt ist das Konzept des Reizens für uns auch nicht wirklich geeignet, da der SL niemand ist, der einfach mal etwas geschehen lässt (oder vorschlägt es geschehen zu lassen oder solche Vorschläge von mir möchte), "nur" um jetzt in diesem Moment die Geschichte spannender zu machen. Das ist ein Punkt, den ich manchmal echt bedauere - wir haben schon darüber geredet, aber es ist halt nicht sein Stil. Es soll sich prinzpiell möglichst alles logisch aus der Welten-Simulation ergeben, wobei er den Spielraum, den es natürlich auch da gibt, verwendet, um die Kampagne in Richtung unserer gemeinsamen Wünsche auszurichten. Er ist also kein Fanatiker, der nicht mal fünf gerade sein lassen kann. Und ich bin das natürlich auch nicht. Aber das mit dem Reizen, das ist ihm... zu viel.
Da damit eine Seite der Fatepoint-Economy quasi komplett ausgehebelt ist, mussten wir natürlich nachkorrigieren: Die Anzahl der Fatepunkte, die ein Charakter hat, bestimmt sich nun über die Fertigkeit "Edge" und ist deutlich höher als 3. Dies ist notwendig, weil man nun (außerhalb von Actionszenen) keine Möglichkeit mehr hat, Fatepunkte während des Spiels zurück zu bekommen.
FazitVermutlich ist das, was wir spielen, für einige hier nicht mehr Fate. Das kann ich gut verstehen. Aber für uns funktioniert es und deutlich besser als Shadowrun 4 es jemals hat. Daher werden wir dabei bleiben.
...nun zumindest für die nächsten Jahre. Denn wir sind beide nicht so ganz glücklich darüber, dass wir Fate nun derart weit von dem weg verbogen haben, wie es von den Machern ursprünglich gedacht war. (Obwohl es das erstaunlich gut ausgehalten hat - das müssen andere Systeme erst mal nachmachen!) Daher haben wir Pläne ein eigenes System (nur für uns
) zu bauen, das dann halt von vorne herein hoffentlich genau das tut, was wir brauchen. Dies ist allerdings ein Großprojekt, für das viel überlegt, recherchiert und ausprobiert werden muss, weswegen wir nicht so schnell mit Ergebnissen rechnen - wenn denn das, was wir erreichen wollen, überhaupt möglich ist.
Persönlich bin ich aber immer noch sehr an Fate als "so wie es von den Machern gedacht ist"-Gesamtpaket interessiert, weswegen ich nun auf der Drachenzwinge der "Fate für alle"-Gruppe beigetreten bin und demnächst so einige Oneshots habe, bei denen Fate-wie-im-Buch gespielt werden soll.
Wenn ihr zu einem Punkt in diesem Post oder zu unserer Verwendung von Fate noch mehr wissen wollt, fragt gerne! Wenn nicht, auch in Ordnung.
Ara