Autor Thema: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?  (Gelesen 14050 mal)

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Offline blut_und_glas

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #50 am: 21.06.2014 | 12:21 »
Interessanter Ansatz! Lässt Du Dir dann von dem Spieler, der einen Char mit hoher Körperkraft hat, auch vor jedem Kraftakt erst mal zwanzig Liegestützen vorführen, damit er nicht nur den Wert für sich arbeiten lässt? Ich überlege, ob ich das in meiner Runde einführen soll.

Konkrete Pläne es auszuprobieren?

Bei uns liegt ein in so einer Weise körperlich-orientierter Regelansatz (Arbeitstitel Over the Bench) seit einiger Zeit noch unfertig herum.

Ganz generell frage ich mich ja immer, wo die große Schwierigkeit dabei liegt, zuzugeben/anzuerkennen, dass verschiedene Spielmechanismen (so auch das "Ausspielen" sozialer Interaktion) eben auch verschiedene Fähigkeiten auf Spielerseite erfordern/belohnen.
Wenn es sich dabei um eher logische oder rechnerische Fähigkeiten handelt, dann wird das diskussions- und gedankenlos(?) akzeptiert.
Wenn es um Geschicklichkeit geht (Dread kommt sofort in den Sinn), dann wird das vielleicht noch als interessanter Exot wohlwollend beäugt, zählt in der Mainstreamdiskussion aber scheinbar auch schon nicht mehr wirklich.
Wenn es um soziale oder rhetorische Fähigkeiten geht, dann kommt so eine Diskussion wie diese hier zustande...

Manchmal bekomme ich den Eindruck, dass, wenn es nach Rollenspielern gehen würde, Schach, Poker und Mikado dadurch entschieden würden, wer die höhere Zahl auf einem W20 würfelt.

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PS: Interessanterweise kommt ja selbst das ausdauernde/aufmerksame Lesen von Regeln als eine belohnente Spielerfähigkeit gerne unter Kritik, wenn nach schnelleren, einfacheren, durchsichtigeren, ... Regeln gerufen wird, weil es ja nicht sein kann, dass ein in fünf Minuten erstellter Charakter gegenüber einem in fünf Tagen erstellten Charakter irgendwie benachteiligt ist. Aber ich drifte immer weiter ab.

PPS: Auf jeden Fall verfolgt mich die Idee eines Rollenspiels, das ganz absichtlich und gezielt Kraft/Kraftausdauer der Spieler belohnt/abfordert, deshalb schon seit Jahren. Landet auf der Prioritätenliste aber dann doch immer wieder weit unten. Vielleicht packe ich das jetzt einfach mal an, ...
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Achamanian

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #51 am: 21.06.2014 | 12:28 »
Tja, ist halt immer die Frage, ob man sich beim Spiel entspannen will oder für die Leistungsgesellschaft fitmachen ...

Aber in einer Sache hast du schon recht: Klar, wenn ich keinen Bock auf Kommunikationsspiele habe, dann sind Rollenspiele halt in der Regel nichts für mich (es sei denn, man reduziert sie auf die taktischen Elemente), so, wie Mikado nichts für mich ist, wenn ich keinen Bock auf Geschicklichkeitsspiele habe. Das ist auch völlig okay.
Was ich aber im Rollenspiel blöd finde, ist, wenn die Rollenwahl durch die tatsächlichen Fähigkeiten des Spielers eingeschränkt wird. Eine der tollen Sachen am Rollenspiel ist eben, dass es, noch mehr als Räuber-und-Gendarme-Spiele bei Kindern, die Möglichkeit bietet, zwischenzeitlich jemand ganz anders zu sein. Genau dieses Feature zu untergraben, indem man im sozialen Bereich nun doch wieder alles an den persönlichen Fähigkeiten der Spieler festmacht, finde ich halt wiedersinnig.

Offline Slayn

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #52 am: 21.06.2014 | 12:37 »
Hm.... Aber das hängt doch auch ganz stark damit zusammen welchen Abstraktionsgrad und Zeitrahmen man betrachtet, oder?
Da L5R ja bereits genannt wurde: Etliche der "Social Skills" und auch der "Social Combat" dort haben beides, einen hohen Abstraktionsgrad und dauern wirklich lang. So sind sowohl beim Scorpion als auch Crane Courtier "Social Skill" Optionen dabei, deren Anwendung gut und gerne Wochen oder Monate dauern, etwa der Aufbau eines Spionagenetzwerks oder das Sammeln von Erpressungsmaterial.

Genau das ist ein wichtiger Punkt den es u beachten gilt, ob man in "Szenen" spielt oder in Einzelhandlungen. Imho eignet sich das direkte Ausspielen, also Wörtliche Rede, in den Charakter versetzen, etc. auch nur für die Einzelhandlung und "bricht" dann, wenn es um komplexe Aktionen oder um die Darstellung von kompletten Sachverhalten geht ein.
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Offline blut_und_glas

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #53 am: 21.06.2014 | 12:56 »
Was ich aber im Rollenspiel blöd finde, ist, wenn die Rollenwahl durch die tatsächlichen Fähigkeiten des Spielers eingeschränkt wird. Eine der tollen Sachen am Rollenspiel ist eben, dass es, noch mehr als Räuber-und-Gendarme-Spiele bei Kindern, die Möglichkeit bietet, zwischenzeitlich jemand ganz anders zu sein. Genau dieses Feature zu untergraben, indem man im sozialen Bereich nun doch wieder alles an den persönlichen Fähigkeiten der Spieler festmacht, finde ich halt wiedersinnig.

Gleichzeitig mache ich bei vielen Rollenspielen aber nicht zwangsläufig die Rollenwahl aber doch den (im Regelsinne) "erfolgreichen" Einsatz der Rolle sehr wohl an den persönlichen Fähigkeiten der Spieler fest - eben an den eher mathematisch-naturwissenschaftlichen denn an den sprachlichen.

"Ich kann kann gut mit Zahlen - deshalb sind meine Sozialcharaktere super und meine Kampfcharaktere auch."
"Ich kann gut reden aber mit Zahlen habe ich es nicht so - deshalb sind meine Kampfcharaktere nicht so toll... ...und meine Sozialcharaktere auch nicht."

Und die Versteifung darauf erscheint wiederum mir widersinnig. Dass sich Rollenspiele ihre Regeln beziehungsweise Teile davon aus so verschiedenen Richtungen holen können, dass sie eben nicht eindeutig nur Kommunikations- oder Taktik- oder Geschicklichkeitsspiele sind, sondern ein einzelnes Rollenspiel irgendetwas oder auch alles davon sein kann und trotzdem auch und vor allem ein Rollenspiel bleibt, das ist - neben (dem Wechsel) der Rolle - ebenso ein Merkmal.

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Eulenspiegel

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #54 am: 21.06.2014 | 13:00 »
Eine der tollen Sachen am Rollenspiel ist eben, dass es, noch mehr als Räuber-und-Gendarme-Spiele bei Kindern, die Möglichkeit bietet, zwischenzeitlich jemand ganz anders zu sein. Genau dieses Feature zu untergraben, indem man im sozialen Bereich nun doch wieder alles an den persönlichen Fähigkeiten der Spieler festmacht, finde ich halt wiedersinnig.
Aber das eine schließt das andere doch nicht aus.

Als jemand, der auch gerne LARP spielt:
Um jemanden im Kampf zu besiegen, reicht es nicht aus, gute Werte zu haben. Du musst auch körperlich aktiv werden und dein Schwert richtig schwingen können. Dennoch ist es möglich, dass auch Leute, die im RL schlechte Schwertkämpfer sind, ingame einen guten Kämpfer darstellen können.

Offline Slayn

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #55 am: 21.06.2014 | 13:02 »
@blut_und_glas:

Dann hast du aus zwei potentiellen Vorgehensweisen in Bezug auf die Prioritäten der Abhandlung, also Spieler zuerst oder Spielwelt zuerst, einfach schon eine Entscheidung getroffen und siehst die zweite Option entweder nicht oder siehst sie nicht ein.
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Santa

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #56 am: 21.06.2014 | 13:12 »

(...)
Was ich aber im Rollenspiel blöd finde, ist, wenn die Rollenwahl durch die tatsächlichen Fähigkeiten des Spielers eingeschränkt wird. Eine der tollen Sachen am Rollenspiel ist eben, dass es, noch mehr als Räuber-und-Gendarme-Spiele bei Kindern, die Möglichkeit bietet, zwischenzeitlich jemand ganz anders zu sein. Genau dieses Feature zu untergraben, indem man im sozialen Bereich nun doch wieder alles an den persönlichen Fähigkeiten der Spieler festmacht, finde ich halt wiedersinnig.
Kann ich so nur zustimmen. Ich spiele Sachen zwar gerne aus, aber letztlich sollen die Würfel entscheiden. Auch wenn ich vielleicht bessere Argumente habe als der SL. Sehen leider wenige so und daher spielen wir regelmäßig anders, wobei ich mich dann halt der Gruppe füge.
Ich hau schließlich dem SL auch nicht meine Faust ins Gesicht und fordere einen Bonus für meine Nahkampfprobe ein. In so einer Runde würde ich dann aber auch nicht mehr spielen.

Offline Radulf St. Germain

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #57 am: 21.06.2014 | 18:42 »
PPS: Auf jeden Fall verfolgt mich die Idee eines Rollenspiels, das ganz absichtlich und gezielt Kraft/Kraftausdauer der Spieler belohnt/abfordert, deshalb schon seit Jahren. Landet auf der Prioritätenliste aber dann doch immer wieder weit unten. Vielleicht packe ich das jetzt einfach mal an, ...

Dann könnte Dich das Rollenspiel Dread interessieren. Habe es noch nicht selbst gespielt aber Konflikte werden dort über eine Runde Jenga gelöst. (OK; eher Geschick als Kraft aber immerhin körperlich)

Offline Krayzeee

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #58 am: 21.06.2014 | 20:44 »
Ich als Spielleiter-Neuling lasse im Normalfall die Spieler erst einmal versuchen gute Argumente vorzubringen bzw die Situation auszuspielen.
Je nachdem wie gut dies gelang gibt es Boni auf die Probe oder sie entfällt komplett. Falls mir jedoch ein Charakter, dem ich so etwas nicht zutraue, eine super fordernde Diskussion liefert, weise ich die Spieler darauf hin. Das typische "würde mein Charakter das so tun?". Das gab bei mir bisher noch nie Probleme und wurde von den Spielern akzeptiert.
Abzüge auf die Probe geben diese Rollenspiel-Einlagen übrigens in der Regel nicht.
Ähnlich halte ich es übrigens bei Taktikverständnis: Wenn mir ein Spieler eine Idee liefert einen Kampf durch Strategie oder Taktik besser für die Gruppe zu gestalten, so lasse ich auch keinen auf Kriegsführung oder ähnliches würfeln. Das habe ich bisher auch noch nie bei anderen Spielleitern gesehen.

Zum eigentlichen Thema (auch wenn ich grade nicht weiss ob ich es so komplett richtig verstanden habe  ~;D)
Savage Worlds gibt dort eine Tabelle mit 5 Abstufungen vor. Feindseelig, Unkooperativ, Neutral, Freundlich und Hilfsbereit.
Als Spielleiter gibt man die Einstellung des NPCs vor, entweder weil es für einen so bestimmt Sinn macht, oder per Würfelwurf.
Die soziale Probe des Spielers (bei mir so abgehandelt wie oben beschrieben) verschiebt die Einstellung des Gegenüber dann abhängig von den Erfolgen/Fehlschlägen in die eine oder andere Richtung (oder lässt sie wie sie war).
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Offline Slayn

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #59 am: 21.06.2014 | 20:48 »
@Krayzeee:

Dein SaWo-Beispiel hat was mti dem Thema zu tun, denn bedenke: Was kommt zu erst? Der Wurf/die festlegung des SL wie der NSC den Chars gegenüber steht oder das Gelabere?
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #60 am: 21.06.2014 | 20:54 »
@Krayzeee:

Dein SaWo-Beispiel hat was mti dem Thema zu tun, denn bedenke: Was kommt zu erst? Der Wurf/die festlegung des SL wie der NSC den Chars gegenüber steht oder das Gelabere?

Bei mir persönlich gebe ich, bevor die Charaktere einen NSC treffen, eine Grund-Einstellung vor (durch wurf, oder durch den Ruf der SC begründet einfach festgelegt). Wollen sie diese Einstellung ändern kommt dann erst das Gelabere, und dann ein Wurf auf Überreden/Einschüchtern etc..., der dann zusammen mit den Boni aus dem Gelabere die Einstellung des NSC ändert.

Edith hat das Gefühl dass ich da eine rhetorische Frage beantwortet habe... ich lass es als Zusammenfassung trotzdem nochmal stehen :-/
« Letzte Änderung: 21.06.2014 | 20:59 von Krayzeee »
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #61 am: 21.06.2014 | 21:02 »
Das war tatsächlich keine rhetorische Frage sondern hatte vielmehr damit zu tun dass man als SL erst mal den Mindestwurf festlegt, somit den NSC festlegt, was ja auch In-Game Auswirkungen hat.
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #62 am: 21.06.2014 | 21:04 »
Dann sollte ich mir Gedanken über den Zustand meines Hirns machen ... verdammte Prüfungszeit ;)
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Old Wise One

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #63 am: 22.06.2014 | 03:35 »
Was ich aber im Rollenspiel blöd finde, ist, wenn die Rollenwahl durch die tatsächlichen Fähigkeiten des Spielers eingeschränkt wird. Eine der tollen Sachen am Rollenspiel ist eben, dass es, noch mehr als Räuber-und-Gendarme-Spiele bei Kindern, die Möglichkeit bietet, zwischenzeitlich jemand ganz anders zu sein. Genau dieses Feature zu untergraben, indem man im sozialen Bereich nun doch wieder alles an den persönlichen Fähigkeiten der Spieler festmacht, finde ich halt wiedersinnig.

Ich persönlich glaube, dass es viel mehr um die Bereitschaft, sich am Spielgeschehen zu beteiligen geht, als um die Fähigkeiten. Je nach angesetzter Spieldynamik und allgemeiner Vorstellung am Tisch davon, wie das Hobby ausgeübt wird, kann es schwer mit der Immersion brechen, wenn Spieler ihre Charaktere lediglich mit ihren Würfeln spielen.

Ich würde Niemanden, der nicht sehr redegewandt ist, davon ausschließen, einen redegewandten Charakter zu spielen. Erste Voraussetzung ist für mich vor allem, dass er bereit ist, dieser Prämisse auch im Spiel gerecht zu werden. Wenn er das nicht durch tatsächliches Spielen der Rolle (im Sinne von "so tun als ob") und direkte Rede kann oder will, gibt es immer noch genug andere Möglichkeiten, seinem Charakter die nötige Atmosphäre zu verschaffen, um die Immersion und die gemeinsame Vorstellungswelt nicht zu stören. Vor allem Beschreibungen und eine ausreichende Kommunikation der Vorgehensweise und vielleicht auch Wünsche, Vorstellungen und Motive des Charakters.  Zweite Voraussetzung ist je nach System immer, dass sich die Werte auf dem Papier mit dem, was der Charakter darstellen soll, decken.

Ich muss auch sagen, dass ich den Verweis auf kämpferisch veranlagte Charaktere unschlüssig finde. Natürlich fordert man Niemanden dazu auf, den Schwerthieb seines Charakters physisch vorzumachen, damit er im Spiel stattfindet. Das ist allerdings nicht unbedingt das Äquivalent dazu, eine "soziale" Handlung in sprachlicher Form zu transportieren (ob durch Beschreibung oder direkte Rede). Das wäre wohl eher, von einem Spieler, dessen Charakter auf einem Abendball das flotte Tanzbein schwingen will, dazu aufzufordern, erstmal die Tische wegzuräumen und das selbst zu machen. Das wäre genauso absurd.

Es ist allerdings in meinen Augen nicht absurd, das sprachliche und erzählerische Kernelement einzufordern (wenn man das als Kernelement in seinem Spiel betrachtet und nicht etwa Dungeoncrawl im Sinn hat.. wo dann aber auch soziale Würfe keine große Rolle spielen dürften..). Damit fordert man im Grunde nur die Bemühung des Spielers ein, das Spielgeschehen mitzutragen und sich einzubringen, etwas, was meiner Meinung nach selbstverständlich ist.

Denn es ist ja letztlich so, dass der unausgespielte bzw. erwürfelte Dialog, vor allem wenn er aufgrund des Wunschs oder der "Fähigkeiten" (ich würde eher sagen: Motivation) des Spielers zu Regelmäßigkeit wird, nur dann stört, wenn der Rest des Spiels darauf ausgelegt ist, durch solche Situationen eine kohärente Stimmung, Atmosphäre und Immersion zu erzeugen. Erst recht wenn der Rest der Spieler sich bemüht, dieser Prämisse auch zu folgen. Im Übrigen würde ich in einem solchen Fall auch vom Spieler des kämpferisch veranlagten Spieler erwarten, dass er seine Rolle mit ein wenig mehr Leben füllt, als im richtigen Augenblick "ich hau den" zu rufen und die Würfel über den Tisch zu rollen.

Das hängt offenbar stark davon ab, was man von der Entwicklung des Spielgefühls erwartet. Ich schätze, dass diese Erwartungshaltung der Grund für das "Bestehen" auf ausgespielte, soziale Situationen ist und weniger die Verweigerung der Spielerwünsche bei ihrer Charakterwahl. Zu der muss ich allerdings noch abschließend anfügen, dass sie in keinem Fall unbewusst erfolgt. Wenn man sich dazu entscheidet, eine spezifische Art von Charakter spielen zu wollen, ist es bei einer Runde, die so spielt, selbstverständlich, dass man auch bereit sein sollte, diese Rolle auszufüllen, zumindest mit den gegebenen Mitteln. Die Motivation, diesen Charaktertypus zu spielen muss ja in erster Linie darin begründet sein, ihn im Spiel manifestiert zu sehen und weniger, am Ende die richtigen Werte auf dem Blatt stehen zu haben.
« Letzte Änderung: 22.06.2014 | 03:38 von Old Wise One »

Santa

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #64 am: 22.06.2014 | 08:04 »

Ich muss auch sagen, dass ich den Verweis auf kämpferisch veranlagte Charaktere unschlüssig finde. Natürlich fordert man Niemanden dazu auf, den Schwerthieb seines Charakters physisch vorzumachen, damit er im Spiel stattfindet. Das ist allerdings nicht unbedingt das Äquivalent dazu, eine "soziale" Handlung in sprachlicher Form zu transportieren (ob durch Beschreibung oder direkte Rede). Das wäre wohl eher, von einem Spieler, dessen Charakter auf einem Abendball das flotte Tanzbein schwingen will, dazu aufzufordern, erstmal die Tische wegzuräumen und das selbst zu machen. Das wäre genauso absurd.

Es ist allerdings in meinen Augen nicht absurd, das sprachliche und erzählerische Kernelement einzufordern (wenn man das als Kernelement in seinem Spiel betrachtet und nicht etwa Dungeoncrawl im Sinn hat.. wo dann aber auch soziale Würfe keine große Rolle spielen dürften..). Damit fordert man im Grunde nur die Bemühung des Spielers ein, das Spielgeschehen mitzutragen und sich einzubringen, etwas, was meiner Meinung nach selbstverständlich ist.
In allen von dir beschriebenen Beispiele und auch in dem von mir genutzten und absichtlich ins absurde geführte Kampfbeispiel wird eine Handlung, die vom Charakter im Spiel gefordert wird, dann tatsächlich vom Spieler geleistet. Mein Beispiel diente dazu aufzuzeigen, dass diese Verhalten im Fall von körperlichen Aktivitäten absurd ist, genauso halte ich es aber auch bei sprachlichen Aktivitäten für absurd. Nur weil Kernelement des Rollenspiels Kommunikation ist heißt das für mich noch nicht, dass die Fertigkeiten eines Spielers sich auf die Fertigkeiten eines Charakters auswirken sollten. Wie auch das Wissen um die Spielwelt sollten derartige Punkte strikt getrennt werden. Nur weil der Spieler genau weiß welche Schwachstelle ein Monster hat, weiß das halt noch nicht der Charakter. Nur weil ich sportlich bin, ist mein Charakter nicht auch sportlich. Nur weil ich gut argumentieren kann, kann das nicht auch mein Charakter. Oder um es auf deine sprachliche Kernkompetenz zurückzuführen: Nur weil ich mehrere Sprachen kann, kann das nicht auch mein Charakter, wenn es selben Charakterbogen widerspricht - natürlich bezogen auf Rollenspiele, die sich an der realen Welt orientieren, da wohl die wenigsten orkisch können.

Eine vom Charakter betriebene Argumentation erzählerisch auch einzufordern hat doch nichts damit zu tun. Warum sollte eine Diskussion und die darin enthaltenen Argumente spielerisch anders behandelt werden. Wenn man nicht einfordert, dass man einen Schlag vorführt, sondern den Schlag abstrakt zu beschreiben, dann ist das ausreichend. Hingegen bei sozialen Fertigkeiten reicht eine abstrakte Beschreibung nicht aus, sondern man möchte das ganze detailliert vorgeführt bekommen. Das ist der Punkt. Das hat nichts damit zu tun, ob das schlüssig ist oder nicht, sondern mit dem jeweiligen Spielstil der Gruppe und darüber möchte ich nicht urteilen, ob das besser oder schlechter ist und ich denke auch nicht, dass sich jemand anmaßen könnte dies zu tun.

Mich irritiert es vor dem oben genannten Hintergrund nur immer, wenn ein SL weitere Argumente des Spielers einfordert, da eine Szene ausgespielt wird oder einen Bonus gewährt, wenn der SL mal kein besseres Argument weiß. Bei körperlichen Aktivitäten käme man auch nicht dazu. Und noch einmal: Ausspielen ist nicht beschreiben. Stimmungsvolle Beschreibungen fordere ich auch, aber das reicht dann auch. Der Spieler muss ja nicht mich überzeugen, sondern nur eine Beschreibung liefern, wie sein Charakter den NSC überzeugt. Meiner Meinung reicht es also aus wenn ein Spieler ein paar Argumente bringt (ausspielen) oder eben mir sagt auf welcher Basis sei. Charakter argumentiert (beschreiben) und dann wird eben gewürfelt.

Offline Oberkampf

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #65 am: 22.06.2014 | 09:42 »
Thema des Threads ist, wie man soziale Kampfsysteme mit dem im Rollenspiel üblichen improvisierten Laienschauspiel und den spannenden Beschreibungen kombinieren kann?

Meiner Meinung nach gibt es mehrere Sachen zu berücksichtigen, z.B. wann will man überhaupt auf Soziale Situationen würfeln? Was soll Sinn des Sozialen Kampfsystems sein? Welche Konflikte will es regeln?

Beispiele für einige Sachen, die man nicht am Tisch ausspielen durch Schauspiel allein lösen kann, wurden u.a. von Slayn schon genannt: Wochenlange Intrigenplanung, die endlich Früchte trägt oder stundenlange Diskussionsgruppen, die gefühlte Ewigkeiten um ein Thema kreisen, bis es ein Ergebnis gibt, sind für den Tisch ungeeignet. Sowas löst man besser über eine Würfelmechanik, bei der die Beschreibung des Ergebnisses und des Vorganges mit wenigen Sätzen ausreicht.

Was ich oft erlebe, sind soziale Interaktionsszenen, in denen es darum geht, dass die Spieler/SCs von NSCs Informationen wollen, die sie brauchen, um im Abenteuer weiter zu kommen. Beispiel: Die Charaktere befragen einen Zeugen, der sich aus Angst vor Rache weigert, seine Beobachtungen mitzuteilen. Die Spieler brauchen die Information, um herauszufinden, mit welcher Gang/welchem Monster usw. sie es zu tun haben und wo sie weiter suchen sollen. Augenblicklich bin ich in solchen Fällen der Ansicht, soetwas nicht durch ein soziales Kampfsystem oder sonstige Würfeloperationen zu ermitteln, sondern die Information einfach herauszurücken, wenn die Spieler nachfragen und ich nach meinem Geschmack genug Laienschauspiel gesehen habe. Bestenfalls vergleiche ich da noch Werte ("Wieviel Überzeugen hast Du?"), um die genaue Art der Informationsvergabe einfacher zu beschreiben, mein Schauspiel daran zu orientieren oder eine Bonusinfo springen zu lassen. Aber für notwendige Informationen versuche ich nach Möglichkeit würfeln zu vermeiden.

Was anderes ist es, wenn Spieler/SCs von NSCs bestimmte Handlungen wollen, die am Ende eines kurzen Gesprächs vollbracht werden sollen. Einfache Beispiele: Die SCs wollen durch Drohungen einen Banditen davon überzeugen, sie nicht zu überfallen. Die SCs wollen durch Bluffen Wachen dazu bringen, sie passieren zu lassen. Das würde ich auch nicht mehr über ein soziales Kampfsystem verregeln wollen, sondern über eine eventuell ausgedehnte Probenmechanik. Man kann dann das Gespräch bis zu einem gewissen Entscheidungspunkt spielen, kurz die Probe würfeln und dann entsprechend des Ergebnisses das Gespräch fortsetzen - oder eben, wenn die Probe ganz gescheitert ist, die Konsequenzen ausspielen.

Im "Normalkampf" kann man ein soziales Kampfsystem integrieren, indem man einfach soziale Angriffe auf entsprechende Lebenspunktepolster zulässt. Allerdings sind nicht alle Wesen gleich anfällig gegen soziale Angriffe, und manchmal ist es von der Story her einfach blöd, wenn man den schäumenden Troll durch Überzeugen vom Angriff abbringt, weil sein sozialer Stresstrack viel kürzer ist als sein körperlicher Stresstrack. Ich bevorzuge hier ein Eskalationsmodell: Drei LP-Polster für Mentalen Stress, Emotionalen Stress und Körperlichen Stress. Spieler und Spielleiter einigen sich, auf welchem Level der Konflikt stattfindet und welche Stresstracks zur Eskalation zur Verfügung stehen. Wenn ein Polster erschöpft ist, kann man die Szene beenden und die Konsequenzen ausspielen, oder den Konflikt eskalieren lassen und durch anderes Vorgehen ein anderes Polster belasten.

Allerdings funktioniert das wirklich nur in hochdramatischen Szenen, wo mit wenigen Worten beim Gegenüber entscheidende Reaktionen ausgelöst werden und die Gedanken/Emotionen hin und her schwingen. Das sind keine Szenen, wo man lange redet, sondern Wortgefechte mit wenigen Sätzen - und das kann man schaupielerisch prima in rundenbasierende Szenen einbauen.
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #66 am: 22.06.2014 | 09:55 »
Ein interessantes Stichwort ist hier: "und ich nach meinem Geschmack genug Laienschauspiel gesehen habe".
Das führt zu drei Dingen:
- Willkür
- Roadblock Design
- Informationsfluss

In dieser Gesamtsituaton sind die Informationen schon bekannt und vom SL vordefiniert, der NSC ist als Encounter so gestaltet dass bestimmte Schlüsselreize gebracht werden müssen (bzw. eine mechanische Lösung erfolgen muss [Charm Person und so]).

Diese Vorgehensweise ist aber nicht für alle Arten zu Spielen überhaupt praktikabel oder gar zielführend, hat sich aber irgendwie als Gold Standard in Bezug auf Immersion festgesetzt.
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #67 am: 22.06.2014 | 10:14 »
Nur weil Kernelement des Rollenspiels Kommunikation ist heißt das für mich noch nicht, dass die Fertigkeiten eines Spielers sich auf die Fertigkeiten eines Charakters auswirken sollten. Wie auch das Wissen um die Spielwelt sollten derartige Punkte strikt getrennt werden. Nur weil der Spieler genau weiß welche Schwachstelle ein Monster hat, weiß das halt noch nicht der Charakter. Nur weil ich sportlich bin, ist mein Charakter nicht auch sportlich. Nur weil ich gut argumentieren kann, kann das nicht auch mein Charakter. Oder um es auf deine sprachliche Kernkompetenz zurückzuführen: Nur weil ich mehrere Sprachen kann, kann das nicht auch mein Charakter, wenn es selben Charakterbogen widerspricht - natürlich bezogen auf Rollenspiele, die sich an der realen Welt orientieren, da wohl die wenigsten orkisch können.

Ich gehe nicht davon aus, dass eine strikte Trennung so überhaupt möglich ist - und auch nicht unbedingt wünschenswert. Wie der Charakter sich letztlich im Spiel manifestiert hat unmittelbar mit dem Spieler zu tun, den - seine Vorlieben, Schwächen, Wünsche und Motive - zu einem reinen "enabler" zu machen, der dafür zu sorgen hat, das sein paar Werte auf dem Papier im Spiel entsprechende Figur erzeugen will mir nicht einleuchten. Etwas anderes ist, einzufordern, die Rolle jenseits ihrer Erfordernisse von der Persönlichkeit des Spielers zu trennen. Und das ist letztlich auch nur eine Aufforderung, der Rolle gerecht zu werden.

Das Kernelement der Kommunikation habe ich deswegen in die Diskussion gebracht, weil meiner Meinung nach in dem Thema gerne übersehen wird, dass die räumliche Situation am Tisch und das allgemein als Spielgeschehen definierte in erster Linie die sprachliche Vermittlung übernimmt. Da ist es absurd, von Jemandem zu verlangen, aufzuspringen und den Salto seines Charakters vorzumachen, allerdings nicht, ihn in direkter Rede und über Beschreibungen im Spiel manifestieren zu lassen. Das ist, je nach Auslegung des Spieltyps am Tisch, rudimentäres Spielen des Spiels. Ich kann verstehen, dass die Diskrepanz in der Praxis bemängelt wird, aus Angst vor Immersionsbrüchen die Werte in sozialer Interaktion zu vernachlässigen, das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass es im Kontext des Gruppenvertrags plötzlich legitim ist, aufgrund von mangelnder Befähigung und/oder Motivation nur einen Mindestbeitrag zum Spiel zu leisten und die Kritik daran als Bevormundung oder sogar als Ignoranz bei der Charakterwahl zu deklarieren.

Im Übrigen habe ich mich nicht spezifisch auf dich bezogen, die Argumentation über die kampfbetonten Charaktere ist in diesen Diskussionen ziemlich universell.

Zitat
Wenn man nicht einfordert, dass man einen Schlag vorführt, sondern den Schlag abstrakt zu beschreiben, dann ist das ausreichend. Hingegen bei sozialen Fertigkeiten reicht eine abstrakte Beschreibung nicht aus, sondern man möchte das ganze detailliert vorgeführt bekommen.

Zumindest ich habe deutlich gemacht, dass das durchaus ausreichen kann. Wenn das nicht als ausreichend empfunden wird, hat das in erster Linie mit unterschiedlichen Vorstellungen zu tun. Und nochmal, meine Theorie ist, dass so etwas nicht unbedingt notwendigerweise als mangelnde Befähigung interepretiert wird, sondern vorwiegend als mangelnde Motivation. Vor allem hat es mit der Erwartungshaltung der Spieler zu tun. Wenn einer der Spieler der Einzige ist, der den Vorstellungsraum nicht durch eine direkte Beteiligung mit aufrecht erhält und gestaltet, weil er sich unbedingt ein Charakterkonzept aussuchen musste, dass er offenbar nicht ausfüllen kann, kann das für alle Beteiligten zu einem Problem werden. Die lapidare Handwedelei bei sozialen Würfeln hat wohl in erster Linie den (vielleicht unterbewussten) Sinn, das zu verhindern.

Wenn in der Runde sowieso keine Rolle spielt, wie die Charaktere dargestellt werden, ist das natürlich hinfällig. Ich wage allerdings zu behaupten, dass ein Spieler, dem es gelingt, seinen Charakter auch ohne "direktes Laienschauspiel" mittels seiner Beschreibungen und Präsenz im Spiel dem Charakter trotz mangelnder, eigener Befähigung, Leben einzuauchen und so nicht etwa zu einer Belastung für die Immersion zu werden, sie sogar noch aktiv mit zu tragen (vielleicht sogar noch mehr als andere Spieler, die sich der direkten Rede bedienen), niemals ein Problem mit seiner Gruppe haben wird, weil er nicht so schlagfertig ist, wie sein Charakter den Werten nach sein soll. Die wirklichen Probleme in dieser Hinsicht treten doch auf, wenn zwar der Wunsch danach, einen sozial kompetenten Charakter zu spielen, da ist, allerdings nicht der Wille, auch irgendwas dafür zu tun, ihn im Spiel und in der gemeinsamen Vorstellungswelt gemäß den eigenen Wünschen zu etablieren. Gerade wenn man sich nur auf die Würfe beschränkt und die Interpretation, bzw. die Beschreibung der Konsequenzen dieser Würfe vielleicht noch auf den Spielleiter überträgt, gejt die persönliche Eigenleistung und Anteilnahme gegen 0. Und wenn das nicht alle am Tisch so machen und das die gängige Spielweise ist, kann das ungemein stören.

Zitat
Mich irritiert es vor dem oben genannten Hintergrund nur immer, wenn ein SL weitere Argumente des Spielers einfordert, da eine Szene ausgespielt wird oder einen Bonus gewährt, wenn der SL mal kein besseres Argument weiß. Bei körperlichen Aktivitäten käme man auch nicht dazu. Und noch einmal: Ausspielen ist nicht beschreiben. Stimmungsvolle Beschreibungen fordere ich auch, aber das reicht dann auch. Der Spieler muss ja nicht mich überzeugen, sondern nur eine Beschreibung liefern, wie sein Charakter den NSC überzeugt. Meiner Meinung reicht es also aus wenn ein Spieler ein paar Argumente bringt (ausspielen) oder eben mir sagt auf welcher Basis sei. Charakter argumentiert (beschreiben) und dann wird eben gewürfelt.

Das sehe ich ähnlich.



Ein interessantes Stichwort ist hier: "und ich nach meinem Geschmack genug Laienschauspiel gesehen habe".
Das führt zu drei Dingen:
- Willkür
- Roadblock Design
- Informationsfluss

In dieser Gesamtsituaton sind die Informationen schon bekannt und vom SL vordefiniert, der NSC ist als Encounter so gestaltet dass bestimmte Schlüsselreize gebracht werden müssen (bzw. eine mechanische Lösung erfolgen muss [Charm Person und so]).

Diese Vorgehensweise ist aber nicht für alle Arten zu Spielen überhaupt praktikabel oder gar zielführend, hat sich aber irgendwie als Gold Standard in Bezug auf Immersion festgesetzt.

+1  :d
« Letzte Änderung: 22.06.2014 | 10:20 von Old Wise One »

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #68 am: 22.06.2014 | 10:23 »
@Old Wise One:

Ist Immersion aber wirklich eine Grundvorraussetzung fürs Rollenspiel oder ist es nur etwas dass sich in bestimmten Kreisen so etabliert hat?  bedenke zum Beispiel mal das es in der USA eine weit größere Strömung in Richtung Leistungsrollenspiel gibt und diese benötigt eine mechanische Unterfütterung um zu funktionieren, hat aber so rein gar nichts mit Immersion zu tun. Diese ist dabei sogar eher hinderlich.
Daher ja, Kommunikation an sich ist das einzige Mittel zum Spielen, alles weitere davon abzuleiten gehört aber nicht zum rudimentären Spielen des Spiels.
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #69 am: 22.06.2014 | 10:31 »
Eine Zwischenfrage von mir.
Wenn Ihr von "Sprache" redet, meint ihr dann das "gesprochene Wort"?

Wenn ich mehr darüber nachdenke, ist der Soziale Konflikt komplizierter, als der normale Kampf. Beim normalen Kampf kann man auch mit unterschiedlichen Waffen gegeneinander kämpfen. Beim Sozialen Konflikt muss man sich auf eine Sprache einigen. Und hier sehe ein Problem. In der Regel ist ein Muttersprachler, einem Fremdsprachler überlegen.
« Letzte Änderung: 22.06.2014 | 10:43 von Mustafa ben Ali »
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #70 am: 22.06.2014 | 10:37 »
Eine Zwischenfrage von mir.
Wenn Ihr von "Sprache" redet, meint ihr dann das "gesprochene Wort"?

Da gibt es mehrere Ebenen:
- Sprache, also Kommunikation an sich, als Mittel zum Spiel. (Man kann ja auch per Chat oder im Forum spielen, hier muss es nicht das gesprochene Wort sein)
- Schlüsselwörter nennen, also Sprache als Teil des Roadblock Designs (Frag ihn doch mal nach dem Abt Soundso... Ah, da haben wir die Information ja!)
- Sprache als ausschmückende Handlung, man beschreibt den Ist-Zustand in der Spielwelt
Und letztendlich
- Sprache als direkter Eingriff in die Spielwelt, also wenn man als Spieler direkt für seinen Charakter agiert.
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Old Wise One

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #71 am: 22.06.2014 | 10:45 »
@Old Wise One:

Ist Immersion aber wirklich eine Grundvorraussetzung fürs Rollenspiel oder ist es nur etwas dass sich in bestimmten Kreisen so etabliert hat?  bedenke zum Beispiel mal das es in der USA eine weit größere Strömung in Richtung Leistungsrollenspiel gibt und diese benötigt eine mechanische Unterfütterung um zu funktionieren, hat aber so rein gar nichts mit Immersion zu tun. Diese ist dabei sogar eher hinderlich.
Daher ja, Kommunikation an sich ist das einzige Mittel zum Spielen, alles weitere davon abzuleiten gehört aber nicht zum rudimentären Spielen des Spiels.

Das möchte ich gar nicht behauptet haben. Mir ist bewusst, dass es je nach Art, das Hobby zu betreiben, unnötig oder sogar nicht wünschenswert ist, dem Charakter durch Darstellung seiner Rolle in dieser Form eine Manifestation in der Spielwelt zu ermöglichen. Und das ist vollkommen in Ordnung.

Ich gehe nur davon aus, dass das sehr wohl gewünscht ist, wenn sich der Spielleiter dazu genötigt sieht, soziale Interaktionen unter vermeintlicher Nichtachtung der Werte auszuspielen, um einen Immersionsbruch zu verhindern. Da bringt es wenig, ihm zu unterstellen, er würde etwas Unnötiges oder Unfaires vom Spieler verlangen, wenn es letztlich viel mehr um die Motivation geht, sich aktiv an der Etablierung der Szenerie zu beteiligen und das Spiel mitzutragen, als um die persönliche Befähigung. Sich trotz gewählter Rolle nicht auf die am Tisch übliche Weise im Spiel einzubringen heißt in der Hinsicht, sich dem Spiel zu verweigern. Und ich nehme einfach mal an, dass, wenn man sich immer hin bewusst für ein Konzept entschieden hat, man auch in irgendeiner Weise vorhat, dieses Konzept über das Ausfüllen des Charakterbogens hinaus im Spiel umzusetzen. Macht man das auf eine für das Spiel zuträgliche und für den jeweilig bespielten Grad an Immersion ertragbare Weise, gibt es meiner Erfahrung nach in der Regel selten ein Problem.
« Letzte Änderung: 22.06.2014 | 10:56 von Old Wise One »

Pyromancer

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #72 am: 22.06.2014 | 10:51 »
Wenn ich mehr darüber nachdenke, ist der Soziale Konflikt komplizierter, als der normale Kampf. Beim normalen Kampf kann man auch mit unterschiedlichen Waffen gegeneinander kämpfen. Beim Sozialen Konflikt muss man sich auf eine Sprache einigen. Und hier sehe ein Problem. In der Regel ist ein Muttersprachler, einem Fremdsprachler überlegen.

Man kann auch nonverbal miteinander kämpfen. Jemanden NICHT zum Event des Jahres einzuladen oder sich Arm in Arm mit einem Gegner zeigen kann ein vernichtender sozialer Angriff sein.

Offline Mustafa ben Ali

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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #73 am: 22.06.2014 | 10:53 »
@Slayn
Wir beide sind wohl auf der gleichen Wellenlänge, was dieses Thema betrifft.

Ich frage mich eher, ob man am heimischen Spieltisch, also im RL, das "gesprochene Wort" braucht, um zu kommunizieren.
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Re: Soziale Konfliktregeln - Was denkt Ihr darüber?
« Antwort #74 am: 22.06.2014 | 11:06 »
Ich halte es sogar für einen ziemlich limitierenden Faktor, da man sich damit einschränkt welche Informationen man auf welche Art an seine Mitspieler transportiert.

Nur mal so als Beispiel: Wir spielen L5R sehr auf persönliche Konflikte zentriert und nutzen die Mechanik für Interaktion, daher wird Sprache hier als Deskriptives Mittel genutzt um zu beschreiben wie sich der Charakter in der Situation verhält. Wir nutzen dagegen die Wörtliche Rede am Spieltisch damit der Spieler das "Innenleben" des Charakters darstellen kann und dessen Gedanken und Gefühle zu den Konflikten mit den Mitspielern teilen kann.
Es bringt relativ wenig wenn man gemeinsam spielt und genau dieses Kernelement des Spiels, den Konflikt, nur alleine für sich und mit dem eigenen Kopfkino "erlebt".
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