Ich habe nur noch eine Frage: Wie stehst du denn dann zu dem von mir zitierten Hinweis auf die "Unto the fourth Generation" Kampagnenidee?
Ich mag die Idee nicht besonders. Ich mag generell selten Abenteuer, in dem die Spieler die Rollen von Romanfiguren übernehmen und die Handlung nachspielen. Was sind denn die Möglichkeiten?
1) Die Spieler halten sich nicht ans Script und der Roman, der da annotiert werden soll stimmt schon nach dem ersten Absatz nicht mehr.
2) Die Spieler spielen detailliert die Romanhandlung nach (über die sie sich vorher informieren müssten). Dann macht doch lieber einen Dracula-Filmabend, Ken Hite scheint dabei
viel Spaß gehabt zu haben.
3) Die Spieler halten sich nicht ans Script und erschaffen während des ersten Kampagnenbogens gemeinsam ein 500seitiges Gruppentagebuch, das der SL mit eigenen Dokumenten anreichert und das dann in den folgenden Kampagnenstrecken annotiert wird. Cool, aber sehr ambitioniert.
Hängt aber natürlich auch davon ab, wie vertraut die Spieler mit dem Roman sind und wieviel Spaß sie dabei haben, ihn als Rollenspielabenteuer nachzuerleben. Problem ist eben auch, dass ein Großteil der Spannung im Roman daher kommt, dass die Protagonisten keine Ahnung haben, was ein Vampir überhaupt ist und womit sie es zu tun haben. Heutzutage würde jedes Grundschulkind mit seinem Vampirwissen den Plot in Stücke hauen.
Un genau an der Stelle bezweifel ich, das die mir bekannten Mitspieler das Buch überhaupt anrühren würden. Fragen wie "Wo soll man denn Anfangen?" "Damit werden wir ja nie fertig" und "Ich hab keine Lust Ewigkeiten am Spieltisch zu lesen und auf Hausaufgaben hab ich noch weniger Nerv" würde ich mir nämlich auch selbst stellen wenn ich plötzlich die 500 Seiten hingeklatscht bekämme.
Das Buch ist ein Gimmick für Liebhaber und Kenner des originalen Dracularomans oder für Leute, die Spaß daran haben, sich da einzulesen. Ken Hite ist eben ein Bekloppter, der nicht von dieser Welt ist und wahrscheinlich vor dem Aufstehen drei Bücher memoriert. Und der Dracula womöglich spontan aus dem Kopf aufsagen kann.
Aber an sich könnte man einfach wild durch das Buch blättern, sich einen beliebigen der farbig gehaltenen und damit gut sichtbaren Kommentare herauspicken, und sagen: "Ok, dem gehen wir heute nach." Die Lektüre des Buches ist an sich für die Kampagne nicht Voraussetzung. Man kann auch ganz ohne Handout spielen, dann haben halt nur die Charaktere das Buch. Oder nichtmal das, das ganze Material ist problemlos dazu geeignet, eine individuelle moderne Dracula-Agentenkampagne zu bauen, in der gar kein "Dracula Unredacted" existiert.
Ist natürlich auch ein bisschen Stilfrage - sind die Agenten Leute, die die einzige Kopie des Buchs in der Welt geheimhalten und wie besessen studieren oder scannen sie die Seiten ein, lassen eine Texterkennung drüberlaufen und lösen ein paar Gefallen beim Mossad ein, um sich von einem NSA-Rechenzentrum die relevantesten Fakten herausfiltern und mit bekannten Informationen quervergleichen zu lassen? Vielleicht ist das Handout auch gar nicht das physikalische Buch, sondern das PDF, in dem man dann z.B. auch gezielt die Suchfunktion mit auftauchenden Namen und Begriffen füttern kann? Ist ja NBA 2016 und nicht Cthulhu 1916...