Inzwischen hatte ich Gelegenheit, das Abenteuer mal auszuprobieren. Beim regelmäßigen Rollenspielabend der Buchhandlung Otherland (geleitet von Rumpel und korki) hatte ich vier wild zusammengewürfelte Herren vor mir sitzen, denen ich vorgefertigte Tschars der Marke Level 2 in die Hand drückte. Darunter war auch Tanelorn-Edwin, der dank Regelbuchdurchlesen schon manches wusste und seinen Tschar ziemlich kreativ auszunutzen wusste ( es waren dabei: Zwergenkleriker, elfischer Ranger, menschlicher Paladin und Halbork-Babar). Alle kannten Rollenspiel, aber keiner 13th Age oder irgendein D&D. Die Tschars wurden noch per Uniques, Backgrounds und Icon Relations personalisiert. Ein schönes Unique war ein "Fluch/Gelübde des Vergessens", durch das der Paladin nach jeder Heldentat sofort in Vergessenheit geraten und von keinem Barden je besungen werden sollte, ein weiters "Ich bin einer von den 7 Zwergen", nämlich den sagenhafen Siebenlingen, von denen jeder eine andere Besonderheit hatte.
Ich begann das Spiel mit einer Montage zum Warmlaufen und Generieren von Material über die Frost Range. Die Spieler kamen auch tatsächlich mit hübschen individuellen Details und Settingbausteine um die Ecke (der elfische Ranger, der sich als totale Diva bei allen Wildnisaufgaben denkbar ungeschickt anstellte etwa., die Präsenz von Stoßtrupps des Orc Lord in der Gegend). Vor allem versorgten sie mich mit einem völlig ungeplanten Szenarioeinsteig, den ich dankbar aufnahm.
Eine Gruppe zwergischer Händler bot eine blutbefleckte Brosche an, die offensichtlich verflucht war. Ich spann mir gleich zurecht, dass der mehrfach zu Beginn angewürfelte Einfluss des Zwergenkönigs wohl hieß, dass ein Juwel auf der Axt des Riesen von einem zwergischen Trupp geborgen werden sollte, dass die kleinen Leute aber in der Höhle des Riesen lieber selbst Schätze abgegriffen und dann das Weite gesucht hatten.
Ich fing also nach der Montage so an, dass die Gruppe am nächsten Tag am Grund einer Schlucht auf die sterblichen Überreste der "Händler" stieß. Per Spurensicherung kamen sie auf die Schleimspur eines Ooze, den sie zu seiner Höhle verfolgten und ihm den Garaus machten. Dachte ich mir: So n Übungskampf ist gar nicht schlecht, kommen die auch gleich schon auf die Oozes, die hier seit neustem überall rumkriechen. Im ooze steckte noch einer der Zwerge halbtot fest. Jugendliche des Stammes mit den Riesen-Menschenopferproblemen beobachteten den Kampf und kamen gleich auf die Gruppe als potentielle Problemlöser zu. Von dem derilierenden Zwerg erfuhr der Paladin noch vom Zwergenjuwel und dem Interesse des Dwarf King an der Geschichte.
Im Lager des Stammes ging der Interessenkonflikt zwischen Ältesten und Jugendlichen rasch auf; die Spieler schlugen sich erwartbar rasch auf Seiten der Kids, wenn auch erstmal vor Ort im Tal geguckt werden sollte, wem man jetzt mehr glaubte. Die High Druid hatte einen Auftritt in Form eines Bärendieners, der die Helden einmal aus der Patsche holte, als sie ein geheimes Treffen mit den Kids vergeigte; diesen Bärendiener hätte ich später gern noch wieder aufgegriffen, dazu kam es aus Zeitgründen nicht mehr.
Im Tal schlich die Gruppe in die Riesenhöhle (der Ork hatte dank Relationship Die zu den Three eine Lampe mit Drachenschuppenschirm dabei, die den schlafenden Frost Giant nicht weckte, auch die Komplikation dieser Relation kam aus Zeitgründen nicht mehr vor). In der Schatzkammer wurde der Blob, der sich dort durchfraß, schlau mit einer Spur aus besonders leckeren Edelsteinen abgelenkt, der Elf knackte das Schloss am Eissarkophag des Hammers (an diesem Abend wurde eine Axt draus...) ganz knapp nicht lautlos, sodass der Riese erwachte. Die Gruppe lenket ihn durch Provokation aus der Höhle raus (schönes Bild: der Paladin rennt, sich immer wieder gegen die Stirn klatschend, aus der Höhle und brüllt "Lay on Hands, lay on Hands", um seine durch eine Riesenfaust verlorenen 25 HP wiederzukriegen ...), die Axtträger verstecken sich im Dampf einer heißen Quelle (die dort als positives Ergebnis einer konflikthaften Icon Relation herbeierzählt wurde), der Riese hastete auf der Suche nach seiner Waffe in die Höhle und wurde dort vom Kleriker mittels eines Rituals eingemauert und noch in der Mauer hängend vom Ranger in sein eines Auge geschossen, worauf er verstarb. Das Juwel der Zwerge wurde aus der Axt gebrochen, die Waffe sollte den Dorfjugendlichen ausgehändigt werden, das Otherland schloss die Pforten.
Mir hat das Abenteuer viel Spaß gemacht, vor allem auch dank des engagierten und einfallsreichen Spiels der Gruppe, in der jeder seine Momente hatte. 13th Age kam gut an und wurde als flüssig und angenehm leichtgängig gelobt. Mehrere Spieler merkten zu Recht an, dass man die Auswirkung der Icons und die Spielwelt eigentlich nur im Kampagnenspiel richtig einbringen könne. Ein Spieler lobte ausdrücklich die Montage zu Beginn.
Aufgefallen ist mir noch:
-- das Szenrio enthält auch in der abgespeckten Version noch fast zu viele Elemente. Die Möglichkeiten des Schleimwürfels in der Riesenhöhle etwa wurden gar nicht verstanden, die hatten eh schon zu viel zu bedenken.
-- ich habe mit Absicht mehr Punkte auf Icon Relations verteilen lassen, als vorgesehen, um mehr 5en und 6en zu generieren, das stellte sich aber quasi sofort als Schnapsidee heraus, weil ich die Ergebnisse gar nicht alle verwerten konnte. Tja, hätte man sich denken können.
-- überhaupt Icons: ich habe die Spieler für die 5en erstmal durch Hilfe und Storywendungen belohnt, mir die negative Seite aber für später aufgespart. Weil die Zeit rum war, kamen die Konsequenze nicht mehr zum Tragen. Das trägt mit dazu bei, dass ich 13th Age nach dem zweiten Mal ausprobieren ziemlich sicher als nur halb für Oneshots geeignet empfinde. Die flüssigen, leicht verständlichen Regeln und die farbige Welt sprechen dafür; der besondere Reiz, der vom Spiel mit Icon Relations für mich ausgeht, lässt sich aber in drei bis vier Stunden kaum darstellen, wenn man nicht einfach aufs Verteilen von magischen Gegenständen zurückgreifen will. Ich glaube, das ist mir bei Gelegenheit noch mal einen Sammelthread wert, wie man Icon Relations per Improvisation im Spiel verwenden kann. Nachdem ich einmal die Variante "Du erinnerst dich plötzlich an etwas aus der Vergangenheit ..." (was für den Spieler dann aber viel zu indirekt war, um Nutzen daraus zu ziehen) und "ein Diener des Icons kommt euch unverhofft zur Hilfe ..." (mit dem Bären) angebracht hatte, kam noch einmal "du hast einen passenden Gegenstand dabei" und "hier gibt es plötzlich doch eine Naturgegebenheit, die euch nützt", aber da muss es doch noch mehr geben.
-- Hinzu kommt, dass Welt und Icons bei einem Oneshot ziemlich schwierig bündig zu erklären sind. Auch die Powers bei vorgefertigten Tschars wollen gelesen und verstanden werden, das läuft nicht jedem sofort rein. Ich habe in dieser Runde zu spät gemerkt, dass der Elfenspieler gar nicht kapiert hat, dass er mit ziemlich guter Chance regelmäßig mehrere Angriffe machen kann, und auch der Ork hat mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit seine Specials nicht voll ausgenutzt. Muss ich nächstens besser klären.
-- Montage ist einfach gut zum Einsteig. Ich habe bisher bei jedem Ausprobieren Ideen von den Spielern bekommen, die den ganzen Abend mitgeprägt haben.