Gestern Abend hatten wir also unser erstes Probespiel. Von meiner Seite finde ich, dass es wirklich sehr gut gelaufen ist.
Mein Spieler wollte mir aber leider hinterher kaum Feedback geben, wie er es fand. Er sagte er sei müde und ich hatte nachträglich auch den Eindruck, dass er wohl nicht ganz so gut gelaunt war an dem Abend. Das war mir während dem Spiel ehrlich gesagt gar nicht aufgefallen,
aber über Voicechat ist das halt auch sehr schwierig, da sieht man ja die Miene des Gegenübers nicht.
BerichtDie Charaktere erhielten eine Nachricht von Nym, einer Twi'lek von Ryloth, deren Organisation sie im vorletzten Abenteuer quasi gerettet haben. Nym bot ihnen nun gegen gute Bezahlung an eine Ladung Spice nach Nar Shaadaa zu schmuggeln. Der dortige neue Geschäftskontakt der Twi'lek Organisation (ein Hutt namens Sinasu) verlangt allerdings, dass sie zusätzlich noch eine sehr spezielle Fracht von Tatooine mitbringen sollen. Die Charaktere fliegen also nach Tatooine, landen dort an einem kleinen Außenposten, der sich in einem 30 Meter tiefen, schmalen Canyon befindet. Das Schiff muss oben, auf einem Felsvorsprung etwas unterhalb, der Klippe abgestellt werden, da der Canyon zu eng ist und nur ein sehr steiler, unebener Weg führt in Serpentinen zur Siedlung hinab. Die Charaktere lassen den Droiden 41-VEX beim Schiff zurück und steigen zu dritt (Pash, Sascha, Lowhhrick) hinunter. Beim Kontaktmann stellen sie dann fest, dass es sich bei der besonderen Fracht um ein (sediertes) Kraytdrachenbaby in einer riesigen Kiste und zwei Kraytdracheneier samt Brutautomat handelt.
Beides wurde bereits auf einen Repulsorschlitten verladen.
Bis zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht notwendig die Würfel zu zücken. Während die Charaktere sich allerdings vom Kontaktmann einweisen lassen, wie das Kraytdrachenbaby zu versorgen ist, wird der Außenposten wieder mal (Achtung: Klischee) von Sandleuten angegriffen. Ich hatte vorher einen Wahrnehmungswurf für Pash (den Hauptcharakter) gemacht, der auch gelungen war. Der Spieler hat Pash aber nichts unternehmen lassen, als ich beschrieb, dass er oben auf der Klippe aus dem Augenwinkel Schattenbewegungen sieht. Daher konnten die Tusken ohne Vorwarnung angreifen. Der Kontaktmann schreit also die Charaktere an die Fracht wegzubringen, weil Sinasu sonst den Außenposten nicht mehr unterstützen wird und dann geht die Schießerei los.
Ich habe das dann als Konflikt abgehandelt. Ich hatte eine kleine Skizze, auf der unten der Außenposten, oben das Schiff und zwischendrin der Serpentinenweg eingezeichnet war. Man musste die Fracht durch ingesamt 4 Zonen bewegen, um vom Außenposten zum Schiff zu kommen. Die Szene selbst hatte die Fertigkeit
Blasterschüsse überall +2, mit der sie einmal die Runde alle Charaktere angegriffen hat, um die Gefahr sich mitten in einer großen Schießerei zu bewegen, darzustellen. Außerdem tauchten zuerst zwei Tusken auf Banthas auf dem Weg hinter den Charakteren auf und etwas später stellten sich ihnen von oben noch vier weitere in den Weg, um sie vom Schiff abzuschneiden. Die Tusken waren namenlose NPC der Stufe "Fair" mit
Wüstenkrieger, Nahkampfwaffen +2, Athletik +1, Fernkampfwaffen +1, 1 Stresskästchen. Ich habe sie jeweils in Zweiergrupen agieren lassen. Sascha wurde gespielt von mir. Pash und Lowhhrick wurden von meinem Spieler gespielt.
Sascha handelte zuerst und schob den Repulsorschlitten auf höhrere Geschwindigkeit, da dieser sonst nur in langsamen Spaziergangtempo unterwegs gewesen wäre. Create an Advantage mit Athletik gegen +2, gelungen, Aspekt: Replulsorschlitten auf höhrere Geschwindigkeit angeschoben. Pash versucht die sich bewegende Kiste als Deckung zu nutzen. Create an Advantage mit Athletik gegen +2, Wurf hätte nicht gereicht, aber der Spieler setzt einen Fatepunkt mit Bezug auf seinen Aspekt
Against all odds! ein und erzeugt den Aspekt
Hinter der sich bewegenden Kiste in Deckung. Im weiteren Verlauf der Szene hat er dann immer so gut verteidigt, dass er die freie Nutzung auf dem Aspekt erst ganz am Ende gebraucht hat. Die Frage nach dem "Warum muss ich Fatepunkte ausgeben, damit mir die Deckung weiter spieltechnisch nützt?" hat sich also gar nicht erst gestellt und ich kam folglich auch nicht dazu dem Spieler vorzuschlagen sie zu passiver Opposition zu machen.
Mittlerweile waren die beiden Tusken hinter der Gruppe aufgetaucht und Lowhhrick nutzt die Gelegenheit einen davon mit einem Angriff auszuschalten. (Mit zwei Stress ist so ein Tusken ja raus aus dem Kampf.) Der Spieler nutzte die Freiheiten die Fate bietet sehr schön, um zu beschreiben, dass das Bantha vor den Blasterschüssen erschrickt, seinen Reiter abwirft und dieser betäubt liegen bleibt. Denn "Taken out" bedeutet ja nicht, dass der Gegner tot sein muss. Er ist nur raus aus dem Kampf. Der Spieler hat mich dann noch mehrfach mit wirklich schönen Beschreibungen überrascht.
Allerdings musste ich ihn fast jedes Mal direkt auffordern zu erzählen, indem ich ihm gesagt habe, dass nun er beschreiben darf und soll, wie sich das Ergebnis der Würfelwürfe auswirkt.
Es wurde dann im weiteren Verlauf des Konfliktes natürlich viel auf die Tusken geschossen und sich immer wieder mit Athletik verteidigt - gegen den Angriff der Szene (Blasterschüsse überall) und natürlich gegen die Tusken. Dabei wurde noch ein Fatepunkt für Lowhhrick und ein weiterer für Pash ausgegeben, um Stress zu vermeiden. Ok, bei Pash war das bei einem so üblen Angriff mit zusätzlich schlechter Verteidigung, dass er ohne Reroll und der freien Nutzung auf seinem Deckungsaspekt, sogar eine Konsequenz hätte hinnehmen müssen. Ohnehin war der Spieler aber zunächst sehr bedacht darauf, zu verhindern, dass er Stress hinnehmen muss. Erst als ich ihm gesagt habe, dass man das auch mal tun kann, und mit Sascha demonstriert habe, hat er auch Stress für Lowhhrick und Pash zugelassen. Ich habe ihm zwar vorher schon erklärt, was Stress ist (= fast getroffen Situationen, harmlose Kratze, Streifschüsse, wie aufmerksam und fit der Charaktere noch ist, wie viele Ressourcen er also noch hat um wirklichen Verletzungen zu entgehen), aber hinterher stellte sich heraus, dass er nicht wusste, dass der Stress in der nächsten Szene schon wieder komplett weg ist. Auch war ihm nicht klar, dass die eine Situation für Pash zu einer Konsequenz hätte führen können, da man immer nur ein Stresskästchen ankreuzen darf. Das alles ist natürlich meine Schuld, da ich ihm es nicht vorher erklärt habe. Ich denke ich werde ihn auch mal fragen, ob er das Regelwerk nicht selbst lesen will (ist ja "Pay what you want"), aber ich befürchte, er ist mit seinem Praktikum (hat gerade angefangen) so sehr im Stress, dass er das nicht wird tun können.
Zwischendrin hatten wir auch noch eine Runde, in der Sascha ihre Aktion verwendet hat, um den Repulsorschlitten noch schneller den Berg hochzuschieben, um zwei Zonen statt nur eine überbrücken zu können und so schneller zum Schiff zu kommen. Ich habe dafür dann eine Overcome Aktion mit Athletik gegen +3 gewürfelt, da der Weg schon sehr steil und sehr uneben war. Sascha hat den Wurf nicht geschafft. Und ich überlegte, was nun zu tun wäre. Einfach das Scheitern hinzunehmen erschien mir extrem langweilig, da dadurch der Schlitten einfach nicht schneller vorangekommen und sich der Konflikt weiter herausgezögert hatte (4 Zonen zum durschieben waren vermutlich ohnehin schon etwas zu hoch angesetzt). Also dachte ich, dass das eine gute Gelegenheit sei "Success with a cost" zu demonstrieren und habe erzählt, wie Sascha es zwar mit all ihrer Kraft schafft den Schlitten schneller zu schieben, sich dabei auf dem unebenen Weg den Knöchel umknickt. (Leichte Konsequenz: Gezerrter Knöchel). Dies habe ich dann bei der nächsten fehlgeschlagenen Verteidigung erzählerisch (nicht spieltechnisch) als Begründung verwendet, warum sie mit einem Streifschuß an der Schulter getroffen wird. (2er Stresskästchen markiert.) In der nächsten Runde habe ich sie ganz normal handeln lassen, was den Spieler zu der Frage brachte, ob der Knöchel sich denn nun nicht mehr auswirken würde. Ich versäumte leider an der Stelle ihm zu erklären, dass er sich erzählerisch immer auswirkt, aber spieltechnisch nur, wenn er gereizt wird. Habe aber dann das Reizen demonstriert, in dem ich Saschas Spielerin (also mir) quasi vorgeschlagen habe, dass ihr Charakter außer neben der Kiste herhinken in dieser Runde nichts tun kann. Was die Spielerin (also ich, ja ich weiß, alles sehr schräg
) dann angenommen hat. Dafür gabs allerdings keinen Fatepunkt, da das erste Reizen einer neuen Konsequenz ja frei ist. Hinterher habe ich dem Spieler dann noch erklärt, dass ich die Konsequenz auch noch hätte öfter reizen können, dass Sascha dafür dann aber Fatepunkte bekommen hätte.
Was auch sehr gut klappte war, als zwei der Tusken oben vor dem Schiff noch hinter Felsen in Deckung gingen. Beim ersten Tusken sorgte die Deckung (freie Nutzung) dafür, dass er zwar beim ersten Angriff nicht getroffen wurde, sich aber hinter dem Felsen hervorrollen musste, um dem Schuss zu entgehen. Dem zweiten Angriff war er dann schutzlos ausgeliefert und ging zu Boden. Der zweite Tusken wurde durch einen wirklich guten Angriff (der Spieler hatte meine ich auch einen
Ich weiß genau, wo du bist Boost) trotz Deckung direkt ausgeschaltet, was wir so beschrieben, dass Pash eben sehr gekonnt am Fels vorbei geschossen hat.
Schließlich schafften die Charaktere die Kisten in ihr Raumschiff und hoben ab. Sascha hatte die leichte Konsequenz, alle anderen hatten nur Stress abbekommen. Ich weiß leider nicht genau wie lange der Konflikt gedauert hat, aber es war definitiv mehr als eine Stunde. Ist das ein normaler Zeitraum? Unsere ungeübte Handhabung der Regeln hat die ganze Sache mit Sicherheit auch nicht beschleunigt.
FeedbackWie oben geschrieben, mochte der Spieler mir leider hinterher nicht wirklich viel Feedback geben. Er meinte er wolle lieber erst noch öfter spielen, bevor wir darüber reden. Ich wollte aber natürlich sofort etwas wissen, erstens weil ich natürlich sehr gespannt war und auch um Missverständnisse ausräumen zu können. Daher habe ich doch ziemlich nachgebohrt. Und diese Punkte hat er genannt:
1. Er hat den Eindruck, dass es in Fate eher die Regel statt die Ausnahme zu sein scheint, dass man einen Würfelwurf nicht so akzeptiert, wie er nun mal fällt. In Shadowrun hat man zwar Edge, aber das ist sehr limitiert und man setzt es nur ein wenn man es wirklich braucht. In Fate hat man viele verschiedene Möglichkeiten, um hinterher noch an einem Wurf zu drehen und man verwendet sie viel häufiger. Er weiß noch nicht, ob ihm das gefällt. Er hatte außerdem den Eindruck, dass man diese Möglichkeiten (und speziell die Fatepunkte) einsetzen
muss wenn man gewinnen will.
2. Außerdem fand er, dass das Verwenden der Würfelwurf-nachträglich-anpassen Methoden zu konstruierten Situationen führt, die der Dramatik der Geschichte nicht angemessen sind. Speziell gefiel ihm da wohl nicht, dass ich Sascha sich habe den Knöchel verknacksen lassen, um den Schlitten schneller zu schieben. Denn man war ja nur auf der Flucht vor ein paar Sandleuten. Solche Opfer zu bringen wäre eher bei einem Kampf gegen Darth Vader o.ä. angebracht.
3. Er fand es sehr ungewohnt bis irritierend, dass man mit dem Würfeln sein Ergebnis in Bezug auf den Fertigkeitswert des Charakters nicht nur verbessern, sondern auch verschlechtern kann. Dass also ein Charakter, der normalerweise gut (Good +3) schießt, durchaus öfter nur einen durchschnittlichen (Average +1) Angriff hinbekommt. Er meinte dadurch würde man dazu verleitet dann doch Fatepunkte einzusetzen, um wenigstens den Standardwert des Charakters zu erreichen.
An der Stelle hab mich gefragt, ob das dann nicht in der Tat ein ziemlicher Vorteil für die NPC ist, wenn man für diese nicht mehr würfelt, sondern einfach immer von einem Ergebnis von +-0 ausgeht. Das wird ja so im Regelwerk vorgeschlagen - wobei ich ehrlich nicht mehr weiß, ob in Fate Core oder in einem anderen Fate, das ich mal gelesen habe.
4. Er fand es nicht gut, dass Stress direkt in der nächsten Szene wieder weg ist, falls die Charaktere Zeit zum durchatmen hatten.
Positive Punkte zu unserem Probespiel nannte er frustrierenderweise von selbst nicht. Als ich allerdings auf diverse hingewiesen habe (z.B. die Möglichkeit die Bedrohung durch die Schießerei durch den Angriff der Szene selbst darzustellen, anstatt jeden Gegner definieren und spielen zu müssen und wie Fate mit den Aspekten, die man einbringen kann, die Erzählung fördert), hat er mir zugestimmt.
Nachtrag: Mein Spieler und ich haben gerade noch einmal miteinander geredet und er hat mir gesagt, dass seine "negative Grundeinstellung" gestern Abend daran lag, dass er allmählich keinen Spaß mehr an unserem Star Wars Intermezzo hat. Einfach weil es nicht unsere eigenen Charaktere sind (sind ja die vorgefertigten aus der Box), wir entsprechend wenig an ihnen hängen, sie kaum Hintergrund und Verbindungen zur Welt haben und wir natürlich für ein Intermezzo auch keine "richtige Kampagne" mit großen Handlungsbögen und viel Spielereinfluss (auch in dem Sinne, dass mal die Folgen der Vergangenheit und Handlungen eines Charakters im Mittelpunkt stehen) aufziehen, sondern nur ein paar simple vorgefertigte Abenteuer quasi "by the book" spielen. Gut. Dann weiß ich jetzt zumindest was los war.
Und da kann ich ihm nachfühlen. Mir reicht es auch allmählich, ich würde so auch nicht auf die Dauer spielen wollen - das war mir von Anfang an klar. Ich sehe die zwei, drei Mal, die noch eingeplant sind, aber halt als eine gute Gelegenheit Fate auszuprobieren. Viel besser, als etwas ganz Neues für das Probespiel aus dem Hut zu zaubern.